Die fehlende feine Klinge


Wer sich auf dem diplomatischen Parkett behaupten will, muß einige Talente sein eigen nennen können. Neben breitem Wissen, über sich permanent ändernde Situationen der politischen Lage, müssen auch herausragende Umgangsformen zum Handwerkzeug gehören. Und speziell in schwierigen Zeiten ist das führen einer feiner Klinge besonders wichtig.

Was sich in einigen westlich orientierten Ländern aber nun als Diplomat berufen fühlt, ist nicht nur beschämend, sondern geradezu gefährlich. Europa steht zwischen den Fronten, sollte sich darum bemühen, den russischen Bären und dem amerikanischen Adler eine neutrale Plattform für Verhandlungen bieten zu können. Jedoch werden wahre Diplomaten abgezogen und, Verzeihung, Trampeltiere entsandt, welche man bestenfalls als Türsteher einer Dorf-Disco einsetzen könnte.

Ganz abgesehen, wie man zum Verhalten Russlands und der Ukraine steht, denn im Westen kennt kaum jemand die Hintergründe, weshalb es soweit kam und vielleicht kommen mußte, wäre es auf Grund der akuten Gefahr für Europa eminent, nicht ins Kriegshorn zu blasen oder Forderungen an Russland zu stellen. Die Lage ist freilich anders. Für Amerika war es schon immer praktisch, Stellvertreterkriege zu initialisieren. Man hält sich offiziell zurück, unter der Hand forciert man diese jedoch um seine Ziele durchzusetzen und von so manchem Skandal abzulenken. So hält man als „Weltpolizei“ die eigene Wirtschaft am Laufen. Verursache ein Problem und biete selbst die Lösung an.

Diplomatie stellt sich wie ein Schachspiel mit Teils hohem Einsatz dar. Dafür benötigt es eben fähige Menschen, die neben oben erwähnten Vorzügen auch Krisen- und Risikomanagement verstehen müssen. Wenige falsche Äußerungen können langjährige Beziehungen schädigen oder zerstören. Wer bereits mit dem Rücken zur Wand steht, sollte nicht mit der Keule um sich schlagen. Offensichtlich hat man vergessen, daß man in einer globalisierten Welt auf eben seine Im- und Exportpartner angewiesen ist, soll die Wirtschaft sich weiterdrehen. Europas Wirtschaft ist auf Know How und Qualität begründet, auf Innovationen und einem Maß an Beständigkeit. Dafür sind wir auf Gas und Öl angewiesen, welches überwiegend aus der russischen Föderation eingekauft wird. Ein Gutes Verhältnis untereinander garantiert daher problemlose Geschäfte. Ein mächtiger Wirtschaftsfaktor der USA ist die Waffenindustrie. Kurz gesagt, ohne Krieg haben die USA ein ernstes Problem. Dieser Sachverhalt, gepaart mit europäischem Dilettantismus, heuchlerischen Gutmenschentum und Abgehobenheit, kann den „alten Kontinent“ in eine Krise unvorhersehbaren Ausmaßes manövrieren. Aussagen wie „Frieren für den Frieden“, während man selbst das Kriegsbeil ausgräbt, sind daher mehr als verstörend.

Es könnte einem das Gefühl beschleichen, man hat es mit geplanten Events zu tun. Denn beinahe jede Aussage, jede Aktion, führt weiter zum sozialen und wirtschaftlichen Kollaps Europas. Jedoch, seit man als Politiker keine Befähigung mehr mitbringen muß, ist die Gefahr groß, daß sich nur noch skrupellose Personen mit großem Mundwerk oder „Vitamin-B“ an der Spitze wiederfinden und nicht Menschen mit Wissen und einem Ethos. So könnten viele Ereignisse einfach der Dummheit Weniger zugeschrieben werden, die durch ihre Großmannssucht lieber ganze Staaten ruinieren, als ihre Fehler einzugestehen.

Nicht die sind die Gerechten, die nie Unrecht tun; sondern die sind es, die von Zeit zu Zeit innehalten und sich ihres Unrechts bewußt werden.“ (Bruno Kreisky)