6.2.5 Wiki Storyline

Fokus: Personalisierung, Authentizität und Kollaboration

Einführung

Bei diesem schülerorientierten Projekt erstellen die Lernenden eine Geschichte mit der Storyline-Methode, die sie auf einem Wiki zusammentragen. Hierbei schlüpfen die SuS in fiktive, jedoch authentische Charaktere, deren Geschichten sie selbst erleben und entwickeln. Da die Geschichte auf dem Wiki dokumentiert wird, werden alle wichtigen Informationen und SchülerInnenbeiträge dort gesammelt. Ein Wiki ist zwar aus klassischer Perspektive textbasiert, jedoch beinhaltet dieses Projekt ebenso selbstproduzierte Videos der Lernenden. Grundlegend entwickeln die Lehrkräfte das äußere Setting der Storyline, indem sie verschiedene Kapitel anlegen und das Thema sowie Handlungsorte vorgeben. Wie viel die Lehrkraft vorgibt und wie viel die Schülerinnen und Schüler selbst entwickeln, hängt vom angestrebten Grad der Selbstständigkeit und dem Vorwissen der Lernenden ab. Das Ziel dieses Projektes liegt darin, dass die Schülerinnen und Schüler die fiktive Perspektive eines Charakters übernehmen, verschiedene Texte formulieren, passende Videos zu entsprechenden Aufgaben erstellen und somit eine logische und authentische Geschichte dieses Charakters entwickeln. Dieses Projekt fokussiert zunächst das Fach Deutsch, es kann jedoch auch fächerübergreifend z.B. mit dem Fach Geschichte gearbeitet oder auf Fremdsprachen angewendet werden. Das Projekt beinhaltet mehrere Unterrichtsstunden und ist für eine neunte Klasse der Sekundarstufe I ausgelegt.

Didaktisches Konzept

Besonders die Schülerorientierung zeichnet dieses Projekt didaktisch aus, da auf die Erfahrungen, Ausgangslagen, Interessen und das Vorwissen der Lernenden intensiv eingegangen wird. Durch dieses Projekt stehen die Schülerinnen und Schüler, deren Ideen, Vorstellungen und Reaktionen im Vordergrund des Unterrichts. Ihre Eindrücke, Meinungen und Entscheidungen, die in Text- oder Videoform dargestellt werden, werden in diesem Projekt ernst genommen und wertgeschätzt, da sie der zentrale Bestandteil zum Lösen der Aufgaben sind. Zudem bestimmen die Lernenden den Kern der Unterrichtsidee mit, indem sie gemeinsam an einer Geschichte arbeiten und diese eigenständig und individuell entwickeln und vorantreiben. Durch ihr Mitwirken in der Inhaltsbestimmung und in der Methodenauswahl sowie -durchführung erleben die Lernenden Selbstwirksamkeit und Autonomie.

Zudem zeigt dieses Projekt eine starke Handlungs- und Produktorientierung auf. Die Lernenden handeln aktiv in Form von fiktiven Texten oder Videos, in denen sie durch Rollenspiele in fremde Charaktere schlüpfen. Sie erarbeiten sich Kompetenzzuwächse und neues Wissen handelnd und eigenaktiv, indem sie auf bestimmte Anweisungen, Handlungen oder Ereignisse reagieren. Sie arbeiten dadurch an konkreten – zwar fiktiven – aber dennoch potentiell authentischen Situationen, wofür sie Lösungen und Handlungsalternativen entwickeln müssen. Hierfür müssen sie stets die hinterlegten Informationen sichten, Verknüpfungen herstellen sowie Urteile und Entscheidungen fällen, um diese wiederum zu verschriftlichen oder in einem Video festzuhalten. Dabei darf der Gesamtkontext der Geschichte nicht vergessen werden, wodurch das Produkt, also die entstehende Geschichte mit all ihren Beiträgen, ebenfalls im Fokus der Betrachtung liegt.

Bildungsplanbezug (Baden-Württemberg 2016 Sekundarstufe I)

Dieses Projekt fokussiert vor allem die Leitperspektive „Medienbildung“, da die Schülerinnen und Schüler eigene Medienprodukte in Form von digitalen Texten und Videos erstellen. Zudem müssen sie sich auf einer Online-Plattform zurechtfinden, sich dort orientieren und auf vorgegebene Events reagieren. Lernen und Handeln finden also fast ausschließlich auf der Plattform statt, da die Lernenden gemeinsam eine Geschichte mithilfe verschiedener Charaktere erarbeiten. Sie üben sich dadurch im Digital Storytelling, wodurch sie sich wiederum mit einer sinnvollen, reflektieren und verantwortungsbewussten Nutzung digitaler Medien auseinandersetzen und diese selbst ein- und umsetzen.

Förderung der prozessbezogenen Kompetenzen:

Schreiben

  • Texte planen:

o Arbeitsschritte festlegen: Informationen sammeln, ordnen, ergänzen; dabei Schreibanlass, Textfunktion und Aufgabenstellung auf der Basis der jeweiligen Operatoren beachten

o einen Schreibplan erstellen: Texte zielgerecht, adressaten- und situationsbezogen konzipieren

  • Texte formulieren:

o in einem angemessenen Zeitrahmen Texte in (auch handschriftlich) gut lesbarer Form anfertigen

o Textverarbeitungs- und Präsentationsprogramme nutzen

o Texte dem Zweck entsprechend und adressatengerecht gestalten und strukturieren (Blattaufteilung, Rand, Absätze)

  • Informieren:

o von Ereignissen berichten, Gegenstände, Vorgänge, Orte, Bilder und Personen beschreiben

o den Inhalt auch längerer Texte knapp, eigenständig und adressatenorientiert wiedergeben

  • Appellieren:

o sach- und adressatenspezifisch formulierte appellative Texte verfassen und dabei deren Wirkungsabsicht berücksichtigen

  • Kreativ und produktiv gestalten:

o anschaulich erzählen und nacherzählen, Erzähltechniken anwenden, auf die Erzähllogik achten

o nach Impulsen schreiben

Auswahl der inhaltsbezogenen Kompetenzen:

3.2.1.3 Medien

  • Medien zur Dokumentation des eigenen Lernwegs nutzen (z. B. Lernwegeportfolio)

  • lineare und nichtlineare Texte gestalten (z. B. mithilfe von Textverarbeitungs- oder Präsentationsprogrammen)

3.3.2.2 Funktionen von Äußerungen

  • beim Sprachhandeln einen differenzierten Wortschatz gebrauchen, einschließlich umgangssprachlicher und idiomatischer Wendungen in Kenntnis des jeweiligen situativen Zusammenhangs (z. B. in Bewerbungssituationen)

  • Zusammenhänge und Inhalte adressatenorientiert, sachgerecht und ansprechend darstellen

Hauptintentionen

Die SuS entwickeln eigene fiktive Charaktere, mit denen sie auf vorgegebenen Events reagieren, indem sie als Reaktion entsprechende Texte formulieren oder Videos erstellen. Die SuS treffen dadurch begründete Entscheidungen zu tatsächlichen Problemen und müssen situationsabhängig reagieren, indem sie anhand ihres fiktiven, aber authentischen Charakters operieren und agieren. Sie sammeln ihre Beiträge auf einem Wiki, das sowohl das Setting als auch die entstehende Geschichte beinhaltet.

Lernszenario

Die Lehrkraft plant im Vorfeld die Storyline mit verschiedenen Kapiteln, um den Lernenden ein Setting zu bieten. Das Ziel der Geschichte sollte sein, von einer Exposition zu einer Resolution mit einem Höhe- oder Wendepunkt zu reichen. Durch die Ausarbeitung und Entwicklung fiktiver Charaktere können die Schülerinnen und Schüler auf von der Lehrkraft vorgegebene Events (Arbeitsaufträge, Anweisungen oder Handlungen) reagieren, indem sie einen Text formulieren oder Videos erstellen. Gemeinsam arbeiten sie dadurch an einer Story, die aus vielseitigen Perspektiven entsteht. Hierbei werden die Erfahrungen und das Wissen der Lernenden berücksichtigt, wodurch eine schülerorientierte fiktive, aber authentische Geschichte entsteht. Durch die Rollenspiele üben sich die Lernenden außerdem in Perspektivübernahme und Empathie.

Wählt man bei bestimmten Events die Video-Variante, nehmen sich die Schülerinnen und Schüler selbst auf, in denen sie auf die Events reagieren. Die Videos können in eBooks eingebettet und in das Wiki integriert werden.

Der Verlauf des Projektes sieht folgende Struktur vor: Zunächst braucht es eine Einführung des Themas, in der der allgemeine Kontext des Settings und der entstehenden Geschichte gezeigt werden. Diese Einführung kann durch einen fiktiven Brief, ein Spiel, einen Song oder durch Artefakte gestaltet werden. In einem zweiten Schritt entwerfen die Lernenden ihre Charaktere, indem sie Charakterzüge, Beziehungen zu Familie, Freunde, KollegenInnen u.Ä. festlegen. Sie formulieren Texte und suchen hierzu passende Bilder. Als nächstes werden die Orte eingeführt und Handlungsorte wie Schule, Nachbarschaft oder Stadt festgelegt. Es folgen verschiedene Events, auf die die Schülerinnen und Schüler reagieren. Sie treffen dadurch Entscheidungen zu echten Problemen, die sie in ihrer Geschichte lösen müssen.

Bei diesem Projekt ist zu berücksichtigen, dass die Lernenden stets einen Schreibplan oder ein Storyboard führen sollten. Das Schreiben oder Aufnehmen der Geschichte wird dadurch angeleitet und durch bestimmte Vorgaben und Orientierungen sinnstiftend eingesetzt.

Verwendete Tools

Da das Projekt hauptsächlich durch ein Wiki realisiert wird, kann der Webhosting-Dienst „GoogleSites“ benutzt werden. Registrierte Benutzer und Benutzerinnen können dort kostenlos öffentlich und begrenzt zugängliche Websites erstellen.

Für den Einsatz im Unterricht eignet sich diese App aus den folgenden Gründen:

  • Einfache Bedienung und Handhabung

  • Bietet verschiedene Vorlagen und Module an

  • Inhalte von anderen Webseiten können einfach eingebettet werden

  • Teilen und kollaboratives Arbeiten sind möglich

  • Integrieren von Bildern, Grafiken, Links, Videos, Dateien etc. möglich

  • Einfache Überarbeitung und Veröffentlichung