2.3.1 Auswirkungen der Digitalisierung auf die gegenwärtige Lernkultur

Die Lernkultur unterliegt einem stetigen Wandel, der oftmals in Korrespondenz mit den neuesten pädagogischen Erkenntnissen und der Entwicklung neuer Technologien von Statten geht. Somit hat natürlich auch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung Auswirkungen auf die Lernkultur. Der verstärkte Einsatz mobiler Technologien führt dazu, dass der Lernprozess zunehmende selbsttätiger von den Lernenden geführt wird. Diese Entwicklung, weg vom immerwährenden Unterricht im Klassenverband, ist zwar keinesfalls neu (und hat seine Wurzeln bereits in der Reformpädagogik), doch wird sie von neuen Technologien jedoch durchaus weiter begünstigt.

Gerade mobile Technologien eignen sich hervorragend für individuelles, selbsttätiges Lernen, da jede/r SchülerIn an einem eigenen Gerät arbeiten kann und somit Tempo, Aufgaben und verwendete Lernstrategien frei wählen kann. Zusätzlich bietet die Mobilität der meisten Geräte auch die Möglichkeit, ortsunabhängig zu lernen. Diese Art zu lernen wird im Angesicht der immer größer werdenden Heterogenität an Schulen natürlich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Allerdings ist allein die Anschaffung mobiler Geräte nicht ausreichend, um die Digitalisierung erfolgreich in der Lernkultur zu verankern (vgl. Ludwig 2017; Silander 2019, Vidal 2018).

Zwar erleichtern mobile Technologien das eigenständige Arbeiten, doch wird der Lernprozess erst dann erfolgreich, wenn die Lernenden sowohl über die Handhabung der neuen Technologien als auch über das eigenständige Lernen und die damit verbundenen Lernstrategien und Reflexionsprozesse informiert sind. Des Weiteren muss der Einsatz der mobilen Technologien an die Forderungen des Bildungsplanes angepasst und für die dort verankerten Ziele von Nutzen sein (vgl. Silander 2019).

Somit müssen die Veränderungen, welche die Lernkultur durch die Digitalisierung erfährt, von der Lehrkraft gesteuert und vorbereitet werden. Natürlich verändert sich auch die Rolle der Lehrkräfte in einer Lernkultur, die auf selbsttätiges Arbeiten ausgerichtet ist. Die Lehrpersonen werden von ihrer ursprünglichen Führungsposition zu BeraterInnen, Coaches und UnterstützerInnen. Zunächst aber müssen die Lernenden mit gewissen Tools ausgestattet werden, die es ihnen ermöglichen, selbsttätig Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen (vgl. Killus 2015).

Der folgende Abschnitt beschäftigt sich eingehender mit dem Begriff des selbstgesteuerten Lernens und erläutert, durch welche Lernstrategien, die SchülerInnen dazu befähigt werden, ihren Lernprozess selbst zu steuern.

Was ist Selbstgesteuertes Lernen?

Wie oben bereits angedeutet, ist die Grundidee des selbstgesteuerten Lernens keinesfalls eine neue und wird bereits seit den siebziger Jahren immer wieder diskutiert. Damals fand vor allem in der Psychologie ein Umdenken statt und anstatt der behavioristischen Ansätze, die Lernen als inaktiven Prozess verstehen, traten nun kognitive Denkweisen in den Vordergrund. Diese sehen die Lernenden als agierende Personen an, die ihren Lernprozess selbstverantwortlich gestalten (vgl. Killus 2005: 3; Strzebkowski 2006: 46).

Selbstgesteuertes Lernen bezeichnet einen Ansatz bei welchem der Lernprozess zu großen Anteilen von den Lernenden selbst gelenkt und verwaltet wird. Dabei liegen die Zielsetzungen und Einteilungen des Prozesses weitreichend in Verantwortung der einzelnen Lernenden. Dabei fällt die Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten wie dem „selbstregulierten“ oder dem „autonomen“ Lernen oftmals schwer. Diese scheint allerdings in Anbetracht der Gemeinsamkeiten aber auch nicht unbedingt immer von Nöten. Wichtig ist, dass alle das Lernen als aktiven Prozess betrachten, der von den Lernenden ausgeht und nicht fremdbestimmt wird (vgl. Killus 2005: 2f.).


Um zu überprüfen, ob ein angestrebter Lernprozess wirklich selbstgesteuert ist, sollte man sich jedoch vergewissern, dass folgende Komponenten wirklich von den Lernenden bestimmt werden:

  • Die angestrebten Lernziele

  • Der Lernort

  • Die Zeit/das Tempo

  • Die genutzten Medien

  • Die verwendeten Lernstrategien

(vgl. Strzebkowski 2006: 47)

Anhand dessen wird klar, dass diese Ansätze auf hohe Lernendenzentrierung ausgerichtet sind und ein hohes Maß an Personalisierung verlangen. Wie oben bereits angesprochen, müssen den Lernenden dafür gewisse Strategien und Tools an die Hand gegeben werden müssen.

Modell des Selbstgesteuerten Lernens (Konrad/Wagner 1999)

Besonders wichtig sind hierbei die bereits angesprochenen Strategien, die Lernende benötigen, um erfolgreich selbstgesteuert lernen zu können. Der folgende Abschnitt wird sich deshalb etwas eingehender mit verschiedenen Lernstrategien (auch motivationaler und metakognitiver Natur) und deren Vermittlung beschäftigen.

Weitere Informationen zu dieser Thematik finden Sie unter folgendem Link: unterricht-digital.info/individualisiertes-personalisiertes-lernen-mit-digitalen-medien/

Bildquelle:Pixaybay, 849825 Quellen: Killus, Dagmar (2005): „Selbstgesteuertes Lernen in Lern-, Interessen- und Erfahrungsangeboten an Schulen mit Ganztagangebot.“ Bildungsserver Berlin-Brandenburg. http://bildung-brandenburg.de/fileadmin/bbs/schule/ganztagsschule/Gestaltungsbereiche/pdf/Selbstgesteuertes_Lernen_expertise.pdfLudwig, Christian (2017): „Lernerautonomie und digitale Medien: Interaktiver, Authentischer, Individueller.“ Goethe Institut e.V.; Redaktion Magazin Sprache. https://www.goethe.de/de/spr/mag/21033242.html.Silander, Pasi (2019): „Durch Digitalisierung zur Zukunft der Schule: Finnland im Aufbruch zu einer neuen Lernkultur.“ schulmanagement 3/2019. https://www.oldenbourg-klick.de/zeitschriften/schulmanagement/2019-3/durch-digitalisierung-zur-zukunft-der-schule.Vidal, Nicoel (2018): „Selbstgesteuertes Lernen: Ein fragwürdiges pädagogisches Konzept?“ SWR 2 Wissen. https://www.swr.de/swr2/wissen/Aula-Probleme-eines-paedagogischen-Konzepts-Selbstgesteuertes-Lernen,aexavarticle-swr-39524.html. Strzebkowski, Robert (2006): „Selbständiges Lernen mit Multimedia in der Berufsausbildung: Mediendidaktische Gestaltungsaspekte interaktiver Lernsysteme.“ Dissertation Freie Universität Berlin. https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/300/03_Teil1_Kap1_SelbstaendigesLernen.pdf?sequence=4&isAllowed=y [PDF] Konrad/Wagner, 1999