6.2.12 Geografische Feldforschung im Norden von Yorkshire – Digitales Stadtprofil erstellen mithilfe von Interviews mit Einheimischen

Fokus: Authentizität - Setting und Hilfsmittel

Einführung

Ursprünglich wurde dieses Projekt mit Studierenden in Helmsley (Dorf nahe der North Yorkshire Moor) durchgeführt, indem sie dessen Einwohner und Einwohnerinnen interviewten. Hierbei fragten sie, welche Dienstleistungen die Menschen in ihrem Dorf in Anspruch nahmen, welche sie in anderen Städten bezogen und untersuchten die jeweiligen Gründe dafür. Die Studierenden hielten ihre Interviews filmisch und auf einem digitalen Tool fest, um die Ergebnisse ebenfalls digital vorzustellen.

Möchte man dieses Projekt im Unterricht umsetzen, sollte der Standort bzw. die Stadt der Schule gewählt werden. Das Ziel dieser Unterrichtsidee liegt darin, dass die Schülerinnen und Schüler eigenständig, aber in Gruppen Interviews durchführen, diese Daten digital sammeln und auswerten, um ein digitales Stadtprofil zu erstellen. Ihre Ergebnisse werden im Unterricht miteinander verglichen. Anschließend erstellen die Lernenden entweder einen Imagefilm über die Stadt oder sie konzipieren ein Konzept, wie die Stadt hinsichtlich ihrer Dienstleistungen und Einkaufsmöglichkeiten verbessert werden könnte. Dieses Konzept sollte dann in einer multimedialen Präsentation vorgestellt werden. Das Projekt umfasst mehrere Unterrichtsstunden und ist für das Fach Gemeinschaftskunde sowie für eine achte Klasse ausgelegt.

Didaktisches Konzept

Das Projekt verfolgt zunächst eine Problemorientierung, da sich die Lernenden mit konkreten Fragen und darin integrierten Problemfeldern beschäftigen. Sie formulieren diese Fragen selbst, wobei hier eigene Interessen und Problemstellungen hineinwirken können. Diese Fragen ergründen sie auf Grundlage von Interviews, deren Ergebnisse sie auswerten und vergleichen. Die Lernenden setzen sich durch dieses Projekt mit den Themen Nachhaltigkeit, Verstädterung, Landflucht und Infrastruktur auf dem Land auseinander und hinterfragen Entscheidungen hinsichtlich der Stadtplanung und Stadtentwicklung kritisch. Sie erfahren zudem, wie Bürgerinnen und Bürger in den Entscheidungsprozess einer Stadt oder Gemeinde integriert werden, wodurch sie eigene Handlungsmöglichkeiten erkennen und reflektieren. Gleichzeitig ist eine starke Schülerorientierung zu vermerken, da die Lernenden ihre eigenen Interessen und Ansprüche an einen (Lebens-)Ort reflektieren. Zudem legt sich in der Abschlussphase des Projektes der Fokus auf die eigenen Ideen der Schülerinnen und Schüler, die wiederum auf ihren Vorstellungen, Interessen und Bedürfnissen beruhen. Die Unterrichtsidee berücksichtigt sowohl die momentane Lebenslage der Heranwachsenden als auch die persönlichen Bedürfnisse der Lernenden. Sie arbeiten selbst entdeckend und selbst verantwortlich und werden dadurch selbsttätig. Sie planen wichtige Phasen und Entscheidungen des Unterrichts mit.

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich zudem aktiv handelnd mit einem Lerngegenstand auseinander, wodurch das Projekt didaktisch eine Handlungsorientierung verfolgt. Statt nur in der Theorie über Stadtgestaltung zu erfahren, ergründen die Lernenden ein Stadtprofil eigenaktiv auf Grundlage von Interviews, die sie selbst planen und durchführen. Dieses Projekt ermöglicht also innovatives Lernen durch authentische und reale Situationen. Durch diesen Ansatz zeigt sich ein starker Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, die durch die Regionalität des Themas eine zusätzliche Relevanz des Themenkomplexes und persönliche Betroffenheit erfahren.

Bildungsplanbezug (Baden-Württemberg 2016 Sekundarstufe I)

Das Projekt fördert zunächst die Leitperspektive „Medienbildung“, da die Schülerinnen und Schüler Apps und mobile Endgeräte nutzen, um realitätsbezogene Daten zu erfassen, zu sammeln und zu teilen. Sie können dadurch den Wert von mobilen Geräten für das alltägliche Leben wahrnehmen. Zudem erstellen sie entweder einen Imagefilm oder eine multimediale Präsentation, wodurch sie digitale Technologien nicht nur zur Informationsgewinnung und –speicherung nutzen, sondern auch für die Produktion und Präsentation. Zusätzlich wird die Leitperspektive „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ gefördert, da die Lernenden sich aktiv mit den Meinungen der Einwohner und Einwohnerinnen einer Stadt hinsichtlich der Stadtplanung und Stadtentwicklung auseinandersetzen. Sie entwerfen zudem Handlungsalternativen und Verbesserungsvorschläge für die Stadt.

Förderung der prozessbezogenen Kompetenzen:

Analysekompetenz:

  • selbstständig problemorientierte Fragestellungen formulieren sowie Hypothesen aufstellen und auf ihre sachliche Richtigkeit hin untersuchen

  • bei der Untersuchung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sach‑, Konflikt- und Problemlagen unterschiedliche Perspektiven berücksichtigen

Urteilskompetenz:

  • eigene Urteile nach kritischer Überprüfung und Kenntnisnahme neuer Sachverhalte dekonstruieren

  • begründete Vorschläge zur Bewältigung von politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen formulieren

Methodenkompetenz:

  • selbstständig Recherchetechniken nutzen und auch an außerschulischen Lernorten Informationen gewinnen und verarbeiten

Auswahl der inhaltsbezogenen Kompetenzen:

3.1.3.2 Politik in der Gemeinde

  • an einem vorgegebenen kommunalen Konflikt den Entscheidungsprozess analysieren und Möglichkeiten der Einflussnahme von Bürgern erläutern

Hauptintentionen

Die Schülerinnen und Schüler erstellen ein digitales Meinungsbild über eine Stadt, indem sie deren Einwohner und Einwohnerinnen interviewen. Sie vergleichen ihre Ergebnisse und erstellen entweder einen Imagefilm für die Stadt oder eine multimediale Präsentation, um Verbesserungen des Stadtprofils vorzuschlagen.

Lernszenario

Bevor die Schülerinnen und Schüler die Interviews durchführen können, sollten die Interviewfragen gemeinsam im Unterricht erörtert werden. Grundlegende Fragen sollten folgende Aspekte beinhalten, können jedoch je nach Interesse oder Thema erweitert werden:

  • Leben Sie in dieser Stadt?

  • Nutzen Sie die Einkaufsmöglichkeiten oder Dienstleistungen der Stadt? Wenn ja, welche?

  • Fahren Sie für bestimmte Einkaufsmöglichkeiten oder Dienstleistungen in eine andere Stadt? Wenn ja, welche?

Die Fragebögen werden auf einem digitalen Tool hinterlegt. Die Lernenden werden in Kleingruppen aufgeteilt, um die Menschen in verschiedenen Bereichen und Standpunkten der Stadt zu befragen. Dabei nutzen sie ihre mobilen Geräte, um die Antworten aufzuzeichnen und die Fragebögen auszufüllen. Nach der Datensammlung folgt die digitale Auswertung durch die App und der Vergleich der Ergebnisse. Hierbei erschließt sich ein digitales Stadtprofil, da die Lernenden ermitteln, wie attraktiv die Stadt für ihre Einwohner und Einwohnerinnen hinsichtlich Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungen ist.

In einem weiteren Schritt erstellen die Lernenden entweder einen Imagefilm für die Stadt oder sie entwickeln ein Konzept zur Verbesserung des Stadtprofils. Beide Formen werden in Gruppenarbeit ausgeführt. Entscheidet man sich für das Verbesserungskonzept, sollen die Lernenden ihre Ideen in einer multimedialen Präsentation durch die Integration von Bildern, Grafiken, Videos, interaktiven Widgets oder Audioaufnahmen festhalten.

Verwendete Tools

Die Umfragen werden in diesem Projekt mit dem kostenlosen Online-Tool „SurveyMonkey“ durchgeführt und ausgewertet.

Für den Einsatz im Unterricht eignet sich diese App aus den folgenden Gründen:

  • bietet 15 verschiedene Fragetypen an

  • ermöglicht individualisierte Umfragen

  • einfache Bedienung, Anlegen und Auswertung der Umfragen

  • umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten des Layouts und Designs