031. Verfassungsidentität und Gefahr des Rangverlustes des Grundgesetzes

III.11 Gewichtige Indizien für mangelnde diskursive Entfaltung im Europäischen Rat sowie zwischen Regierungen und EU-Kommission hinsichtlich der auch durch Art. 4 EUV respektieren Verfassungsidentität

Nach Leitsatz 4 des Lissabon-Urteils verpflichtet Art. 4 Abs. 2 S. 1 EUV die Europäische Union (und damit auch deren Organe wie z. B. die EU-Kommission) auch, die Verfassungsidentitäten der Mitgliedstaaten zu wahren. Das Lissabonurteil hat außerdem (siehe Abschnitt VIII.2 dieser Verfassungsbeschwerden) das polizeiliche, militärische und zivile Gewaltmonopol für Deutschland bestätigt. Und es hat jede einzelne Anwendung der durch den Lissabon-Vertrag eingefügten Blankett-Ermächtigungen jeweils einzeln unter erneuten parlamentarischen Zustimmungsvorbehalt für Deutschland gestellt. Und es hat in Leitsatz 4 des Lissabon-Urteils bekräftigt, dass es nicht nur über den Schutz der Verfassungsidentität, sondern auch über das ultra-vires Verbot wacht.

Dass nun Art. 136 Abs. 3 AEUV drastischste Blankett-Ermächtigungen enthält, die wiederum als Grundlage vorgesehen sind für weitere Blankett-Ermächtigungen auf sekundärrechtlicher Ebene (wie beim Ungleichgewichtsverfahren und bei der beliebigen Audehnung der Zuständigkeitsbereiche über Auflagen und Empfehlungen) und auf intergouvernementaler Ebene (wie bei der fast kompletten Outsoucebarkeit der Tätigkeiten der Zweckgesellschaft EFSF), dass Art. 136 Abs. 3 AEUV trotz der darauf zu stützen unternommenen beliebigen Ausdehnung der EU-Zuständigkeiten ultra- vires-mäßig über Art. 48 Abs. 6 EUV initiiert worden ist, und dass zumindest für Teile der Mechanismen, die man auf Art. 136 Abs. 3 AEUV stützen will, der Kommissionspräsident im Juni 2010 über einen Übergang zur Diktatur in drei Staaten der Eurozone nachgedacht hat, lässt, insbesondere auch angesichts der Unschuldsvermutung (Art. 14 Abs. 2 Uno-Zivilpakt), zumindest prima facie wohl nur den Schluss zu, dass ein erhebliches Kommunikationsdefizit bestehen muss zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission im Hinblick darauf, welche Grenzen das deutsche Grundgesetz der Umsetzung des EU-Rechts für Deutschland setzt.

Das scheint auch kein rein deutsches Problem zu sein. Denn in Rumänien haben IWF und EU-Kommission, nachdem das rumänische Verfassungsgericht die Kürzung der Renten untersagt hat, statt-dessen die Erhöhung der Mehrwertsteuer auferlegt, was die Rentner kaum weniger hart trifft, und es wurde in Deutschland auch nichts darüber bekannt, dass sie etwa bei der Demontage des rumänischen Gesundheitssystems in irgendeiner Weise milder geworden wären, obwohl, es statistisch gesehen, vor allem Rentner sind, die für ihr bloßes Überleben immer wieder auf die Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems angewiesen sind.

Das zeigt, dass bereits zur Behebung dieser gravierenden verfassungsgefährdenden Kommunikationsdefizite bzgl. der durch die Verfassungsgerichte festgestellten Schutzumfänge der Verfassungsidentitäten Volksabstimmungen in dem in den Abschnitten III.8 und III.10 dieser Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Umfang erforderlich sind. Mit weniger gewichtigen Mechanismen als dieser Stärkung der Volksabstimmungen lässt sich bereits die diskursive Entfaltung bzgl. der Verfassungsidentitäten gegenüber der EU nicht mehr sichern.

III.12 Akute Gefahr des Rangverlustes der Grundgesetzes durch auf Grundlage von Fiskalpakt, ESM oder EFSF-Rahmenvertrag erzwungene Grundgesetzänderungen

Betrachtet man das Vorgehen von EU-Kommission, IWF und EZB, Griechenland zu einer Verfassungsänderung zu zwingen, und das dann auch noch als Modell auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zu präsentieren (siehe Abschnitt IV.5.3 dieser Verfassungsbeschwerden), im Lichte des Hypothekensicherungsgesetzurteils (BverfGE 2,237), so ergibt sich, dass durch die Zustimmung zu Fiskalpakt und ESM sowie durch das StabMechG die akute Gefahr der Herabstufung des Grundgesetzes auf einen einfachgesetzlichen Rang besteht.

Nach Rn. 28 des Hypothekensicherungsgesetzurteils hat die Weimarer Reichsverfassung ihren Verfassungsrang verloren und ist auf den Rang eines einfachen Gesetzes gefallen durch bestimmte Gesetze, mit welchen die damalige nationalsozialistische Regierung immer mehr zur Diktatur wurde.

Entscheidend für den Rangverlust der Weimarer Reichsverfassung war damals vor allem, dass Art. 76 RV, „der für Verfassungsänderungen ein erschwertes Verfahren im Reichstag und Reichsrat vorsah und dadurch allen Verfassungsbestimmungen eine erhöhte Geltungskraft sicherte“, umgehbar gemacht wurde, und dass die Reichsregierung die Macht zur Verfassungsänderung erhielt. Das „Ermächtigungsgesetz (Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. März 1933 - RGBl. I S. 141 -) ermächtigte die Reichsregierung formell zum Erlass verfassungsändernder Gesetze für die Dauer von vier Jahren, bis zum 1. April 1937. Obgleich die Ermächtigung an den Bestand der damaligen Reichsregierung geknüpft war, wurden auch nach ihrer Umbildung im Sommer 1933 alle späteren "Regierungsgesetze" auf das Ermächtigungsgesetz gestützt. Durch das von Reichstag und Reichsrat "einstimmig" beschlossene Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 (RGBl. I S. 75) wurde die Reichsregierung weiterhin ermächtigt, "neues Verfassungsrecht zu setzen", und durch "einstimmige" Gesetze des Reichstags vom 30. Januar 1937 (RGBl. I S. 105) und vom 30. Januar 1939 (RGBl. I S. 95) wurde das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 zunächst bis zum 1. April 1941 und dann bis zum 10. Mai 1943 verlängert. Durch Erlaß vom 10. Mai 1943 (RGBl. I S. 295) bestimmte Hitler dann selbstherrlich, dass "die Reichsregierung . . . die ihr durch das Gesetz vom 24. März 1933 übertragenen Befugnisse auch weiterhin auszuüben" habe. Bereits vorher waren die Reichsminister auf Grund des Gesetzes über den Eid der Reichsminister und der Mitglieder der Landesregierungen vom 16. Oktober 1934 (RGBl. I S. 973) "gegenüber dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes" zur Treue und zum Gehorsam verpflichtet worden, so dass Hitler als Chef der Regierung die gesamte gesetzgebende Gewalt in seiner Person vereinigte. Freilich wurde neben ihm auch der Reichstag noch vereinzelt formal als Gesetzgeber tätig. Er war jedoch kein Gesetzgebungsorgan mit eigenem gesetzgeberischem Willen, sondern ein bloßes Akklamationsorgan, das die Befehle des Diktators zu befolgen hatte und dessen "neue Aufgabe" es war, den Entscheidungen und Kundgebungen Hitlers "seine einmütige Zustimmung" zu geben (so Poetzsch-Heffter-Ule-Dernedde im JöR Bd. 22 S. 81). Art. 76 RV, der für Verfassungsänderungen ein erschwertes Verfahren im Reichstag und Reichsrat vorsah und dadurch allen Verfassungsbestimmungen eine erhöhte BVerfGE 2, 237 (249)BVerfGE 2, 237 (250) Geltungskraft sicherte, war also damals beseitigt, jeder Schutz der Reichsverfassung gegen Änderungen oder Abweichungen zerstört.“

Die Zerstörung des Verfassungscharakters der Weimarer Reichsverfassung geschah also bei weitem nicht erst durch die Verfolgung von Minderheiten aus einem sozialdarwinistischen Wahn heraus, erst recht schon weit vor der Ermordung vor allem von Juden in den Konzentrationslagern. Und auch nicht der noch einmal ein Vielfaches an Opfern fordernde Zweite Weltkrieg war entscheidend für den Verlust des Verfassungsrangs. Ebenso die Tatsache, dass das Ermächtigungsgesetz zu einem Zeitpunkt zustande kam, in welchem zahlreiche Abgeordnete nach dem Reichstagsbrand im Gefängnis saßen, wird in Rn. 28 des Hypothekensicherungsgesetzurteils in keiner Weise als Grund für den Verlust des Verfassungsrangs der Weimarer Reichsverfassung genannt.

Die historisch beispiellosen Verbrechen der Nazidikatur und die daraus resultierende völlige Delegitimierung von deren Herrschaftssystem und indirekt auch der Weimarer Reichsverfassung, deren Schwächen die Errichtung der Diktatur auch mit erleichtert hatten, waren stattdessen die Berechtigung und die Notwendigkeit dafür, allein schon zum Schutz der Menschenwürde und der Demokratie, dass nach Rn. 29 des Hypothekensicherungsgesetzurteils mit dem Grundgesetz eine neue, gegenüber jeglicher Form der Diktatur deutlich wehrhaftere, Ordnung mit Verfassungsrang geschaf-fen werden musste.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass es den Deutschen, und damit auch der Beschwerdeführerin, nicht zu verdenken ist, wenn sie bzgl. jedes Versuches einer halbdiktatorischen oder diktatorischen Machtergreifung, selbst wenn die möglichen Diktatoren sich in wesentlichen Merk- malen vom Faschismus der Nazizeit unterscheiden, und sei es scheinbar erst einmal auf Zeit, sich zu besonderer Wachsamkeit verpflichtet fühlen.

Maßgeblich für den Verlust des Verfassungsrangs waren bereits die Schaffung der Aushebelbarkeit der für eine Verfassungsänderung erforderlichen Mehrheit im Parlament und die Ermächtigung an die Regierung, Verfassungsrecht zu setzen. Daneben dürfte von Bedeutung gewesen sein, dass die damalige Regierung das Ermächtigungsgesetz einfach weiterhin anwendete, obwohl ein zwingendes Tatbestandsmerkmal für dieses durch eine Regierungsumbildung entfallen war.

Im hier vorliegenden Fall ist das Handeln von IWF, EZB und EU-Kommission offensichtlich ultra-vires, da es keinerlei Bestimmung in der griechischen Verfassung gibt, welche es ihnen erlauben würde, die Verfassung zu ändern. Es ist zugleich bzgl. EZB und EU-Kommission gegen das EU-Primärrecht, weil Art. 4 EUV die gesamte EU incl. aller ihrer Organe und Institutionen, auf die Achtung der grundlegenden verfassungsmäßigen Strukturen der Mitgliedsstaaten verpflichtet. Dazu gehört nicht nur, wie bereits durch Leitsatz 4 des Lissabonurteils bestätigt, dass die Mitgliedsstaaten zumindest zum Schutz ihrer Verfassungsidentität die Umsetzung von EU-Recht begrenzen und notfalls auch verweigern können, sondern auch, dass die EU den Mitgliedsstaaten keinerlei Verfassungsänderungen aufzwingen darf. In dieser Hinsicht ist das Handeln von IWF, EZB und EU-Kommission insoweit noch drastischer, als sie mit dem Sturm auf die Verfassungen der Mitgliedsstaaten nicht einmal gewartet haben, bis sie die Blankett-Ermächtigung des Art. 136 Abs. 3 AEUV durchgesetzt hätten.

Wie in Abschnitt V.1 dieser Verfassungsbeschwerden erläutert, würde nun Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt der EU-Kommission das Recht geben, einen Vorschlag zu machen zur Änderung der nationalen Verfassungen der Mitgliedsstaaten, um diese aufzubrechen für die in Art. 3 Abs. 1 Fiskalpakt genannten Vorschriften zur Ausweitung und Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes am EU-Primärrecht vorbei, wobei solch ein Vorschlag nicht explizit zu begrenzen wäre auf die genauen Inhalte des Art. 3 Abs. 1 Fiskalpakt, sodass die Kommission noch weitere Inhalte dazu packen könnte. Und sie hätte über Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt Zugriff auf alle Institutionen der Exekutive und der Judikative der Mitgliedsstaaten des Fiskalpakts, um die Befolgung der Empfehlungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt durchzusetzen. Das gäbe ihr noch mehr Macht zur Einschüchterung als damals bei der Erzwingung der Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz. Und über Art. 8 Fiskalpakt wären die von der Kommission vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen auch noch vor dem EUGH einklagbar.

Die Absturzgefahr des Grundgesetzes durch Art. 3 und Art. 8 Fiskalpakt ist offensichtlich mindestens ebenso groß wie durch iwf-artig strenge Auflagen.

Art. 136 Abs. 3 AEUV bedroht das Grundgesetz mit Absturz vor allem dadurch, dass darauf immer neue Mechanismen gestützt werden könnten, auch solche eu-sekundärrechtlichen Rangs. Für den Fall, dass das EU-Sekundärrecht vom Rang über dem Rest des Grundgesetzes stehen sollte, hätte man mit Inkrafttreten des Art. 136 Abs. 3 AEUV also eine Blankett-Ermächtigung, mit der man nahezu beliebig vom Rang über erheblichen Teilen des GG stehendes EU-Sekundärrecht setzen könnte. Das käme trotz des dualistischen Charakters des GG einer Umgehung des erhöhten Abstimmungsquorums für Grundgesetzänderungen (Art. 79 Abs. 2 GG) schon sehr nahe. Und genau die Umgehbarmachung des erhöhten Abstimmungsquorums war der entscheidende Schritt zum Absturz der Weimarer Reichsverfassung.

Anders als damals liegen bis zum heutigen Tage, zumindest noch, keine hinreichenden der Beschwerdeführerin bekannten Indizien dafür vor, dass man das Recht zur Entscheidung über Verfassungsänderungen selbst anderen als den heute dafür nach jeweiligen Verfassungen zuständigen Organen bzw. als dem Volk übertragen wollte. Aber die Erzwingung von Verfassungsänderungen gegenüber den zur Entscheidung berufenen Organen mittels ökonomischen Drucks ist nur noch eine kleine Stufe von einem solchen Schritt entfernt.

Dass die Macht zur Verfassungsänderung damals einer Regierung übertragen wurde, und heute die Macht, wirtschaftlichen Druck auszuüben, Institutionen, die in gar keiner Weise zur Setzung souveränen Rechts befugt sind, ist nicht der entscheidende Punkt bzgl. der Absturzgefahr, sondern, dass man versucht, die Macht den verfassungsmäßig zur Entscheidung über Verfassungsänderungen befugten Organen bzw. dem Souverän, dem Volk selbst, zu entziehen.

Und die stolze Präsentation vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos, dass die Trojka aus IWF, EU-Kommission und EZB den Griechen sogar Verfassungsänderungen aufzwingen könne, zeigt, dass man dazu bereit ist, das gleiche allen Völkern der Eurozone anzutun, und es als Modell sogar für die gesamte Weltwirtschaft in den Raum zu stellen.

Und das ist erst das Verhalten vor Inkrafttreten von Fiskalpakt und ESM. Wenn diese erst einmal in Kraft treten sollten, ist mit einer drastischen Steigerung der Vorstöße zur Aufzwingung von Verfassungsänderungen zu rechnen.

Und beim Staateninsolvenzverfahren der Eurozone im Rahmen des ESM wäre darüber hinaus mit Auflagen zur Verfassungsänderung auch noch durch die privaten Gläubiger zu rechnen.

Auch die Verpflichtung auf eine IWF-artige Strenge (Präambel des EFSF-Rahmenvertrags, Erwägungsgründe 2+3+6, Art. 3 und Art. 12 ESM-Vertrag, Erwägungsgrund 3 und Art. 6 Abs. 1 von EU-Verordnung 2011/385 (COD), Ecofin-Rat vom 10.05.2010, Nr. 49 des Berichts der Task Force vom 21.10.2010 und Nr. 17+24 der Stellungnahme zum Euro-Gipfel vom 26.10.2011) impliziert die Erwartung, Verfassungsänderungen per Kreditauflage zu erzwingen. Das zeigt das Beispiel Brasiliens, welches 1994 vom IWF zur Änderung seiner 1988 gerade erst nach dem Ende der Militärdiktatur beschlossenen Verfassung, um Massenentlassungen im öffentlichen Dienst, das Auslaufenlassen der Gesetzlichen Rentenversicherung, die Privatisierung von Staatsunternehmen in strategisch wichtigen Bereichen, das Aufbrechen des Bund-Länder-Finanzausgleichs, die Abschaffung von Vorschriften zum Schutz des Eigentums der Indigenen und höhere Kürzungen der Sozialausgaben zwecks Erhöhung des Schuldendienstes zu ermöglichen (S. 195 ff. „The Globalization of Poverty and the New World Order“, Prof. Dr. Michel Chossudovsky).

Die Aufzwingung von Grundgesetzänderungen, egal ob über Kreditauflagen im Rahmen des europäischen Finanzierungsmechanismus, über bußgeldbewehrte Empfehlungen der EU-Kommission alias EU-Wirtschaftsregierung oder über „Vorschläge“ der Kommission gem. Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt mit erzwungener Unterstützung durch den EUGH über Art. 8 Fiskalpakt, würden die Bundestagsabgeordneten einem Zwang aussetzen, welcher mit dem Erfordernis des Grundgesetzes, dass die Entscheidungen über dessen Änderung nur von einer Zweidrittelmehrheit (Art. 79 Abs. 2 GG) des Parlaments, und zwar dort solcher Abgeordneten, die nur ihrem Gewissen (und damit eben nicht dem IWF oder der EU-Kommission oder im Staateninsolvenzvefahren den privaten Gläubigern) unterworfen sind, gefällt werden.

Damit droht durch Fiskalpakt, ESM und EFSF-Rahmenvertrag offensichtlich die Herabstufung des Grundgesetzes (und vermutlich auch der Verfassungen anderer Mitgliedstaaten) auf den Rang eines einfachen Gesetzes.

Das hätte nicht nur lebensgefährliche Folgen innerhalb Deutschlands. Denn durch den Absturz des Rangs des Grundgesetzes würde auch der Staatsauftrag Frieden (Art. 1 Abs. 2 GG) vom Rang her auf einen einfach-gesetzlichen Rang abstürzen, sodass er den Blankett-Vorschriften von Art. 42 EUV und Art. 43 EUV zum Einmarsch in alle beliebigen Staaten der Welt nichts mehr entgegensetzen könnte. Nach dem Lissabonurteil ist zwar die GASP nicht supranationalisierbar und würde demnach durch das Angriffskriegsverbot aus Art. 2 Abs. 4 UNO-Charta erst einmal noch gebremst. Aber nach einem Absturz des Grundgesetzes auf einfachgesetzlichen Rang dürfte das im Lissabonurteil zutreffend bestätigte Letztentscheidungsrecht des Bundesverfassungsgerichts gegenüber der EU kaum noch zu halten sein. Und der EUGH würde es auch bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit kassieren, wissen doch die Richter des EUGH nichts über die Gefahren für den Weltfrieden durch Art. 42 EUV und Art. 43 EUV. Und die GASP selbst ist schließlich nach dem EU-Primärrecht eine von jeglicher Jurisdiktion von Seiten der EU-Ebene, also des EUGH, befreite Zone.

Die unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit liegt im Zeitpunkt der Zustimmung zu Fiskalpakt und ESM, weil diese den Weg frei machen würden zur Zustimmung für diese Verträge, auf deren Grundlage dann auch Deutschland Verfassungsänderungen aufgezwungen würden.

Daher bleibt nur, die Zustimmung zu Fiskalpakt und ESM sowie das StabMechG und die in den Abschnitten V.3 bis V.7 und VI.2 dieser Verfassungsbeschwerden erörterten EU-Verordnungen insgesamt als verfassungswidrig zu erkennen und darüber hinaus im Urteil über diese Verfassungsbeschwerden klarzustellen, ob die Aufzwingbarkeit der Entscheidungsmacht über Grundgesetzänderungen durch andere als eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag bzw. durch das Volk dem Grundgesetz den Verfassungsrang nehmen würden.

Außerdem beweist die Anmaßung von IWF, EU-Kommission und EZB, Staaten Verfassungsänderungen aufzwingen zu wollen, dass zur Rettung des Grundgesetzes mindestens die in den Abschnitten III.8, III.10 und III.17 dieser Verfassungsbeschwerden geforderten Volksabstimmungen erforderlich sind.

Fortsetzung: https://sites.google.com/site/euradevormwald/02-esm/032-euro