BIJLAGE 57

BIJLAGE 57

Brief van 17 Januari 1942 van mevrouw A. M. le Cosquino de Bussy—van der Lelie aan Rauter over toestanden in het kamp te Vught

(Overhandigd door mevrouw A. M. le Cosquino de Bussy bij haar verhoor op 16 November 1948)

Amsterdam, den 17 Jan. 1942.

Herrn Oberbefehlshaber des Sicherheitsdienstes Rauter,

Den Haag.

Sehr geehrter Herr Oberbefehlshaber,

Gewisz hat Herr Oberbefehlshaber des S.D. Dr. Harster Ihnen Auskünfte über mich erteilen wollen. Nach Einreichung meiner Papiere (Schreiben über Verdienstkreuz vom Februar 1919 und Schreiben des Commandanten de la Croix Rouge vom August 1940) bekam ich von ihm die Erlaubnis mit zu Tode Verurteilten zu beten, ihnen Pakete zu bringen und schwangeren Frauen, die in Haft waren, beizustehen. Ich bin überzeugt, dass über meine Art zu arbeiten keine Klagen bei Ihnen eingingen.

Jetzt komme ich zu Ihnen mit einer dringenden Bitte, und ich bitte Sie inständlich Fräulein van Lonkhuyzen, die Ihnen dieses Schreiben einhändigen wird, eine günstige Antwort mitzugeben.

Im "Reich" las ich vorige Woche: Russische Konzentrationslager sind abgeschlossene Höllen". Ich musz Sie jetzt darauf aufmerksam machen dasz nach Amersfoort jetzt Vught doch auch solch eine Hölle ist. Nachdem ich in Amersfoort die schreckliche Reihe Gefangener habe befördern sehen, begab ich mich zum Kommandanten in Vught, Dr. Hermann, der zugab dasz der Gesundheitszustand der „Missetäter" schlecht sei, der Kommandant drohte mir mit Verhaftung, weil ich darüber zu sprechen wagte.

Gut, Herr Rauter, wenn Sie dies für nötig halten, lassen Sie mich einsperren, einmal will ich Ihnen aber sagen, dasz, was heute in Vught geschieht, ebenso menschenunwürdig ist, wie in der abgeschlossenen Hölle in Ruszland geschehen kann. Hier sterben ungefähr 50 Menschen täglich während es höchstens 1 oder 2 sein darf. Hier wird gelitten wie noch nie irgendwo in den Niederlanden und ich weigere mich zu glauben, dasz Sie genau orientiert sind über dasjenige was sich dort abspielt. Ferner protestiere ich dagegen, dasz

man diese Menschen Missetäter nennt. Politische Gefangenen sind keine Missetäter und obgleich ich zu alt bin, um mich mit Politik einzulassen, erscheint es mir logisch, dasz ihnen durch das Rote Kreuz Hilfe geleistet wird.

Wie man mir erzählt, wurde es dem Niederländischen Roten Kreuz verweigert, Gefangene zu unterstützen; wollen und können Sie mir, die in Deutschland als die Rote Kreuz Schwester bekannt ist, nun nicht erlauben, für die Gefangenen und dadurch auch für Sie den Zustand günstiger zu gestalten.

Herr Rauter, glauben Sie es mir, Sie kennen den stolzen, starren und starken Willen der Niederländer nicht. Deutschland wird neben jedem Niederländer einen Deutschen stellen müssen, um uns ruhig zu halten, wenn man unsere Väter, Brüder oder Kinder, die nur so ganz wenig Liebe für die Niederlande zu zeigen brauchen, um eingesperrt zu werden, so behandelt, dasz sie vor Hunger und Elend sterben. Weisz man dies in Berlin und hat Deutschland so viel Soldaten übrig?

Im Namen der Humanität frage ich Sie als alte unschädliche Mutter, lassen Sie mich für meine Landesgenossen tun, was ich doch früher für Ihr Land tat, lassen Sie mich Gefangenen helfen.

Ich habe für Sie unbekannte und unerreichbare Quellen, lassen Sie mich einige Dinge in die Lager bringen, und lassen Sie um Gottes willen die niederländischen Ärzte im Lager ihren Mitgefangenen helfen und erlauben Sie, dasz diese mir eine Wunschliste geben von demjenigen, was ich dorthin bringen kann.

Vor allem, Herr Rauter, geben Sie die Erlaubnis für dasjenige, um was ich Herrn Dr. Harster schon seit 3 Monaten bitte, gestatten Sie, dasz Verwandte den Gefangenen in den Lagern Pakete senden dürfen. Sie werden sehen, wie dann die Sterbeziffer abnimmt und inspektieren Sie einmal selbst die Konzentrationslager und verbieten Sie, dasz die Menschen geschlagen werden.

In Spannung erwarte ich an meine Adresse Bernard Zweerskade 15, Amsterdam, Ihren Entschlusz.

Internationale Rote Kreuz Schwester.

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