063. IX.8 Grundrechtsgleiches Wahlrecht (Art. 38 GG)

IX.8 Grundrechtsgleiches Wahlrecht (Art. 38 GG)

Das grundrechtsgleiche Wahlrecht besagt, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestags in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. Dass Art. 38 GG, wie Art. 93 Nr. 4a GG zeigt, ein grundrechtsgleiches Recht ist, bewirkt, dass alle Wahlberechtigten einen grundrechtsgleichen Anspruch darauf haben, dass die Wahlen die in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG bestimmten Merkmale erfüllen müssen. Herrschaft darf in Deutschland, außer direkt durch das Volk, nur auf die in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG genannte Weise geschaffen werden. Außerdem normiert Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, der ebenso Teil des grundrechtsgleichen Wahlrechts ist wie Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG, einen Anspruch der Wähler darauf, dass die Abgeordneten Vertreter des ganzes Volkes sein müssen, dass sie niemandes Aufträgen und Weisungen unterworfen werden dürfen (außer natürlich den Weisungen des Volkes selbst über die Volksbstimmungen nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 GG), und dass die Abgeordneten sich ihrem eigenen Gewissen unterwerfen müssen.

Die Grundsätze nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG müssen nicht nur bei allen in Deutschland stattfindenden politischen Wahlen eingehalten werden, sondern sie müssen sich ebenso bei der Exekutive, der Judikative und bei allen indirekt vom Volk durch die Wahl legitimierten Herrschaftsverbänden widerspiegeln. Herrschaft darf in Deutschland, soweit nicht das Volk selbst über Abstimmungen (Art. 20 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 GG) herrscht, nur in einer ununterbrochenen demokratischen Legitimationskette vom Volk zum Parlament und von dort aus weiter begründet werden. Und es darf zugleich nicht so viel Macht vom Parlament weitergegeben werden, dass dadurch das grundrechtsgleiche Wahlrecht entleert würde.

Das grundrechtsgleiche Wahlrecht hat inhaltlich unter den Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten des Grundgesetzes die größte Nähe zum Demokratieprinzip.Während Art. 20 Abs. 1 + 2 GG den Ursprung vom Volk her und die Bestandteile der Demokratie bestimmen, gibt Art. 38 Abs. 1 GG genauer vor, wie die Wahlen zu beschaffen sein haben, und welche Ansprüche die wahlberechtigten Bürger an die Abgeordneten haben. Die Ausgestaltung als subjektivierbares grundrechtsgleiches Recht hat den Sinn, Art. 38 GG auch durchzusetzen. Die am konkretesten formulierten Auflagen des Lissabon-Urteils beziehen sich auf den Schutz der Demokratie, insbesondere auf die durch das grundrechtsgleiche Wahlrecht aus Art. 38 GG bewirkte demokratische Legitimation und deren kompetenzmäßige Abgrenzung gegenüber der EU-Ebene und zeigen so auch die besondere Bedeutung des grundrechtsgleichen Wahlrechts.

Das grundrechtsgleiche Wahlrecht hat unter den grundrechtsgleichen Rechten und selbst im Verhältnis zu allen Grundrechten incl. der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) eine besondere Bedeutung insoweit, als in Verfassungsbeschwerden in Zusammenhang mit dem Völkerrecht, gegen Zustimmungsgesetze, alle verletzten Rechte immer in Zusammenhang mit Art. 38 GG genannt werden müssen (siehe Abschnitt II.5 dieser Verfassungsbeschwerden). Dass überhaupt ein grundrechtsgleiches Wahlrecht formell eine größere Bedeutung haben kann als Grundrechte, beweist den Gleichrang zwischen Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten (siehe Abschnitt VII.5 dieser Verfassungsbeschwerden). Und es ist nicht nur eine Formvorgabe für Verfassungsbeschwerden, sondern es zeigt zugleich auch die Bedeutung der demokratischen Legitimationskette, denn gem. Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht in Deutschland alle Staatsgewalt vom Volke aus.

Die Bürger dürfen „keiner politischen Gewalt unterworfen“ werden, „der sie nicht ausweichen können und die sie nicht prinzipiell personell und sachlich zu gleichem Anteil in Freiheit zu bestimmen vermögen“ (Rn. 212 des Lissabonurteils).

Auch aus Sicht der Vereinten Nationen darf die demokratisch legitimierte Regierung ihre Macht nicht einfach an ungewählte Personen oder Institutionen weggeben. So hat Cephas Lumina, der unabhängige Experte des UNO-Menschenrechtsrats für die Auswirkungen der Auslandsverschuldung auf den Genuss der Menschenrechte, laut der Pressemitteilung „UN expert urges Solomon Islands to break cycle of aid dependency“ der Vereinten Nationen vom 22.02.2011 festgestellt, dass die Regierung der Solomoneninseln in der vollen Verantwortung dafür ist, die Rahmenbedingungen vorzugeben für eine transparente, verantwortliche und menschenzentrierte Weise der Hilfe. Außerdem sprach Herr Lumina von der Notwendigkeit zur Reduzierung der exzessiv hohen Zahl von technischen Beratern, die meisten davon aus den Geberländern der Entwicklungshilfe.

www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=37587&Cr=development+assistance&Cr1=

Im Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen ähnelt Art. 25 des Zivilpaktes dem Art. 38 GG, wenngleich mit etwas geringerem Schutzumfang. Aus Sicht von Art. 38 GG darf dann also noch weniger die Macht an ungewählte Personen weggegeben werden. Weder an ungewählte Entwicklungshelfer noch an Notfallkreditgeber. Siehe auch Abschnitt XI.14 dieser Verfassungsbeschwerden.

Durch den europäischen Finanzierungsmechanismus und die EU-Wirtschaftsregierung würde jedoch die demokratische Legitimationskette bereits personell an mehreren Stellen durchtrennt.

Das zeigt sich am deutlichsten beim europäischen Finanzierungsmechanismus, wo im Rahmen der ersten beiden Stufen (EFSM und EFSF) beliebige Auflagen von in keiner Weise demokratisch legitimierten IWF-Mitarbeitern (bzw. von der Troika) bestimmt werden – obwohl die weitgehende straf- und haftungsrechtliche Immunität beim IWF nachweislich zur weiten Ausbreitung eines krankhaften Mangels an Mitgefühl bis zu hin zu einem psychopathischen Ausmaß geführt hat (siehe insbesondere Abschnitte IV.5 und XII.8 dieser Verfassungsbeschwerden). Würden die IWF-Mitarbeiter vom Volk gewählt, und wären sie straf- und haftungsmäßig mindestens so belangbar wie Beamte, würden sie sich mit Sparauflagen begnügen, die niemanden verhungern oder medizinisch unversorgt lassen würden. Das ist eine offensichtliche Durchtrennung der demokratischen Legitimationskette, denn so masochistisch ist das Volk zumindest in seiner überwältigenden Mehrheit nicht.

Der ESM wäre sogar gem. Art. 32 ESM-Vertrag zusäztlich zur straf- und haftungsrechtlichen Immunität auch noch immun vor gerichtlicher Verfolgung, vor Beschlagnahme, vor Akteneinsicht, vor dem Betreten seiner Räumlichkeiten und bzgl. seines gesamten Eigentums (Abschnitt IV.6.2.5 dieser Verfassungsbeschwerden). Die Versuchung zur willkürlich beliebigen Missachtung geltenden Rechts ist beim ESM dadurch noch um einiges größer als beim IWF, unvereinbar mit dem Art. 38 GG.

Ebenso offensichtlich ist die Durchtrennung im ESM (bzgl. Wiener Initiative und Staateninsolvenzverfahren), wo man sogar noch die privaten Gläubiger die Auflagen machen lassen und sie dabei auf die IWF-Artigkeit der Auflagen (Art. 136 Abs. 3 S. 2 AEUV, Präambel EFSF-Rahmenvertrag, Erwägungsgründe 2, 3, und 6 sowie Art. 3 und Art. 12 ESM-Vertrag, Erklärung der Eurogruppe vom 28.11.2010, Nr. 49 des Berichts der Task Force vom 21.10.2010 (Abschnitt III.14 dieser Verfassungsbeschwerden), Ecofin-Rat vom 10.05. 2010 und Nr. 17 der Stellungnahme zum Euro-Gipfel vom 26.10.2011 (Abschnitt III.23 dieser Verfassungsbeschwerden)) verpflichten will. Dort würde man private Gläubiger darauf verpflichten, zumindest in den besonders sensiblen Bereichen der Versorgung mit Nahrung und mit medizinischen Leistungen so unerbittliche Auflagen zu machen, als würden die privaten Gläubiger unter einem krankhaften Mangel an Mitgefühl leiden. Das hat das Volk niemals legitimiert. Ebensowenig hat das Volk sich die privaten Gläubiger ausgesucht. Dass man in Deutschland dem Staat große Mengen Geld leihen kann, ohne dass es eine Volksabstimmung gibt, ob das Volk den jeweiligen Gläubiger haben will, ist demokratisch verantwortbar, solange der Gläubiger daraus keine hoheitlichen Rechte ableiten kann. Selbst die Tatsache, dass in Deutschland den Bürgern gegenüber geheim gehalten wird, wer die Gläubiger des Staates und damit indirekt die Gläubiger der Bürger sind, wäre möglicherweise noch verfassungsgemäß, wenn es nicht unternommen würde, den Gläubigern hoheitliche Macht über Deutschland zu geben (siehe auch Abschnitt IX.4 dieser Verfassungsbeschwerden).

Dass die hoheitliche Macht zur Erteilung der Auflagen an völlig Ungewählte vorgesehen ist, ist ins-besondere unvereinbar mit der Allgemeinheit und der Gleichheit der Wahl. Da sowohl beim IWF als auch bei den privaten Gläubigern sich die stimmrechtsmäßigen Machtverhältnisse an Kapitalanteilen und weder an der souveränen Staatengleichheit (Art. 2 Abs. 1 UNO-Charta) noch an der Gleichheit der Wählerstimme (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) orientieren, liegt zugleich ein radikaler Verstoß gegen die Gleichheit der Wahl vor.

Aber genau das, die Ausstattung der Gläubiger des Staates mit hoheitlicher Macht durch die Befugnis, den Staaten der Eurozone verbindliche Auflagen im Gegenzug für Schuldenerlasse zu machen (Abschnitte IV.6.2.2 , IV.6.2.4 und IV.6.2.5 dieser Verfassungsbeschwerden sowie Art. 12 ESM-Vertrag), will man nun in der Wiener Initiative und im Staateninsolvenzverfahren innerhalb des ESM der Eurozone einführen. Also die auflagenbezogene legislative und exekutive Mit-Herrschaft der privaten Gläubiger auch über das deutsche Volk, durch Gläubiger, die das deutsche Volk weder ausgewählt, noch genehmigt hat, noch nicht einmal beim Namen genannt bekommt.

Anders als bei den IWF-Mitarbeitern und bei den privaten Gläubigern, die jeweils in keiner demokratischen Legitimationskette zum Volk stehen, ist die EU-Kommission drei Stufen vom Volk entfernt, also sehr indirekt, demokratisch legitimiert. Aus der wahlaktsmäßig großen Entfernung zum Volk folgt jedoch, dass die Machtbefugnisse der Kommission begrenzter sein müssen als z. B. die des Europaparlaments und des Bundestags, die jeweils eine Stufe vom Volk entfernt sind, und als der zwei Stufen vom Volk entfernten Bundesregierung. Dies umso mehr, als gerade die in Punkt 7.2.1 des Stabilitäts- und Wachstumsprogramms der griechischen Regierung mit der Zusage der Marktöffnung für die (vom griechischen Volk wie von kaum einem anderen Volk in Europa abgelehnte) Gentechnik in der Landwirtschaft beweist, dass die Kommission zumindest im Bereich der Gentechnik in der Landwirtschaft ungewählten Lobbyisten gleichheitswidrig ermöglicht, an der drei Stufen vom Volk legitimationsmäßig entfernten hoheitlichen Macht der Kommission indirekt in entscheidendem Maße auf Kosten der Völker zu partizipieren.

Die Ermächtigung der Kommission als EU-Wirtschaftsregierung will man über die EU-Verordnun-gen zum Umbau des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sowie zur die Einführung des Ungleichgewichtsverfahrens und der haushaltsmäßigen Überwachung. Diese EU-Verordnungen wiederum will man auf den Fiskalpakt (Abschnitt V.1 dieser Verfassungsbeschwerden) und auf die Blankett-Ermächtigung des Art. 136 Abs. 3 AEUV stützen. Auf intergouvernementale Verträge kann man aber nicht rechtmäßig EU-Sekundärrecht stützen. Und Blankett-Ermächtigungen sind an sich bereits eine Entleerung des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG). Alles, was weiter unten in diesem Abschnitt in Zusammenhang mit der EU-Wirtschaftsregierung als Verstöße gegen das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG) geltend gemacht wird, ist zugleich auch im Lichte der wahlaktmäßiglegitimatorischen Ferne der Kommission gegenüber den Völkern Europas einschließlich des deutschen Volkes und im Lichte der offensichtlichen Nähe der EU-Kommission zur Gentechniklobby, als wäre die Gentechniklobby das Volk, zu verstehen.

Die indirekte demokratische Legitimierung der EU-Kommission über das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG) drei Stufen vom Wähler entfernt trägt jedoch nicht mehr, wo einzelnen Kommissaren, wie laut Nr. 28 der Stellungnahme zum Euro-Gipfel vom 26.10.2011 zu Gunsten des Währungskommissars Olli Rehn beschlossen (Abschnitt III.23 dieser Verfassungsbeschwerden) wurde, die Macht verliehen wird, im Alleingang ganze Staaten zu überwachen und ganz allein Zwangsmaßnahmen gegenüber Staaten anzuwenden. Selbst ohne eine solche Ermächtigung trat Währungskommissar Olli Rehn bereits am 05.01.2012 der belgischen Regierung gegenüber auf, als bestünden bereits Rechtsgrundlagen dafür, was in der Stellungnahme zum Euro-Gipfel am 26.10.2011 noch mit dem Status einer unverbindlichen völkerrechtlichen Erklärung veröffentlicht wurde – also ohne sich um die demokratische Legitimationskette zu kümmern.

Unvereinbar mit der unantastbaren (Rn. 216+217 des Lissabonurteils) Demokratie ist auch Art. 12 Abs. 4 Fiskalpakt (in der Fassung des Fiskalpakt 5 vom 21.01.2012), welcher es den Regierungschefs verbietet, die Ergebnisse künftiger Euro-Gipfel aus ihrer Sicht zu verkünden, sondern dieses Recht allein dem Präsidenten der Eurogruppe (derzeit der Bilderberger Jean-Claude Juncker) gibt. Das ist aus Sicht der Demokratie bzw. des grundrechtsgleichen Wahlrechts auch keine wesentliche Änderung im Vergleich zu den ersten vier Entwurfsfassungen des Fiskalpakts, wonach dieses Recht dem Präsidenten des Euro-Gipfels (derzeit der Bilderberger Herman van Rompuy) und dem Präsidenten der EU-Kommission (derzeit der Bilderberger Jose Manuel Barroso) zustehen sollte.

Laut Nr. 33 der Stellungnahme zum Euro-Gipfel vom 26.10.2011 sowie Nr. 10 von Anhang 1 dieser Stellungnahme war für die Euro-Gipfel die Regelung entsprechend den ersten vier Entwurfsfassungen des Fiskalpakts vorgesehen. Außerdem wurde auf dem Euro-Gipfel vom 26.10.2011 beschlossen, dass die Ergebnisse der Eurogruppe nur noch verkündet werden dürften durch den Präsidenten der Eurogruppe (derzeit Jean-Claude Juncker) und den Währungskommissar (derzeit Olli Rehn), was sich aber zumindet im Fiskalpakt bisher nicht wieder findet.

Unvereinbar mit der Demokratie bzw. dem grundrechtsgleichen Wahlrecht ist daran, dass die Regierungschefs (beim Euro-Gipfel) und die Finanzminister (bei der Eurogruppe) beschließen können, was sie wollen, es aber anstelle der demokratisch legitimierten Regierungschefs und Finanzminister jeweils Bilderberg-Mitglieder in der Hand hätten, stattdessen die Beschlüsse der Öffentlichkeit mitzuteilen, welche sie gerne gehabt hätten. Da die Regierungschefs sich verpflichtet haben, dem nicht zu widersprechen, würden als Folge dann die verkündeten statt der wirklich getroffenen Beschlüsse umgesetzt. Das ist eine offensichtliche Durchtrennung der demokratischen Legitimationskette, weil die verkündeten Ergebnisse der Euro-Gipfel de facto in der Hand von Bilderberg lägen und nicht mehr in der Hand der demokratisch gewählten und legitimatorisch nur 2 Stufen vom Wähler entfernten Regierungschefs, und damit unvereinbar mit dem Strukturprinzip Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG).

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist auch die Ermächtigung in §3 Abs. 2 Nr. 3 StabMechG, dass der Bundestag Änderungen der EFSF-Rahmenvereinbarung allein durch einfachen Beschluss zustimmen können soll. Das ist unvereinbar mit Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, welcher auch zum Schutz des grundrechtsgleichen Wahlrechts normiert, dass der Bundestag internationalen Verträgen nur in Form von Bundesgesetzen zustimmen darf. Denn Entwürfe zu Bundesgesetzen werden auf der Webseite des Bundestags veröffentlicht zusammen mit der Information, wann sie auf der Tagesordnung des Bundestags stehen, und nach Beschluss von Bundestag und Bundesrat, und wenn der Bundespräsident sie nicht dem Bundesverfassungsgericht vorlegt, werden sie ganz transparent im Bundesgesetzblatt verkündet. Einfache Beschlüsse hingegen werden insbesondere nicht im Bundesgesetzblatt sichtbar gemacht. Durch seine Bedeutung für das grundrechts-gleiche Wahlrecht kann die Verletzung von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG hier auch im Rahmen der Verfassungsbeschwerde gerügt werden.

Unvereinbar mit Art. 38 GG ist auch die ab der am 23.05.2012 verkündeten Fassung in §3 Abs. 2 Nr. 2 StabMechG enthaltene Ermächtigung des Bundestags, Ausweitungen des Instrumentariums der EFSF durch einfachen Beschluss zuzustimmen. Die bereits bekannten Wünsche zur Ausweitung des Instrumentariums wie Eurobonds, Instrumentalisierung von EU-Fördermitteln zur Durchsetzung von EFSF-Auflagen und EFSF-Zahlungen direkt an Banken, haben jedoch eine solche Tragweite, dass sie im Hinblick auf die demokratische Legitimationskette, nicht ohne rechtsklare Änderung des EFSF-Rahmenvertrags und auch nicht ohne ein rechtsklares Zustimmungsgesetz gem. Art. 59 Abs. 2 GG bewältigt werden dürfen.

Unvereinbar mit Art. 38 GG ist die Durchbrechung der demokratischen Legitimationskette durch die, wenngleich gem. Art. 48 WVRK unwirksame, Ratifizierung des ursprünglichen EFSF-Rahmenvertrags ohne vorherigen parlamentarischen Beschluss (Art. 59 Abs. 2 GG) eines deutschen Zustimmungsgesetzes zu diesem durch die deutsche Bundesregierung (Abschnitt IV.3.1 + IV.3.4 dieser Verfassungsbeschwerden), welche ausweislich ihrer Antwort vom 08.07.2010 auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion den EFSF-Rahmenvertrag damals rechtsirrtümlich für einen privatrechtlichen Vertrag hielt. Das lässt sich durch die Rechtsprechung eingrenzen, indem entweder die gesamte deutsche Zustimmung als nichtig beurteilt wird, oder indem dem EFSF-Rahmenvertrag und allem Handeln deutscher Vertreter in dessen Rahmen nur ein privatrechtlicher Rang beigemessen wird. Und ein etwaiger völkerrechtlicher Vertrauensschutz kann zeitlich für Deutschlands Teilnahme an der EFSF nur max. bis zum 30.06.2013 reichen (Art. 11 Abs. 3 EFSF-Rahmenvertrag).

Noch unvereinbarer mit Art. 38 GG sind die Verschiebung des auf die EFSF anzuwendenden Rechts nach England und die Verschiebung des Gerichtsstands zum EUGH (für Streitigkeiten zwischen den Staaten) bzw. nach Luxemburg (für Streitigkeiten zwischen den Staaten und der EFSF) (Art. 16 EFSF-Rahmenvertrag, Abschnitt IV.3.2 dieser Verfassungsbeschwerden). Denn das dort anzuwendende Recht ist demokratisch nur durch das britische Volk wahlaktmäßig legitimiert. Das Grundgesetz lässt die Rechtsetzung nur durch das Volk selbst (Art. 20 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 GG) sowie in der im GG näher vorgegebenen Weise durch das deutsche Parlament in Form deutscher Gesetze bzw. deutscher Zustimmungsgesetze zu internationalen Verträgen zu. Die Transponierung von anderen Völkern demokratisch zu verantwortenden hoheitlichen Rechts nach Deutschland lässt das Grundgesetz wegen der Durchtrennung der demokratischen Legitimationskette nicht zu, auch nicht auf dem Umweg über völkerrechtliche Verträge. Die Unterwerfung des EFSF-Rahmenvertrags unter englisches Recht wäre nur dann grundgesetzkonform, wenn sich seine Auswirkungen auf privatrechtliche Auswirkungen beschränken würden, was aber nicht der Fall ist.

Besonders deutlich wird die Durchtrennung der demokratischen Legitimationskette auch bzgl. der Strenge gegenüber dem Volk bei der Durchsetzung der vom IWF bzw. der Troika (beim gesamten europäischen Finanzierungsmechanismus), privaten Gläubigern (bei Wiener Initiative und Staaten-insolvenzverfahren im Rahmen des ESM) und EU-Kommission (bei der EU-Wirtschaftsregierung) gemachten Auflagen (bzw. bußgeldbewehrten „Empfehlungen“). Das ist zugleich ein besonders schwerer Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, da die Beschwerdeführerin als Wählerin, als Teil des grundrechtsgleichen Wahlrechts, einen Rechtsanspruch darauf hat, dass die Abgeordneten sich ihrem eigenen Gewissen unterwerfen. Aber gerade die iwf-artige Strenge würde es ihnen unmöglich machen, ihrem Gewissen zu folgen, sondern sie stattdessen geradezu dazu nötigen, entgegen ihrem Gewissen zu handeln und damit das grundrechtsgleiche Wahlrecht zu verletzen. Wie weit diese Strenge geht, wird im folgenden dargestellt.

So wurde in Griechenland die Lockerung des Kündigungsschutzes mittels der Notstandsbefugnisse aus Art. 44 der griechischen Verfassung durchgesetzt (Abschnitt XII.3 dieser Verfassungsbeschwerden). Rumänien verpflichtete sich gegenüber dem IWF (bzw. der Troika) zur Ausrufung des Notstands für die Umgestaltung der rumänischen Finanzverwaltung (Abschnitt XII.2 dieser Verfassungsbeschwerden), was nach Auffassung der Beschwerdeführerin nur durch vergleichbar tiefe Eingriffe (etwa funktionelle Privatisierung) erklärlich sein kann, wie durch den IWF (bzw. die Troika) ins rumänische Gesundheitswesen erfolgen. In Thailand wurde 1997 der Ausnahmezustand eingeführt zur Schließung von Schulen und Krankenhäusern zur Erfüllung von IWF-Auflagen (Abschnitt XII.1 dieser Verfassungsbeschwerden). In Spanien wurde er ausgerufen anlässlich der Einschüchterung streikender Fluglotsen (Abschnitt XII.5 dieser Verfassungsbeschwerden), dürfte aber weitaus mehr praktische Bedeutung haben im Hinblick auf den Hunger, der sich in Spanien derzeit durch die vollständige Streichung der Hilfe zum Lebensunterhalt für Langzeitarbeitslose entwickelt. Wie in Abschnitt XII.4 dieser Verfassungsbeschwerden dargelegt, hat der sich der portugiesischen Staatsbürgerschaft erfreuende EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso im Juni 2010 bereits für den Fall der Ablehnung des Euro-Stabilisierungsmechanismus über die Möglichkeit von Diktaturen in Griechenland, Spanien und Portugal nachgedacht, woran sich Griechenland und Spanien bzgl. des Notstands inzwischen nicht unerheblich angenähert haben.

Und das ist erst die Strenge zur Durchsetzung von Sparmaßnahmen sowie (außer vielleicht in Spanien) von über das Sparen hinausgehenden IWF-artigen Auflagen. Nach Inkrafttreten von ESM und Fiskalpakt ist daher mit noch wesentlich drastischeren demokratiefeindlichen Maßnahmen zu rechnen. Das gleiche gilt nun nach dem zustimmenden Beschluss des Eurropaparlaments vom 28.09. 2011 zur Umgestaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sowie zur Einführung des Ungleichgewichtsverfahrens, beide zur Errichtung der EU-Wirtschaftsregierung. Denn beim europäischen Finanzierungsmechanismus geht es ja, aus Sicht der Macht der Kommission, mehr um den Macht-zuwachs von IWF und privaten Gläubigern, während es bei der EU-Wirtschaftsregierung um ihre eigene Ermächtigung geht. Und schon für den IWF bzw. für die Troika hat Barroso laut Daily Mail über Diktatur selbst für sein eigenes Heimatland nachgedacht

Dass die sehr konkrete Gefahr besteht, dass Vorwände geschaffen werden für einen Ausnahmezustand für Deutschland zur Durchsetzung EFSF-Rahmenvertrag, ESM und Fiskalpakt sowie der an diese anknüpfenden EU-Verordnungen (Abschnitte V.3 – V.7 und VI.2 dieser Verfassungsbeschwerden) und von im Rahmen dieser Mechanismen verlangten Verfassungsänderungen, hat die Beschwerdeführerin in Abschnitt XII.6 dieser Verfassungsbeschwerden dargelegt.

Jegliche Form von Ausnahmezustand zur Durchsetzung der Macht ungewählter Herrscher (also von in keiner Weise vom Volk ausgehender Herrschaftsgewalt) wie des IWF und der privaten Gläubiger sowie zur Durchsetzung der Macht vom Volk drei Stufen entfernter Institutionen wie der EU-Kommission ist mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) unvereinbar. Auch jegliche Anwendungen von Notstandsartikeln wie Art. 35 GG, Art. 87a GG oder Art. 91 GG über die vom Grundgesetzgeber gewollten Fälle und über das vom Grundgesetzgeber gewollte Ausmaß hinaus sind mit der Demokratie unvereinbar.

Aus diesen Gründen sind auch insbesondere Art. 136 Abs. 3 S. 2 AEUV, Präambel EFSF-Rahmenvertrag, Erwägungsgründe 2+3+6, Art. 3 und Art. 12 ESM-Vertrag sowie Erwägungsgrund 3 und Art. 6 Abs. 1 von EU-Verordnung 2011/385 (COD), jeweils i. V. m. Ecofin-Rat vom 10.05.2010, Nr. 49 des Berichts der Task Force vom 21.10.2010 und Nr. 17 der Stellungnahme zum Euro-Gipfel vom 26.10.2011, mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) unvereinbar, da diese iwf-artige Strenge auch die Durchsetzung mit notfalls gewalttätigen und diktatorischen Mitteln impliziert. Denn die iwf-artige Strenge ist in keiner Weise explizit auf die Verletzung der sozialen Rechte begrenzt.

In der „Strenge“ steckt außerdem eine blankettartige Ausweitung der Kompetenzen der EU. Denn das Wort „streng“ impliziert tiefgreifende Eingriffe in die Kompetenzen des Schuldnerlandes und somit auch in die Rechte von dessen Einwohnern. Wie am Beispiel Rumäniens (Abschnitt IV.5.5 dieser Verfassungsbeschwerden) gezeigt wird, machen EU-Kommission und IWF dem Land Auflagen für drastischste Kürzungen im Gesundheitswesen, obwohl das EU-Primärrecht der EU keine entsprechenden legislativen Kompetenzen für das Gesundheitswesen der Mitgliedsstaaten einräumt. In der Praxis wäre also mit der Interpretation des Wortes „streng“ nicht nur im Sinne möglichst tiefer Eingriffe in die Rechte der Einwohner des Schuldnerlandes, sondern auch im Sinne eines Umsichgreifens der Auflagen in möglichst viele Politikfelder der betroffenen Schuldnerstaaten zu rechnen. Das ist unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG), und das ohne jegliches weitere Zustimmungsgesetz, bzgl. dessen die über das grundrechtsgleiche Wahlrecht demokratisch legitimierten Bundestagsabgeordneten noch in der Lage wären, ihrer Verantwortung insbesondere zum Schutz des Grundgesetzes und der Bevölkerung nachzukommen.

Das Lissabon-Urteil betont an mehreren Stellen, dass bzgl. der Kompetenzübertragung an die EU das Integrationsprogramm hinreichend bestimmt und für die deutschen Staatsorgane vorhersehbar genug sein muss, um den Verbleib ausreichender Entscheidungsrechte beim Bundestag zu sichern (Rn. 226, 236, 238, 322 und 334). Rn. 236 sagt sogar allgemeiner, nicht ausdrücklich auf die Frage von Zuständigkeitsübertragungen auf die EU begrenzt: “Eine Blankettermächtigung zur Ausübung öffentlicher Gewalt, zumal mit unmittelbarer Bindungswirkung in der innerstaatlichen Rechtsordnung, dürfen die deutschen Verfassungsorgane nicht erteilen (vgl BVerfGE 58, 1 <37>; 89, 155 <183 f., 187> )”

Mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) unvereinbar weite Ermächtigungen enthält auch der ESM-Vertrag. Darunter ist die Ermächtigung für den ESM, selbst über die Erhöhung seines Kapitals zu entscheiden, was auf Grund der leichten Aushebelbarkeit von Art. 10 Abs. 1 S. 3 ESM-Vertrag über Stimmrechtsaussetzungen ohne jegliche Zustimmung des Bundestags dazu möglich wäre. Die Möglichkeit, alle Entscheidungsbefugnisse innerhalb des ESM vom Gouverneursrat (also von den Finanzministern der Mitgliedsstaaten) in das Direktorium (Art. 5 Abs. 6 lit. m ESM-Vertrag) (wo von den Finanzministern ausgewählte fachkundige Personen sitzen würden, Abschnitt IV.6.2.5 dieser Verfassungsbeschwerden) incl. selbst der Abstimmung über die Kreditauflagen durch den ESM, würde die Entscheidungen des ESM selbst der Kontrolle der nationalen Regierungen entziehen. Die Ausweitung des Instrumentariums des ESM (Art. 19 ESM-Vertrag) ohne Zustimmung des Bundestags dazu würde es z. B. ermöglichen, die EU-Fördermittel auch mit den Konditionen des ESM zu verbinden, welcher dieser den Staaten, die von ihm Finanzhilfen erhalten, gemacht hat.

Die Ausweitung des Instrumentariums ohne erneutes Zustimmungsgesetz (Art. 19 ESM-Vertrag) und die Kapitalerhöhung ohne parlamentarische Zustimmung versuchen Art. 10 Abs. 1 S. 3 ESM-Vertrag und Art. 2 Abs. 1 + 2 des Zustimmungsgesetzes zwar zu unterbinden, was durch eine deutsche Stimmrechtsaussetzung (Art. 4 ESM-Vertrag) und die Anwendung der Selbständerungsklausel

(Art. 44 ESM-Vertrag) aber leicht zu umgehen ist (Abschnitt IV.6.2.6 dieser Verfassungsbeschwerden).

Auch die Verwendung des ESM zur Durchsetzung der Auflagen aus dem Ungleichgewichtsverfahren und zur Durchsetzung der Versprechungen aus der freiwilligen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der EU-Mitgliedsstaaten (Art. 121 AEUV), darunter besonders aus dem Euro-Plus-Pakt, kollidieren mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht, weil den nationalen Parlamenten bei Schaffung des ESM und bei Einführung des Euro-Plus-Paktes nicht mitgeteilt wurde, dass man sie über den ESM zur Erfüllung der Versprechungen aus dem Euro-Plus- Pakt zwingen will.

Ebenfalls blankettartig ist Art. 44 ESM-Vertrag, nach welchem der Gouverneursrat des ESM immer beim Beitritt eines weiteren Staats zum ESM alle beliebigen Vorschriften des ESM-Vertrags ändern kann, ohne Zustimmung noch irgendeines Parlaments, und bei vorheriger Übertragung dieser Auf-gabe gem. Art. 5 Abs. 6 lit. m ESM-Vertrag könnten dann sogar die ungewählten ESM-Direktoren über die Änderung des ESM-Vertrags entscheiden. Sie könnten dann nach Art. 44 ESM-Vertrag natürlich auch entscheiden, Art. 44 ESM-Vertrag so zu ändern, dass sie den ESM-Vertrag fortan auch ohne weitere Voraussetzungen wie den Beitritt eines neuen Gesellschafters jederzeit ändern könnten.

Unvereinbar mit Art. 38 GG ist auch das ESMFinG. Zum einen ist das mit der Haushaltsautonomie (als Teil des Art. 38 GG) noch vereinbare Maß an Bankenrettung („Finanzstabilität“) bereits durch Griechenland-Hilfe, EFSF mit Stand 07.09.2011 und Soffin 1 ausgeschöpft. Und das ESMFinG will auch noch dem ESM dreistellige Milliarden-Beträge zur Bankenrettung geben. Zum anderen würde das Inkrafttreten des ESMFinG das Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes zum ESM und damit auch des ESM ermöglichen, welcher Art. 38 GG noch weitaus drastischer verletzt.

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) sind auch die Befugnisse der EFSF laut deren geändertem Rahmenvertrag, ihr eigenes Instrumentarium auszuweiten (Art. 5 Abs. 3), die Verlängerung ihrer eigenen Laufzeit zu beschließen (Art. 10 Abs. 5 lit. c) über den 30.06.2013 (Art. 11 Abs. 2) hinaus, und die Erhöhung der Gesamtsumme ( Art. 10 Abs. 5 lit. i ) der für sie zu leistenden Bürgschaften zu beschließen. Die Beschwerdeführerin macht die Kollision dieser Inhalte des EFSF-Rahmenvertrags mit Art. 38 GG im Rahmen der hier vorliegenden Verfassungsbeschwerde gegen das StabMechG, weil es in Deutschland kein Zustimmungsgesetz zum EFSF-Rahmenvertrag gibt, weder zur ursprünglichen Fassung vom 07.06.2010, noch zu der in 2011 geänderten Fassung (Abschnitte IV.3.1 und IV.3.2. dieser Verfassungsbeschwerden), sondern die Zustimmung zum EFSF-Rahmenvertrag durch einfachen Beschluss gem. §3 Abs. 2 Nr. 3 StabMechG vorgesehen ist (Abschnitt II.7 dieser Verfassungsbeschwerden). Die Zustimmung zu einem internationalen Vertrag wie dem EFSF-Rahmenvertrag verstößt nicht nur gegen Art. 59 Abs. 2 GG, wo vorgeschrieben ist, dass man internationalen Verträgen nur per Zustimmungsgesetz zustimmen kann, sondern auch gegen das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG), weil eine Ermächtigung zur Zustimmung durch einfachen Beschluss es den Bundestagsabgeordneten ermöglichen würde, Änderungen des EFSF-Rahmenvertrags zuzustimmen, ohne dass die Wähler dies nachvollziehen und in ihre nächste Wahlentscheidung mit einbeziehen könnten.

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist auch die Möglichkeit der (Art. 10 Abs. 5 lit. c EFSF-RV) EFSF, ihren Rahmenvertrag selbst zu ändern, ohne dafür jemals wieder die Zustimmung eines Parlaments einzuholen. Eine derartig blankettartige Kompetenz-Kom-petenz ist unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht. Dass diese auch im EFSF-Rahmen- vertrag enthalten ist, hat offensichtlich die Funktion, den EFSF-Rahmenvertrag ohne jegliche weite-re parlamentarische Zustimmung zu einem ESM umbauen zu können für den Fall, dass der Original-ESM in Karlsruhe gestoppt werden sollte.

Die Möglichkeiten von Art. 5 Abs. 3 EFSF-Rahmenvertrag und Art. 19 ESM-Vertrag zur Ausweitung der eigenen Befugnisse kollidieren auch deshalb mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht, weil EFSF bzw. ESM dadurch Staaten Auflagen machen könnten, die gar nicht um Notfallkredite gebeten haben. So könnten z. B. EFSF oder ESM Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt kaufen und dadurch in die Position kommen, sogar Staaten, die gar keinen Notfallkredit haben wollen, politische Auflagen zu machen, denn nach dem geänderten EFSF-Rahmenvertrag (Abschnitt IV.3.2 dieser Verfassungsbeschwerden) fallen auch diese Instrumente des EFSF unter dem Begriff der „Finanzhilfe“. Und in Art. 15 ESM-Vertrag i. V. m. Art. 13 ESM-Vertrag ist sogar explizit festgehalten, dass die Staaten selbst für den Kauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt Auflagen erhalten (Abschnitt IV.6.2.5 dieser Verfassungsbeschwerden).

Unvereinbar mit der Unterwerfung der Abgeordneten unter ihr eigenes Gewissen als Teil des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) ist es auch, so hohe Geldbeträge für die offene und verdeckte Bankenrettung einzusetzen, dass nicht mehr genug Geld übrig bleibt, um die Dinge zu bezahlen, die das eigene Gewissen den Abgeordneten aufträgt. Die Beendigung des Hungers in der Welt ist mit Sicherheit darunter (siehe Abschnitt XI.18 dieser Verfassungsbeschwerden). Es gehört zur Gewissensfreiheit der Abgeordneten, wann sie die Stimme ihres Gewissens hören. Aber es gehört zum grundrechtsgleichen Wahlrecht und ist damit ein Recht der Beschwerdeführerin als Wählerin, dass genug Mittel verbleiben, damit die Abgeordneten ihrem Gewissen folgen können, wenn es sich bei ihnen meldet.

Nach dem Urteil vom 07.09.2011 zum Pilotverfahren beruht auch die Haushaltsautonomie auf dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Abschnitt XI.20 dieser Verfassungsbeschwerden). Art. 136 Abs. 3 AEUV verletzt die Haushaltsautonomie und damit Art. 38 GG bereits dadurch, dass auf diese Blankett-Ermächtigung immer neue Mechanismen zur Bankenrettung („Finanzstabilität“) gestützt werden könnten, was in der Summe einer pauschalen Bürgschafts- oder Leistungsermächtigung (Rn. 127 und 128 des Urteils) und einer „unbestimmten haushaltspolitischen Ermächtigung“ und somit einer Entäußerung der Haushaltshoheit (Rn. 125) gleich kommt. Das gleiche wird aber auch durch EFSF-Rahmenvertrag und ESM-Vertrag erreicht dadurch, dass diese sich ihre Mittel selbst erhöhen können – mit dem Unterschied allerdings, dass EFSF-Rahmen- vertrag und ESM-Vertrag nicht von vornherein suprantional sind.

Die Zustimmung zum ESM ist nach Rn. 127 + 128 des gleichen Urteils verfassungswidrig, weil er auf eine dauerhafte Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinaus mit unüberschaubaren Folgen hinaus läuft. Das wäre beim ESM finanziell vor allem angesichts der Möglichkeit des Direktoriums zu kurzfristigen und völlig überraschenden Kapitalabrufen, durch vom Direktorium beschlossene Kapitalerhöhungen (im Falle der Übertragung dieser Entscheidungsbefugnis ans Direktorium) und bzgl. Entscheidungen des ESM während Aussetzung des Stimmrechts Deutschlands der Fall. Außerdem wären die nicht einmal unter dem Zustimmungsvorbehalt des ESM-Gouverneursrats stehenden Auflagen der privaten Gläubiger innerhalb des ESM von ihren Auswirkungen her unvorhersehbar.

Auch das praktisch völlige Leerlaufen der Haushaltsautonomie über einen längeren Zeitraum (Rn. 135 des Urteils) wäre durch den Fiskalpakt und durch den ESM gegeben. Das ist einmal der Fall, weil alle auf den Fiskalpakt bzw. Art. 136 Abs. 3 AEUV aufbauenden Mechnismen, wie in diesen Verfassungsbeschwerden bewiesen, primär auf die Stärkung des Finanzsektors ausgerichtet und deshalb für die Beurteilung der Gesamtbelastung zur Bankenrettung mit den Beträgen für die Soffin zusammenzurechnen sind. Und an Art. 136 Abs. 3 AEUV ließen sich blankettartig beliebig intergouvernementale und EU-sekundärrechtliche Vorschriften zur Bankenrettung im Namen des Euro anknüpfen. Außerdem ist es der Fall durch den Druck auf Deutschland im Rahmen des Ungleichgewichtsverfahrens zur Reduzierung seiner Exportüberschüsse und infolge dessen auch seines BIP mit der Folge wiederum steigender Zinssätze auf die deutschen Staatsschulden. Unvereinbar mit der Haushaltsautonomie ist auch die Nichtanrechnung von Einnahmeerhöhungen beim Defizitverfahren des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (Art. 3 Abs. 1 lit. b Fiskalpakt), weil dabei der Haushaltsgesetzgeber gezwungen würde, das Defizit einseitig durch Ausgabensenkungen und Privatisierungen zu verringern, und das auch noch auf Dauer.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Abschnitt XI.20 verwiesen.

Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt ist mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) unvereinbar, weil die EU-Kommission die Staaten damit auch dazu zwingen würde, die vorrangige Bedienung der Gläubiger (incl. Sperrkonto) in ihre Verfassung zu schreiben (Abschnitt IV.5.3 dieser Verfassungsbeschwerden), weil damit die zu Art. 38 GG gehörende Haushaltsautonomie des Bundestags vollständig entleert würde, und weil nicht mehr genug Mittel verbleiben würden, welche es den Abgeordneten faktisch ermöglichen würden, ihrem Gewissen zu folgen, auf welches sie gem. Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG verpflichtet sind, und welches sich vor allem angesichts der zu erwartenden medizinisch und nahrungsmäßig unversorgten Menschen in Deutschland melden dürfte.

Unvereinbar mit Art. 38 GG ist auch Art. 10 Fiskalpakt (Abschnitt V.1 dieser Verfassungs-beschwerden), welcher die Mitgliedsstaaten verpflichten würde, weitere Vorschriften im Raum der erweiterten Zusammenarbeit zu initiieren, wann immer dies „für das reibungslose Funktionieren der Eurozone“ notwendig und angemessen wäre. Denn die Möglichkeit einer erzwungenen Initiierung einer erweiterten Zusammenarbeit ist in Art. 20 EUV und 329 AEUV nicht enthalten, und rechtliche Regelungen zum Euro gehören gem. Art. 3 Abs. 4 EUV zum alleinigen Zuständigkeitsbereich des EU-rechtlichen Raums, sodass sie dem Raum der erweiterten Zusammenarbeit entzogen sind. Außerdem kollidiert Art. 10 Fiskalpakt mit Art. 38 GG, da die Erzwingbarkeit sich blankettartig weit auf alle beliebigen Bereiche der geteilten Zuständigkeit (Art. 4 EUV) beziehen würde.

Das Ungleichgewichtsverfahren, welches man nun auf Art. 9 Fiskalpakt und auf Art. 136 Abs. 3 AEUV stützen will, kollidiert mit Art. 38 GG durch die blankettartig beliebige Definierbarkeit der Ungleichgewichte, sodass die EU-Kommission mit Hilfe eben dieser Beliebigkeit ausnahmslos alle Staaten der Eurozone ins Ungleichgewichtsverfahren zwingen könnte, um diesen bußgeldbewehrte „Empfehlungen“ zu machen zu allen beliebigen Bereichen der Lohn-, Finanz- und Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten.

Die Blankettartigkeit des Ungleichgewichtsverfahrens zeigt sich besonders deutlich in den Begründungen der Verordnungsentwürfe zu dessen Einführung (Abschnitte V.5 und V.7 dieser Verfassungsbeschwerden sowie Abschnitt V.11 zur Allkäuflichkeit im Sinne der Exportierbarmachung aller beliebigen bisher nicht handelbaren Güter). Danach will die EU-Kommission die Macht, vor allem Staaten mit hohen Leistungsbilanzdefiziten zur Exportierbarmachung aller von der Kommission gewünschten bisher unveräußerlichen Güter zu zwingen. Und die Staaten ohne Leistungsbilanzdefizite hätten dann eben durch den bei ihnen bestehenden geringeren Grad an Allkäuflichkeit wiederum deutliche Ungleichgewichte im Vergleich zu den schon weiter ausverkauften Staaten.

Unter den Ausverkauf würde aller Voraussicht nach auch die Käuflichmachung aller Naturdienstleistungen (siehe vor allem Abschnitte V.11 und X.3 dieser Verfassungsbeschwerden) fallen. Wenn alles käuflich würde, und darauf ist das Ungleichgewichtsverfahren, ausgerichtet, dann würde dies zugleich auch den realen Einfluss der Entscheidungen der demokratisch legitimierten Volksvertreter auf die Wirtschaft marginalisieren und damit das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG).

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist auch die Erzwingbarkeit der funktionellen Privatisierung sämtlicher hoheitlicher Aufgaben der Staaten der Eurozone im Rahmen der Ungleichgewichtsverfahren. Wenn hoheitliche Aufgaben, also Aufgaben von Exekutive, Legislative und Judikative durch Unternehmen ausgeführt werden, dann hängt die Arbeitsplatzsicherheit der Beschäftigten nicht mehr primär von ihrer Treue zum geltenden Recht, sondern von ihrer Treue zum Unternehmen ab, was die Wahrscheinlichkeit von behördlichen Entscheidungen aus Interessenkonflikten heraus entscheidend erhöht. Darüber hinaus zeigt besonders deutlich der in Abschnitt VIII.8 dieser Verfassungsbeschwerden zitierte Fall eines Jugendgefängnisses in den USA, dass die funktionelle Privatisierung die Korruption in erheblichem Maße fördert, und zwar in beide Richtungen, nicht nur innerhalb des funktionell privatisierten Bereichs und aus diesem heraus, sondern auch in diesen hinein.

Da die Begründung der Verordnungsentwürfe zu den Ungleichgewichtsverfahren, welche man auf Art. 9 Fiskalpakt und auf Art. 136 Abs. 3 AEUV stützen will, keine explizite Grenze für die Übertragung bisher nicht handelbarer Güter in die Sphäre der exportierbaren Güter benennt, wäre auch mit der Vergabe der Wahlämter an privat zu rechnen. Das verletzt außer der unantastbaren Demokratie am allerdeutlichsten das grundrechtsgleiche Wahlrecht, weil sich so wirtschaftliche und politische Interessen der Wahlamtsbetreiber, angesichts der bei Vergabe von so gut wie dem ganzen Staat an privat über die Ungleichgewichtsverfahren nicht mehr funktionierenden Dienstaufsicht, sich jederzeit beliebig auf das offizielle Auszählungsergebnis im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Wahlamts auswirken könnten. Der Fiskalpakt ist daher unvereinbar insbesondere mit der Gleichheit der Wahl als Teil des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG).

Außerdem wird so der Profitabilität im Verhältnis zur Durchsetzung des demokratisch legitimiert zustande gekommenen Rechts zu viel Gewicht gegeben, d. h., auch bereits außerhalb jeglicher Interessenkonflikte ein erheblicher finanzieller Anreiz zur Vernachlässigung der Rechtspflege geschaf-fen. Bei der Vergabe legislativer Aufgaben, wie z. B. der Zuarbeit bei der Erstellung von Gesetzentwürfen an privat würden völlig ungewählte Lobbyisten entscheidend mitbestimmen, was geltendes Recht würde, man denke nur an die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs für die deutsche Bankenrettungsinstitution Soffin durch eine Anwaltsfirma, welche zumindest auch mit der Beratung von Banken beschäftigt ist, denn Abgeordnete ändern an Gesetzentwürfen erfahrungsgemäß nur das, was sie entdecken, dessen rechtlichen Gehalt sie verstehen, und was sie auch noch anders sehen als der, der den Entwurf erstellt hat. Bei Privatisierung der Judikative schließlich wäre mit Urteilen zu rechnen, bei deren Zustandekommen die eigenen Interessen des Rechtsprechungsunternehmens mit demokratisch legitimiertem Recht abgewogen würden.

Es wäre durch die Privatisierung der hoheitlichen Einrichtungen des Staates im Rahmen der Ungleichgewichtsverfahren zur Exportierbachung der bisher nicht handelbaren Güter auch keine wirksame Dienstaufsicht mehr sichergestellt, sodass die meisten hoheitlichen Entscheidungen aus Interessenkonflikten heraus gar nicht mehr öffentlich bekannt würden. Zur Durchbrechung der demokratischen Legitimationskette und damit der Verletzung des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG) wird im Übrigen auf Abschnitt VIII.5 dieser Verfassungsbeschwerden verwiesen.

Das Wort „Governance“ ist ein schillernder Begriff; jeder versteht darunter etwas anderes. In der deutschen Rechtswissenschaft wird es u. a. benutzt für die Vorstellung, hoheitliche Entscheidungen verhandelbar zu machen, also geltendes materielles Recht zur Verhandlungsbasis zu degradieren. Auf einem Markt ist es normal, dass wirtschaftlich stärkere Akteure für sich Sonderkonditionen aushandeln können. Bzgl. hoheitlicher Entscheidungen hingegen wäre es die weitgehende Legalisierung dessen, was man heutzutage als Korruption deuten würde. Da dieser Gedanke aber einmal gerade im Bereich solcher rechtswissenschaftlicher Richtungen in Deutschland, die zugleich auch die Vergabe möglichst vieler hoheitlicher Bereiche an privat anstreben, im Umlauf ist, und weil die Begründung der EU-Verordnungsentwürfe zu den wirtschaftlichen Ungleichgewichten, keinerlei Ausnahme von der Exportierbarmachung bisher nicht handelbarer Güter benennt, wäre nach Inkrafttreten des Fiskalpakts auch mit der Legalisierung dessen, was man heute als Korruption deuten würde, zu rechnen. Damit könnten die demokratisch legitimierten Abgeordneten nur noch die Verhandlungsbasis für die hoheitlichen Entscheidungen der Exekutive und der Judikative festlegen.

Die Vergabe hoheitlicher Aufgaben an privat, welche über die Ungleichgewichtsverfahren gestützt auf Art. 9 Fiskalpakt und Art. 136 Abs. 3 AEUV (und auf Art. 2 von Protokoll 26 zu den Verträgen der EU) erfolgen würde, würde zugleich einen Staatsformwechsel zu einer Mischung aus einer demokratischen Fassade und einem konzernaristokratischen Kern bedeuten – offensichtlich unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG), welches entleert würde, wenn das praktische Handeln nicht mehr den von den demokratisch legitimierten Abgeordneten entschiedenen Vorschriften folgen würde.

Auch die Pflicht zur Privatisierung der makroökonomischen Prognosen gem. Art. 2 Abs. 2 von EU-Verordnung 2011/0386 (COD) ist unvereinbar mit Art. 38 GG, weil gem. Art. 3 Abs. 1 der gleichen Verordnung eben diese Prognosen zur verbindlichen betragsmäßigen Grundlage für den Rahmen der mehrjährigen Finanzplanung der Mitgliedsstaaten der Eurozone machen würde, sodass ungewählte Private die Grundlagen für diesen mehrjährigen Rahmen vorgeben würden (Abschnitt VI.2.2 dieser Verfassungsbeschwerden).

Das Bundesverfassungsgericht sagt in Rn. 175 des Lissabon-Urteils:

„Der Wahlakt verlöre seinen Sinn, wenn das gewählte Staatsorgan nicht über ein hinreichendes Maß an Aufgaben und Befugnissen verfügte, in denen die legitimierte Handlungsmacht wirken kann. Das Parlament trägt mit anderen Worten nicht nur eine abstrakte „Gewährleistungsverantwortung“ für das hoheitliche Handeln anderer Herrschaftsverbände, sondern die konkrete Verantwortung für das Handeln des Staatsverbandes. Das Grundgesetz hat diesen legitimatorischen Zusammenhang zwischen dem Wahlberechtigten und der Staatsgewalt durch Art. 23 Abs 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 und Art. 20 Abs.1 und Abs.2 GG für unantastbar erklärt. Art. 38 Abs 1 Satz 1 GG schließt es im Anwendungsbereich des Art. 23 GG aus, die durch die Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt und Einflussnahme auf deren Ausübung durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages auf die europäische Ebene so zu entleeren, dass das Demokratieprinzip verletzt wird (vgl. BVerfGE 89, 155 <172>).“

„Das jedem Bürger zustehende Recht auf gleiche Teilhabe an der demokratischen Selbstbestimmung (demokratisches Teilhaberecht) kann auch dadurch verletzt werden, dass die Organisation der Staatsgewalt so verändert wird, dass der Wille des Volkes sich nicht mehr wirksam im Sinne des Art. 20 Abs.2 GG bilden kann und die Bürger nicht mit Mehrheitswillen herrschen können. Das Prinzip der repräsentativen Volksherrschaft kann verletzt sein, wenn im grundgesetzlichen Organgefüge die Rechte des Bundestages wesentlich geschmälert werden und damit ein Substanzverlust demokratischer Gestaltungsmacht für dasjenige Verfassungsorgan eintritt, das unmittelbar nach den Grundsätzen freier und gleicher Wahl zustande gekommen ist.“ (Rn. 210 des Lissabonurteils)

Die Kollision von Fiskalpakt, EFSF-Rahmenvertrag, Art. 136 Abs. 3 AEUV und ESM-Vertrag mit Art. 38 GG wird auch deutlich an der Aussage von Herrn BVR Prof. Dr. Huber in dem am 19.09. 2011 veröffentlichten Interview mit der Süddeutschen Zeitung „keine europäische Wirtschaftsregierung ohne Änderung des Grundgesetzes“, worin er ausführt, dass die Übertragung wesentlicher Befugnisse auf die EU bzgl. Sozialversicherung, Wirtschaftspolitik sowie innerer und äußerer Sicherheit grundgesetzwidrig wäre.

Gerade die Ungleichgewichtsverfahren wollen aber die Eingriffsmöglichkeit der EU-Kommission über sanktionsbewehrte Empfehlungen in sämtliche Fragen der Wirtschaftspolitik, und mit der gleichen Eingriffsmöglichkeit der Kommission in sämtliche Fragen der Finanzpolitik könnte diese über die Bezahlung wesentlichen Einfluss über Umfang und Aufbau der staatlichen Organe der inneren und der äußeren Sicherheit nehmen.

Noch unvereinbarer mit Art. 38 GG im Hinblick auf das Verbleiben hinreichender Kompetenzen

des Bundestags ist der Zugriff der EU-Kommission über Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt auf alle Organe der Exekutive (also incl. Polizei und Bundeswehr) und der Judikative zur Erzwingung der Empfehlungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt.

Die wesentliche Machtverschiebung bzgl. der Sozialsysteme läge einmal in der auf fünf Jahre befristeten linear-degressiven Anrechnung von Steuerzuschüssen auf die Kriterien eines deutlich verschärften Stabilitäts- und Wachstumspaktes für den Umstieg auf ein Mehrsäulenmodell in der gesamten Sozialversicherung mit solidarischer Finanzierung nur noch einer Mindestversorgung (Abschnitt V.2 bis V.7 und V.15 dieser Verfassungsbeschwerden). Zum anderen läge sie darin, dass bei der Prüfung im Rahmen der rigorosen Schuldentragfähigkeitsanalyse im Rahmen des ESM (Art. 12 und Art. 13 ESM-Vertrag, Abschnitt IV.6.2.5 dieser Verfassungsbeschwerden) die Sozialversicherung zusammen mit den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden gemessen würden mit entsprechendem Druck, den Gläubigern des Staates die Ersparnisse der Sozialversicherung zu geben. Das ist eine drastische Machtverschiebung im Vergleich zu den heutigen Befugnissen der EU bzgl. der Sozialversicherung (Abschnitt V.8 dieser Verfassungsbeschwerden) und unvereinbar mit Art. 38 GG

Eine vergleichbare Verletzung von Art. 38 GG ist auch die zu prognostizierende Enteignung, wie im Falle von Ungarn sichtbar geworden, der privaten Renten- und vermutliche auch Lebensversicherungsansprüche (Abschnitte V.22 und IX.9 dieser Verfassungsbeschwerden).

Die Durchtrennung der demokratischen Legitimationskette und gleichzeitig die Entleerung des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG) bzgl. Sachentscheidungen liegt nicht nur bei Blankett-Ermächtigungen vor, sondern auch bei ultra-vires, also bei einer Überschreitung der auf ordnungsgemäßem demokratischem Wege eingeräumten Kompetenzen. Zumindest grobe vorsätzliche Kompetenzüberschreitungen können zugleich auch als Willkür (Art. 18 GG, Leitsatz 2 von BVerfGE 2,1) zu qualifizieren sein.

Ultra-vires ist vor allem die Initiierung des Art. 136 Abs. 3 AEUV über das vereinfachte Änderungsverfahren (Art. 48 Abs. 6 EUV), welches nur für die Initiierung solcher Vorschriften zulässig ist, welche die Kompetenzen der EU in keiner Weise ausdehnen. Die Initiierung ausgerechnet einer extrem weiten Blankett-Ermächtigung ist das Gegenteil dessen, wofür Art. 48 Abs. 6 EUV zugelassen ist. Und das nach dem Spiegel-Artikel „Euro-Rettungsschirm soll halbe Billion Euro verwalten“ vom 12.02.2011 (Abschnitt X.5 dieser Verfassungsbeschwerden) mutmaßlich auch noch, um anderen EU- Mitgliedsstaaten zu helfen, ihre Einwohner über deren Recht auf eine Volksabstimmung über die Vertragsänderung zu täuschen. Ein ultra-vires – Verstoß ist immer ein Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Wahlrecht; aber einer, der unternommen wird, um die Völker anderer europäischer Staaten über deren Rechte aus dem Demokratieprinzip täuschen zu helfen, ist ein besonders schwerer Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Wahlrecht. Ob ein dahin gehender Vorsatz wirklich vorgelegen hat oder nur ein sehr großes Maß an Unbewusstheit, scheint im Rahmen dieser Verfassungsbeschwerden aber nicht klärungsbedürftig.

Ultra-vires ist auch, dass man nun stattdessen EU-Sekundärrecht, abgesehen von der Stützung auf die Blankett-Ermächtigung des Art. 136 Abs. 3 AEUV, namentlich die Sanktionierbarkeit von Ungleichgewichtsverfahren (Art. 9 Fiskalpakt) und haushaltsmäßiger Überwachung (Art. 5 Abs. 2 Fiskalpakt) sowie die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (Art. 3, Art. 4, Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Fiskalpakt), auf den Fiskalpakt stützen will, obwohl man EU-Sekundärrecht nur auf EU-primärrechtliche Ermächtigungen stützen kann und nicht auf außerhalb des EU-rechtlichen Raums befindliche intergouvernementale Verträge (Abschnitte III. 20 und V.1 dieser Verfassungsbeschwerden).

Ebenso drastisch ist, dass die Blankett-Ermächtigung des Art. 136 Abs. 3 AEUV bzw. der europäische Finanzierungsmechanismus und der Fiskalpakt selbst zum direkten Angriff auf die Verfassungstexte der Mitgliedsstaaten vorgesehen sind. Das beweist die Auflage von EU-Kommission, EZB und IWF gegenüber Griechenland, die griechische Verfassung zu ändern (Abschnitt IV.5.3 dieser Verfassungsbeschwerden), was unvereinbar ist mit Art. 4 EUV. Wie Leitsatz 4 des Lissabonurteils zutreffend ausführt, ist die EU nach Art. 4 EUV verpflichtet, die Verfassungsidentitäten der Mitgliedsstaaten zu achten. Und das, obwohl Art. 4 EUV innerhalb des EU-Primärrechts Vorrang hat (Abschnitt III.4 dieser Verfassungsbeschwerden) und damit erst recht Vorrang hat vor EU-Verordnungen (Griechenland-Hilfe, EFSM) und vor intergouvernementalen Verträgen (EFSF-Rahmenvertrag, ESM und Fiskalpakt). Und hier will man noch mehr, als mit den Verfassungsidentitäten unvereinbare EU-rechtliche Vorschriften durchsetzen. Man versucht, die Staaten, offensichtlich ohne hinreichende Rechtsgrundlage, die es in der Welt souveräner (Art. 2 Abs. 1 UNO-Charta) Staaten auch nicht geben könnte, zu zwingen, die Schutzmechanismen ihrer eigenen Verfassungen zu schleifen. Beim europäischen Finanzierungsmechanismus will man das alles mit der IWF-artigen Strenge ermöglichen. Solche Übergriffe im Rahmen des europäischen Finanzierungsmechanismus wären nach Inkrafttreten des ESM ebenso auch gegenüber Deutschland zu erwarten, sobald man Deutschland erst einmal in die Mühlen des europäischen Finanzierungsmechanismus bekommen würde.

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist, dass Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt die Staaten verpflichten will, ihre Verfassung für sämtliche in Art. 3 Abs. 1 Fiskalpakt genannten Inhalte zu öffnen. Denn die Entscheidung über Grundgesetzänderungen kommen nur dem Parlament (Art. 79 GG) und dem Volk selbst (Art. 20 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 GG, Abschnitt III.17 dieser Verfassungsbeschwerden) zu. Jegliche internationale Vereinbarungen gleich welchen Rangs, welche dazu angetan sind, die Bundestagsabgeordneten oder das Volk in ihrer Entscheidungsfindung bzgl. Grundgesetzänderungen unter Druck zu setzen, sind verfassungwidrig. Umso mehr verfassungswidrig ist Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt dadurch, dass er der Kommission auch noch ein Initiativrecht geben würde für die Formulierungen der Grundgesetzänderungen, sodass diese dadurch die Gelegenheit hätte, noch deutlich über die Inhalte von Art. 3 Abs. 1 Fiskalpakt hinaus Grundgesetzänderungen zu verlangen.

Die Instrumentalisierbarkeit sämtlicher Organe der Exekutive und der Judikative gem. Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt zur Erzwingung der von der Kommission vorgeschlagenen Grundgesetzänderungen zeigt, dass selbst die Einführung von Volksabstimmungen (Abschnitt III.17 dieser Verfassungsbeschwerden) zu jeder Grundgesetzänderung bei weitem nicht ausreichen würde, um den Fiskalpakt verfassungskonform einzudämmen, sondern dass die Zustimmung zum Fiskalpakt nur als ganzes untersagt werden darf.

Gerade wegen der geplanten Instrumentalisierbarkeit ist es im Rahmen dieser Verfassungsbeschwerde nach Auffassung der Beschwerdeführerin zum Schutz des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG) und der Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG) darüber hinaus auch erforderlich, klarzustellen, dass der Treueid der in Deutschland hoheitliche Macht ausübenden Personen in erster Linie der Verfassungsidentität gilt und nicht etwa vorgesetzten Personen, dem EU-Recht oder dem Rest des Grundgesetzes.

Aus den gleichen sowie aus den folgenden Gründen ist es unvereinbar mit Art. 38 GG, dass Art. 8 Fiskalpakt auch noch die Erzwingung sämtlicher Inhalte von Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt durch den EUGH ermöglichen würde. Denn demokratisch legitimiert im EU-Primärrecht ist die Rechtsprechungsmacht des EUGH allein für den EU-rechtlichen Raum und für den Raum der erweiterten Zusammenarbeit, soweit dieser zuvor formgerecht begründet wird (Art. 20 EUV, Art. 329 AEUV, Abschnitt III.20 dieser Verfassungsbeschwerden) und sich den EUGH explizit ausleiht, aber gerade nicht in Fällen einer formell gescheiterten oder nur angetäuschten erweiterten Zusammenarbeit; und noch weniger darf der EUGH darüber urteilen, wie die Mitgliedsstaaten ihre Verfassungen zu ändern haben, denn der EUGH ist nur befugt, über autonomes Recht, und nicht über souveränes Recht, zu urteilen.

Ultra-vires ist auch der Verstoß gegen das grundsätzliche völkerrechtliche Rückwirkungsverbot (siehe Abschnitt III.9 dieser Verfassungsbeschwerden). Da Art. 136 Abs. 3 AEUV sowie Art. 3, Art. 4, Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und Art. 9 Fiskalpakt und auch der Fiskalpakt insgesamt keine ausdrückliche Rückwirkung enthalten, könnte der Fiskalpakt nach der WVRK auch keine rückwirkende Wirkung entfalten, und könnte er damit dem Ungleichgewichtsverfahren und der Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, soweit sie ultra-vires sind, keine Grundlage werden. Abgesehen davon, dass man selbst, wenn erst der Fiskalpakt geschaffen worden wäre, EU-Sekundärrecht nicht auf intergouvernementale Verträge stützen könnte. Trotzdem wird dieser Versuch unternommen, was eine deutliche Antwort des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des grundrechtsgleichen Wahlrechts erfordert. Sonst könnte die EU sich alle beliebigen Kompetenzen anmaßen und diese einfach ohne primärrechtliche Grundlage fortsetzen.

Am Ungleichgewichtsverfahren und an der Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sind vor allem ultra-vires die Aussetzung des Stimmrechts, die umgekehrte Abstimmung, die Ausdehnung der Bußgeldbewehrung und damit Ausdehnung der de-facto Verbindlichmachung von Empfehlungen, die Reduzierung der Sozialversicherung auf eine Mindestversorgung und die Enteignung der Privatrenten ohne ausdrückliche EU-Kompetenz dafür im Primärrecht, die Einführung der totalen Allkäuflichkeit über die Ungleichgewichtsverfahren und die Aufbrechung selbst der grundlegenden institutionsmäßigen und verfassungsmäßigen Strukturen der Mitgliedsstaaten unter offenem Bruch von Art. 4 EUV, des höchsten Artikels des EU-Primärrechts (siehe insoweit Abschnitt III.4 dieser Verfassungsbeschwerden) mittels Aufnötigung von Verfassungsänderungen (siehe Abschnitte IV.5.3 und V.1 dieser Verfassungsbeschwerden) und im Rahmen der Allkäuflichkeit durch die Ungleichgewichtsverfahren, sowie (wieder über Ungleichgewichtsverfahren) die beliebigen Eingriffe der Kommission in Lohnpolitik, Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik. Als ultra-vires-Verstoß zu werten sind auch die willkürliche Definierbarkeit der Ungleichgewichte durch die EU-Kommission und die beliebige Ausdehnung der Zuständigkeiten durch Auflagen und Empfehlungen (soweit das nicht heute schon bzgl. des Defizitkriteriums möglich ist).

Am heftigsten verstößt die umgekehrte Abstimmung gem. Art. 7 Fiskalpakt bei der Entscheidung, ob ein Staat ins Defizitverfahren muss, gegen Art. 38 GG, da so alle Staaten der Eurozone ohne ernst zu nehmende Möglichkeit des Ministerrats zur Gegenwehr, im Defizitverfahren landen würden, und das selbst, wenn sie nur einmal eine Meinung der EU-Kommission zu ihren Haushaltsentwürfen nicht vollständig befolgen würden (Art. 6 und Art. 9 Abs. 1 EU-Verordnung 2011/0386 (COD), Abschnitt VI.2.2 dieser Verfassungsbeschwerden). Und das angesichts der Folgen des Defizitverfahrens für die Staaten wie mit hohen Bußgeldern sanktionsbewehrte Empfehlungen zzgl. IWF-artig strenger Verschärfung und Kürzung der wichtigsten EU-Fördermittel (Abschnitte V.3, V.4, V.6 und VI.2.1 dieser Verfassungsbeschwerden).

Auch die Verpflichtung auf die IWF-Artigkeit der Auflagen (Art. 136 Abs. 3 S. 2 AEUV, Präambel EFSF-Rahmenvertrag, Ecofin-Rat vom 10.05.2010, Nr. 49 des Berichts der Task Force vom 21.10.2010, Nr. 17 der Stellungnahme zum Euro-Gipfel vom 26.10. 2011) und somit auf die offene Ignorierung der verfassungsmäßigen Grundrechte und der Menschenrechte der Einwohner der Staaten ist offensichtlich ultra-vires, wobei die Nichtanwendung der universellen sozialen Menschenrechte aus dem UNO-Sozialpakt auf Grund deren großen Schutzumfangs hier von besonderer Bedeutung ist. Der allgemeine Kommentar Nr. 14 zum Menschenrecht auf Gesundheit (Art. 12 UNO-Sozialpakt) stellt unmissverständlich klar, dass bereits bei der Aushandlung internationaler Verträge auch die universellen Menschenrechte zwingend mit zu beachten sind. Das nicht nur bei der Aushandlung zu ignorieren, sondern auch noch mit Erwägungsgründen 2+3+6, Art. 3 und Art. 12 ESM-Vertrag sowie Erwägungsgrund 3 und Art. 6 Abs. 1 von EU-Verordnung 2011/385 (COD) Vorschriften zu initiieren, welche deren Bruch über die Verpflichtung auf die IWF-Artigkeit vorschreibt, ist ein besonders drastischer Verstoß gegenüber Art. 1 Abs. 2 GG.

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist auch die Stimmrechtsaussetzung (Art. 4 Abs. 7 ESM-Vertrag) bei jeglichem Zahlungsverzug bzgl. vom ESM erhaltenen Darlehen und bzgl. der Einzahlung vom ESM abgerufenen Kapitals.

Selbst bei gewichtigsten Entscheidungen wie weiteren Kapitalerhöhungen, Ausweitung des ESM- Instrumentariums, Übergabe / Rückholung Kompetenzen gegenüber dem Direktorium, Kreditvergaben, Kreditaufnahmen und Genehmigung Kreditauflagen könnten die betroffenen Staaten während der Zeit der Aussetzung ihres Stimmrechts nicht mit entscheiden.

Das ist eine Entleerung der über das grundrechtsgleiche Wahlrecht demokatisch legitimierten Macht des Bundesfinanzministers des jeweils betroffenen Staates und daher mit Art. 38 GG unvereinbar.

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) wäre auch die Erhöhung der Putschgefahr. Diese wäre einmal gegeben durch die Privatisierung auch im Bereich der Sicherheit durch die Exportierbarmachung der bisher unveräußerlichen Güter im Rahmen der Ungleichgewichtsverfahren. Dass die Vergabe hoheitlicher Aufgaben von Polizei oder Militär zu Putschen führen kann, zeigen die Beispiele Äquatorialguineas und Sao Tome u. Principes (siehe Abschnitt VIII.8 dieser Verfassungsbeschwerden).

Auch die Möglichkeit der Kommission, über Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt auch sämtliche Gerichte und Sicherheitskräfte für die Durchsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sowie für das entsprechende Aufbrechen des Grundgesetzes dafür zu instrumentalisieren, würde die Putschgefahr erhöhen (siehe Abschnitt XII.7 dieser Verfassungsbeschwerden). Hinzu kommt die Gefahr, dass die Kommission, wenn sie erst einmal über Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt Zugriff auf die Bundeswehr haben würde, dass diese der Versuchung erliegt, sie noch für weitere Zwecke als die Erzwingung der Empfehlungen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt einzusetzen.

Schließlich wären auch die zu erwartenden unbefristeten Ausnahmezustände auf Basis von Art. 136 Abs. 3 S. 2 AEUV, Erwägungsgründen 2+3 sowie Art. 3 und Art. 12 ESM-Vertrag und von Erwägungsgrund 3 der EU-Verordnung 2011/385 (COD) unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38).

Die Erhöhung der Putschgefahr ist deshalb unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht, weil dadurch ungewählte Personen die Herrschaft über das Volk erlangen können, oder ordnungsgemäß gewählte Personen ihre Herrschaftszeit über die mit dem geltenden Wahlrecht und damit mit Art. 38 Abs. 1 S. 1 + Abs. 3 GG noch vereinbare Zeitspanne ausdehnen können. Die Gefahr unbefristeter Ausnahmezustände wäre unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht, weil damit die durch das grundrechtsgleiche Wahlrecht legitimierte Macht des Parlaments entleert würde. Schließlich wären sowohl die Erhöhung der Putschgefahr als auch Ausnahmezustände mit Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG unvereinbar, weil die Abgeordneten außer dem Volk nur ihrem eigenen Gewissen unterworfen werden dürfen.

Ebenso unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist es, Staaten, die lediglich Gelder aus dem Euro-Rettungsschirm bzw. aus dessen zweiter Stufe erhalten haben, in das Staateninsolvenzverfahren innerhalb des ESM der Eurozone zu zwingen (siehe Abschnitte IV.6.2.2, IV.6.2.3, IV.6.2.4 und IV.6.2.5 dieser Verfassungsbeschwerden sowie Art. 12, 16, 17 und 40 ESM-Vertrag). Denn die demokratisch legitimierte Entscheidung des jeweiligen Staates wäre es jeweils nur, Kredite im Rahmen des Euro-Rettungsschirms in Anspruch zu nehmen und dafür seinen Einwohnern drakonische Auflagen des IWF (bzw. der Troika) zuzumuten. Im Staateninsolvenzverfahren und bei der Wiener Initiative im Rahmen des ESM wären die Auflagen zwar von ihrer Missachtung der Menschenrechte der Einwohner der Schuldnerstaaten vergleichbar wie bei EFSM und EFSF , aber es wäre insoweit noch undemokratischer, als beim Euro-Rettungsschirm die Menschen wenigstens noch die Chance hätten, mitzubekommen, wer die Grausamkeiten ersonnen hat, während sie beim ESM, zumindest in Deutschland, wo die Identität der Gläubiger wie ein Staatsgeheimnis (§7 Abs. 5 BSchuWG) gehütet wird, noch nicht einmal erfahren würden, von wem sie de-facto diesbzgl. beherrscht würden.

Bereits die in diesem Abschnitt dieser Verfassungsbeschwerden dargelegten Verstöße gegen das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG) beweisen, dass ohne ein auf Art. 20 Abs. 2 GG gestütztes Eingreifen des Volkes selbst, zugleich auch als weiterer Ausbau der Gewaltenverschränkung in Deutschland, die Rettung der Demokratie und des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG) nicht mehr zu erreichen ist. Die Bundestagsabgeordneten müssen zumindest insoweit vor sich selbst geschützt werden, wie sie sonst ihre vom Volk nur geliehene Macht in mit Art. 38 GG unvereinbarem Ausmaß weitergeben würden. Selbst die vollständige Untersagung des StabMechG und der Zustimmung zu Fiskalpakt und ESM durch das Bundesverfassungsgericht würde offen-sichtlich nicht ausreichen. Es wäre, bereits angesichts des gravierenden Kommunikationsdefizits zwischen Bundesregierung, Parlamenten und EU-Kommission hinsichtlich der Verfassungsidentität in Deutschland, und angesichts des intransparenten Vorgehens und des gravierenden Mangels an öffentlicher diskursiver Entfaltung hinsichtlich der wirklich hinter EFSF, ESM und Fiskalpakt stehenden Absichten und angesichts des Versteckens des ESM-Vertragstextes vor dem Volk damit zu rechnen, dass der europäische Finanzierungsmechanismus incl. Staateninsolvenzverfahren und die Errichtung der EU-Wirtschaftsregierung dann eben einfach ultra-vires-mäßig durchgezogen würden, was bzgl. der Verabschiedung der fünf EU-Verordnungen zur Errichtung der Wirtschaftsregierung am 28.09.2011 bereits erfolgt und im Rahmen dieser Verfassungsbeschwerden zu beurteilen ist (Abschnitte II.7 und V. dieser Verfassungsbeschwerden).

Das völlige Überranntwerden durch eine Flut ultra-vires-mäßiger sekundärrechtlicher und intergouvernementaler Akte lässt sich aller Voraussicht nach nur noch stoppen über Volksabstimmungen und Volksbegehren.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Abschnitte III.8, III.10, III.17 und X.1 dieser Verfassungsbeschwerden verwiesen.

Die Erforderlichkeit der Volksabstimmungen in dem in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Ausmaß wird auch auf Grund des grundrechtsgleichen Wahlrechts geltend gemacht. Wie in Abschnitt X.1 dieser Verfassungsbeschwerden ausführlicher dargelegt, sind innerhalb des unantastbaren Demokratieprinzips Wahlen und Abstimmungen bzgl. der Entscheidung gleichgestellt (vgl. auch Rn. 211, 212 und 216 des Lissabonurteils), während bzgl. der Initiierung legislativer Akte den Parlamentariern ein gewisser Vorsprung zum Schutz der Reichweite des grundrechtsgleichen Wahlrechts zu geben ist, damit es auch nicht in Richtung Volksabstimmungen von seiner Reichweite her entleert werden kann. Daher auch die zumindest dem Grunde nach erforderlichen Quoren für Volksbegehren. Wenn jedoch, wie in diesen Verfassungsbeschwerden umfassendst bewiesen, die gewählten Parlamentarier äußerst sorglos mit dem ihnen anvertrauten Mandat umgehen, und einfach der Übertragung der Macht zur Erteilung von Auflagen mit hoheitlicher Wirkung zu allen beliebigen Bereichen an in keiner Weise vom deutschen Volk oder auch nur von den europäischen Wählern auch nur indirekt gewählte Gläubiger und IWF-Mitarbeiter zulassen, wenn sie zulassen, dass über Art. 136 Abs. 3 S. 2 AEUV, Präambel EFSF-Rahmenvertrag, Erwägungsgründe 2+3+6, Art. 3 und Art. 12 ESM-Vertrag i. V. m. Schlussfolgerungen des Ecofin-Rats vom 10.05.2010, der Erklärung der Eurogruppe vom 28.11.2010, Nr. 49 des Berichts der Task Force vom 21.10.2010 (Abschnitt III.14 dieser Verfassungbeschwerden) und Nr. 17 der Stellungnahme zum Euro-Gipfel vom 26.10.2011 (Abschnitt III.23 dieser Verfassungsbeschwerden) diese Ungewählten auch noch auf eine IWF-typische Strenge, also zumindest bgzl. Nahrungsmittelnotreserven und Gesundheitsversorgung auf ein Handeln verpflichtet werden, welches einem psychopathischen Mangel an Mitgefühl entspricht, dann lassen die ordnungsgemäß gewählten Parlamentarier zu, dass Herrschaft vollkommen an Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG vorbei über die Länder der Eurozone errichtet wird, und das noch solchermaßen, dass es die von Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG vorgeschriebene Unterwerfung der Abgeordneten unter ihr eigenes Gewissen völlig aushebelt.

Wenn also die Abgeordneten in ihrer Sorglosigkeit verschenken, was ihnen nur geliehen wurde, wenn sie also den Sinn des Wahlakts ad absurdum führen, dann kann die Demokratie (Art. 20 Abs. 1+2 GG), und damit auch das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG), nur außerhalb des grundrechtsgleichen Wahlrechts gesichert werden, wobei angesichts der Unantastberkeit der Demokratie, und weil die Organe des Staates, anders als die Wahlen und Abstimmungen, eben nicht zum Kernbereich der Demokratie gehören, Volksabstimmungen als das angemessene Mittel, um die offensichtlichen real existierenden demokratiegefährdenden Mängel in der Arbeit der Abgeordneten auf grundgesetzkonformem und vor allem verfassungsidentitätskonformem Wege aufzufangen.

Volksabstimmungen sind auch deshalb geboten vorrangig vor dem Widerstandsrecht (Art. 20 Abs. 4 GG), weil sie zum Kernbereich der unantastbaren Demokratie gehören, und ein schonenderes und weniger riskantes Mittel als das zurecht nur als allerletzte Instanz und nur für die Bewahrung bzw. Wiederherstellung der Ordnung des Grundgesetzes zulässige Widerstandsrecht sind.

Die Frage ist aus Sicht der Beschwerdeführerin nur noch, welchen Raum die Volksabstimmungen bekommen müssen, um die Demokratie dauerhaft zu sichern vor den zu erwartenden Versuchen, die Halb-Diktatur von IWF (bzw. Troika), Gläubigern und EU-Kommission dann eben ultra-vires-mäßig und notfalls mit Gewalt und offen diktatorischen Elementen (siehe Abschnitt XII.dieser Verfassungsbeschwerden) zu errichten, ohne dabei das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG) zu entleeren.

Um es ganz deutlich zu sagen, die Rettung vor der Diktatur ist am dringlichsten. Es kommt zuallererst darauf an, Volksabstimmungen so viel Raum zu geben, wie es nötig ist um die halbe oder ganze Diktatur abzuwenden. Erst danach kommt es darauf an, das grundrechtsgleiche Wahlrecht nicht nur vor der Entleerung in Richtung IWF (bzw. Troika), private Gläubiger und EU-Kommission, sondern auch vor der Entleerung in Richtung Volksabstimmungen zu schützen. Nach Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin reicht dafür aber schon ein quantitativ sorgfältig abgewogenes, nicht zu hohes und nicht zu niedriges, Quorum für Volksbegehren (siehe Abschnitte III.8, III.10, III.17 und X.1 dieser Verfassungsbeschwerden).

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist auch die Durchtrennung der demokratischen Legitimationskette durch die Organleihe bei ESM, EFSF und Fiskalpakt ohne wirksame Begründung einer erweiterten Zusammenarbeit (Art. 20 EUV, Art. 329 AEUV, Abschnitt III.20 dieser Verfassungbeschwerden). Denn die demokratisch legitimierten Bundestagsabgeordneten haben im Rahmen der Zustimmung zu Änderungen des EU-Primärrechts das Ausleihen von Organen der EU nach außerhalb des EU-rechtlichen Raums nur für den Raum der erweiterten Zusammenarbeit eingewilligt. Und sie haben dadurch, dass sie dem Art. 329 AEUV, so wie er heute existiert, zugestimmt haben, zugleich auch eingewilligt, dass das nicht durch einfache intergouvernementale Verträge unterlaufen werden darf, auch nicht für den Fall, dass die demokratisch legitimierten Abgeordneten dem im Rahmen von Zustimmungsgesetzen solcher intergouvernementaler Verträge zustimmen würden, sondern dass eine Änderung von Art. 329 AEUV nur in der für des EU-Primärrecht vorgesehenen Form geschehen darf. Dabei ist im Hinblick auf Art. 38 GG auch von Bedeutung, dass für die Änderung von EU-Primärrecht in Deutschland, anders als bei intergouvernementalen Verträgen, eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, sowie die Zustimmung der nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedsstaaten.

Art. 9 Fiskalpakt kollidiert auch mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG), weil dieser sich nicht hinreichend konkret auf eine Form von Ungleichgewichtsverfahren konzentriert, sondern man auf diesen immer neue Mechanismen im Namen der Verringerung makroökonomischer Ungleichgewichte stützen könnte, fast so blankettartig, nur mit anderem Vorwand wie im ersten Satz des Art. 136 Abs. 3 AEUV.

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist auch der Versuch, auf einen intergouvernementalen Vertrag wie den Fiskalpakt EU-Sekundärrecht zu stützen. Denn EU-Sekundärrecht ist ausschließlich auf Grundlage des EU-Primärrechts und nur innerhalb des EU-rechtlichen Raums demokratisch legitimiert (Art. 288 AEUV). Die Bemächtigung über EU-sekundärrechtliche Instrumente über intergouvernementale Verträge verletzt Art. 38 GG auch deshalb, weil die demokratisch legitimerten Abgeordneten bei Zustimmung zum EU-Primärrecht konkludent auch eingewilligt haben, dass dieses selbst mit ihrer Zustimmung nicht durch intergouvernementale Verträge unterlaufen werden darf. Damit ist der Versuch, die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, das Ungleichgewichtsverfahren und die haushaltsmäßige Überwachung auf den Fiskalpakt zu stützen (Abschnitt V.1 dieser Verfassungbeschwerden), unvereinbar mit Art. 38 GG.

Im EU-Primärrecht ist die Zweckbindung der EU-Kohäsionsmittel nur entsprechend den Vorgaben von Art. 174 bis 178 AEUV zulässig. Das darf auch über intergouvernementale Verträge nicht unterlaufen werden, wie dies für EFSF und ESM beabsichtigt ist, um diese Mittel bei Nichterfüllung der Auflagen kürzen zu können (Art. 5 Abs. 3 EFSF-Rahmenvertrag, Art. 19 ESM-Vertrag, Abschnitt VI.1.4 dieser Verfassungbeschwerden). Zur Verletzung des Art. 38 GG durch den Versuch der Umgehung von EU-Primärrecht durch intergouvernementale Vorschriften siehe den vorherigen Absatz dieses Abschnitts dieser Verfassungbeschwerden.

Die Krönung in dieser Hinsicht ist die EU-Verordung 2011/385 (COD) zur haushaltsmäßigen Überwachung, über deren Erwägungsgründe 3+7 und Art. 6 Abs. 1+5 die Instrumentalisierung der wichtigsten EU-Fördermittel zur Durchsetzung IWF-artig streng verschärfter Auflagen der Wirtschaftsregierung vorgesehen ist (Abschnitt VI.2.1 dieser Verfassungbeschwerden), ebenso an den demo-kratisch legitimierten Vorschriften des EU-Primärrechts zur Zweckbindung dieser Fördermittel vor-bei, und unter Verletzung von Art. 38 GG an den intergouvernementalen Vertrag Fiskalpakt anknüpfend.

Ebenso mit Art. 38 GG unvereinbar sind die verpflichtende Kürzung bzw. Streichung von EU-Fördermitteln bei Nichterfüllung von Empfehlungen bzw. Auflagen aus Stabilitäts- und Wachstumspakt, Ungleichgewichtsverfahren oder ESM über Art. 21 Abs. 6 EU-Verordnung 2011/0276 (COD) und die willkürliche Möglichkeit der EU-Kommission zur Beibehaltung dieser Kürzungen bzw. Streichungen gem. Art. 21 Abs. 8 EU-Verordnung 2011/0276 selbst soweit die betreffenden Empfehlungen und Auflagen doch noch erfüllt werden.

Wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 07.09.2011 zum Pilotverfahren bestätigt hat, ist

das Haushaltsrecht des Bundestags in Art. 38 GG verankert (Abschnitt XI.20 dieser Verfassungsbeschwerden). Der Bundestag ist dabei vor allem für die quantiativ wie qualitativ größeren haushaltsmäßigen Entscheidungen verantwortlich, während die Bundesregierung innerhalb des ihr vom Haushaltsgesetzgeber eingeräumten Spielraums handeln darf. Dazu gehört auch, dass die Bundesregierung innerhalb dieses Spielraums selbst entscheidet, bei wem sie Kredite aufnimmt, solange an solche Kredite keinerlei politische Konditionen gebunden sind. Insbesondere ist auch zulässig, dass befreundete Staaten sich innerhalb des jeweiligen vom Parlament genehmigten Haushaltsspielraums gegenseitig Geld leihen. Unvereinbar mit Art. 38 GG wegen Durchbrechung der demokratischen Legitimationskette ist es jedoch, wenn Art. 6 EU-VO 2011/385 (COD) (Abschnitt VI.2.1 dieser Verfassungsbeschwerden) normiert, dass die Staaten, die sich woanders als bei Banken und beim europäischen Finanzierungsmechanismus Geld leihen, dann im Nachhinein von der EU-Kommission dafür IWF-artig strenge Auflagen erhalten. So etwas bedürfte, mal ganz abgesehen von der Verletzung sozialer Menschenrechte, einer doppelten demokratischen Legitimation, einmal im Rahmen der Haushaltsermächtigung und einmal im Rahmen einer ununterbrochenen Legitimationskette für die besagte EU-Verordnung. Beides jedoch ist nicht gegeben, sodass diese EU-Verordnung bereits wegen Verstoß gegen Art. 38 GG zusammen mit dem Zustimmungsgesetz zum Fiskalpakt für Deutschland zu untersagen ist.

Unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) ist auch das Hinübergreifen von Art. 5 der EU-Verordnung 2011/385 (COD) in den Bereich der intergouvernementalen EFSF (Abschnitt VI.2.1 dieser Verfassungsbeschwerden), denn es ist eine unterschiedliche demokratische Legitimation, dass bei EU-Verordnungen das Europaparlament und bei intergouvernementalen Verträgen die nationalen Parlamente entscheidungsbefugt sind.

Auch die Bundesregierung ist über Art. 38 GG demokratisch legitimiert, wenn auch anders als der Bundestag zwei statt einer Stufe vom Volk entfernt. Daher kollidiert es ebenfalls mit Art. 38 GG, wenn das Recht der Bundesregierung zur Einbringung des Haushaltsentwurfs zu einem erheblichen Teil entleert wird. Genau das jedoch unternimmt die EU-Verordnung 2011/0386 (COD) im Rahmen der haushaltsmäßigen Überwachung (Abschnitt VI.2.2 dieser Verfassungbeschwerden), indem sie es in ihrem Art. 5 der EU-Kommission erlaubt, beliebig viele einzelne Punkte im Haushaltsentwurf unmittelbar zu ändern, sowie ganze Haushaltsentwürfe, die ihr nicht gefallen, umgehen zu lassen, und neue Haushaltsentwürfe anzufordern. Zusätzlich zur mit Art. 38 GG unvereinbaren Marginalisierung des Haushaltsspielraums der Bundesregierung greift Art. 5 dieser EU-Verordnung auch in einem mit Art. 38 GG unvereinbaren Ausmaß in die zeitliche Choreographie der Haushalte von Bund und Ländern ein. Darüber hinaus ist mit Art. 38 GG unvereinbar, dass für die Abgeordneten noch nicht einmal hinreichend transparent gemacht würde, welche Änderungen die EU-Kommission aus welchen Erwägungen an den Haushaltsentwürfen der Bundesregierung vornehmen würde.

Ein mehrfacher direkter Angriff auf die Haushaltsautonomie des Parlaments und damit auf Art. 38 GG ist Art. 6 der EU-Verordnung 2011/0386 (COD). Damit könnte die EU-Kommission allein, selbst ohne Zustimmung des Ministerrats, beliebige Meinungen zu den Haushaltsentwürfen veröffentlichen, und bei Nichtbefolgung dieser Meinungen bekämen die Staaten dann jeweils gem. Art. 9 der Verordnung Nachteile im Rahmen des Defizitverfahrens des Stabilitäts- und Wachstumspaktes.

Das ist unvereinbar mit Art. 38 GG, weil im EU-Primärrecht das Rechtsinstrument der Meinung (Art. 288 AEUV) nur als ein unverbindliches legitimiert ist (Abschnitt V.9 dieser Verfassungsbeschwerden), und weil hier über eine EU-Verordnung die Vorgaben des Art. 126 AEUV umgangen werden sollen, noch dazu mittels einer EU-Verordnung, welche man unter Verletzung von Art. 38 GG auf eine intergouvernementale Vorschrift (Art. 5 Abs. 2 Fiskalpakt) zu stützen unternimmt.

Unvereinbar mit Art. 38 GG ist auch, die Bundestagsabgeordneten beim ESM und beim Fiskalpakt erst einmal intergouvernementalen Verträgen zustimmen zu lassen, um diese dann ohne jegliches weitere Zustimmungsgesetz zu supranationalisieren, ohne dass dieses Unterfangen den Abgeordneten vor ihrer Zustimmung hinreichend transparent gemacht worden wäre. Noch intransparenter ist das Vorgehen bei der EFSF, wo über §3 Abs. 2 Nr. 3 StabMechG sogar noch der Zeitpunkt der deutschen Zustimmung zum EFSF-Rahmenvertrag versteckt werden soll.

Die spätere Supranationalisierung von Fiskalpakt und ESM, bzw. bei Untersagung der Zustimmung zum ESM der über die Nutzung von Art. 10 Abs. 5 lit. c EFSF-Rahmenvertrag zum Ersatz-ESM umgebauten EFSF würde aller Voraussicht nach auch gar nicht mehr über weitere vertragliche Vereinbarungen, sondern ganz einfach durch EUGH-Urteile erfolgen, in welchem der EUGH feststellen würde, dass in Fiskalpakt, EFSF-Rahmenvertrag und ESM so weitreichende Vorschriften enthalten sind, dass es sich dabei also nur um bisher nur noch nicht als solches erkanntes zusätzliches EU-Primärrecht handeln könne – völlig egal, ob irgendein Parlament in Europa jemals ermächtigt hat, diesen Verträgen primärrechtlichen Rang zu geben. Wer einen solchen Übergriff des EUGH in die Befugnisse der Exekutive, der Legislative und vor allem der Völker der Mitgliedsstaaten, nicht für möglich hält, sei nur an ultra-vires-Urteile wie Costa/Enel (Az. 6/64) und Francovich erinnert.

Auch aus diesem Grund ist es bereits dem Grunde nach mit Art. 38 GG unvereinbar, mit intergouvernementalen Verträgen Gegenstände zu regeln, welche im Zuständigkeitsbereich des EU-rechtlichen Raums liegen.

Art. 16 i. V. m. Erwägungsgrund 7 Fiskalpakt mit ihrer Verpflichtung zur Supranationalisierung des Fiskalpakts sind unvereinbar mit Art. 38 GG. In einem völkerrechtlichen Vertrag dürfen Regierungen und Parlamente der Mitgliedsstaaten nicht bereits gebunden werden, wie sie den Vertrag von seinem Inhalt oder von seinem Rang her zu ändern haben. Eine solche Einschränkung der völkerrechtlichen Vertragsfreiheit käme einer Entleerung des grundrechtsgleichen Wahlrechts gleich. Das gilt in besonderem Maße, weil hier auch neue Parlamentarier und eine neue Regierung an Art. 16 Fiskalpakt gebunden wären. Und es ist mit Art. 38 GG unvereinbar, solch eine Verpflichtung, deren Wirkung vergleichbar ist mit einer Änderung des EU-Primärrechts, ausgerechnet in einem Vertrag mit nur einfachem völkerrechtlichen Rang festzulegen.

Das Gesetz zur Änderung des BSchuWG ist unvereinbar mit dem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG), weil die Muster-Kollektiven-Aktionsklauseln, an die es anknüpft, vor der Öffentlichkeit versteckt werden, sodass die Tragweite des BSchuWG im Zeitpunkt des Inkrafttretens überhaupt nicht einschätzbar und damit nicht verantwortbar wäre. Das Gesetz zur Änderung des BSchuWG kollidiert mit Art. 38 GG, weil die tatsächlich bei Begebung der Staatsanleihen vereinbarten kollektiven Aktionsklauseln der Geheimhaltung vor der Öffentlichkeit unterliegen würden ebenso wie die Identität der größeren Gläubiger (§7 Abs. 5 BSchuWG). Auch die Möglichkeit der Versammlung der privaten Gläubiger (§4b Abs. 8 BSchuWG), Deutschland politische Auflagen zu machen, ist unvereinbar mit Art. 38 GG, weil dies außerhalb der demokratischen Legitimationskette stehen würde. Und die Themengebiete und die Tiefe der Eingriffe dieser Auflagen wären selbst noch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Änderung des BSchuWG in keiner Weise begrenzt oder überschaubar; siehe hierzu auch die Ausführungen in diesem Abschnitt IX.8 dieser Verfassungsbeschwerden zu Blankettermächtigungen und zur IWF-artigen Strenge.

Am schwersten würde das BSchuWG das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG) dadurch verletzen, dass es über die kollektiven Aktionsklauseln den Gerichtsstand und das anwendbare Recht beliebig auf dem Globus verschieben könnte. Das in anderen Staaten geltende Recht ist durch die dortigen Wahlen, nicht aber durch die Wahlen in Deutschland, demokratisch legitimiert; Art. 38 GG verlangt jedoch, dass das in Deutschland Anwendung findende Recht auch von den deutschen Parlamentariern legitimiert werden muss. Auf diese Weise könnten nach Belieben die für Deutschland geltenden Grund- und Menschenrechte umgangen werden, eine offensichtliche Verletzung auch von Art. 38 GG.

Darüber hinaus ist das Gesetz zur Änderung des BSchuWG unvereinbar mit Art. 38 GG, weil die Gläubigerversammlung sich beliebige Entscheidungsbefugnisse gegenüber Deutschland geben könnte (§4b Abs. 1 BSchuWG), und weil der ESM Deutschland nach Inkrafttreten des ESM-Vertrags jederzeit darauf verklagen könnte, die wenigen im Gesetz zur Änderung des BSchuWG enthaltenen Notbremsen (wie z. B. §4b Abs. 7 BSchuWG) zu entfernen. Auch ausländische Gerichte haben ihre demokratische Legitimation allein durch die Wähler und Parlamentarier des Staates, zu welchem sie gehören.

Unvereinbar mit Art. 38 GG ist auch, dass die Gläubigerversammlung ihre Entscheidungsbefugnis-se gegenüber Deutschland als Schuldnerstaat jederzeit beliebig ausweiten könnte (§4b Abs. 5 BSchuWG ). Jegliches Staateninsolvenzverfahren ist für Deutschland verfassungswidrig wegen der zu tiefen Eingriffe in die von Art. 38 GG abgeleiteten demokratischen Rechte der Abgeordneten (siehe Abschnitt IV.6.7 dieser Verfassungsbeschwerden zum Waldenfels-Urteil), auch wenn es wie beim BSchuWG einfachgesetzlich normiert würde – umso mehr natürlich bei Zusammenwirken mit einem über der einfachgesetzlichen Ebene stehenden völkerrechtlichen Mechanismus wie dem ESM. Unvereinbar mit der aus Art. 38 GG erwachsenden Haushaltsautonomie ist auch, dass die Bundesregierung nach dem BSchuWG jederzeit selbst ohne Vorliegen akuter Liquiditätsprobleme ein Staateninsolvenzverfahren gegen Deutschland starten könnte.

Damit bekäme sie z. B. auch die Gelegenheit, zusammen mit den Gläubigern politische Entscheidungen durchzusetzen, für welche sie eine nach den Forderungen der privaten Gläubiger bemessene Mehrheit in Gläubigerversammlung, nicht aber eine nach Köpfen bemessene Mehrheit im Bundestag hätte.

Die Beschwerdeführerin wird durch das StabMechG und würde durch die Verkündung und noch schwerer bei Inkrafttreten des ESMFinG, des Gesetzes zur Änderung des BSchuWG sowie der Zustimmungsgesetze zum Fiskalpakt und zum Vertrag selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt.

Sie wäre als Wahlberechtigte und Abstimmungsberechtigte (Art. 20 Abs. 2 S. 2 Alt. 1+2 GG)

selbst betroffen durch die ultra-vires-mäßige Stützung der EU-Verordnungen zum Ungleichgewichtsverfahren (Art. 9 Fiskalpakt) und zur haushaltsmäßigen Überwachung (Art. 5 Abs. 2 Fiskalpakt) sowie zur Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (Art. 3, Art. 4, Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Fiskalpakt) auf einen intergouvernementalen Vertrag wie den Fiskalpakt – mit gravierendsten Folgen wie der Marginalisierung der Gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sowie der entschädigungslosen Enteignung der privaten Renten- und Lebensversicherungsansprüche über den verschärften Stabilitäts- und Wachstumspakt und der totalen Kommerzialisierung aller Lebensbereiche über die Handelbarmachung sämtlicher nicht handelbarer Güter im Ungleichgewichtsverfahren, durch die Privatisierung auch der Wahlämter im Rahmen der Ungleichgewichtsverfahren, bzgl. der Inhalte der Empfehlungen beim Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Auflagen für Kredite und teilweise Schuldenerlasse im Rahmen des europäischen Finanzierungsmechanismus, durch die Mit-Herrschaft ungewählter IWF-Mitarbeiter und ungewählter Gläubiger über Deutschland, durch die deutliche Erhöhung der Putschgefahr (darunter vor allem über Art. 3 Abs. 2 Fiskalpakt), durch die Instrumentalisierbarmachung der wichtigsten EU-Fördermittel (darunter am gravierendsten der Agrarmittel, der Kohäsions- und der Strukturmittel) für im EU-Primärrecht für diese nicht vorgesehene Zwecke (Abschnitte VI.2.1 + VI.3 dieser Verfassungsbeschwerden), und durch die demokratiewidrige Aufzwingbarkeit eines bereits nach dem Waldenfels-Urteil demokratiewidrigen Staateninsolvenzverfahrens betroffen.

Sie wäre bei Verkündung und noch schwerer bei Inkrafttreten der Zustimmungsgesetze unmittelbar (ohne weiteren vorherigen Rechtsakt) und gegenwärtig (sofort bei Verkündung bzw. Inkrafttreten) betroffen, da bereits bei Verkündung und noch schwerer bei Inkrafttreten sich die Aushebelung ihres grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG) ereignen würde.

Auch durch die Verkündung im Bundesgesetzblatt des geänderten StabMechG ist die Beschwerdeführerin selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Denn §3 Abs. 2 Nr. 3 StabMechG ermächtigt den Bundestag, Änderungen des EFSF-Rahmenvertrags durch einfachen Beschluss zuzustimmen. Der geänderte EFSF-Rahmenvertrag enthält bereits so gut wie alle Grausamkeiten des ESM bis auf die Ermächtigung der privaten Gläubiger zu verbindlichen politischen Auflagen und die rigorose Schuldentragfähigkeitsanalyse (siehe Abschnitte IV.3.2 und IV.6.2.5 dieser Verfassungsbeschwerden).

Die Beschwerdeführerin macht die Verletzung des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG) geltend, auch soweit es die Kompetenz der Bundestagsabgeordneten angeht, ihre Rechte zu schützen, und soweit es um die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Volksabstimmungen auf Bundesebene geht.

Die persönliche, unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit der Beschwerdeführerin ist auch gegeben hinsichtlich der in den Abschnitten III.8, III.10 und III.17 geltend gemachten erforderlichen Volksabstimmungen, da insbesondere die Intransparenz um die Tragweite Fiskalpakt, ESM und EFSF-Rahmenvertrag und der daran anknüpfenden EU-Verordnungen (Abschnitte V.3 bis V.7 und VI.2 dieser Verfassungbeschwerden), das Verstecken insbesondere des Vertragstextes und des Fiskalpakt-Vertragstextes vor dem Volk und die in zeitlichem Zusammenhang mit der Präsentation der Verordnungsentwürfe zur Errichtung der EU-Wirtschaftsregierung sichtbar gewordene Bereitschaft der Ergreifung demokratiefeindlicher und damit auch das grundrechtsgleiche Wahlrecht gefährdender Maßnahmen zur Durchsetzung eben dieser Mechanismen, das Ausmaß der Gefährdung des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG) beweisen. Die sichtbar gewordene Bereitschaft zur Ergreifung auch die demokratische Legitimationskette und damit das grundrechtsgleiche Wahlrecht (Art. 38 GG) massiv gefährdender Maßnahmen incl. der Stimmrechtsaussetzungen bei ESM, Stabilitäts- und Wachstumspakt und Ungleichgewichtsverfahren beweisen zusammen mit der

am 28.09.2011 erfolgten Zustimmung des Europaparlaments zu den fünf EU-Verordnungen zur Errichtung der Wirtschaftsregierung die dringende Gefahr, dass man diese Mechanismen selbst bei Untersagung der Zustimmung zum Fiskalpakt, zum ESM und zum EFSF-Rahmenvertrag zumindest bzgl. Wirtschaftsregierung und EFSF einfach weiterhin anwenden sowie die EFSF einfach zum Ersatz-ESM würde. Die unmittelbare und gegenwärtige Betroffenheit bzgl. der Erforderlichkeit der geltend gemachten Volksabstimmungen ergibt sich daraus, dass es der Beschwerdeführerin nicht zumutbar wäre, auf eine reine Untersagung der Zustimmung zu EFSF-Rahmenvertrag, ESM und Fiskalpakt zu vertrauen, und dann im Falle der ultra-vires-mäßigen und durch demokratiefeindliche Maßnahmen flankierten Durchsetzung der genannten Mechanismen erneut eine derart umfangreiche Klage formulieren zu müssen. Bis das geschafft wäre, könnte längst eine offene Diktatur entstanden sein.

Fortsetzung: https://sites.google.com/site/euradevormwald/02-esm/064-sicherheit