6.2.4 Historische Orte durch QR-Codes, AR und Videochats erkunden und Videos erstellen am Beispiel der Abtei Rievaulx


Fokus: Authentizität - Werkzeug und Rahmen

Einführung

Dieses Projekt hat das Ziel, traditionelle Ausflüge neu zu denken, indem die Lernenden einen Rollenwechsel von passiven ZuschauerInnen bzw. ZuhörerInnen zu aktiven EntdeckerInnen vollziehen. Dies geschieht, indem sie einen ausgewählten historischen Ort mithilfe von QR-Codes, AR, Videochats oder Videos erforschen. Den Lernenden wird durch die App „Tellagami“ Orientierung geboten, da hier zuvor erstellte Hilfestellungen, Anweisungen und Aufgabenstellungen hinterlegt wurden. Im Anschluss an diese Entdeckung mithilfe digitaler Medien folgt das Erstellen von eigenen Videos über die Abtei, die nach der Fertigstellung von Besuchern und Besucherinnen der Abtei genutzt werden können. Das ursprüngliche Projekt wurde mit Studierenden durchgeführt. Auf einem Ausflug zur Abtei Rievaulx in den North Yorkshire Moors in Yorkshire erkundete eine Gruppe angehender Lehrkräfte das frühere alltägliche Leben in der Abtei und kreierte Videoprodukte, die deren Geschichte und historische Bedeutung thematisierten.

Dieses Projekt umfasst mehrere Stunden und ist ab der achten Klasse der Sekundarstufe I durchführbar. Hierbei liegt der Fokus auf dem Fach Geschichte, es können jedoch Bezüge zu den Fächern Geografie oder zu Fremdsprachen gezogen werden.

Didaktisches Konzept

Dieses Projekt fördert besonders das entdeckende Lernen, da die eigenaktive Aneignung von Wissen und verschiedenen Methoden sowie die Selbständigkeit der Lernenden im Fokus stehen. Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich eigenständig mithilfe verschiedener Methoden und Möglichkeiten ein für sie neues Thema. Den Lernenden wird so ermöglicht, unmittelbare Erfahrungen auf Grundlage verschiedener digitaler Visualisierungsmöglichkeiten zu machen. Die Lehrkraft steuert insofern den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler, indem Aufgabenstellungen und Anweisungen vorgegeben sind. Über die Reihenfolge, wie und wann die einzelnen Quellen untersucht werden, entscheiden die Lernenden selbst. Auch die Wahl des Videoinhalts wird von den Lernenden selbst bestimmt, wodurch sie eigene Akzente und Ideen in den Vordergrund stellen. Sie entscheiden damit, welche Informationen sie für welches Thema oder welche Frage nutzen wollen, wodurch sie eigenständig auf Problemen und Fragen hinarbeiten. Sie können sich hierbei eigene Ziele setzen, individuelle Lösungswege finden und ihren Lernprozess zu einem hohen Grad mitbestimmen.

Durch die Verwendung von Primärquellen und dem eigenständigen Erschließen dieser findet sich in diesem Projekt ebenso eine starke Wissenschaftsorientierung wieder. Die Lernenden forschen an einem konkreten Beispiel mithilfe verschiedener Zugänge und auf Grundlage eigener Erfahrungen, wie ein historischer Ort ergründet und rekonstruiert werden kann. Sie nutzen und reflektieren dafür verschiedene historische und digitale Methoden, wodurch sie als Historiker und Historikerinnen agieren.

Bildungsplanbezug (Baden-Württemberg 2016 Sekundarstufe I)

Dieses Projekt fokussiert die Leitperspektive „Medienbildung“, da die Lernenden eigene Medienprodukte auf Grundlage von Informationen herstellen, die sie zuvor durch die Hilfe von Apps erhalten haben. Durch diesen Zugang müssen sie sich mit verschiedenen Plattformen, Präsentationsmöglichkeiten und Methoden auseinandersetzen. Sie werden darin gestärkt, sich kritisch vermehrt mit digitalen Medien auseinanderzusetzen und diese konstruktiv einzusetzen, was die Lernenden auf die Digitalisierung und die kommende Berufswelt vorbereitet. Sie üben sich dadurch in der sinnvollen, reflektierten und verantwortungsbewussten Nutzung digitaler Medien.

Förderung der prozessbezogenen Kompetenzen:

Fragekompetenz:

  • Fragen an die Geschichte formulieren und vorgegebene historische Fragestellungen nachvollziehen

Methodenkompetenz:

  • Informationen aus außerschulischen Lernorten auswerten (zum Beispiel Museum, Archiv, Denkmal, Kulturdenkmal, Gedenkstätte, historischer Ort)

Reflexionskompetenz:

  • Deutungen aus verschiedenen Perspektiven erkennen, vergleichen und beurteilen (Dekonstruktion, Multiperspektivität, Kontroversität, Zeit- und Standortgebundenheit), auch unter Berücksichtigung der Geschichtskultur (zum Beispiel TV-Dokumentationen, historische Spielfilme, Museen, Gedenkstätten)

  • historische Sachverhalte rekonstruieren (Rekonstruktion)

Sachkompetenz:

  • historische Sachverhalte in Raum und Zeit einordnen

  • historische Sachverhalte in Zusammenhängen darstellen (Narration)

Auswahl der inhaltsbezogenen Kompetenzen:

Diese Auswahl ist abhängig vom gewählten historischen Ort.

Hauptintention

Die SuS entdecken einen historischen Ort mithilfe der App „Tellagami“ sowie durch den Einbezug von QR-Codes, AR und Videochats, indem sie die dort bereitgestellten Informationen verarbeiten, analysieren, reflektieren und sammeln. Sie erstellen auf Grundlage der gewonnenen Informationen eigene Videos über die Abtei, indem sie ihre Inhalte konsumentenorientiert darstellen und visualisieren.

Lernszenario

Die übergeordnete Aufgabe der Lernenden besteht darin, einen historischen Ort zu erkunden. In diesem konkreten Beispiel ist dies die Abtei Rievaulx. Die Studierenden erhalten ihre konkreten Aufgaben mithilfe eines von ihren Dozierenden heruntergeladene Video-Avatars der „Tellegami"-App. Diese App fungiert als virtuelle Orientierungshilfe und erlaubt den Lernenden, den historischen Ort zu erkunden und dabei Informationen über dessen Geschichte zu erhalten. Um den Lernenden Zugang zu historischen Daten, wie Primärquellen und physikalischen Rekonstruktionen des historischen Ortes zu gewähren, wird dieses Lernszenario durch QR-Codes an den jeweiligen Orten und AR gestützt. Diese müssen zuvor erstellt werden. Dieselbe Organisation und Strukturierung können genauso im Unterricht umgesetzt werden, wobei viel Zeit für die Recherche und dem Erstellen der Inhalte eingeplant werden muss.

Die eigentliche Aufgabe der Lernenden besteht darin, Videos für potentielle Besucher und Besucherinnen zu erstellen.

Die selbstständige Erkundung sowie das Produzieren von Videos kann in Partner- oder Gruppenarbeit umgesetzt werden.

Verwendete Tools

Um den Lernenden Orientierung zu bieten sowie Aufgaben und Hilfestellungen zu geben, bietet sich die kostenpflichtige iOS-App „Tellagami“ an. Hier können kurze Instruktionsvideos mit einem Avatar hergestellt werden.

Für den Einsatz im Unterricht eignet sich die App aus den folgenden Gründen:

  • einfache Handhabung durch intuitives Bedienen

  • man kann entweder die Instruktionen als Text formulieren oder eine auditive Nachricht erstellen

  • kann einfach geteilt werden

Für das Erstellen bzw. Schneiden von Videos ist die iOS-App „iMovie“ hilfreich, die auf Apple-Geräten bereits vorinstalliert ist.

Für den Einsatz im Unterricht eignet sich die App aus den folgenden Gründen:

  • einfach und verständlich aufgebaut

  • fertige Produkte können sowohl auf einem Endgerät als auch in einer Cloud gespeichert werden

  • einfache Handhabung


Autor und Konzeption: Dr. Ulf Frank Kerber