Was hat Vaclav Klaus zur Unterzeichnung bewogen?

Wir können nur Vermutungen anstellen, was Präsident Klaus letztendlich dazu bewogen hat, diesen folgenschweren EU-Vertrag zu unterzeichen.

Einige Fakten sind allerdings gesichert. Beispielsweise seine Zustimmung zur Verfassungsklage, die von konservativen Abgeordneten, unter der Federführung von Jiri Oberfalzer , in letzter Minute beim tschechischen Verfassungsgericht eingebracht wurde. Das Verfassungsgericht arbeitete EU-wunschgemäß in außergewöhnlicher Eile und gab sein ablehnendes Urteil am 3. November bekannt.

Dem Präsidenten war somit nach der Irland-Abstimmung wieder ein gewichtiges Argument abhanden gekommen. Von einem Staatsoberhaupt konnte nur eine Respektierung dieses Urteilsspruches erwartet werden, eine Anpassung der Meinung an die neue Windrichtung nicht unbedingt. (Klaus: „Auch das Inkrafttreten von Lissabon wird nicht das Ende der Geschichte sein. Der Kampf um Freiheit und Demokratie in Europa wird weitergehen. Ich sehe den Vertrag weder für Europa noch für die Freiheit in Europa und für Tschechien als gute Sache an…“)

Ab diesem Zeitpunkt hatte es Präs. Klaus im eigenen Land auf allen politischen Ebenen (Parlament, Regierung und Judikative) nur noch mit einer überlegenen und geschlossenen Gegnerschaft zu tun.

Es ist vorstellbar, daß jene Kräfte, die diesen Knebelungsvertrag von Lissabon den europäischen Völkern aufzwingen wollen, keine Mittel scheuten um den Druck „von außen“ zu verstärken. Ob es die Androhung finanzieller Konsequenzen (Sanktionen der stillen Art) für Tschechien oder Einstufungs-Repressalien sind, bsp.weise durch EU-USA gesteuerte Rating-Agenturen, wir wissen es nicht.

Als Präsident Klaus die scheinbar unerfüllbare Bedingung, eine Ausnahmeerklärung von der Charta der Menschenrechte dem Lissabon-Vertrag anzuhängen, mit seiner Unterzeichnung verknüpfte, hat er vielleicht selbst nicht mit ihrer Erfüllung gerechnet, andererseits wußte er, daß dadurch Tschechien zumindest wirtschaftlich „gerettet“ werden könnte. (Die von Tschechien und der Slowakei beschlagnahmten deutschen und ungarischen Güter hatten einen Vorkriegswert von 100 Milliarden Vorkriegskronen; im Vergleich dazu betrug im Jahr 1934 der tschechisch-slowakische Jahresetat 7,6 Milliarden Tschechenkronen.)

Die NFÖ will damit Folgendes zum Ausdruck bringen: Wie Präsident Klaus über die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen durch die sog. Benes-Dekrete („Die Dekrete des Präsidenten der Republik“) wirklich denkt, entzieht sich naturgemäß unserer Kenntnis, daher enthalten wir uns eines Urteils über seine Person. Daß er als Staatspräsident potentiellen, wirtschaftlichen Schaden von seinem Land fernhalten will, ist nachvollziehbar, unter einem tschechischen Betrachtungswinkel. Aus österreichischer Pespektive sind ethnische Maßnahmen zur kollektiven Vertreibung und zur Zerstörung kultureller Werte, wie sie in den „Benes-Dekreten“ gutgeheißen werden, menschenrechts- und völkerrechtswidrig. Infolgedessen sind diese tschechischen Präsidialdekrete strikt abzulehnen.

Die „Wertegemeinschaft“ EU dürfte - wenn ihr die Grundrechte wirklich etwas bedeuteten - keinesfalls wegschauen oder einem Mitgliedsland dort Zugeständnisse einräumen, wo es nicht ansatzweise bereit ist, ein gravierendes zwischenstaatliches Unrecht wiedergutzumachen. Daraus läßt sich eindeutig ableiten: Der EU geht es nicht um das Erreichen eines hohen ethischen Niveaus in Europa, sie will vielmehr ihre politische Macht mit Hilfe des Lissabon-Vertrages totalitär ausweiten und jene der Nationalstaaten möglichst gegen Null reduzieren.