3.5.1 Was ist bereits bekannt?

Definitionen und Vorteile von Simulationen und virtueller Realität (AR, VR) in der Bildung

Simulationen

Wann immer unsere Vorstellungskraft ihre Grenzen erreicht, bedienen wir uns verschiedener Medien, um Videos oder Bilder zu visualisieren und somit die geistige Wahrnehmung zu verbessern. Manchmal reichen Bilder und Videos jedoch nicht, um ein realistisches Bild zu erzeugen. Das liegt unter anderem an den Prozessen, die zeitgleich fokussiert werden müssen. Durch den Gebrauch von Simulationen können wir uns in verschiedenste Lagen hineinversetzten und auf diese Weise ein ganzheitliches Verständnis für Konzepte entwickeln. Simulationen können dazu genutzt werden, eine ergiebige Lernumgebung für SchülerInnen zu schaffen. Der Gebrauch dieser simulierten Lernaktivitäten wird weitgehend als wichtiges Lehrmittel angesehen.

Simulationen finden auf vielerlei Art und Weise in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens (z. B. Fahr- oder Flugsimulatoren, Simulation zukünftiger Ereignisse, Simulationen, die es erlauben die Zeit zu beschleunigen oder zu verlangsamen) oder in Berufsausbildungen Verwendung. Sie können als abstrakte Form der Realität, die durch Modelle dargestellt wird, verstanden werden. Der Grad der Abstraktion determiniert die Realitätsnähe der Simulation.

Die meisten Simulationen haben das Potential, SchülerInnen eine "tiefgehende Lernerfahrung" zu ermöglichen, die sie zu einem besseren Verständnis befähigt. Diese Lernerfahrung wird dadurch geschaffen, dass sich die Lernaktivität eine simulierte Umgebung zu Nutze macht, die sich nur geringfügig von der realen Umgebung unterscheidet. Da diese Umgebung "beinahe real" ist, kann sie als "geradezu real" bezeichnet werden. Durch haptische Erfahrungen werden SchülerInnen zu TeilnehmerInnen und bleiben nicht allein Hörende und Observierende. Die SchülerInnen lernen hierbei aus eigener Erfahrung, was sich als weitaus effektiver erweist als die Erfahrungen anderer auf sich beziehen zu müssen. Simulationen unterstützen die Lernenden bei der Anfertigung von Modellen und klären die Beziehung zwischen Variablen. Des Weiteren können sie beim Wissenstransfer behilflich sein.

Die Anzahl der Anwendungsmöglichkeiten scheint nahezu grenzenlos. SchülerInnen können:

    • eine antike römische Stadt erforschen

    • die Funktionsweise der Nieren im menschlichen Körper entdecken

    • das Ökosystem eines Sees mit all seinen Bewohnern aufrechterhalten

Hierbei haben die SchülerInnen nicht nur die Möglichkeit zuzuhören, wie ihnen gewisse Strukturen erklärt werden oder darüber zu lesen, sondern können sich diese selbst ansehen. Dieses pädagogische Konzept wird als "Immersive Bildung" bezeichnet und basiert auf Videobrillen, wie der Oculus Rift oder dem Cinemizer von Zeis, Immersionswänden, 3D-Stereo- Fernsehapparaten, Sensoren und Softwares.

Virtuelle und Augmentierte Realität

Einige Simulationen besitzen nur sehr einfach grafische Strukturen, sodass nur bestimmte Parameter verändert werden können. Andere sind beinahe vollständig immersiv und simulieren den Nutzenden eine gänzlich andere (virtuelle) Welt.

Definition: Virtuelle Realität (VR) bezeichnet eine künstliche, von Computern generierte Simulation, oder eine Nachbildung einer realen Umgebung oder Situation. Sie ermöglicht es den NutzerInnen, komplett in diese Welt einzutauchen und die simulierte Realität aus erster Hand zu erleben. Dies geschieht v.a. durch die Stimulation von Gehör und Sehkraft.

Einige der heutigen Technologien können auch die Realität erweitern. Dies wird als Augmentierte Realität (AR) bezeichnet. Dabei werden dem Nutzenden neben der Erfahrung der realen Welt weitere Informationen präsentiert. Dieser multi-perspektivische Zugang wird auch Gemischte Realität genannt.

Milgrams Reality-Virtualiliy Diagramm (Milgram/Fumio 1994)

Der wissenschaftliche Diskurs unterscheidet zwischen dem virtuellen Level (Augmentierte Realität) und der Verschmelzung zwischen dem virtuellen und dem realen Level mit vielen zwischengeschalteten Ebenen (Gemischte Realität).

Definition: Augmentierte Realität (AR) bezeichnet eine Technologie, die die bestehende Realität mit computergenerierte Erweiterungen überlagert, um diese durch die dann mögliche Interaktion aussagekräftiger zu machen.

Augmentierte Realität erweitert Erfahrungen, indem ihnen virtuelle Komponenten, wie digitale Abbildungen, Grafiken oder Empfindungen, für tiefer gehende Interaktionen mit der wirklichen Welt angefügt werden. Dagegen erstellt VR eine eigenständige Realität, welche ganz und gar computergeneriert und -gesteuert ist. AR und VR können hierbei als gegenläufige Konzeptionen im Bezug auf Ziele für die NutzerInnen angesehen werden. Die virtuelle Realität bietet eine digitale Nachstellung einer realen Situation, während die augmentierte Realität virtuelle Elemente liefert, die sich mit der realen Welt überschneiden.

Smartphones und Tablets sind bei der Produktion von AR elementar, da sie die technologischen Anforderungen mitbringen. Der Bildschirm des jeweiligen Geräts zeigt das Bild der Kamera. Zusätzlich wird die verbesserte, erweiterte Realität projiziert, um so die Erfahrung des Nutzenden durch zusätzliche Daten und Informationen zu bereichern.

Beispiel: Auf einer Wanderung sehen Sie die Ruinen einer alten Burg. Leider existieren keine Informationsschilder, die mehr darüber verraten. Durch die Nutzung einer AR-App, wie Wikitude, kann die Ruine durch den Bildschirm des Smartphones angesehen werden, während die App zusätzlich die Information des dazugehörigen Wikipedia-Artikels anzeigt. Somit erfährt man Namen und geschichtliche Informationen (sofern sie auf Wikipedia bereitgestellt werden).

AR in der Bildung

Dieses fantastische Video zeigt die Einsatzmöglichkeiten von AR in einem Lehr-Lern Kontext. Bitte sehen Sie sich dieses aufgrund der neuen Datenschutzeinstellungen direkt auf der Seite Vimeo an.

Bezüge zur iPAC-Rahmenstruktur

Personalisierung: SchülerInnen haben über AR- und VR-Apps auf ihren Geräten Zugang zu Modellen. Durch die Betrachtung der AR- und VR-Modelle erlangen sie ein besseres Verständnis der erlernten Konzepte. Die meisten AR- und VR-Apps verfügen über pädagogische Funktionen, welche die Wahl, Handlungsmacht, Selbstregulation und Individualisierung der Lernenden fördern. Somit besitzen die SchülerInnen die Kontrolle über den Lernort (physikalisch oder virtuell), die Lerngeschwindigkeit und die Lernzeit und erfahren eine höhere Autonomie, die über die Lerninhalte hinausgeht.

The iPAC framework: Personalisation – Source: Kearney, Schuck, Burden & Aubusson, 2012