018. II.4.1.6 Fiskalpakt

II.4.1.6 Fiskalpakt

-Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob der Art. 3 Abs. 1 lit. b Fiskalpakt vorgeben darf, dass im Defizitverfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts Einnahmeerhöhungen außer Anrechnung bleiben (Abschnitt V.1 dieser Verfassungsbeschwerden). Zum einen ist zu klären, ob eine Grundlage für EU-Sekundärrecht, noch dazu eine derart die Defizitverringerung, also den eigentlichen Sinn des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und des Art. 126 AEUV, behindernde Vorschrift, in einen intergouvernementalen Vertrag ausgelagert werden darf, zum anderen, ob diese Nicht-Anrechnung mit der Menschenwürde (Art. 1 GG), der Haushaltsautonomie als Teil des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG), dem Recht auf soziale Sicherheit (Art. 9 UNO-Sozialpakt), der Recht auf Gesundheit (Art. 12 UNO-Sozialpakt) und dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) vereinbar ist.

-Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob die Entscheidung, ob ein Staat ins Defizit-verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspaktes muss (Art. 126 Abs. 6 AEUV), im Wege der umgekehrten Abstimmung und unter Ausschluss des Stimmrechts des jeweils betroffenen Staats entschieden werden darf, sodass fast alle Anträge der EU-Kommission zur Beförderung von Staaten ins Defizitverfahren unabhängig von der materiell-rechtlichen Frage der Verletzung von Defizit-, Gesamtschulden- oder präventivem Kriterium, durchkommen würden. Und es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob dies in einer intergouvernementalen Vorschrift wie Art. 7 Fiskalpakt normiert werden darf (Abschnitt V.1 dieser Verfassungsbeschwerden). Dabei ist von besonderem Gewicht, dass dadurch Staaten der Eurozone bereits allein durch die Nichtbefolgung einer Meinung der EU-Kommission zu ihrem Haushaltsentwurf ( Art. 6 und Art. 9 Abs. 1 von EU-Verordnung 2011/0386 (COD), Abschnitt VI.2.1 dieser Verfassungsbeschwerden) im Defizitverfahren landen würden. Insbesondere ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob und inwieweit dies mit der Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), der Gewaltenverschränkung (Art. 20 Abs. 2+3 GG, Art. 1 Abs. 3 GG) als Teil der Rechtsstaatlichkeit, der Souveränität (Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 4 UNO-Charta), dem Selbstbestimmungsrecht der Völker (Art. 1 Uno-Sozialpakt, Art. 1 UNO-Zivilpakt), dem Staatsauftrag europäische Integration (Art. 23 GG) und dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) vereinbar ist.

-Nach dem Lissabon-Urteil ist jede einzelne Anwendung jeder der Blankett-Ermächtigungen, welche der Lissabon-Vertrag in das EU-Primärrecht eingebaut hat, erneut für sich bei Bundestag und Bundesrat zustimmungs- und ratifizierungsbedürftig. Bei der Zustimmung zum Fiskalpakt geht es erneut um einen Vertrag mit mehreren Blankett-Ermächtigungen. Art. 3, Art. 9 und Art. 10 Fiskalpakt (Abschnitt V.1 dieser Verfassungsbeschwerden) sind ebenfalls Blankettvorschriften und noch erheblich gefährlicher als die Flexibilitätsklausel des Lissabonvertrags. Die Frage der Blankettartigkeit, und ob diese hier so drastisch ist, dass bereits diese Blankettartigkeit nicht mehr per verfassungskonform einschränkender Interpretation eingefangen werden kann, sodass sie wegen Verstoßes gegen Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), grundrechtsgleiches Wahlrecht (Art. 38 GG), Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG) und europäische Integration (Art. 23 GG) zur Untersagung des Fiskalpakts führt, ist hier entscheidungserheblich und rechtsfortbildend. Dies ist auch im Zusammenwirken mit der Verletzung der Grundrechte, grundrechtsgleichen Rechte, Strukturprinzipien und universellen Menschenrechte durch die IWF-artige Strenge zu betrachten.

-Da Art. 3, Art. 4, Art. 5, Art. 7 sowie Art. 9 Fiskalpakt die Grundlage für die Änderung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und der Schaffung der Ungleichgewichtsverfahren und der haushaltsmäßigen Überwachung, alle zur Errichtung der EU-Wirtschaftsregierung, sein wollen, und dafür die Möglichkeit der EU-Kommission zur Schaffung sanktionsbewehrter Empfehlungen bzgl. Defizitkriterium, Gesamtschuldenstandskriterium, präventiver Komponente und Ungleichgewichtskriterium gegenüber allen Staaten der Eurozone geben wollen, wird diese, auch gestützt auf Art. 2 von Protokoll 26 zu den Verträgen der EU, in ihre sanktionsbewehrten Empfehlungen die Verpflichtung zur funktionellen Privatisierung immer weiterer Teile der hoheitlichen Aufgaben der Staaten der Eurozone aufnehmen. Damit ist es entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, da das Lissabonurteil das militärische, das polizeiliche und das zivile Gewaltmonopol bekräftigt hat, in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts klarzustellen, dass zum Schutz von Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), grundrechtsgleichem Wahlrecht (Art. 38 GG), Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG), Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG) und europäischer Integration (Art. 23 GG) auch nicht über Auflagen oder Empfehlungen innerhalb eines EU-rechtlichen Mechanismus das Gewaltmonopol ausgehebelt werden darf.

-Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, auf welche Weise das Grundrecht auf die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) im Hinblick auf die ultra-vires-Prüfung (Leitsatz 4 des Lissabon-Urteils) sicherzustellen ist für die Fälle, in denen Regelungsmaterien, welche auf Grund ihrer Tragweite einer völkerrechtlichen Vertragsänderung bzw. eines neuen völkerrechtlichen Vertrags und damit auch eines vor dem Bundesverfassungsgericht anfechtbaren Zustimmungsgesetzes bedürfen, stattdessen im EU-Verordnungswege zu regeln unternommen werden. Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht das Zustimmungsgesetz zum Fiskalpakt im Ganzen als verfassungswidrig erkennen sollte, ist, angesichts der damit verbundenen Macht- und Profitinteressen, damit zu rechnen, dass man versuchen wird, die EU-Verordnungen für die EU-Wirtschaftsregierung einfach ohne völkervertragsrechtliche Grundlage durchzuziehen. Das ist bzgl. des Beschlusses über die EU-Verordnungen zum Ungleichgewichtsverfahren sowie zur Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (Abschnitte V.3 – V.7 dieser Verfassungsbeschwerden) am 28.09.2011 bereits geschehen und bzgl. der EU-Verordnungen zur haushaltsmäßigen Überwachung damit prognostizierbar.

Damit hält die Beschwerdeführerin es für erforderlich, bereits im Rahmen der Entscheidung über die hier vorliegenden Verfassungsbeschwerden auch rechtsfortbildend klarzustellen, dass im Falle von ultra-vires-mäßigem EU-Sekundärrecht die ultra-vires-Prüfung auch bei Anfechtung der für die bisherigen ultra-vires-Akte nachgeschobenen völkervertragsrechtlichen Grundlagen vorzunehmen ist. (Abschnitt II.7 dieser Verfassungsbeschwerden).

-Es entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob die Zustimmung zum Fiskalpakt und zum ESM bereits auf Grund der aus diesem resultierenden erhöhten Putschgefahr und einer erhöhten Gefahr eines zeitlich unbegrenzten Ausnahmezustands zu wegen Verstoßes gegen Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), europäische Integration (Art. 23 GG), grundrechtsgleiches Wahlrecht (Art. 38 GG), Souveränität (Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 UNO-Charta), Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG), Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit (Art. 5 GG), Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Demonstrationsfreiheit (Art. 8 GG) untersagen ist. Die Gefahr ergibt sich bereits aus dem voraussichtlich einbrechenden Steueraufkommen durch die Privatisierung der Finanzbehörden im Rahmen der Ungleichgewichtsverfahren, wodurch Deutschland nicht mehr in der Lage wäre, seine Sicherheitskräfte ordentlich zu bezahlen (Abschnitt VIII.5 dieser Verfassungsbeschwerden). Noch stärker würde die Putschgefahr erhöht durch die Privatisierung der staatlichen Sicherheitsorgane im Rahmen der Ungleichgewichtsverfahren (Abschnitt VIII.8 dieser Verfassungsbeschwerden), wie insbesondere die Erfahrungen mit Putschversuchen durch Söldner in Sao Tome u. Principe und in Äquatorialguinea zeigen. Auch das Risiko, dass die Kommission über ihre bußgeldbewehrten Empfehlungen in alle beliebigen Bereiche der Lohn-, Finanz- und Wirtschaftspolitik Einfluss auf die Konditionen der Bezahlung der Sicherheitskräfte der Mitgliedsstaaten erhalten würde, wäre unzumutbar (Abschnitt XII.7 dieser Verfassungsbeschwerden).

Die größte Putschgefahr aber liegt in der Unterstellbarkeit aller von der Kommission gewünschten Organe der Exekutive und der Judikative der Mitgliedsstaaten zwecks Erzwingung der Empfehlungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt (Art. 3 Abs. 1+2 Fiskalpakt).

Das gilt in besonderem Maße angesichts der Tatsache, dass EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso im Juni 2010 laut auch über die Möglichkeit von Militärputschen in Spanien, Griechenland und seinem Heimatland Portugal im Falle der Nichtumsetzung der EFSF nachgedacht hat (Abschnitt XII.4 dieser Verfassungsbeschwerden). Das hat durch den Notstand in Griechenland (Abschnitt XII.3 dieser Verfassungsbeschwerden) und durch den Ausnahmezustand in Spanien (Abschnitt XII.5 dieser Verfassungsbeschwerden) erschreckende Aktualität bekommen.

Die Behauptungen des EU-Kommissionspräsidenten vom 28.09.2011 (Abschnitt XII.10 dieser Verfassungsbeschwerden), es gebe eine europäische Staatsbürgerschaft und eine europäische Identität, zeigen darüber hinaus die Versuchung der Kommission auf, die Schaffung eines EU-Volkes und eines EU-Staats notfalls gewaltsam zu erzwingen.

-Es ist offensichtlich entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob es durch den Fiskalpakt unternommen wird, für die Verschärfung des Stablitäts- und Wachstumspaktes und für die Ermöglichung der Sanktionen beim Ungleichgewichtsverfahren, rückwirkend eine intergouvernementale Grundlage nachzuschieben. Es ist darüber hinaus vor allem entscheidungserheblich, ob, entgegen dem Wortlaut der WVRK (siehe Abschnitt III.9 dieser Verfassungsbeschwerden) die Schaffung einer stillschweigenden (weil nicht expliziten) völkerrechtlichen Rückwirkung bzw. die Zustimmung zu einer solchen stillschweigenden Rückwirkung gegen Art. 38 GG i. V. m. der WVRK verstößt. Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob jegliche Schaffung einer rückwirkenden inter-gouvernementalen Ermächtiung im EU-Primärrecht zur Kompetenzerweiterung der EU mit Art. 4 EUV und Art. 5 EUV unvereinbar ist (siehe Abschnitt III.9 dieser Verfassungsbeschwerden).

Sich erst einmal beliebig im Primärrecht nicht begründete Kompetenzen anzumaßen, und dann, wenn es jemand merkt, rückwirkend intergouvernementale Ermächtigungen dafür nachzuschieben, und das (bei Art. 3, 9 und 10 Fiskalpakt auch noch blankettartig und) ohne Benennung der gewünschten Rückwirkung, ist eine offensichtlich drastische Machtverschiebung. Und es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob eine stillschweigende intergouvernementale Rückwirkung vereinbar sein kann mit der Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG), der Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) und dem Staatsauftrag europäische Integration (Art. 23 GG).

-Nach Art. 76 Abs. 1 GG werden Gesetzesvorlagen „durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestags oder durch den Bundesrat eingebracht.“ Das gleiche gilt mangels expliziter Ausnahme auch für Gesetze zur Änderung des Grundgesetzes, allerdings gem. Art. 79 GG begrenzt durch den Schutz der Ewigkeitsgarantie (Art. 79 Abs. 3 GG) und mit einem höheren Abstimmungsquorum.

Daneben lässt das Grundgesetz nur Spielraum für die Initiierung von Grundgesetzänderungen durch das Volk selbst über Volksbegehren, da die Organe des Volkes incl. der Legislative eine Herrschaftsform des Volkes darstellen und neben der direkten Herrschaft des Volkes über Volksabstimmungen stehen. Nach Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt würde der EU-Kommission nun ein eigenes indirektes Initiativrecht in der Form geben, dass diese die in Art. 76 Abs. 1 GG genannten Organe zwingen könnte, Initiativen für Grundgesetzänderungen einzubringen, welche die in Art. 3 Abs. 1 Fiskalpakt genannten Punkte zum Aufbrechen des Grundgesetzes für den Stabilitäts- und Wachstumspakt und beliebige weitere von der Kommission gewünschte Punkte beinhalten würden. Zusammengenommen mit der direkten Unterstellbarkeit der gesamten Exekutive und Judikative der Mitgliedsstaaten unter die Befehlsgewalt der Kommission für die Durchsetzung der Empfehlungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt ist das eine Machtfülle, als würde die Kommission sich selbst für ein hypothetisches EU-Volk halten. Solch einen Versuch hat es zumindest über einen intergouvernementalen Vertrag in Deutschland noch nie gegeben. Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob die Zustimmung zum Fiskalpakt wegen Anmaßung dieser im Grundgesetz nicht vorgesehenen Initiativgewalt für Grundgesetzänderungen wegen Verstoßes gegen Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG), die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), grundrechtsgleiches Wahl-recht (Art. 38 GG), freiheitlich-demokratische Grundordnung (Art. 18 GG), Souveränität (Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 UNO-Charta) und dem Staatsauftrag europäische Integration (Art. 23 GG) in vollem Umfang als verfassungswidrig zu verwerfen ist.

In diesem Zusammenhang ist außerdem entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt der EU-Kommission Weisungsbefugnis über die Bundesregierung (eines der wichtigsten Organe der Exekutive) ausschließlich für den Bereich von deren exekutivem Handeln (incl. des Kommandos über alle Sicherheitskräfte), oder für den Bereich von deren Einbringung von Initiativen für Gesetzesänderungen und Grundgesetzänderungen geben würde.

-Das Bundesverfassungsgericht hat, wie insbesondere die Leitsätze 1 und 4 und Rn. 299 des Lissabonurteils zeigen, das Letztentscheidungsrecht über die Auslegung insbesondere der Verfassung der souveränen Bundesrepublik Deutschland. Der EUGH hingegen ist die gerichtliche Instanz zur eu-weit verbindlichen Auslegung des EU-Rechts (Art. 26, 26b EUGH-Satzung, Art. 256 ff. AEUV) der autonomen (Rn. 228, 231, 233, 244, 338 des Lissabon-Urteils) Europäischen Union. Soweit das Bundesverfassungsgericht über die Auslegung des EU-Rechts entscheidet, hat das daher nicht mehr und nicht weniger als rechtliche Bindungswirkung für Deutschland. Nun aber soll über Art. 8 Fiskalpakt die EU-Kommission Staaten der Eurozone zwingen können, andere Staaten der Eurozone vor dem EUGH darauf zu verklagen, dass diese ihre nationalen Verfassungen entsprechend dem jeweiligen Vorschlag der Kommission aufbrechen. Noch nie ist der Versuch unternommen worden, dem Gericht einer lediglich autonomen internationalen Organisation die Macht zu geben, souveräne Staaten zur Änderung ihrer Verfassung zu verurteilen, und hier auch noch anhand von autonomem Fiskalpaktrecht, welches sich außerhalb des autonomen EU-Rechts befindet. Da der lediglich intergouvernementale, außerhalb des eu-rechtlichen Raums befindliche, Fiskalpakt diesen Versuch nun unternimmt, ist es offensichtlich entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob dies wegen Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG), die Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), das grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG), die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG), die Souveränität (Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 UNO-Charta) und den Staatsauftrag europäische Integration (Art. 23 GG) zu untersagen ist, und ob deshalb die Zustimmung zum Fiskalpakt zu untersagen ist.

-Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob durch eine Verurteilung zur Grundgesetzänderung durch den EUGH (Art. 8 Fiskalpakt) das Grundgesetz vom Verfassungsrang auf den einfachgesetzlichen Rang abstürzen würde, und ob die Zustimmung zum Fiskalpakt aus diesem Grund wegen Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG), die Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), das grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG), die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG), die Souveränität (Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 UNO-Charta) und den Staatsauftrag europäische Integration (Art. 23 GG) zu untersagen ist (Abschnitte IV.5.3 und III.12 dieser Verfassungsbeschwerden). Denn nach Rn. 28 des Hypothekensicherungsgesetzurteils (BverfGE 2, 237) erfolgte der Rangverlust der Weimarer Reichsverfassung durch Umgehbarmachung des Parlaments und des erhöhten Abstimmungsquorums für Verfassungsänderungen, welche insbesondere über das Ermächtigungsgesetz geschaffen wurden (Abschnitt III.12 dieser Verfassungsbeschwerden).

-Da Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt es der Kommission erstmals erlauben würde, sich beliebig die Organe der Exekutive und der Judikative des jeweils betroffenen Mitgliedsstaats unter ihr Kommando zu stellen, um die Empfehlungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zu erzwingen, ist es im Rahmen der hier vorliegenden Verfassungsbeschwerden offensichtlich rechtsfortbildend und entscheidungserheblich, ob der Treueeid der staatlichen Beschäftigten in erster Linie der Verfassungsidentität des Grundgesetzes und damit gerade nicht intergouvernementalen Verträgen gilt, auch nicht, soweit diese Verfassungsänderungen erzwingbar machen wollen.

-Art. 3 Fiskalpakt sieht vor, nicht bzw. weniger direkt selbst Grundlage für die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu sein, sondern die Mitgliedsstaaten dazu zu zwingen, die direkte Ermächtigung dafür in ihre nationalen Vefassungen zu schreiben. Ein intergouvernementaler Vertrag soll hier also Bundestag und Bundesrat dazu zwingen, sein Grundgesetz so aufzubrechen, dass das Grundgesetz selbst zum Beihelfer zur Umgehung von Art. 5 Abs. 2 EUV wird. In eine Verfassung Vorschriften einzubauen, und sich auch noch dazu zwingen zu lassen, welche dazu da sind, das Primärrecht einer internationalen Organisationen zu umgehen, ist präzedenzlos, sodass es auch noch kein Urteil des Bundesverfassungsgerichts dazu geben kann. Es ist offensichtlich entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob die Zustimmung zum Fiskalpakt wegen der beabsichtigten Instrumentalisierung des Grundgesetzes zur Umgehung des EU-Primärrechts und der dafür gültigen Änderungsvorschriften wegen Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG), die Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), das grundrechtsgleiche Wahl-recht (Art. 38 GG), die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) und den Staatsauftrag europäische Integration (Art. 23 GG) zu untersagen ist.

-Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob über Art. 16 Fiskalpakt i. V. m. Erwägungsgrund 7 Fiskalpakt dessen Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet werden dürfen, diesen schnellst- möglich, spätestens innerhalb von 5 Jahren, zu supranationalisieren. Klärungsbedürftig ist, ob man in einem völkerrechtlichen Vertrag überhaupt die Mitgliedsstaaten zu dessen Änderung oder zur Änderung eines anderen Vertrags verpflichten darf. Und es ist entscheidungsbedürftig, ob in einem Vertrag mit einfachem völkerrechtlichem Rang dazu verpflichtet werden darf, einen anderen Vertrag mit höherem völkerrechtlichem Rang zu ändern, denn eine Anhebung des Fiskalpakts auf den Rang des EU-Primärrechts würde eine Änderung des EU-Primärrechts bedeuten bzw. in seiner Wirkung einer solchen Änderung gleichkommen. Es ist entscheidungserheblich, ob solch eine Konstruktion einen nach Art. 4 Abs. 3 EUV untersagten Umgehungstatbestand gegenüber dem EU-Primärrecht bedeutet. Entscheidungsbedürftig ist weiterhin, ob Art. 16 Fiskalpakt dazu ermächtigen würde, den Fiskalpakt einfach ohne Vertragsänderungsverfahren und damit ohne weiteres Zustim-mungsgesetz zu supranationalisieren, indem man ihn zu einem Protokoll zu den Verträgen der EU macht oder in die Anhänge zu den Verträgen der EU einfügt. Die Rechtsfortbildung ist gegeben, weil es noch nie zuvor einen derartigen Versuch gegeben hat, in einem einfachen völkerrechtlichen Vertrag auf eine Änderung des EU-Primärrechts oder vergleichbare Akte zu verpflichten. Es ist entscheidungserheblich und rechtsfortbildend, ob diese Konstruktion mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG), der Demokratie (Art. 20 Abs. 1 GG) und der Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG) vereinbar ist.

Fortsetzung: https://sites.google.com/site/euradevormwald/02-esm/018-haushalt