Hoffnungen nach Irland- "Yes" ruhen auf Prag/ Oktober 2009

Felix Staratschek, Freiligrathstr. 2, D-42477 Radevormwald, 02195/ 8592 http://sites.google.com/site/euradevormwald/cesky

Leserbrief an die konservativ- katholische Zeitung www.die-tagespost.de

Lissabonvertrag: Hoffnungen nach Irland- "Yes" ruhen auf Prag

Lied (german text, english subtitel after third minute/ deutsch, englischer Untertitel, ab 3. Minute) http://www.youtube.com/watch?v=rqHHtwz_NQc&feature=email

Ökologisch Demokratischen Partei (ÖDP) hat schon eine Europäische Verfassung gefordert, als noch niemand davon sprach, aber an so ein unübersichtliches Machwerk, wie den Vertrag von Lissabon hat sie nie gedacht. Während das Grundgesetz klar Angriffskriege verbietet, nennt der Vertrag von Lissabon Gründe, wann Kriege erlaubt sind. Diese sind jedoch äußerst schwammig und es gibt nirgendwo Definitionen für diese Kriegsgründe, als da wären: Gescheiterte Staaten, Krisen oder Werte der EU. Auch ist die Anwendung der Todesstrafe im Kriegsfall erlaubt, Aufruhr darf auch mit Gewalt niedergeschlagen werden. Der Vertrag von Lissabon ist wie ein schlechter Versicherungsvertrag. Im Haupttext steht der schöne Werbeinhalt, in den gleich rechtswirksamen Protokollen und Anhängen steht das Kleingedruckte, dass bisher nur Minderheiten zur Kenntnis genommen haben und oft zu dem Gegenteil dessen führt, weswegen Leute dem Vertragswerk zustimmen. Nach dem 2. Weltkrieg haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes eine Verfassung erarbeitet, die es unmöglich machen sollte, dass so schlimme Zustände noch einmal wiederkehren können. Der Vertrag von Lissabon enthält diese Sicherheiten nicht mehr und schafft viele unkalkulierbare Risiken für die Zukunft.

Irland wurde u.a. mit politischen Druck und mit Zugeständnissen geködert, dass es in Sachen Abtreibung und Verteidigung sich nie der EU beugen muss. Eine Verfassung oder ein Grundlagenvertrag sollten wichtige Dinge klar und auf dem Demokratieprinzip beruhend regeln und keiner Ausnahmeregelungen bedürfen oder Bereiche an sich reißen, die jeder Staat selber zu regeln weiß. Wenn den Iren zugestanden wird, die Hoheit über Militär zu behalten, um die Iren zu einem ja zu bewegen, heißt dass doch, dass dies mit dem irischen Ja für alle anderen Staaten nicht garantiert ist. In diesem Sinne ist das irische Ja sehr egoistisch. Und was passiert, wenn die EU Irland den Adenauer macht: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern" und Irland sich künftig doch der EU beugen muss? Fakt ist, wenn der Vertrag einmal gültig in Kraft ist, dass dieser dann Entwicklungen auslösen wird, die keiner mehr stoppen kann. EU- Gremien können künftig ohne parlamentarische Kontrolle große Teile des Vertrages verändern und die Lobbyisten der Industrie und der Unternehmen werden den Vertrag genau studieren um zu prüfen, wie sie die EU- Gremien zu ihren Gunsten beeinflussen können und wo ihnen im Vertrag zugesagte wirtschaftliche Freiheiten, die die höchsten Freiheiten des Vertragswerkes sind, nicht eingehalten würden. Die Richter müssen dann anhand des geltenden Vertragsrechtes den Unternehmern nachgeben und werden mit ihren Urteilen die EU Schritt für Schritt in einen Gewährleistungsstaat umwandeln.

Was in Deutschland geschieht, wirkt wie ein Putsch. Da liegt im Juni eine gültig eingereichte Verfassungsklage vor und die Verfassungsrichter behandeln die einfach nicht. Hauptthema der Klage ist der grundgesetzfeindliche Gewährleistungssstaat, zu dessen Befürwortern ausgerechnet der Verfassungsrichter Dr. Voßkuhle gehört. Bundespräsident Köhler hätte niemals unterschreiben dürfen, bevor nicht alle Klagen behandelt wurden und die juristischen Fragen geklärt worden wären! Viele Bundestagsabgeordnete haben den Vertrag nie gelesen (was seltsamer Weise den Bürgern immer vorgeworfen wird, wenn man begründet, warum diese nicht abstimmen dürfen!) und glaubten einfach, er sei gut, weil alles, was von Europa kommt doch gut sei.

Angesichts dieser Zustände setze ich meine Hoffnungen auf Prag. Einzig das Verfassungsgericht von Tschechien und der tschechische Präsident Vaclav Klaus, können jetzt noch die Ratifizierung verhindern. Ein Scheitern dieses Vertrages von Lissabon ist dringend notwendig, damit in einem neuen Prozess eine annehmebare Verfassung für die EU entsteht, die dem Frieden, den Menschenrechten und der Demokratie zu 100% verpflichtet ist. Die von Karlruhe im September 09 nicht einmal öffentlich zur Kenntnis genommene rechtzeitig eingereichte Klage von Sarah Luzia Hassel Reusing aus Wuppertal habe ich ins Internet gestellt: http://sites.google.com/site/euradevormwald .

Angesichts dieser Fragwürdigkeiten bezüglich des Inhaltes und der juristischen Überprüfung des Vertrages von Lissabon ist es für mich als Katholiken, der kritisch zum Vertrag steht, ein Tiefschlag, das der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch laut Tagespost vom 6.10.09 dieses Vertragswerk begrüßt, weil "dadurch die Europäische Union neue Schubkraft" erhalte. Wohin diese Schubkraft drücken wird, werden wir noch sehen. Die Schwulen- und Abtreibungslobby und die großen Konzerne werden schon feststellen, wie diese die Klaviatur dieses Vertragswerkes spielen können. Eine Kultur des Lebens, wie es Johannes Paul II formulierte, wird mit dieser neoliberalen Wirtschaftsverfassung und dieser nicht mehr demokratisch kontrollierten Machtballung nicht geben. Die katholische Soziallehre und die jüngste Sozialenzyklika Papst Benedikts XVI haben weit über die katholische Kirche hinaus Anhänger. Mehrere Päpste werden in der von Sarah Luzia Hassel Reusing erstellten Klage zum Lissabonvertrag zitiert, ebenso der Wirtschaftslehrer von Kardinal Höffner und Vordenker der sozialen Marktwirtschaft Walter Eucken. Die Deutschen Bischöfe sollten ihre Mitarbeiter auffordern, bewusst im Internet nach konstruktiver Kritik an Staat und Gesellschaft zu suchen. Den Bischöfen sollte diese Kritik regelmäßig vorgestellt werden. Zollitsch hat ja jüngst Schuld eingestanden, das Bischöfe und Priester nicht immer mutig genug waren oder in mancher Predigt den Krieg auch mit unterstützt haben. Natürlich gab es auch die andere Seite des Mutes und der Menschlichkeit, allen voran die Rettung tausender Juden durch Pius XII, die vielen unbekannt ist. Aber wenn künftige Generationen auf unsere heutige Zeit zurück sehen, wird es sehr spannend sein, wie diese die Aussagen von Zollitsch zum Lissabonvertrag sehen werden. Vielleicht laden die Bischöfe zur nächsten Bischofskonferenz mal Kritiker zu aktuellen Entwicklung der EU ein. Leider ist unsere organisierte Laienschaft nicht besser und wahrscheinlich der politischen Elite des Bundestages zu nahe. Auf Katholikentagen habe ich hier auch die Diskussion vermisst. Dabei bestünde doch gerade hier die Möglichkeit darüber zu debattieren, ob Entwicklungen noch mit christlichen Standpunkten und Werten korrelieren oder ob Christen aufgerufen sind Alarm zu schlagen und sich mit allen legalen Mitteln Quer zu stellen. Hier ein klares Profil zu zeigen, dass sich für die Dinge interessiert, könnte manchen Kirchenaustritt verhindern und manchen kirchenfernen wieder auf die Kirche aufmerksam machen. Die kirchlichen Verlautbarungen müssen auch in den Predigten und auf Veranstaltungen vorkommen und deren Werte eingefordert werden. Nur schöne Texte zu verfassen, aber die Realität ansonsten zu ignorieren, das ist nicht glaubwürdig. Sinngemäß soll dass schon Gandhi gesagt haben: Das Christentum ist eine schöne Idee, aber die Christen müssten in der Welt viel erlöster Wirken und das Umsetzen, was ihr Meister gesagt und vorgelebt hat.