6.2.3 Historische Orte entdecken und eigene virtuelle Touren aufnehmen – Die Entdeckung der Abtei Rievaulx mit mobilen Technologien

Fokus: Personalisierung - Handlungskraft

Einführung

In diesem Projekt entdecken Studierende die Abtei Rievaulx im Norden Englands (Yorkshire) mithilfe mobiler Technologien. Die Projektidee kann ohne Probleme an Schülerinnen und Schüler sowie an lokale Sehenswürdigkeiten bzw. historische Orte angepasst werden. Grundlegend ist die Aufgabe der Lernenden, einen historischen Ort selbst zu erforschen, indem sie Video-Portfolios oder Video-Tagebücher erstellen. Hierbei nehmen sich die Schülerinnen und Schüler selbst auf, während sie ihre Entdeckungen machen. Dabei können sie Fragen stellen, Inhalte besprechen, Assoziationen nennen oder Interviews durchführen. Die Aufgaben und Methoden können die Lernenden selbst bestimmen. Im schulischen Kontext ist zu beachten, dass dieser Grad der Selbstständigkeit nur von der Lehrkraft gewählt werden kann, wenn Vorgaben gemacht, Einstiegsstunden durchgeführt oder Instruktionsphasen mit eingebaut werden. Das Ziel des Projektes ist das Erstellen von virtuellen und individuellen Touren eines historischen Ortes, die durch die Verfolgung eigener Interessen und Ideen entstehen. Dieses Projekt umfasst mehrere Stunden oder sogar Wochen und ist ab der achten Klasse der Sekundarstufe I durchführbar. Hierbei liegt der Fokus auf dem Fach Geschichte, es können jedoch Bezüge zu den Fächern Geografie oder zu Fremdsprachen gezogen werden.

Didaktisches Konzept

Dieses Projekt ist besonders handlungsorientiert, da sich die Lernenden vor allem interessengeleitet neues Wissen konstruieren und dieses anschließend visualisieren. Die offene Lernumgebung ermöglicht den Schülerinnen und Schülern nicht nur eine besondere Binnendifferenzierung, sie ermöglicht gleichzeitig Möglichkeiten zur Entwicklung und Entfaltung eigener Ideen. Dabei wird das eigene Handeln der SuS fokussiert, da sie den Lernprozess selbst mitgestalten und diesen je nach Grad der geforderten Selbstständigkeit mitbestimmen.

Zudem fördert dieses Projekt das entdeckende Lernen, da die eigenaktive Aneignung von Wissen und Methoden sowie die Selbständigkeit der Lernenden im Fokus liegen. Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich eigenständig neue Themen, wodurch sie ihren Fokus selbst legen können. Das Thema an sich erhält dadurch eine besondere Relevanz und somit eine sinnstiftende Funktion für die Lernenden. Sie arbeiten eigenständig an selbst formulierten Problemen, Hypothesen oder Fragestellungen, die durch die Selbstwahl des Themas und die regionale Verankerung des Ortes an Bedeutsamkeit gewinnen. Die Schülerinnen und Schüler lernen anhand unmittelbarer Erfahrungen, da sie an einem konkreten Beispiel arbeiten.

Möchte man dieses Projekt als Partner- oder Gruppenarbeit realisieren, so steht die Kollaboration zwischen den Lernenden im Fokus der Betrachtung. Hierbei müssen die Schülerinnen und Schüler ihre Ideen und Vorstellung sowie potentielle Lösungswege untereinander aushandeln und Probleme kommunikativ lösen. Sie arbeiten gemeinsam an einem Projekt, weshalb an dessen Ende, alle Lernenden auf dem gleichen Standpunkt sein sollten, da sie nicht arbeitsteilig, sondern gemeinsam an der Lösung der Aufgabe gearbeitet haben. Im Mittelpunkt des Projektes steht jedoch nicht nur das Endprodukt, sondern auch der Prozess dorthin, der immer wieder reflektiert werden sollte. Die Lernenden üben sich so in kommunikativen und sozialen Kompetenzbereichen.

Bildungsplanbezug (Baden-Württemberg 2016 Sekundarstufe I)

Dieses Projekt fokussiert die Leitperspektive „Medienbildung“, da die Lernenden eigene Medienprodukte herstellen und diese sowie die ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen reflektieren. Sie werden darin gestärkt, sich vermehrt mit digitalen Medien kritisch auseinanderzusetzen und diese konstruktiv einzusetzen, was die Lernenden auf die Digitalisierung und die kommende Berufswelt vorbereitet. Zudem üben sie sich dadurch in der sinnvollen, reflektierten und verantwortungsbewussten Nutzung digitaler Medien.

Förderung der prozessbezogenen Kompetenzen:

Fragekompetenz:

  • Fragen an die Geschichte formulieren und vorgegebene historische Fragestellungen nachvollziehen

Methodenkompetenz:

  • Informationen aus außerschulischen Lernorten auswerten (zum Beispiel Museum, Archiv, Denkmal, Kulturdenkmal, Gedenkstätte, historischer Ort)

Reflexionskompetenz:

  • Deutungen aus verschiedenen Perspektiven erkennen, vergleichen und beurteilen (Dekonstruktion, Multiperspektivität, Kontroversität, Zeit- und Standortgebundenheit), auch unter Berücksichtigung der Geschichtskultur (zum Beispiel TV-Dokumentationen, historische Spielfilme, Museen, Gedenkstätten)

  • historische Sachverhalte rekonstruieren (Rekonstruktion)

Sachkompetenz:

  • historische Sachverhalte in Raum und Zeit einordnen

  • historische Sachverhalte in Zusammenhängen darstellen (Narration)

Auswahl der inhaltsbezogenen Kompetenzen:

Diese Auswahl ist abhängig vom gewählten historischen Ort.

Hauptintentionen

Die SuS erkunden und erforschen einen historischen Ort, indem sie eigene Video-Tagebücher oder Video-Portfolios erstellen. Sie nutzen dabei mobile Geräte zur Aufzeichnung und Erfassung von Erfahrungen auf Ausflügen.

Die SuS übernehmen die Verantwortung für ihr eigenes Lernen und ihren eigenen Lernprozess, indem sie eigene Ideen entwickeln, Entscheidungen treffen und eigene Lernprodukte erstellen. Sie entdecken dabei verschiedene Methoden und üben sich im Verbalisieren und Visualisieren ihrer Ideen und Vorstellungen.

Lernszenario

Der Fokus des ursprünglichen Projektes liegt auf der der Rekonstruktion der historisch-räumlichen Entwicklung der Abtei Rievaulx und der Darlegung der wirtschaftlichen und sozialen Rolle derselbigen vor der Auflösung durch Heinrich VIII in 1538. Des Weiteren verbalisieren die Studierenden ihre individuelle Wahrnehmung des Moments indem sie während des Gangs durch die Ruine, Videotagebücher oder Portfolios erstellten. Abschließend besuchten sie wichtige, zuvor ausgewählte, Orte in der Umgebung der Abtei.

Möchte man dieses Projekt mit Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I durchführen, muss auch hier Wert auf das selbstständige und selbstorganisierte Lernen gelegt werden. Dazu benötigt das Projekt zum einen eine offene Lernumgebung und zum anderen die Möglichkeit, dass die Lernenden die Themen, Methoden und das Tempo ihres Lernprozesses selbst bestimmen können. Das Projekt kann in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit realisiert werden. Die Lernenden erkunden einen historischen Ort selbstständig und fassen ihre Eindrücke und ihr neu erworbenes Wissen in einem Video-Tagebuch zusammen. Die Lehrkraft kann vor und zwischen diesen Erkundungen Instruktionsphasen oder Input-Phasen einbauen, wodurch das Vorwissen und die Orientierung gestärkt, die Selbststeuerung der Schülerinnen und Schüler jedoch eingeschränkt wird. Als angestrebtes Lernergebnis fassen die Lernenden ihre individuellen Videos zu einem gemeinsamen Video zusammen, das ihre wichtigsten Erkundungen und Erkenntnisse festhält.


Am Ende des Projektes braucht es ein Self-Assessment, also eine Selbsteinschätzung, die beispielsweise durch Selbsteinschätzungsbögen oder vorgefertigte Rubrics durchgeführt werden kann. Des Weiteren ist eine Reflexion durch Peer-Reviews einzuplanen, in der die Mitschüler und Mitschülerinnen die Produkte der anderen kommentieren, bewerten sowie konstruktives Feedback formulieren, welches schriftlich, mündlich oder mit digitalen Medien umgesetzt werden kann.

Das Projekt kann insofern erweitert werden, nachdem die Schülerinnen und Schüler eine komplette virtuelle Tour – basierend auf ihren Videoprodukten – erstellt und diese geteilt haben.

Verwendete Tools

Um Videos prinzipiell aufzunehmen, braucht es lediglich die Kamera- bzw. Videofunktion eines Smartphones oder Tablets. Für das Erstellen bzw. Schneiden von Videos ist die iOS-App „iMovie“ hilfreich, die auf Apple-Geräten bereits vorinstalliert ist.

Für den Einsatz im Unterricht eignet sich die App aus den folgenden Gründen:

  • einfach und verständlich aufgebaut

  • fertige Produkte können sowohl auf einem Endgerät als auch in einer Cloud gespeichert werden

  • einfache Handhabung

Eine weitere Möglichkeit bietet die App „Tellagami“, die das Erstellen von animierten Videos ermöglicht. Möchte man nur seine eigene Stimme aufnehmen, bietet sich beispielsweise die iOS-App „Voice Memos“ an.

Mit „Book Creator“ können digitale und multimediale eBooks mit verschiedenen Funktionen erstellt werden. Entweder nutzt man die App (sofern Tablets oder Smartphones vorhanden sind) oder die Web-Anwendung für Google Chrome.

Für den Einsatz im Unterricht eignet sich die App aus den folgenden Gründen:

  • einfache Handhabung, intuitive Benutzung

  • multimediale Funktionen (Einfügen von Bildern/Fotos, Zeichnungen, Icons, Textfeldern, Audioaufnahmen, geometrische Formen, Videos, Kartenausschnitten)

  • Einbindung von visuellen und auditiven Informationen

  • bietet Möglichkeit der Interaktivität (Feedback)