Рецензія на: Bjorn Wiemer / Rainer Goldt (Hrsg.), Die Ukraine als Objekt russischer Großmachtansprüche: Sprachen, Identitäten und Diskurse. Berlin: Frank & Timme, 2023. 364 S. ISBN 978-3-7329-8963-8
Рецензія на: Bjorn Wiemer / Rainer Goldt (Hrsg.), Die Ukraine als Objekt russischer Großmachtansprüche: Sprachen, Identitäten und Diskurse. Berlin: Frank & Timme, 2023. 364 S. ISBN 978-3-7329-8963-8
Додаткова інформація
Інформація про автора:
Загнітко Анатолій Панасович, доктор філологічних наук, професор, член-кореспондент НАН України, професор кафедри загального та прикладного мовознавства і слов’янської філології Донецького національного університету імені Василя Стуса (м. Вінниця, Україна).
Паславська Алла Йосипівна, доктор філологічних наук, професор, завідувач кафедри міжкультурної комунікації та перекладу Львівського національного університету імені Івана Франка (м. Львів, Україна).
Citation:
Zahnitko A., Paslavska A. Review of the: Bjorn Wiemer / Rainer Goldt (Hrsg.), Die Ukraine als Objekt russischer Großmachtansprüche: Sprachen, Identitäten und Diskurse. Berlin: Frank & Timme, 2023. 364 S. ISBN 978-3-7329-8963-8 [Text] // Linhvistychni Studiyi / Linguistic Studies : collection of scientific papers / Donetsk National University; Ed. by Anatoliy Zahnitko. Vinnytsia : DonNU, 2024. Vol. 48. Pp. 187-196. ISBN 966-7277-88-7
DOI: https://doi.org/10.31558/1815-3070.2024.48
Історія публікації:
Випуск вперше опубліковано в Інтернеті: 02 грудня 2024 року
Стаття вперше опублікована в Інтернеті: 02 грудня 2024 року
Стаття.
DOI: 10.31558/1815-3070.2024.48.14
Rezensierte Publikation: Bjorn Wiemer / Rainer Goldt (Hrsg.), Die Ukraine als Objekt russischer Großmachtansprüche: Sprachen, Identitäten und Diskurse. Berlin: Frank & Timme, 2023. 364 S. ISBN 978-3-7329-8963-8.*
Das referierte Buch ist in der von Wolfgang Kasack gegründeten und von Alfred Gall, Frank Göbler und Rainer Goldt herausgegebenen Reihe Arbeiten und Texte zur Slavistik, Bd. 109, erschienen und zeichnet sich durch die Relevanz der gestellten Aufgabe aus, die Ukraine als Objekt direkter Großmachtansprüche zu verstehen, indem folgende Schwerpunkte des Problems angeschnitten werden: 1) die Aufdeckung der funktionalen Sprachen-, Nationalitäten- und Identitätslandschaften der ukrainischen Schwarzmeerküste (Jan Patrick Zeller / Gerd Hentschel Die ukrainische Schwarzmeerküste: Sprachen – Nationalitäten – Identitäten, S. 21–63); 2) die Identifizierung der wichtigsten motivierten und unmotivierten Phasen der Veränderungen in der Sprachenpolitik in der Ukraine in den letzten hundert Jahren (1922–2022) (Sabrina Natmessnig / Tilmann Reuther / Yevheniia Lytvyshko Hundert Jahre Sprachenpolitik in der Ukraine: 1922 bis 2022, S. 64–94); 3) die Bestimmung der Besonderheiten des hegemonialen Anspruchs der standardrussischen Sprache anhand der konzeptionellen Erfassung ihrer Funktionalität im (Ost)Slavismus (Björn Wiemer Ein Exot mit hegemonialen Ansprüchen: Welche Rolle kommt dem Standardrussischen im (Ost)Slavischen zu? S. 95–208); 4) die Verallgemeinerung der imperialen Vision der neo-eurasischen Bewegung von Alexander Dugin, deren Hauptbestandteile der feste Glaube an die verbreiteten Thesen des Neo-Russentums, die historische Kontinuität des Russentums und die freiwillige Akzeptanz des Letzteren durch verschiedene Nationalitäten sind (Rebecca Krug Von Dublin bis Vladivostok? Die neoeurasische Bewegung Aleksandr Dugins und ihre imperialen Visionen, S. 209–250); 5) die hegemonialen Geschichtsnarrative des russischen Diskurses über die Ukraine in subjektiven präsidialen Deutungsmodellen (Rainer Goldt Lektüren eines Präsidenten: Hegemoniale Geschichtsnarrative des russischen Ukrainediskurses, S. 251–322) und andere.
Die aufgezählten Fragen decken nicht den umfangreichen Inhalt der rezensierten Monographie ab, die mit einem Vorwort renommierter Wissenschaftler eröffnet wird (S. 7–20), unter deren Herausgeberschaft die vorliegende Ausgabe gerade entstanden ist. Diese Aufzählung kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, da das Thema Sprache, Identität und die Vielfalt der zeitgenössischen Diskurse äußerst vielfältig ist und die Tiefen des nationalen Gedächtnisses, der nationalen Selbsterkenntnis, des Selbst in und durch Sprache berührt. Das Verständnis oder die Qualifizierung bestimmter Sprachlandschaften kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden, wenn Abweichungen von den etablierten Sprachnormen, zahlreiche Einschlüsse der Sprache eines Nachbarstaates, verursacht durch verschiedene Faktoren, als Surzhyk gerechtfertigt werden, obwohl der Letztere unter dem Aspekt der Sprachvermischung mit konsequenter Differenzierung der Besonderheiten ihrer Manifestation auf verschiedenen ukrainischen Territorien betrachtet werden sollten, in Abgrenzung zu etwas ähnlichen Dialektphänomenen, insbesondere dem nördlichen u.a. In dieser Hinsicht ist im Vorwort besonders die Behauptung überzeugend, dass „im Gewirr der Stimmen und Ideologien sachliche Aufklärung über die Hintergründe der Eruption imperialer Gewalt, deren neuestes Opfer, nicht zum ersten Mal, die Ukraine wurde, gebotener denn je [war und ist]“ (S. 10), schließlich ist es die Last verschiedener „wissenschaftlicher“ Versionen der neoimperialen Ansprüche der Russischen Föderation und der Wunsch, sie auf der Grundlage „historischer“ Kontinuität zu interpretieren, die von russischen Politikern und leider auch von einigen Wissenschaftlern aktiv verbreitet werden, die eine echte Qualifizierung und Bewertung der grundlegenden Prinzipien der Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland in historischer und gegenwärtiger Dimension verhindert. Überzeugend ist daher die Behauptung der Autoren von Vorwort Björn Wiemer und Rainer Goldt darüber, dass „man auch vor unliebsamen Wahrheiten, welche das Verhältnis zu Russland und zur Ukraine betreffen, nicht zurückscheuen [sollte]“, denn „Verständigung beginnt − abgesehen von einer offenen, positiven emotionalen Einstellung – nicht mit Verklärung (oder rein geschäftlichen Interessen), sondern mit Aufklärung, also auch mit der Aufdeckung von blinden Flecken und Halbwahrheiten, gleich welche der involvierten Seiten sie jeweils betreffen“ (S. 10). Jede Halbwahrheit provoziert verschiedene quasi-wissenschaftliche Theorien, die dann von Diskussionen überwuchert werden, deren Aufgabe es oft ist, die Wahrheit zu verschleiern, und deren Interpretation sich aus der Orientierung des Forschers am Endergebnis ergibt, wie z. B. die Ansätze zur Einstufung der ukrainischen Sprache als entweder eigenständiger Sprache oder als Dialekt der russischen Sprache usw. zeigen.
Nach der Information der Autoren des Vorworts stellen „Die meisten dieser Aufsätze [...] aktualisierte und zum Teil deutlich überarbeitete Versionen von Vorträgen dar, welche im Sommersemester 2022 an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, initiiert durch Björn Wiemer, Professor für slavistische Sprachwissenschaft, in Verbindung mit dem Studium generale als digitale abgehalten wurden“, was es ermöglicht, die slavistisch-wissenschaftliche Denkweise bei der Bewertung von Sprache und Identität auf verschiedenen diskursiven Ebenen des zeitgenössischen russischen Anspruchs auf den Status einer Großmacht, eine vollständige Erneuerung der aktiv vertretenen Theorien des späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts und des erklärten imperialen (↔ neo-imperialen) Narrativs von der Überlegenheit der russischen Kultur und der Zweitrangigkeit der ukrainischen Kultur zu verfolgen: „Die Bolschewiki wissen, was sie tun, wenn sie tagtäglich von der ‚Überlegenheit‘ der russischen Kultur und ihren Einflüssen sprechen: von Dobroljubov und Černyševskij und Kuročkin auf Ševčenko, von Turgenjev auf Marko Wowčok, von Gorki auf Mychajlo Kocjubyns’kyj, von Puškin auf Lesja Ukrajinka, von Rešetnikov und Gl. Uspenskij auf Franko. Sie kämpfen gegen den Nationalstolz der Ukrainer“ (Шевельов 2009: 119, Übersetzung von A.P.).
Die Studie von Jan Patrick Zeller und Gerd Hentschel Die ukrainische Schwarzmeerküste: Sprachen – Nationalitäten – Identitäten befasst sich mit den Besonderheiten der Sprachlandschaft der ukrainischen Gebiete (Oblaste) Odesa, Mykolajiw und Cherson, die zwei Jahre vor dem groß angelegten Einmarsch der Russischen Föderation durch sprachwissenschaftliche und soziologische Erhebungen und Verallgemeinerungen ermittelt wurden. Die Analyse der statistischen Daten über die Anzahl der Russen und Russischsprachigen nach Angaben der letzten Volkszählung in jeder der Oblaste ist für die vorgeschlagene Analyse von großer Bedeutung, ebenso wie die Untersuchung der Ansichten über das Phänomen „Suržyk“, das, so Jan Patrick Zeller und Gerd Hentschel, „in der Öffentlichkeit stigmatisiert und Gegenstand sprachpuristischer Debatten [ist]“ (S. 27), was übrigens völlig berechtigt ist. Die Autoren entwickeln die Idee, dass der Suržyk heute „ganz offensichtlich aber auch als Kode für „die Eigenen“ (ukr. svojich), insbesondere im Süden“ fungiert (ibid.), wobei die Autoren den Suržyk offenbar als einen Kode bezeichnen, indem sie sich vermutlich auf einzelne Wörterbuchdefinitionen berufen, wie z. B. „eine Reihe von Sprachmitteln, die in der Kommunikation verwendet werden und durch eine gewisse Homogenität gekennzeichnet sind (Literatursprache, soziale oder territoriale Dialekte usw.)“ (Бацевич 2007). In Anbetracht der Tatsache, dass die Sprachsystematik eine Skala mit vier Ebenen der Nähe verwendet: Sprache ↔ Gruppe von Dialekten ↔ Dialekt ↔ Lokalsprache, die auf empirischer Basis entwickelt wurde, ergibt sich logisch die Frage nach dem Status von Suržyk, sowie seinen quantitativen und qualitativen Dimensionen, d. h. welche Indikatoren die Sprache als Suržyk fixieren und wie messbar solche Indikatoren sind?
Letzteres spiegelt sich in der These, dass „der Suržyk ein informeller Kode, vor allem für den Familien-, Freundes- oder Kollegenkreis“ sei (S. 28). Ohne auf eine wissenschaftliche Diskussion einzugehen, ist es notwendig, die Wichtigkeit der Argumentation der Forscher zu betonen, dass die derzeit verwendeten Begriffe „ukrainischsprechend“, „russischsprechend“ und teilweise „surzhik-sprechend“ die Realität extrem vereinfachen, denn „Die allermeisten Ukrainerinnen und Ukrainer sind zumindest bis zu einem gewissen Grad mehrsprachig, in dem Sinne, dass sie zwei (in entsprechenden Kontexten), wenn nicht alle drei angesprochenen Sprachen (Codes) praktizieren (Ebd., S. 28). Die letztgenannte Aussage wurde zur Grundlage der Analyse vom Teil Sprachen und Nationalität (S. 29–43) mit einer konsequenten Verfolgung der Statusbelastung von der „primären Gebrauchssprache“, „häufigen Gebrauchssprache“, „Erstsprache“ (als erste erworbene Sprache) und „Muttersprache“ bei Personen, die sich als Ukrainer bzw. Russen identifizieren, basierend auf einer vollkommenen Analyse der experimentellen Daten zur Sprachetablierung innerhalb jeder der deklarierten Gruppen. Die Analyse ist durchaus korrekt, da sie auf geeigneten Berechnungsmodellen beruht. Von großer Bedeutung sind die Ausführungen von Jan Patrick Zeller und Gerd Hentschel zu Sprachen und Identität (S. 43–57) im Rahmen der Themen Ukrainische / Russische Identität und Meinungen zur ukrainischen Eigenständigkeit und Identität. Der letzte Teil Diskussion und Fazit (S. 57–64) enthält Verallgemeinerungen und gut begründete Schlussfolgerungen über „klare Unterschiede im (selbsterklärten) Sprachverhalten Befragter ukrainischer oder russischer Nationalität: Erstere zeigen eine klare Tendenz, alle drei Sprachen in beträchtlichem Maße zu verwenden, während Letztere sich deutlich stärker nur auf das Russische fixieren“ (S. 57).
Die Studie von Sabrina Natmessnig / Tilmann Reuther / Yevheniia Lytvyshko Hundert Jahre Sprachenpolitik in der Ukraine: 1922 bis 2022 (S. 65–94) betont in der Einleitung, dass der Fokus auf allen ukrainischen Territorien in ihrer Gesamtheit liegt: „Sprachenpolitik in der Ukraine in den letzten einhundert Jahren (1922 bis 2022) – dieser Zeitraum wirft hinsichtlich der Ukraine die Frage auf, von welchem Territorium die Rede sein wird. Hier, wie auch in den meisten Beiträgen dieses Bandes, wird es um das völkerrechtlich anerkannte Territorium der Ukraine in den Grenzen des Jahres 1991 gehen“. Die Studie umfasst neben den einleitenden Bemerkungen (S. 65–66) und den Schlussfolgerungen Diskussion und Fazit (S. 90–94) drei Hauptteile: Historisch-sprachenpolitischer Blick auf die Zeit vor 1922, Die Sowjetzeit und Die Jahre 1991–2021 (ukrainische Staatspolitik), wobei der erste Teil darauf abzielt, den Verlauf der Sprachentwicklung auf dem Territorium der Ukraine vor 1922 kurz zu skizzieren und zu charakterisieren und der zweite – eine gründliche Analyse der Fakten des Sprachaufbaus in der Ukraine mit Fokus auf einzelne Etappenprozesse enthält, wobei die Periode der „Korenizacija“ besonders hervorzuheben ist (Die Jahre 1922 bis 1932 (frühsowjetische Korenizacija-Politik) (S. 65–66), als die Durchdringung der ukrainischen Sprache in allen gesellschaftlichen Bereichen immer mehr an Bedeutung gewann. Die Analyse der sowjetischen Sprachpolitik (Die Jahre 1932–1985 (sowjetische Politik) (S. 71–74)), deren Hauptaufgabe von Anfang an die allgemeine Zentralisierung der Sprachentwicklungsprozesse in der Ukraine war, ist durchaus logisch. Eine Besonderheit des untersuchten Zeitraums war die Einführung der Praxis des so genannten „freiwilligen Studiums von nationalen Sprachen“, einschließlich des Ukrainischen. Diese damals erprobte Praxis hat sich in der Sprachenpolitik der Russischen Föderation unter modernen Bedingungen weiterentwickelt. Eine solche Praxis ermöglicht die Bildung ganzer Enklaven, in denen die Sprache der Titularnation im Bildungswesen und in der administrativen und territorialen Verwaltung nicht vertreten ist, was die internen zentrifugalen Tendenzen verstärkt (vgl. die Unterstellung einer Reihe von Hochschuleinrichtungen in den Oblaste Dnipro, Mykolaiv, Donezk u.a. unter das Ministerium für Hoch- und Fachschulausbildung der Sowjetunion und nicht unter das zuständige Ministerium der Ukraine). Daher ist es sinnvoll, die Perestroika-Periode hervorzuheben (Die Jahre 1985–1991 (spätsowjetische Perestrojka-Politik) (S. 74–77), in der das nationale und sprachliche Bewusstsein erwachte, was sich in der Gründung der Taras-Ševčenko-Gesellschaft für die ukrainische Sprache und der Verabschiedung des Gesetzes der Ukrainischen SSR Über die Sprachen in der Ukrainischen SSR zeigte. Wichtig ist die These, dass das verabschiedete Gesetz die Frage des Sprachaufbaus nicht grundlegend behandelt hat: „Einerseits sollte das Ukrainische als Basis der Identitätsbildung dienen, andererseits blieb Russisch in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen präsent“ (S. 77), sondern machte die ersten zaghaften Schritte in Richtung der Erweiterung des funktionalen Status der ukrainischen Sprache. Inhaltlich reichhaltig ist auch das Kapitel Die Jahre 1991–2021 (ukrainische Staatspolitik) (S. 77–89), das die dramatischen Schritte des Sprachaufbaus aufzeigt – von der Verabschiedung des Gesetzes der Über die Grundsätze der Sprachpolitik (das sogenannte Kivalov-Kolesničenko-Gesetz) im Jahr 2012 bis zu seiner Aufhebung, zunächst durch die Werchowna Rada am 23. Februar 2014 und schließlich durch das Verfassungsgericht der Ukraine am 28. Februar 2018. Die Autoren schenkten auch der Stärkung der nationalen Sprachenpolitik in den Medien und im Hochschulwesen (Das Fernseh- und Radiogesetz von 2016 und das Bildungsgesetz von 2017) und der Verabschiedung des Gesetzes über die Gewährleistung des Funktionierens der ukrainischen Sprache als Staatssprache (2019) Aufmerksamkeit. Die Forscher ließen auch die Besonderheiten der Sprachenpolitik in der Autonomen Republik Krim nicht außer Acht (Der Sonderfall der Autonomen Republik Krim (1998 bis 2014) (S. 86–89), wo die krimtatarische Sprache zusammen mit dem Russischen funktional aufgeladen wurde, was insgesamt die Zentrapilität der Sprachkonstruktion mit dem funktionalen Kernstatus des Ukrainischen als Staatssprache auf dem ganzen Territorium der Ukraine sicherstellte.
Björn Wiemer bietet in der Monographie einen Beitrag zum Thema Ein Exot mit hegemonialen Ansprüchen: Welche Rolle kommt dem Standardrussischen im (Ost)Slavischen zu? Er nimmt einleitend auf Putins Zitat Bezug, demzufolge Russen, Ukrainer und Weißrussen ein Volk seien und geht dieser These nach, indem er auch weitere Passagen aus Putins Texten analysiert, die mit dem Thema der s.g. gemeinsamen Wurzeln der ostslavischen Völker und ihrer Sprachen zusammenhängen.
Die Analyse der Zitate führt den Autor zum Schluss, dass Putins Auffassung der vermeintlichen Einheit ostslavischer Völker und der von ihnen bewohnten Territorien bereits vor 100 Jahren von den Vertretern des Eurasiertums propagiert wurde (S. 97). Mit Recht betont der Verfasser die Gefährlichkeit dieses imperialen Narrativs, der „auf der Behauptung einer ungebrochenen Staatlichkeit seit der Kiever Rus’“ beruht und in westlichen Gesellschaften immer noch sehr verbreitet ist.
Putin degradiert das Ukrainische und das Weißrussische zu Dialekten des Russischen, dem er die Funktion der Standardsprache zuerkennt, und umgeht dabei die Tatsache, die der Autor des Beitrags betont, dass „man von einer russischen Standardsprache erst ab dem zweiten Drittel des 19. Jh. sprechen kann“ (S. 99).
Aus linguistischer und sprachhistorischer Sicht werden im Beitrag die Hintergründe der bereits erwähnten imperialen Staatsdoktrin Russlands analysiert. Dabei betont der Verfasser mit Recht, dass sich der ganze Russisch-Narrativ praktisch auf das Standardrusssiche beschränkt, das sowohl im Rahmen des Slavischen, als auch des Ostslavischen eine exotische Sprachnorm ist, die sich vom Ostslavischen des Kyjiwer Rus’ und dem Altkirchenslavischen weit entfernt hat und größtenteils aus einer peripheren Stellung innerhalb des Slavischen auf einem größtenteils finnougrischen Gebiet resultiert.
Im diskutierten Beitrag wird das Ziel gesetzt, „einen Großteil der Geschichte des ostslavischen Sprachraums von seiner Entstehung bis zur jüngsten Zeit [zu] skizzieren, um damit den oben angedeuteten hartnäckigen Verzerrungen, Halbwahrheiten und auch schlichtweg Unwahrheiten, welche den Nährboden für die Kreml-Propaganda bilden, entgegenzutreten“ (S. 99). Man kann ein solches Unterfangen nur begrüßen und hoffen, dass es eine Diskussion unter Fachleuten auslösen wird, die Pseudo-Theorien zum Ursprung der slavischen Sprachen und ihrer Entwicklung revidieren werden.
In einem „zurechtgerückten“ Bild wird im Beitrag „a) die Differenzierung des ostslavischen Sprachraums auf dialektaler Ebene, b) die Hintergründe verschiedener Wege zur Standardisierung und c) die in der Tat besondere Geschichte der russischen Standardsprache“ dargestellt (S. 99), eine „exotische“ Stellung der russischen Standardsprache auf einem ost- und gesamtslavischen Hintergrund gezeigt und zur These, dass Russisch und Orthodoxie „das Wesen des Slaventums“ wären, Stellung genommen.
Der Verfasser geht auf die Fragen des Verhältnisses zwischen Sprache und Dialekt, der Möglichkeit der Aussonderung des besten Repräsentanten der slavischen Sprachen ein und kommt zum Schluss, dass solche Einteilungen keinen klaren Kriterien unterliegen. Jedenfalls kann auch das Standardrussische, zwar mit den meisten Sprecher(innen), diesen Status nicht beanspruchen.
Ausführlich wird die Entstehung und interne Differenzierung des Ostslavischen behandelt, wobei der Autor die Analyse mit „einem vorhergehenden Zustand eines als ursprünglich homogener geltenden Dialektkontinuum“ (S. 104) des Gemeinslavischen (ca. 4–8. Jh. AD) anfängt und zum Schluss kommt, dass Russisch und Ukrainisch wesentliche dialektale Unterschiede sowie Unterschiede zwischen den Standardsprachen aufweisen: „die ostslavische Basis der russischen Standardsprache beruht im Wesentlichen auf einer mittelrussischen Koiné im Raum Moskau, während die moderne ukrainische Sprache auf einer Mischung von Dialekten beruht, die allesamt von der russische-ukrainischen Grenze relativ weit entfernt liegen“ (S. 120).
Von besonderem Interesse ist der Teil 2.2. Zur Herkunft des Namens Rus’, der auf die falschen Interpretationen dieses Namens eingeht und der Teil 2.3., der sich mit den Begriffen russkij, Ukraine, kleinrussisch beschäftigt, die auch heute Objekte zahlreicher politischer Manipulationen bleiben.
Sehr transparent, anhand zahlreicher Beispiele wird im Aufsatz die Geschichte der russischen Sprache, ihre Lokalisierung, Veränderungen unter dem Einfluss anderer Sprachen, Kodifizierungsgeschichte und der heutige Stand dargestellt. Nach der Meinung des Autors kann die traditionell postulierte besondere Entstehungsgeschichte des Standardrussischen seine Vormachtstellung im (ost)slavischen (oder eurasischen) Sprachraum nicht beanspruchen.
Auch der ukrainischen Sprache wird im Beitrag große Aufmerksamkeit geschenkt und die Mythen über ihren Status eines Dialekts, ihren kleinrussischen Charakter und ihre „polnische“ Abstammung abgebaut (S. 188f).
Es ist ein großes Desideratum, das die Monographie weitem Publikum zugänglich wird, denn es ist tatsächlich die „höchste Zeit, mit dem russischen Narrativ aufzuräumen – ohne in ein anderes zu verfallen“ (S. 198). „Ein fakten-orientiertes, kritisches und gebildetes Umdenken wäre eine echte Zeitenwende, nicht zuletzt wenn sich daraus ein entsprechendes Handeln ergäbe“ (ibd.).
In ihrem Beitrag Von Dublin bis Vladivostok? Die neoeurasische Bewegung Aleksandr Dugins und ihre imperialen Visionen sucht Rebecca Krug nach „tatsächlichen und vermeintlichen Impulsgebern für das Großmachtdenken und die imperialen Bestrebungen“ (S. 209) Russlands. Oft wird in diesem Zusammenhang auf neueurasische Bewegung mit Aleksander Dugin an der Spitze hingewiesen, dem man u.a. einen wesentlichen Einfluss auf das Denken und Handeln von Vladimir Putin zuschreibt.
Die Verfasserin geht dieser Frage nach, indem sie sich zunächst mit der ursprünglichen Bewegung der Eurasier befasst, die in den 1920er Jahren entstand aber „nicht mit den imperialistischen Bestrebungen von Dugin verwechselt werden darf“.
Im ersten Teil des Beitrags skizziert die Autorin die Geschichte und Tätigkeit der ideologischen Strömung der Eurasier innerhalb russischer Emigration, die einen eigenen Kontinent „Eurasien“ zwischen Europa und Asien postulieren, der das Territorium des ehemaligen Russländischen Zarenreichs und der neu gebildeten Sowjetunion abdeckt, mit einem „spezifischen Kulturraum mit klarer geographischer, ethnographischer und historischer Abgrenzung sowohl zum Westen, als auch zum Osten“ (S. 210). Programmatisch wurde für diese Bewegung der Sammelband Ischod k vostoku (,Auszug gen Osten‘). Sie betont, dass die Eurasier es nicht schafften, eine einheitliche politische Doktrin zu entwickeln.
Als Grundidee des klassischen Euroasiertums nennt die Verfasserin die Vorstellung, „dass Eurasien ein eigenständiger Kontinent zwischen Europa und Asien ist, dessen Völker sich unabhängig von Einflüssen aus dem Osten oder Westen – zu einer historischen Schicksalsgemeinschaft entwickelt haben (S. 212)“. Russland wird in dieser Gemeinschaft wegen der zentralen geographischen Lage eine Sonderstellung zugeschrieben. Diese These gab den Anstoß für die Entstehung entsprechender Ansätze in verschiedenen Wissenschaften.
In der Sprachwissenschaft kam das z.B., wir die Autorin ausführt, durch die Behauptung von Trubeckoj/Jakobson zum Ausdruck, nach der Sprachen gemeinsame strukturelle Merkmale nicht aufgrund gemeinsamer Herkunft, sondern durch räumliche Kontakte, ethnopsychologische und soziokulturelle Annäherung aufweisen. Mit Recht wird im Beitrag darauf hingewiesen, dass sich solche Ansichten leicht politisieren ließen und lassen und russozentrisch geprägt sind. Sie unterstützten auch die Pseudotheorien von der gemeinsamen Herkunft slavischer Sprachen, von Ukrainisch als Dialekt des Russischen etc.
Darüber hinaus diskutiert die Verfasserin die Ansätze der Eurasier zur Geographie, Geschichte und Demographie Eurasiens und zeigt bestimmte ideologische Parallelen zu westeuropäischen Ansätzen, wie z.B. von Spengler.
Die Renaissance der eurasischen Idee im gegenwärtigen Russland wird auf das Fehlen einer gewohnten allgemeingültigen Ideologie nach dem Zerfall der Sowjetunion zurückgeführt. Die Begriffe „Eurasien“ und „Eurasismus“ würden wieder an Popularität in der Debatte um die besondere Identität Russlands und dessen Sonderentwicklungsweg gewinnen.
Die Verfasserin betont bestimmte Verschwommenheit eines modernen Eurasismus und seiner Ausprägungen, die am Anfang der Amtszeit Putins öffentlich kaum diskutiert wurden.
Einen neuen Anstoß bekommt der Eurasismus in der Auslegung des Neoeurasismus nach Aleksandr Dugin. Die Autorin bietet einen guten Überblick über die Person von Dugin, sein Weltbild, seine perverse Vorstellung von Russland, das ohne ein Imperium nicht existieren kann. Sie skizziert auch Dugins Verhältnis zur unabhängigen Ukraine, die er als „gewaltige Gefahr“ für ganz Eurasien betrachtet (vgl. S. 229) und sie an andere Staaten verteilt. Bestimmte Passagen in Putins Reden würden an Dugins Thesen sehr erinnern.
Die Verfasserin hat Recht, wenn sie vermerkt, dass sich Dugins expansionistisches Programm von der isolationistischen Bewegung der ursprünglichen Eurasier unterscheidet und dass es gefährlich sei, wenn solche extremistischen Ideologien, wie die von Dugin in der Bevölkerung Zustimmung finden.
Der Abschnitt Lektüren eines Präsidenten mit dem Untertitel Hegemoniale Geschichtsnarrative des russischen Ukrainediskurses (S. 251–322) von Rainer Goldt beginnt mit interessanten einleitenden Bemerkungen zu zwei Ansätzen der politischen Geschichte und führt zahlreiche Beispiele an, die zeigen, dass die Erziehung, ihr Stil, ihr Modell, ihre Inhalte etc. keinen wesentlichen Einfluss auf die Veränderung der Führungspositionen und -prioritäten der Schüler hat, die direkt mit den Anweisungen von Wladimir Putin korrelieren: „Ich bin der Präsident der Russischen Föderation. Warum sollte ich um Vergebung bitten?“ (S. 253). Diese Argumentation wird zur Grundlage für die Betrachtung der von Wladimir Putin eingeleiteten und schrittweise umgesetzten „Strategie eines schleichenden Staatsstreichs“ (S. 253–257), für die der Autor zahlreiche Fakten der ideologischen, physischen, moralischen usw. Zerstörung seiner Gegner sowie all derer anführt, die versuchten, an Offenheit und Demokratie in der Russischen Föderation festzuhalten und dabei allgemeine Unterstützung zu gewinnen. Die Kriege in Tschetschenien, Georgien, die Besetzung der Krim usw. waren zweifellos Etappen in diesem Prozess. Auf der Grundlage zahlreicher Fakten hat der Forscher (Alter Wein in neuen Schläuchen: (Re-)Invention of Tradition im Russland des 21. Jahrhunderts (S. 257–268) nach, wie die nicht-institutionelle Legitimation von Macht auf der Grundlage historischer Mythen, die Steigerung ihrer Ansprüche und die Ableitungen eine Reihe von politischen Handlungen sind, die auf einer solchen Mythologie beruhen, bei der die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge völlig nivelliert wird, so dass die Lüge als Wahrheit interpretiert wird. Der bildliche und metaphorische Titel des Abschnitts spiegelt anschaulich das Element der Erneuerung von Kleidern auf alten Realitäten wider, das durch die Klärung einer Reihe von aktualisierten Konzepten transnationaler kultureller Identität (Die ‚Russische Welt‘ (Russkij mir) als wiederbelebtes Konzept transnationaler kultureller Identität) hervorgehoben wurde, die von zahlreichen Wissenschaftlern im Russischen Zarenreich bearbeitet wurden (M. Menšikov, M. Pogodin, O. Sobolevskij (vgl. Pogodin-Sobolevskij-Theorie (↔ Pogodin-Sobolevskij-Hypothese) u.a.), die der eigenen Geschichte einen sakralen Status einräumt und sie gleichzeitig auf eigene Weise umschreibt (Sakralisierung der eigenen Geschichte), indem sie sich der staatlichen Vision unterordnet und deren alternativlose Interpretation einführt (z.B. das Bestreben, den funktional zentralen Status Kyjiws im Staat der Kyjiwer Rus’ zu leugnen), was alle anderen Ansätze unzulässig und destruktiv für das Fundament der russischen Staatlichkeit macht. Der Autor des Kapitels umgeht die äußerst komplexe Wahrnehmungssphäre der Ukraine in der russischen Geschichte des 19. Jahrhunderts (Die russische Wahrnehmung der Ukraine im langen 19. Jahrhundert (S. 268–281)) nicht und bietet eine detaillierte Offenlegung der Besonderheiten der Ausprägung des großmachtchauvinistischen Prinzips bei vielen russischen Künstlern, die sich in der Veröffentlichung ihrer Haltung zu den Verfechtern der ukrainischen Staatlichkeit (Ivan Mazepa – Archetypus des Verräters bei Ryleev und Puškin), sowie in der Darstellung unterschiedlicher Wahrnehmungen von Taras Ševčenko durch russische Liberale (Unverstandener Held der russischen Liberalen: Taras Ševčenko) manifestierte. Das Bestreben des Forschers, die Integrität und/oder Dualität der charakteristischen Figur des Nikolaj Gogol’ zu klären (Zwei Seelen: Nikolaj Gogol’) kann man nur begrüßen.
Auf besondere Aufmerksamkeit verdient der Essay Eine Karikatur des Ukrainophoben: Ivan Turgenjevs Pigasov), der konsequent die Interpretationen des Autors über das Ukrainische und die Ukrainer charakterisiert, z.B. Ivan Turgenevs im Roman „Rudin“, wo dem Protagonisten (Pigasov) und/oder den Protagonisten Visionen über die Abwesenheit der ukrainischen (kleinrussischen) Sprache in den Mund gelegt werden (S. 277).
Bezeichnend ist in diesem Fall, dass die Monographie durchgängig alle Zitate im ukrainischen, russischen etc. Original und in der deutschen Übersetzung anführt, was auf ein hohes sprachliches und ästhetisches Niveau der Publikation hinweist und gleichzeitig zu einem adäquaten Verständnis und der Wahrnehmung des analysierten Materials nicht nur durch deutschsprachige Leser beiträgt. Michail Bulgakovs ambivalente Haltung zur Ukraine, zu allem Ukrainischen und seine Wahrnehmung von allem im Allgemeinen werden in Ukrainisch-Persiflagen in Michail Bulgakovs Bürgerkriegswerken ‚Belaja gvardija‘ und ‚Dni Turbinych‘ (S. 277–279) kommentiert.
Die Richtungen und Gesetzmäßigkeiten der Radikalisierung in der Haltung zur Ukraine in den russischen Regierungs-, fiktionalen und journalistischen Diskursen werden im Teil Die Radikalisierung des politischen Diskurses im Vorfeld des Ersten Weltkriegs und das Narrativ von der Unterwanderung der Ukraine (S. 282–290) erläutert, der konsequent die Hauptpostulate eines der Ideologen der Allrussischen Nationalen Union, eines Anhängers des Rassismus (Der wüste Polemiker: Michail Men’šikov), beschreibt, für den alles national-ukrainische zweitrangig, provinziell usw. ist. Dieser Ansatz wurde in gewisser Weise zur Grundlage für die Offenlegung des besonders relevanten Themas Der Etatist: Petr Struves Entwurf einer transnationalen russischen Kultur als imperialer Koine”, das heute als Eckpfeiler der neoimperialen Politik der Russischen Föderation dient. Eine anschauliche und differenzierte Betrachtung der Entwicklung der Ansichten und Ansätze Aleksandr Solženicyns (Vom literaturzentrierten zum philosophiezentrierten Imperium: politische Indienstnahme am Beispiel Ivan Il’ins und Aleksandr Solženicyns (S. 291–310), der wie eine Figur in einem seiner Romane eine Metamorphose durchlief – von der Betrachtung des Nationalpatriotischen bis zur völligen Ablehnung eines solchen für die Ukrainer, die seiner Meinung nach das Imperium zerstören und nicht völlig motiviert sind, eine eigene Staatlichkeit anzustreben. Daher konzentriert sich der Forscher auf die Frage nach der funktionalen Belastung von Alexander Solženicyns Protagonisten – der Translatoren der imperialen Idee (Treuhänder der imperialen Idee: Ivan Il’in) über den Status der Ukraine, ihre Zweitrangigkeit gegenüber Russland (Ivan Il’in zur Frage einer unabhängigen Ukraine).
Aleksandr Solženicyns besondere Einstellung zur territorialen Integrität und ihren Grenzen wird im Aufsatz mit dem vielsagenden Titel Der zurechtgestutzte Nobelpreisträger: Aleksandr Solženicyn dargestellt, dessen Kernthese als Zitat aus dem Werk von A. Solženicyn selbst gelten kann: “[In unabhängiger Entwicklung – Gott gebe der Ukraine jeden Erfolg]. Ihr [der Ukraine] erschwerender Fehler liegt genau in dieser maßlosen Ausdehnung auf Gebiete, die vor Lenin niemals zur Ukraine gehörten: die beiden Bezirke im Dongebiet [Donec’k und Luhans’k, RG], der gesamte Streifen Neurusslands (Melitopol – Cherson – Odesa) und die Krim“ (S. 307), das W. Putin immer wieder gerne wiederholt, obwohl es ihm nicht gehört.
Die rezensierte Monographie ist logisch aufgebaut und der allgemeinen Idee untergeordnet, die vielen Schritte des Russischen Reiches bei der Verwirklichung seines Status als Großmacht aufzuzeigen, denen alle ideologischen, militärischen und sonstigen Bemühungen untergeordnet sind. Die Autoren der einzelnen Kapitel zeigen anhand zahlreicher experimentell bearbeiteter Daten konsequent die Besonderheiten der Sprachlandschaft bestimmter ukrainischer Gebiete auf, die in der russischen Propaganda aktiv als russischsprachig genutzt werden, was berechtigt, über die Voreingenommenheit und Täuschung der Aussagen russischer Politiker und Propagandisten zu sprechen, da diese Gebiete ein völlig anderes Bild der Sprachordnung aufweisen.
Ein wichtiges Element, das die Struktur der untersuchten monographischen Studie vollständig abrundet, ist das Vorhandensein von mehrsprachigen Zusammenfassungen (S. 323–340), von Angaben zu den Autor(inn)en der einzelnen Kapitel Beiträgerinnen und Beiträger (S. 341–344), des Registers der zitierten Forscherinnen und Forscher Personenregister (S. 345–350) und des Ortsregister (S. 341–344).
Die analysierte Monographie ist sehr aktuell, sie vertieft bestimmte Fragen des sprachlichen Raums der modernen Ukraine in ihrer Integrität und Unantastbarkeit, zeigt die Geschichte des Sprachaufbaus in der Ukraine auf und beleuchtet die Wahrnehmung der Ukraine in verschiedenen Entwicklungsperioden durch Literaten, Politiker, Ideologen des Russischen Reiches, was die ganze Steilheit des Fortschritts des Ukrainentums und die Verteidigung des Status der ukrainischen Sprache aufzeigt. Daher ist eine Betrachtung der Tendenzen und Merkmale der nationalen Identität auf einer vollkommenen faktischen und experimentellen Grundlage sehr wichtig. Die Veröffentlichung dieser Monographie kommt zur rechten Zeit und ist relevant für die gegenwärtige Suche nach den Wegen der Entwicklung nationaler Räume im europäischen Raum, in denen die Ukraine ihre gleichberechtigte Stellung findet.
Literaturverzeichnis
1. Бацевич, Ф. Словник термінів міжкультурної комунікації. Київ: Довіра, 2007. 205 с. URL http://terminy-mizhkult-komunikacii.wikidot.com/k.
[Batsevych, F. (2007). Slovnyk terminiv mizhkulturnoi komunikatsii [Glossary of Intercultural Communication Terms]. Kyiv: Dovira, 205. Available at : http://terminymizhkultkomunikacii.wikidot.com/k (in Ukr.).]
2. Шевельов, Ю. Над озером. Баварія. З історії незакінченої війни. Київ: Києво-Могилянська академія, 2009. С. 71–134.
[Shevelov, Yu. (2009). Nad ozerom. Bavariia. Z istorii nezakinchenoi viiny [Above the Lake. Bavaria. From the History of the Unfinished War]. Kyiv: Kyievo-Mohylianska akademiia, 71–134 (in Ukr.).]
* Авторизований переклад рецензії виконала один зі співавторів Алла Паславська.
© Редакція Міжнародного збірника наукових праць «Лінгвістичні студії»
Лінгвістчині студії
Випуск 48, 2024, с. 187-196
Рецензія на: Bjorn Wiemer / Rainer Goldt (Hrsg.), Die Ukraine als Objekt russischer Großmachtansprüche: Sprachen, Identitäten und Diskurse. Berlin: Frank & Timme, 2023. 364 S. ISBN 978-3-7329-8963-8
Загнітко Анатолій, Паславська Алла
Стаття вперше опублікована в Інтернеті: 02 грудня 2024 р.