2. Virtuelle Realität (VR)

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Nochmal ist es einfacher, etwas zu sehen oder zu hören als etwas erklärt zu bekommen. Stellen Sie sich vor Sie besuchen mit ihren SchülerInnen Florenz, ein weitentferntes Museum, die Pyramiden von Gizeh oder die Chinesische Mauer. Die Lernenden können vom Komfort ihres Klassenzimmers diesen Ort begehen, haben einen 360 Grad Rundblick und können mit den Dingen, die sie sehen, interagieren.

VR erlaubt es den SchülerInnen außerdem in eine immersive Welt einzutauchen und eine Aufführung am West End oder ein Konzert zu erleben und sich via Live Stream mit SchülerInnen auf der ganzen Welt – in sogenannten VR Social Spaces – zu unterhalten.

Obwohl VR-Umgebungen bereits seit den 90er Jahren existieren, werden sie langsam auch auf mobilen Geräten genutzt und können somit zu Bildungszwecken eingesetzt werden. Die Liste der dafür entwickelten Apps befindet sich im stetigen Wachstum und es ist klar, dass VR hier eine große Wirkung hinterlassen wird.

Technische Voraussetzungen

Das einfachste System für SchülerInnen ist eine Kombination aus Smartphone und einem sogenannten "Head Mount Display" (wie z.B. Google Cardboard). Diese ermöglicht es ihnen, virtuelle Welten ohne den Einsatz eines Computers zu betreten. Die im Smartphone eingebauten sensiblen Sensoren vermitteln das Gefühl, von einer virtuellen Welt umgeben zu sein und sich in ihr frei bewegen zu können.

Für ein vielschichtigeres und weitreichenderes Erlebnis können auch PC-Systeme zum Einsatz kommen, die zu komplexeren Interaktionen in der Lage sind. Die "Head Mount Displays" sind mit Dateneingabevorrichtungen (wie z.B. "Data Gloves") ausgestattet und sammeln eine große Menge an Bewegungsdaten, angefangen bei den Fingerspitzen bis hin zu den Schultern. Somit können die NutzerInnen mit den Objekten in der virtuellen Welt interagieren.

Des Weiteren bieten sogenannte "Force Feedbacks" den NutzerInnen die Gelegenheit, haptisches Feedback bei der Berührung von Objekten im virtuellen Raum zu erleben. Dieses Kapitel wird sich allerdings alleinig mit den Anwendungsmöglichkeiten für VR mit Smartphones beschäftigen.

Für Pädagogen und Pädagoginnen besteht bereits die Möglichkeit, 360-Grad-VR-Videos zu erstellen und diese mit Kollegen und Kolleginnen zu teilen. Dies wird durch eine Vielzahl an Kameras auf dem gegenwärtigen Markt möglich gemacht. Da sich dieser Markt jedoch im stetigen Wandel befindet, ist es maßgeblich sich mit den Kosten verschiedener Hardware zu beschäftigen. Da permanent neuen Modelle veröffentlicht werden, sinken auch die Preise und die Hardware wird für Schulen immer erschwinglicher.

Hardware für VR

Google Cardboard ist eine Virtual Reality (VR) Platform, die von Google für die Nutzung mit einem Head Mount für ein Smartphone entwickelt wurde. Da es sich beim verwendeten Material um Karton handelt, ist es sehr kostengünstig und auch per DIY-Verfahren mit günstigen, von Google veröffentlichen, Komponenten herzustellen. Natürlich ist auch eine vorgefertigte Version erhältlich.

Weitere Informationen finden sie hier.

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Flickr CC BY-ND 2.0)

Für die Nutzung mit Smartphones ist eine Vielzahl verschiedener, praktischer Head Mount Displays erhältlich. Eine Übersicht finden sie hier.

Omnidirektionale Kameras sind in der Lage, vollständige horizontale und vertikale 360-Grad-Bilder zu erstellen. Im Gegensatz dazu können Panoramasysteme "nur" eine 360-Grad-Hemisphere erzeugen. Bei einer 360-Grad-Kamera stehen die Betrachtenden im Mittelpunkt und können das Bild aus jeder Perspektive betrachten.

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Pädagogischer Effekt

Einer der größten Vorzüge der virtueller Welten in Bezug auf Bildung sind, neben der Aktionsorientierung und der Steigerung der Motivation, die beinahe endlosen Möglichkeiten der Veranschaulichung (Schwan & Buder 2006). Dies ist vor allem für konstruktivistische Lerntheorien, die athenische Lernszenarien erfordern, von Bedeutung. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle erschaffenen Umgebungen realistisch sein müssen. Es es ist hier ebenfalls möglich, mit einfachen Schemen zu arbeiten. Hierbei wird die Veranschaulichung dann durch die große Unmittelbarkeit erreicht. Diese Unmittelbarkeit lässt sich in zwei Prinzipien unterteilen:

    1. Räumliche Zuordnung: ein räumliches Szenario erzeugt die Vorstellung, sich in einer künstlichen Welt zu bewegen. Dadurch wird die Präsenz der Lernenden verstärkt und das Szenario wird sehr vertraut.

    2. Kombination verschiedener sensorischer Kanäle: Es besteht die Möglichkeit, die visuellen Empfindung, sich in einer virtuellen Welt zu befinden, mit einer stereoskopischen Darstellung im dreidimensionalen Raum, welche auditives und haptisches Feedback bietet, zu kombinieren.

Die Veranschaulichung wird in 4 Dimensionen merklich:

    • wahrheitsgemäße Darstellung eines Objektes

    • schematische Darstellung

    • formale Darstellung

    • metaphorische Darstellung

Je nach gewählter Darstellungsdimension eines realen Objektes im virtuellen Raum, bieten sich den Lernenden verschiedene Möglichkeiten der Interaktion. Mögliche Dimensionen der Interaktion können in erforschende, unterweisende, experimentelle und schaffende Umwelten unterteilt werden.

Beispiele für VR im Klassenzimmer

1. Unternehmen Sie einen virtuellen Ausflug

Google veröffentlichte vor Kurzem eine Expeditions-App: Die App ermöglicht es Lehrkräften, virtuellen Ausflüge an vielerlei Orte der Erde zu unternehmen. Die Lehrkraft wählt eine Perspektive und die SchülerInnen können diese durch ihren Google Cardboard Head Mount betrachten. Youtube bietet außerdem eine große Auswahl an 360-Grad-Videos. Diese lassen sich am bestehen durch die Nutzung des 360-Grad-Filters bei Sucheingaben finden. Außerdem können SchülerInnen mit Cardboard Camera (Google Play) ihre eigenen 3D-Aufnahmen machen und somit VR-Bilder ihrer Welt – oder der besuchten Orte – erstellen. Diese Bilder können auch mit Tonaufnahmen versehen werden.

Hier finden Sie eine Liste der unterrichts- und lehrbezogenen Expedition-Materialien.


Beispiel: Virtueller Ausflug zur Capella dei Magi in Florenz, Italien:

Hier können Sie eine, durch einen Audio Guide geführte, Tour durch die Kapelle unternehmen. Durch die App ist es möglich, auf die Wandmalereien zu zoomen.

Screenshot Magi Chapel VR App https://unimersiv.com/review/magi-chapel-vr/


2. "Walk the streets"

Einen etwas offenerer Ansatz bietet der Rückgriff auf Google's Street View App (App Store/Google Play). Diese App nutzt 3D-Panoramabilder, die auf Straßen der Erde aufgenommen wurden. Die SchülerInnen können diese Orte virtuell besuchen und sich dort umsehen.

3. Lernen Sie virtuelle Realitäten zu erschaffen.

Die Cardboard Design Lab (Google Play) App vermittelt die Grundlagen zur Schaffung einer einladenden, faszinierenden VR-Erfahrung. Sie vermittelt die Do's and Don't's für angehende ProgrammiererInnen und diejenigen, die einfach nur neugierig sind.


4. Erforschen Sie die Biologie des menschlichen Körpers.

InMind-VR ermöglicht es, eine Reise in das Gehirn eines Patienten zu unternehmen und die Neuronen, die psychische Störungen verursachen zu erforschen. Tauchen Sie in die Mikrowelt ein und erleben Sie die Wunder des menschlichen Verstandes.

Hier eine weitere App: cardio VR – seien Sie Arzt



5. Führen Sie die Story fort

Google Cardboard ist ein perfektes Medium zur Erstellung von Rollenspielen, die SpielerInnen in eine 3D-Geschichte eintauchen lassen. Durchforsten Sie den App Store oder Play Store nach Cardboard Apps – Sie werden dort sicherlich fündig. Falls Sie auf der Suche nach Geschichten für Analysen oder Schreibaufgaben sind, ist diese Quelle ebenfalls interessant.

Weitere Beispiele finden Sie hier.

Hier sehen Sie eine neue Entwicklung, die die Zukunft von VR erahnen lässt: