Augmentierte Realität (AR)

Das didaktische Potential von AR im Klassenzimmer

Natürlich steckt der Gebrauch von AR-Technologien in der Bildung noch in den Kinderschuhen. Jedoch lassen sich an vielerlei Orten, wie z.B. Museen oder an geschichtsträchtigen Stätten, AR-Szenarien finden. Des Weiteren wird AR für die Visualisierung naturwissenschaftlicher Experimente, auf Ausflügen oder in den Bereichen Ökologie, Mathematik und Geometrie genutzt. Auch im Ingenieurwesen kann AR bei der Demonstration von komplexen Konzepten und Modellen von Nutzen sein. In Kunst und Geisteswissenschaften findet AR vor allem im Spracherwerb, aber auch in der

Erweiterung von Kunstobjekten (zumeist Gemälde) oder in der Untersuchung historischer Standorte Verwendung. Zahlreiche Apps unterstützen das Verständnis für das historische Kontinuum und die Veränderung in alten Fotografien. Ein weiterer wichtiger Grund für den Gebrauch von AR im pädagogischen Kontext scheint außerdem die gesteigerte Motivation der Lernenden zu sein (Bacca et al. 2014).

Der Gebrauch von AR in pädagogischen Kontexten ließ viele positive Effekte erkennen (Bitter & Corral 2014):

    • verstärkte Zusammenarbeit

    • eine Steigerung des selbstregulierten Lernens

    • eine Steigerung der Motivation

    • bessere Resultate, die auf einem tiefgehenden Verständnis beruhen

    • eine Erhöhung des Einsatzes

    • ein besseres Verständnis von räumlicher Erkennung

    • die Verankerung von Gedankengut im Langzeitgedächtnis

Die folgenden AR Szenarien wurden bereits im Bildungswesen getestet.

  • AR-Bücher

Durch die Einbettung von AR-Markern in traditionellen Bücher kann deren Inhalt durch dynamische und interaktive Anteile verbessert und erweitert werden. Frühe Forschung deutet an, dass so ein besseres Verständnis und eine höhere Akzeptanz des Inhalts, sogar ohne vorangegangene Anweisungen, gefördert wird (Grasset/Dünser/Mrk Billinghurst 2008).

  • AR-Spiele

Diese Spiele verstärken den Spaß am Lernen und motivieren die Lernenden sich mit abstrakten und komplexen Inhalten, basierend auf einem "Trial-and-Error" Prinzip, zu beschäftigen.

  • Erforschendes Lernen:

AR-Technologien erlauben es den Nutzenden, digitale Annotationen für eine Vielzahl von Objekten oder Orten, wie z.B. archäologische Ausgrabungsstätten, zu Rate zu ziehen.

  • Objektmodellierung:

Durch den Gebrauch von AR-Apps können die Nutzenden selbst Objekte umgestalten. Sie können im Raum angesehen werden, um Veränderungen in der Konstruktion zu untersuchen und zu analysieren.

  • Erweiterung der Fähigkeiten:

AR-Systeme können auf einzigartige Weise für unterweisendes Lernen genutzt werden, welches den Lernenden sofortiges Feedback ohne Risiken bietet. Nach Roussons et.al. (1999) sind Anwendungen zur Förderung kollaborativer Aspekte besonders wirksam, wenn es um die Verankerung von Wissen im Langzeitgedächtnis geht.

Aktuell gibt es nur wenige Beispiele für den Gebrauch dieser Technologie im Klassenzimmer. Jedoch hat sie besonders im Bereich der außerschulischen Aktivitäten großes Potenzial. Die folgenden Bespiele vermitteln einen Eindruck dieses bedeutenden Potenzials. Oftmals beschreiben sie dafür Kurzzeitprojekte oder Versuche. Deshalb ist es möglich, dass manche beschriebenen Inhalte oder Apps nicht mehr verfügbar sind. Nichtsdestotrotz sollten die Videos einen aufschlussreichen Eindruck vermitteln.

Beispiele

Die folgenden Beispiele zeigen auf, in welchen Bereiche AR-Technologien angewendet werden können.

Museumsbildung: animierte Dinosaurier im Royal Ontario Museum

Das Royal Ontario Museum erweckte mit augmentierter Realität Dinosaurier zum Leben. BesucherInnen können die Tiere auf verschiedenen Geräten, wie Tablets, Smartphones oder mobilen Terminals, in der Ausstellung betrachten.

App kostenlos verfügbar

Durch Technologie erweiterte Schulbücher

Durch den Gebrauch von AR können Schulbücher mit virtuellen Komponenten, ähnlich wie QR-Codes, ausgestattet werden. AR dient dabei als Brücke zwischen traditionellen Schulbüchern und digitalen Inhalten und fördert somit die Interaktivität. In Deutschland kann die App SchulAR zum Einsatz kommen, während in englischsprachigen Ländern RiseAR genutzt werden kann.


GeoGebra - Augmented Reality

Mithilfe dieser App lassen sich geometrische Konstruktionen in die reale Umgebung platzieren, um diese aus verschiedenen Perspektiven zu erkunden. Somit lässt sich die oft abstrakte Mathematik in der realen Welt entdecken. Die Applikation enthält, neben der Funktion eigene Objekte zu erstellen, außerdem mehrere Beispiele von dreidimensionalen mathematischen Objekten, die man mithilfe des mobilen Endgeräts überall positionieren kann.

Das Portal Geogebra bietet zusätzliche Ideen und Beispiele speziell für Lehrende und Lernende.


Geschichtsunterricht: "Zeitfenster"

Die App "Zeitfenster" wurde von einer bundesweiten deutschen Stiftung finanziert und vom HISTOdigitaLE Team der Universität Leipzig entwickelt. Sie bietet eine komplexe Schilderung der "friedlichen Revolution" am Ende der Spaltung Deutschlands. Viele Elemente der Geschichte beinhalten AR-Szenarien. Die App wurde von der Hochschule der Medien (Stuttgart) entwickelt und ist in vielen deutschen Städten erhältlich.

App kostenlos verfügbar

Spielplatz Physik

Pädagogen und Pädagoginnen können Newtons Gesetze zum Leben erwecken. Entdecken und erforschen Sie die Physik des täglichen Lebens und Ihrer eigenen Bewegungen. Dabei haben Sie auch die Möglichkeit ein Videos von sich, Ihren Freunden oder jeglicher Art von Bewegung aufzunehmen. Während dieser Videos lassen sich Punkte anklicken, um die Bahn der Bewegung zu verfolgen und zu entdecken, welche Kräfte und Energien hier freigesetzt werden.

Die Entwicklung von AR für den Gebrauch im Klassenzimmer

Es besteht die Möglichkeit AR in beinahe jedem Klassenzimmer an vielerlei Orten der Welt zur Schaffung einer aktiven Lernerfahrung zu nutzen. Pädagogen und Pädagoginnen wissen, dass der Lernprozess nicht nur durch Lesen und Schreiben, sondern auch durch Erschaffen und Interaktion gefördert wird. Mit AR erhalten Lernende die Gelegenheit, etwas aktiv zu verändern, zu kombinieren oder zu erstellen anstatt sich darüber nur mithilfe eines Schulbuchs zu informieren. Dabei ist es nicht wichtig, ein breitgefächertes Hintergrundwissen über AR zu besitzen. Das Ausschlaggebende von AR ist, dass bestimmte Aktionen dann ausgelöst werden, wenn ein Abbild durch die Linse eines Geräts eingefangen wird.

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Zusammenfassend lässt sich feststellen:

    • marker-based AR: Markierungen, die auch als "Marker" bezeichnet werden, Trigger, Tracker, Ziele oder Bilder werden von der Kamera erkannt und verursachen eine bestimmte Reaktion, wie z.B. ein 3D-Modell welches dort gezeigt wird, wo eine Markierung platziert wurde. Oftmals werden QR-Codes als Marker verwendet.

    • markerless AR: Hier erkennt die Kamera eine Struktur (ohne Markierungen) und eine korrespondierende Reaktion wird allein durch diesen Prozess ausgelöst.

    • location-based AR: Bei dieser Art von AR löst ein bestimmter Ort und seine geographischen Daten eine Reaktion aus. Beispiel: An einem spezifischen geographischen Standort wird dem Nutzenden automatisch der Wikipediaeintrag der gesehenen Objekte angezeigt. Des Weiteren lassen sich hier LLA (Breitengrad, Längengrad und Höhe) Markers benutzen.

Alles, was für die Produktion von AR-Szenarien notwendig ist, ist ein Trigger und ein Gerät, welches diesen erkennt und die passenden Informationen bereitstellt. Dabei kann es sich um Bilder, Videos, Geräusche, Grafiken oder manipulierbare Elemente handeln.

Um AR an Schulen zu gebrauchen, muss zwischen zwei Zielgruppen der AR Inhalte unterschieden werden: Konsumenten und Produzenten. AR-Inhalte werden oftmals nicht speziell für SchülerInnen erschaffen. Meist sind diese beim Erstellen der Inhalte gefragt, da sie so den größtmöglichen Lerneffekt und somit auch größere Erfolge haben.


Mögliche Szenarien für das Klassenzimmer:

    • Hausaufgabe/Mini-Unterrichtseinheiten: SchülerInnen können eine Seite ihrer Hausaufgaben einscannen und die Seite zeigt ihnen ein Video ihrer Lehrkraft, die ihnen hilft etwaige Probleme zu lösen (siehe auch Flipped Classroom)

    • Fotowand: Verteilen Sie Fotos im Klassenzimmer, die dann gescannt werden können, um weitere Informationen zu erhalten

    • Buchrezension: Die SchülerInnen filmen eine kurze Buchrezension eines Romans und hängen die "Aura" (assigned digital Information) an das Buch an. Jede Person hat dann die Möglichkeit, das Cover des Buchs zu scannen und sofortigen Zugang zur Rezession zu erhalten.

    • Erweiterte Schulbücher: Fügen Sie an jedes beliebige Textbuch Notizen, Bilder oder Videos an, um so das Verständnis der Materie zu verbessern und zu vertiefen. Hierbei gibt es beinahe unbegrenzte Möglichkeiten.

    • Wörterwand: SchülerInnen können die Definitionen zu verschiedenen Vokabeln an einer Wörter Wand aufnehmen. Danach erscheint mithilfe der Aurasma-App eine Peergruppe auf dem Bildschirm, die die Definitionen liefert und das Wort in einem ganzen Satz gebraucht.

    • Sicherheit im Labor: Verteilen Sie Trigger (Bilder die Medien aktivieren, wenn sie mit einem AR-kompatiblen Gerät gescannt werden) im Labor, sodass SchülerInnen die Möglichkeit haben, diese zu scannen und die Sicherheitsverfahren und Protokolle für die Laborausrüstung zu erlernen.

    • Flashcards für Zeichensprache (DGS): Mithilfe von AR lassen sich Flashcards von relevantem Vokabular erstellen, die ein Video enthalten, das zusätzlich die Gebärden der Wörter zeigt.

    • "Ausfahrten"/Tickets: Fügen Sie einen Trigger an eine sogenannte "Ausfahrt" an, die Arbeitsmuster oder Links zu weiteren Inhalten enthalten. Diese können von den SchülerInnen als Referenzen für ein Lernziel gebraucht werden. Damit kann die Klarheit der Lehrkraft verbessert werden und die hohen Anforderungen für Reflexionen dargelegt werden.

    • Schulführungen: SchülerInnen erstellen Video Overlays um bestimmte Bereiche des Schulgebäudes näher zu erläutern (z.B: Schulgarten, Verhaltensregeln auf dem Spielplatz, die Räumlichkeiten der Geisteswissenschaften, das Sekretariat, die Kantine etc.)

Weitere Ideen finden Sie hier

Die folgenden Apps können genutzt werden, um eigene AR Szenarien zu erstellen:

Das wahrscheinlich beste Programm ist die kostenlose App Aurasma. Die untenstehenden Videos vermitteln einen guten Überblick und Eindruck des Gebrauchs von AR in Schulen.

Ähnliche Resultate können mit den folgenden Programmen erzielt werden. Jedoch sind diese Tools nicht kostenfrei und/oder bieten keinen Rabatt für Bildungseinrichtungen an:

Falls Sie Ihre eigene AR-App für die Schule kreieren möchten, könnte Sie das Angebot von Bevond interessieren.

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