2.1.4 Wo bestehen Schwierigkeiten?

Sollte Ihnen jemand weismachen wollen, dass es keine Probleme bei der Nutzung von Technologien in der Schule gäbe, so treffen möglicherweise zwei Dinge zu: sie haben keine Ahnung von der Materie oder tischen Ihnen eine Notlüge auf.

Bei allen technischen Geräten, seien es Papier und Stift oder interaktive Simulationen, gibt es Vor- und Nachteile. Bei der Gerätewahl müssen Sie als Lehrkraft sachkundige Entscheidungen treffen.

Eine grundlegende Veränderung, der sich das Schulwesen in Zukunft stellen muss, besteht darin, dass Technik die Gesellschaft prägt – ungeachtet dessen, ob man zu der Schlussfolgerung gelangt, dass sie gut bzw. nützlich ist oder nicht. Durch Technik wird vieles besser und einfacher, gerade im Bereich der Bildung. Doch wenngleich Meinungen und Ansichten immer subjektiv sind, so scheint ein gemeinsamer Konsens unter PolitikerInnen, ExpertInnen und Lehrkräften darüber zu herrschen, dass Technologien die Lernweise der SchülerInnen/StudentInnen verändern. Man würde nur Unheil anrichten, wenn man sich nicht auch der potenziellen Schattenseiten bewusst wäre.

Illustration: Jon Hoem Licence: CC BY-NC-SA (engl. Original)

Potenzielle Nachteile des Technologieeinsatzes im Unterricht

Geringeres Interesse am Lernen

Wenn Informationen über fast alles online zugänglich sind, kann es passieren, dass sich die Lerngewohnheiten der SchülerInnen/StudentInnen zum Schlechteren entwickeln. Technik kann manche von ihnen zu anderen Tätigkeiten verleiten und dazu führen, dass sie die Grundbausteine des Lernens – Motivation und harte Arbeit – vergessen oder verlernen.

Ein zwar triviales, aber trotzdem vielsagendes Beispiel hierfür wäre, dass häufig eine schlechte Rechtschreibfähigkeit nicht auffällt, weil die Rechtschreibkorrektur des Computerprogramms genutzt wurde. Ein anderes Beispiel wäre die Möglichkeit, mathematische Gleichungen mit Hilfe von Computern lösen zu können, oder die Nutzung von Suchmaschinen zur schnellen Antwortfindung. Wenn Schülernnen/StudentInnen sich dann ohne jeglicher Form von Technologien beweisen müssen (z. B. bei einer Prüfung), kann es mit größerer Wahrscheinlichkeit passieren, dass sie scheitern.

SchülerInnen/StudentInnen werden unkritischer und anfälliger für Tücken und Fallstellen

Für schwächere SchülerInnen/StudentInnen kann das Erlernen der Nutzung neuer Technologien eine zusätzliche Herausforderung bedeuten. Technische Probleme könnten SchülerInnen/StudentInnen und Lehrkräfte in Stresssituationen bringen. Es kann eine besondere Herausforderung darstellen, wenn SchülerInnen/StudentInnen ihre eigenen Geräte mitbringen, wenn man die vielfältigen Möglichkeiten der Geräte bedenkt.

Während Informationen in einem Schulbuch/Fachbuch einen mehr oder weniger gründlichen Überarbeitungsprozess durchlaufen haben, finden sich Informationen im Internet in ganz unterschiedlicher Form. Es kann SchülerInnen/StudentInnen schnell passieren, dass sie falsch informiert sind, wenn sie nicht lernen, mit den online gefundenen Informationen kritisch umzugehen. Natürlich sollte man eine kritische Urteilsfähigkeit bezüglich aller Informationsquellen entwickeln, doch zweifelsohne stellt dies bei Onlinemedien eine größere Herausforderung dar.

Screenshot: Studybay.com

Unterrichtliche Herausforderungen

Lehrkräfte könnten es als schwierig empfinden, in Bezug auf Technologien mithalten zu können und auf dem Laufenden zu bleiben. SchülerInnen/StudentInnen könnten Werkzeuge benutzen, die Sie gar nicht kennen, wodurch Ihre Aufgaben zu einfach oder weniger relevant werden, als sie ursprünglich waren. Wenn Sie weiterhin traditionelle Methoden benutzen, könnten Sie sich von den Veränderungen, die von Technologien verursacht wurden, überrumpelt fühlen. Es ist nur allzu verständlich, dass Sie viele Technologien als Bedrohung für Ihre derzeitige Unterrichtspraxis oder vielleicht sogar Ihre Arbeit ansehen.

Ghost Writers

Wenn Sie den SchülerInnen/StudentInnen Aufgaben geben, die kein spezifisches Kontext- bzw. Hintergrundwissen erfordern, eröffnet das denjenigen, die ihre Arbeit gerne von anderen erledigen lassen, ein ganz neues Feld an Möglichkeiten. Als Lehrkraft ist es Ihre Aufgabe, sensibel für die Existenz dieser "Dienstleistungen" zu sein, um die nötigen Schritte zur kontextspezifischen Gestaltung der Aufgaben für Ihre SchülerInnen/StudentInnen einleiten zu können.

Aufmerksamkeit und Ablenkung

Es ist bekannt, dass das Onlinelesen oft fragmentarisch abläuft, weshalb die Nutzung digitaler Technologien Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit sowie die Konzentrationsfähigkeit der SchülerInnen/StudentInnen hat, insbesondere bei herausfordernden Aufgaben. Leistungsschwächere SchülerInnen/StudentInnen lassen sich eher von Onlineinhalten ablenken, die häufig überhaupt nichts mit dem Unterricht zu tun haben. Es ist wahrscheinlicher, dass SchülerInnen/StudentInnen etwas lernen, wenn sie ein Buch lesen, während sie einen Computer eher zum Spielen oder ihre Zeit zum Surfen in sozialen Netzwerken nutzen.

Der Wert persönlichen Lernens

Während Onlinematerialien, die sie entdecken und zum Herumexperimentieren verwenden können, für motivierte und konzentrierte SchülerInnen/StudentInnen – ihrem Leistungsniveau angepasst – von großem Nutzen sein können, könnten leistungsschwächere SchülerInnen/StudentInnen Schwierigkeiten mit der fehlenden Lehrer-Schüler-Interaktion haben. Für manche ist der persönliche Kontakt besonders entscheidend, vor allem zur Aufrechterhaltung der Lernmotivation.

Potenzielle Vorteile des Technologieeinsatzes im Unterricht

Eigenständiges Lernen

Da die Informationen, zu denen man dort Zugang erhält, so vielfältig sind und oft große Tiefe besitzen (mehr, als es mit Schulbüchern/Fachbüchern möglich wäre), kann das Internet den SchülerInnen/StudentInnen als Lehrmittel dienen. Wie bereits erwähnt, muss vorher aber die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Quelle bzw. der zur Verfügung gestellten Information geklärt werden.

Als Lehrkraft können Sie jedoch ganz einfach Informationen für SchülerInnen/StudentInnen vorbereiten mit Informationen, die diese selbst online nachschlagen können. Onlinequellen können jederzeit aktualisiert werden und ihren Unterricht flexibler gestalten. Siehe auch Umgedrehter Unterricht.

Vorbereitung der SchülerInnen/StudentInnen auf die Zukunft

Ungeachtet der persönlichen Einstellung dazu, werden Technologien in der Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Wenn SchülerInnen/StudentInnen den Umgang mit Technologien zur Kommunikation und Zusammenarbeit lernen, werden sie wahrscheinlich weniger Schwierigkeiten in ihrer zukünftigen Schulbildung bzw. beruflichen Laufbahn haben. Sich mit Technologien vertraut zu machen, kann SchülerInnen/StudentInnen dabei helfen, versierter bei der Nutzung zu werden und Sicherheit zu gewinnen, und auf lange Sicht sind sie somit besser aufgestellt, um innovativere Handlungsmöglichkeiten entwickeln zu können.

Geringere Kosten

Wenn Schulen und Lehrkräfte Zugang zu Onlinequellen erhalten und/oder diese entwickeln, müssten sie weniger Geld für gedruckte Lehrmittel aufwenden oder für Informationsquellen, die für andere Zwecken genutzt werden können.

Spannenderer Unterricht

Die Nutzung von Bildern, Videos und Grafiken macht den Unterricht abwechslungsreicher und interessanter für die Lernenden. Eine spannendere Lernumgebung weckt mit großer Wahrscheinlichkeit Interesse für allgemeine Bildungsinhalte.

Neue Lehrmethoden

Der wahrscheinlich bedeutendste Vorteil der Nutzung von Technologien im schulischen Bereich ist die Möglichkeit zur Veränderung und Verbesserung von Unterricht. Der klassische Frontalunterricht mit hohem Redeanteil der Lehrkraft wird durch Situationen ersetzt, in denen Lehrkräfte ihren Unterricht mit Hilfe von Podcasts, Blogs, Werkzeugen zur Zusammenarbeit und sozialen Netzwerken ergänzen und erweitern. Dies erleichtert, SchülerInnen mit sonderpädagogischem oder besonderem Förderbedarf zu unterrichten und ihnen Rückmeldung zu geben. Zu den Möglichkeiten zählen beispielsweise Spracherkennung, Geräte zur Umwandlung von Texten in Sprache und umgekehrt, Übersetzungsprogramme, Worterkennungssoftware und andere technische Hilfsmittel. Technologien können außerdem zur Herausforderung der SchülerInnen genutzt werden, die anspruchsvollere Aufgaben brauchen. Darüber hinaus verschaffen sie den Lehrkräften eine zeitliche Erleichterung im Unterricht und somit die Möglichkeit zur Hilfestellungen in differenzierten Gruppen, auch außerhalb des Unterrichts.