Regionalförderung
Seit der Osterweiterung steigt der Druck auf die heimische Wirtschaft (hier vor allem auf die KMUs) und auf die Arbeitnehmer. Auch wenn die Politik gerne Beschäftigungsrekorde verkündet; Tatsache ist, dass immer mehr Unternehmen ihre Betriebsstätten in den (kostengünstigen) Osten verlagern und damit hochqualifizierte Ganztagsjobs verlorengehen - die Standortmobilität wird auch noch von der EU mit unseren Beiträgen gefördert. Der Beschäftigungsanstieg der letzten Jahre ist allein auf die Schaffung sogenannter Mc-Jobs und (oft unfreiwilliger) Teilzeitjobs zurückzuführen. Auf der anderen Seite werden die Produkte der ausgelagerten Betriebe auf dem heimischen Markt angeboten und verdrängen dort die Produkte derjenigen Unternehmen, die weiterhin bei uns produzieren und Steuern bzw. Sozialabgaben zahlen. Es muss also zu einer Nivellierung nach unten kommen (Sozialabbau), wenn weitere Produktionsverlagerungen verhindert werden sollen: das ist die ausgleichende Wirkung der EU-Politik.
Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich die Preise und Löhne der EU-Länder in absehbarer Zeit angleichen und der Prozess damit ein Ende findet. Die Südosterweiterung der EU ist noch lange nicht abgeschlossen und keiner kann sagen, wo sie im Osten (Russland) oder Süden (afrikanische Mittelmeerländer) enden wird. Auch wird es künftig in der EU keinen gemeinsamen Außenzoll geben, der die Wirtschaft vor dem Sozial- und Umweltdumping anderer Wirtschaftsmächte schützt. Im Gegenteil, im Rahmen der WTO-Verhandlungen wird seit Jahren versucht, die sogenannten Handelshemmnisse - hier vor allem die Zölle - abzubauen, damit der Freihandel ungehindert alle Grenzen passieren kann. Versprochen wird ein damit einhergehender weltweiter Wohlstand, tatsächlich wahrnehmen kann man jedoch nur eine Krise nach der anderen.
In diesem Umfeld ist es für Österreich schwierig, einen eigenen Weg zu gehen. Die Einhebung regionaler Zölle zum Ausgleich unseres höheren Sozial- und Umweltstandards ist in einem europäischen Wirtschaftsraum äußerst schwierig, da das Herkunftsland nicht immer erkennbar ist. Oft bestehen Produkte aus Einzelteilen vieler Länder und werden erst in einem EU-Land zusammengefügt; dadurch wird die EU zum Ursprungsland.
Aber wir können einen anderen Ansatzpunkt wählen. Es ist zwar gemäß EU-Recht den Mitgliedsländern untersagt, heimische Unternehmen zu subventionieren und ihnen damit einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das EU-Recht wird auch auf Nachbarländer angewendet, die nicht EU-Mitglied sind (Schweiz, Österreich in 2 Jahren?), aber es spricht nichts dagegen, Arbeitnehmer in strukturschwachen Bereichen und Regionen zu fördern. Zum Beispiel könnte man Mitarbeitern förderungswürdiger Unternehmen eine Steuerbefreiung auf verschiedenste Produkte gewähren: Benzin, Miet- und Betriebskosten, Nahrungsmittel, … innerbetrieblich kommt ein herabgesetzter Kollektivvertragslohn zur Anwendung, der die geringeren Lebenserhaltungskosten der Mitarbeiter berücksichtigt. D.h. nicht der Betrieb wird subventioniert, sondern die Mitarbeiter. Das Unternehmen selbst zahlt ganz normal seine Steuern und Abgaben. Profitieren wird es durch die niedrigen Lohnkosten (die Lohnkosten sind heute für die Standortwahl oft ausschlaggebend). Es muss sich jedoch verpflichten nur (oder bis zu 90%) für den österreichischen Markt zu produzieren (auch dadurch ist es mit dem EU-Recht vereinbar).
Damit könnten in Österreich wieder verschiedenste abgewanderte Produktionszweige angesiedelt werden: vor allem arbeits- und beschäftigungsintensive Industrie- und Handwerksbetriebe (besser ein handwerklicher Job als ein MC-Job). Viele Menschen hätten gerne eine Alternative zur Büro- und Computerarbeit und wären froh, der Bildungsspirale zu entkommen, die sehr oft auch nur zu einem prekären schlechtbezahlten Job führt. Das Beschäftigungsangebot würde insgesamt breiter, wodurch die Vielfältigkeit der Gesellschaft und damit der Reichtum steigen.
Die Steuerausfälle werden einerseits kompensiert durch die niedrigere Kosten bei der Arbeitslosenversicherung und bei der Pensionsversicherung (Frühpensionierung wegen Arbeitslosigkeit oder sogenannter Strukturbereinigung, …). Andererseits kommen durch die Neuansiedelung der Betriebe wieder zusätzliche Steuereinnahmen herein.
Und wir nehmen Sozial- und Umweltdumping wieder hinein in unser Blickfeld oder anders ausgedrückt: wir verlagern nicht emissionsreiche, arbeitsintensive Unternehmen und konsumieren die Billigimportgüter, ohne über die menschenrechtlichen und umweltbelastenden Probleme nachzudenken. Wir machen sie wieder zu einem Teil unseres Wirtschaftens und tragen die Verantwortung für sämtliche Nebenprodukte - das ist ein Kernstück zivilgesellschaftlicher Betrachtungsweise. Die Argumentation für den freien Welthandels, dass durch das Ausnutzen sogenannter komparativer Vorteile (Kostenvorteile) der allgemeine Wohlstand gefördert wird, bedeutet für die Schwellenländer lediglich Ausbeutung und für uns eine Abwärtsspirale. Und das schafft auch langfristig keinen Weltfrieden. (Autor der Redaktion bekannt)
Wien, im Juli 2008