2.2.1 Was ist bereits über Lerntheorien bekannt?

Das TPACK-ModelL

Es existieren bereits etliche Modelle und Rahmenstrukturen, die Lehrenden das Verständnis von technologisch erweitertem Lernen erleichtern. Eines der gegenwärtig beliebtesten Modelle ist das TPACK-Modell. Es basiert auf Ideen und Forschungsergebnissen von Lee Schulmann (u.a.), der erkennt, dass es sich beim Unterrichten um eine komplexe, schwer zu strukturierende Fachrichtung handelt, zu deren Verständnis ein Zusammenspiel verschiedenster Wissenstypen von Nöten ist. Schumann identifiziert hierbei mindestes zwei spezifische Wissensformen: Kenntnisse über die Gedankengänge und Lernformen der SchülerInnen und das Fachwissen im zu unterrichtenden Fach. Das TPACK-Modell geht sogar einen Schritt weiter, indem es auch das technische Wissen hinzunimmt. TPACK wurde von den Forschern Koehler und Mishra entwickelt und die bereits umfangreiche Grundlagenliteratur hierzu veranschaulicht, wie es zum Verständnis der Wirkung von Technik auf das Lernen verwendet werden kann (hier klicken).

Starten Sie das untenstehende Video und finden Sie mehr über TPACK heraus:


Microsoft Technology Enriched Institution (TEI)

Das SAMR-ModelL

The SAMR MODEL (Dr. Ruben R. Puentedura). https://bit.ly/2Pjmmwr (engl. Original)

Ein ebenfalls weit verbreitetes und in Studien des Mobilen Lernens häufig zitiertes Rahmenwerk ist das SAMR-Modell. Dieses Modell wird oftmals dazu verwendet festzustellen, inwieweit ein bestimmtes Medium (z.B. ein Tablet) zur Weiterentwicklung und Unterstützung oder auch Infragestellung und Veränderung der gängigen Lernmethoden beiträgt. Das Modell wird normalerweise in Form einer Leiter dargestellt.

Obwohl der Schwerpunkt des SAMR-Modells nicht allein auf dem Gebrauch von mobilen Technologien liegt, wurde es dennoch weitreichend genutzt, um deren Potenzial in Bezug auf die Verbesserung des Lernens darzulegen. Hierbei geht es besonders um Veränderungen, die vielleicht mit anderen Technologien so nicht möglich wären. Das Modell kann außerdem Überlegungen anregen, die sich mit der Unterstützung bereits bestehender Lerntechniken durch mobile Technologien beschäftigen (Austausch und Augmentation) oder, wie bereits erwähnt, darstellen, inwieweit diese Technologien das herkömmliche Lernen umzugestalten vermögen (Modifikation und Neudefinition). Neudefinition beschreibt, wie durch den Einsatz von moderner Technik erst neue, bis dato unausführbar scheinende, Aufgabenstellungen und Aktivitäten ermöglicht werden. Die folgende Frage kann bei Bedarf während der Bearbeitung der fakultativen Module (5a-5g) als Hilfestellung verwendet werden: Inwieweit werden in den Fallstudien bisherige Lernformen durch den Einsatz moderner Technologien ausgebaut und inwieweit werden sie umgestaltet? Hier erhalten Sie die Möglichkeit, mehr über die Theorie zu erfahren, welche die Grundlage des SAMR-Modells bildet.

Defizite dieser Theorien und Rahmenstrukturen

Beide der oben vorgestellten Modelle erfreuen sich bei PädagogInnen, die den Einsatz von Technologien als Lernunterstützung untersuchen, großer Beliebtheit. Jedoch legt keines der Modelle, wie es dieser Kurs tut, den Schwerpunkt ausschließlich auf die Nutzung mobiler Technologien. Wir interessieren uns dafür, das ‚M‘ im Mobilen Lernen zu untersuchen und darzulegen, welche spezifischen Vorteile die Nutzung von Geräten wie einem iPhone oder einem Tablet den Lernenden bieten. Dieser Aspekt des Mobilen Lernens wird weder im TPACK-Modell noch im SAMR-Rahmenwerk untersucht. Allerdings gibt es durchaus Theorien, die sich ausschließlich mit mobilen Technologien beschäftigen. Der folgende Abschnitt beschäftigt sich ausschließlich mit Theorien, die für das Mobile Lernen entwickelt wurden.

Eine pädagogische Rahmenstruktur für Mobiles Lernen (Park 2011)

Im Gegensatz zu den Rahmenstrukturen von TPACK und SAMR liegt der Schwerpunkt von Paks Pädagogischer Rahmenstruktur für Mobiles Lernen auf mobilen Technologien, die das Lernen beeinflussen. Dieses Modell zeichnet sich durch zwei Hauptkonstrukte aus: die transaktionale Distanz zwischen den Lernenden und das Ausmaß der Interaktion während einer mobilen Lerneinheit. Diese zwei Vektoren werden im untenstehenden Diagramm dargestellt. Lerneinheiten mit großer transaktionaler Distanz (im Diagramm mit HI und HS dargestellt) erkennt man an der hohen Eigenständigkeit der Lernenden, die unabhängig von formalen Ausbildern und Lehrkräften agieren. Die Apps des mobilen Geräts ersetzen hierbei die Lehrkraft. Eine Lerneinheit mit großer sozialer Komponente hingegen, in der ein mobiles Gerät als Medium dient, wird mit HS und LS dargestellt.

3.3 Pedagogical Framework for Mobile Learning (https://www.jisc.ac.uk/sites/default/files/type-ml-i1.png (engl. Original)

Was ist nun am Mobilen Lernen anders?

Die Frage, ob der Gerbrauch eines mobilen Gerätes wirklich eine neue Lernform darstellt und demnach den Titel Mobiles Lernen verdient, wird von Forschern und Akademikern intensiv diskutiert und debattiert. Im Jahr 2011 wurde sie Kernpunkt einer der ersten UNESCO Mobile Learning Wochen, während der versucht wurde, die Besonderheiten von Mobilem Lernen im Gegensatz zu traditionellen Lernmethoden und dem E-Learning Konzept herauszuarbeiten. Dabei wurde eine Vielzahl von Eigenschaften definiert (siehe UNESCO Mobile Learning Week Report, 2011: http://www.unesco.org/fileadmin/MULTIMEDIA/HQ/ED/ICT/pdf/UNESCO%20MLW%20report%20final%2019jan.pdf)

    1. Mobiltelefone befinden sich bereits im Besitz von Lernenden und Lehrenden und sind dadurch wesentlich kostengünstiger als die Ausstattung von Schulen mit Computern.

    2. Mobile Geräte sind Teil unserer Kultur und sind aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken.

    3. Mobile Technologie ist kein neutrales Handwerkszeug: NutzerInnen gebrauchen jede Technologie auf unterschiedliche Art und Weise

    4. Konnektivität, d. h. Anschluss- und Vernetzungsmöglichkeit, ist ein neues menschliches Recht. Wird einem Kind Konnektivität verweigert, so wird ihm mit großer Wahrscheinlichkeit der Zugang zum Schulbuch des 21. Jahrhunderts verweigert.

    5. Der Gebrauch von Smartphones verengt die digitale Schere zwischen Arm und Reich: der Gebrauch innerhalb der verschiedenen Schichten unterschiedet sich nicht. Sowohl wohlhabende als auch sozialschwächere Menschen kaufen und benutzen Smartphones.

    6. Viele Entwicklungsländer mögen nur ein geringes Kontingent an Schulbüchern besitzen und doch flächendeckend mit mobiler Technologie ausgestattet sein: Dies stellt eine neue Form der Literarität und des Wissenszugangs dar.

Störende Technologien

Eine Möglichkeit der Betrachtung mobiler Technologien in Lerntheorie und Bildung, ist die Untersuchung ist ihre Rolle als „störende Technologien“. 2011 berichtete die UNESCO, dass mobile Technologien sowohl oberflächliche als auch tiefgreifende Störungen hervorrufen könnten. Oberflächliche Störungen, wie das SMS-Schreiben während des Unterrichts, werden von Lehrkräften häufig mit mobilen Technologien in Verbindung gebracht. Jedoch sind es die tiefgreifenden Störformen, die von Beobachtenden in Bezug auf Bildung als wesentlich bedeutungsvoller und langandauernder eingestuft werden.