VI. Rüstung und Krieg

VI. Aufrüstung und Krieg

VI.1 Aufrüstungsverpflichtung

Nach dem “Vertrag von Lissabon” würden die EU-Staaten zur “schrittweisen Verbesserung” ihrer militärischen Fähigkeiten verpflichtet (Art. 42 Abs. 3 und 45 EUV), also zur Aufrüstung. Die Aufrüstungsverpflichtung enthält kein klares Ziel, bei dessen Erreichung die Aufrüstung beendet oder ausgesetzt werden dürfte. Eine solche Begrenzung wäre aber z. B. bei einem unmissverständlichen Ziel, ein bestimmtes Maß an Abschreckungsfähigkeit zu erreichen, sinnvoll. Auch für eine wirksame gemeinsame Verteidigung kommt nur ein endliches Maß an Aufrüstung in Betracht.

Es wäre sogar durch gemeinsame Organisation der Sicherheitspolitik möglich, mit weniger Soldaten und Material verteidigungsfähig zu sein, also abrüsten zu können. Die Aufrüstungsagentur, inzwischen umbenannt in “Verteidigungsagentur”, hat ihre Arbeit bereits begonnen, obwohl der “Vertrag von Lissabon” in zahlreichen Mitgliedsstaaten noch nicht ratifiziert ist (“Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU nach dem Vertrag von Lissabon”, wissenschaftlicher Dienst des Bundestages vom 29.02.2008).

Daher besteht Grund zur Befürchtung, dass die Aufrüstungsverpflichtung die Einhaltung des Verbots des Angriffskrieges nach Art. 26 GG und Art. 25 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 4 UNO- Charta sowie Art. 27 WVRK i. V. m. Art. 2 des Zwei-Plus-Vier-Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (vom 12.09.1990, BGBl II, S. 1318) gefährdet, weil sie gewaltige wirtschaftliche Anreize schafft, die vielen teuren Waffen auch gewinnbringend einzusetzen. Die Aufrüstungsverpflichtung kann auch nicht isoliert betrachtet werden, da der gleiche “Vertrag von Lissabon” auch über die grundgesetzlich allein erlaubte Verteidigung hinausgehende militärische Missionen zulassen würde, und den Parlamentsvorbehalt für Entscheidungen über Krieg und Frieden streichen würde. Durch die Präambel des Zwei-plus-Vier-Vertrags ist Deutschland, ebenso wie die EU-Staaten Großbritannien und Frankreich, zumindest auf deutschem Boden, zur Abrüstung verpflichtet.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Aufrüstungsverpflichtung im ersten Lissabon-Urteil durch das Supranationalisierungsverbot (Rn. 255 + 342) der GASP, materiell-rechtlich gesehen, in erheblichem Umfang entschärft. Das muss aber noch formell-rechtlich auf einfachgesetzlicher Ebene abgesichert werden. Auf Abschnitt IV.1.5 dieser Verfassungsbeschwerden wird insoweit verwiesen.

Die Beschwerdeführerin würde bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” ohne vorherige Schaffung hinreichender, in Abschnitt IV.1.5 dieser Verfassungsbeschwerden dargelegter, einfachgesetzlicher Schutzmechanismen in den Begleitgesetzen insoweit selbst, unmittelbar (ohne weitere Rechtsakte) und gegenwärtig (sofort) betroffen, wie die Aufrüstungsverpflichtung das über das Wahlrecht nach Art. 38 GG bewirkte Recht der Abgeordneten, in freier Entscheidung über den Haushalt zu bestimmen, angesichts der Kosten der Aufrüstung entleeren würde, und wie die Aufrüstungsverpflichtung die Finanzierung im Vergleich zur GASP höherrangigerer Verpflichtungen auf Grund der Grundrechte, grundrechtsgleichen Rechte, Strukturprinzipien und universellen Menschenrechte vereiteln würde.

VI.2 Wegfall des Parlamentsvorbehalts

Die Entscheidung über militärische Missionen und damit über einen gleitenden Übergang zwischen Krieg und Frieden soll allein den Premierministern übertragen (Art. 42 Abs. 5 und 22 Abs. 1 EUVertrag) werden, was den Parlamentsvorbehalt nach Art. 115a GG ebenso aushebeln würde wie das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18.03.2005 (BGBl I 2005,775). Die Aushebelung des Parlamentsvorbehalts verstößt gegen Leitsatz 5 des Maastricht-Urteils (BverfG 89,155), wonach dem deutschen Parlament substantielle Entscheidungsbefugnisse verbleiben müssen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil zu BVerfGE 90, 286 entschieden, dass der Parlamentsvorbehalt nicht nur für den Fall eines Angriffs auf Deutschland, sondern auch für alle anderen im Rahmen von Art. 24 Abs. 2 GG zulässigen Bundeswehreinsätze gilt (z. B. Verteidigung eines Bündnispartners, Missionen unter Mandat des UNO-Sicherheitsrats). Sowohl im Kaiserreich, als auch in der Weimarer Republik konnten der Kaiser bzw. die Regierung grundsätzlich nicht ohne das Parlament den Krieg erklären. Der Begriff “Verteidigungsfall” in Art. 115a GG bedeutet nicht, dass der Parlamentsvorbehalt nur auf die Abwehr eines gegen Deutschland gerichteten Angriffs beschränkt wäre. Im Urteil von 07.05.2008 (Az. 2 BvE 1/03) hat das Bundesverfassungsgericht die Reichweite des Parlamentsvorbehalts genauer dargelegt. So sind der Beitritt Deutschlands zu sicherheitspolitischen Bündnissen und der Einsatz deutscher Soldaten in bewaffneten Unternehmungen nur mit vorheriger Zustimmung des Bundestags möglich. Nur bei Gefahr im Verzug kann die Regierung allein über einen bewaffneten Einsatz vorläufig entscheiden, soweit dies erforderlich ist, damit die Wehr- und Bündnisfähigkeit Deutschlands durch den Parlamentsvorbehalt nicht in Frage gestellt wird; in einem solchen Ausnahmefall ist dann jedoch umgehend der Bundestag mit dem Einsatz zu befassen, welcher die deutschen Soldaten dann wieder zurückrufen kann.

Die Zustimmung kann nur durch das Plenum des Bundestags gegeben werden, nicht durch einen Ausschuss. Der Parlamentsvorbehalt ist Teil der Gewaltenteilung bzw. Gewaltenverschränkung des Grundgesetzes. Im Urteil vom 07.05.2008 hat das Bundesverfassungsgericht außerdem klargestellt, dass die Anwendung des Parlamentsvorbehalts in vollem Umfang verfassungsgerichtlich überprüfbar ist. Im ersten Lissabon-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass der vorherige, konstitutive Parlamentvorbehalt auch gegenüber der EU in vollem Umfang anzuwenden ist.

Die Beschwerdeführerin wäre bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” ohne vorherige Absicherung des Parlamentsvorbehalts im IntVG selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Rechten auf Leben (Art. 2 Abs. 2 GG) und, soweit es die Solidaritätsklausel betrifft, auch auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) verletzt. Die Verletzung würde bereits zum Zeitpunkt der Ratifizierung eintreten, weil diese völkerrechtlich nicht mehr rückgängig zu machen wäre und für Deutschland den Weg frei machen würde für lebensgefährliche, Angriffskriege ermöglichende, Vorschriften, ohne diesen auf der einfachgesetzlichen Ebene hinreichende formell- rechtliche Grenzen zu setzen. Außerdem würde die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt, weil es ein Übergriff in die nur dem Volk zustehende Verfassungsidentität (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils) wäre, wenn nicht sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten ihrer Schutzverpflichtung für die Verfassungsidentität auch nachkommen.

VI.3 Militärische Missionen für Werte und Interessen

“Militärische Missionen” wären möglich für die Werte (Art. 2 EUV) und für die Interessen der EU (Art. 42 Abs. 5 EUV). Es würde also genügen, dass es entweder um die Werte oder um die Interessen gehen würde. Die “strategischen Interessen” würden durch die Premierminister bestimmt (Art. 22 Abs. 1 und Art. 26 EUV) auf der Grundlage der Grundsätze von Art. 21 Abs. 1 EUV und der Ziele von Art. 21 Abs. 2 EUV.

Im EU-Verfassungsentwurf fehlte in Art. I-40 Abs. 2 eine klare Einschränkung bzgl. der Festlegung der “strategischen Interessen”, sodass diese allein dem Willen der Premierminister unterworfen gewesen wären; es wurde lediglich auf den gesamten Teil III des Verfassungsentwurfs verwiesen.

Nach Art. 21 Abs. 1 EUV lässt sich die EU bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene “von den Grundsätzen leiten, die für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts.” Es fehlt jedoch an einer rechtsverbindlichen Verpflichtung der EU-Ebene auf die Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten auf den Vorrang der UNO-Charta vor dem EU-Recht.

Nach Art. 103 UNO- Charta erkennen alle UNO-Mitgliedsstaaten an, dass diese über allem anderen internationalen Recht, also auch über dem EU-Recht steht. Die Anerkennung dieses Vorranganspruchs auch durch einen der Grundlagenverträge der EU ist jedoch noch nicht erfolgt. Dies ist entscheidend, da “Vertrag von Lissabon” kein ausdrückliches Angriffskriegsverbot enthält. Art. 21 Abs. 1 stellt die UNO- Charta nur neben Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, den Grundsatz der Gleichheit und der Solidarität sowie der Achtung der Grundsätze des Völkerrechts; das Völkerrecht beinhaltet alle internationalen Verträge. Aus Sicht von Art. 21 Abs. 1 EUV würden hier also alle internationalen Verträge (außer dem EU- Recht selbst) nebeneinander auf eine Stufe gestellt; das ist nicht kompatibel mit dem Vorranganspruch der UNO- Charta und würde mehr Macht für den Europäischen Rat bedeuten, als selbst der UNO- Sicherheitsrat hat. Denn der UNO- Sicherheitsrat ist ohne Wenn und Aber an die UNO- Charta, auf der seine eigene Existenz beruht, gebunden ohne jegliches Mandat, diese mit anderen internationalen Verpfichtungen abzuwägen. Da die UNO- Charta über den universellen Menschenrechten steht (Art. 29 Nr. 3 AEMR), und das humanitäre Kriegsvölkerrecht gleichrangig mit den universellen Menschenrechten ist, würde Art. 21 EUV diese damit aus Sicht des EU- Rechts ebenfalls abwägbar machen.

Die Ziele gem. Art. 21 Abs. 2 EUV enthalten:

a) ihre Werte, ihre grundlegenden Interessen, ihre Sicherheit, ihre Unabhängigkeit und ihre Unversehrtheit zu wahren;

b) Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts zu festigen und zu fördern;

c) nach Maßgabe der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen sowie der Prinzipien der Schlussakte von Helsinki und der Ziele der Charta von Paris, einschließlich derjenigen, die die Außengrenzen betreffen, den Frieden zu erhalten, Konflikte zu verhüten und die internationale Sicherheit zu stärken;

d) die nachhaltige Entwicklung in Bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in den Entwicklungsländern zu fördern mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu beseitigen;

e) die Integration aller Länder in die Weltwirtschaft zu fördern, unter anderem auch durch den schrittweisen Abbau internationaler Handelshemmnisse;

f) zur Entwicklung von internationalen Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Qualität der Umwelt und der nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten natürlichen Ressourcen beizutragen, um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen;

g) den Völkern, Ländern und Regionen, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen betroffen sind, zu helfen; und

h) eine Weltordnung zu fördern, die auf einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit und einer verantwortungsvollen Weltordnungspolitik beruht.”

Das Wort “und” zwischen Art. 21 Abs. 2 lit. g und Art. 21 Abs. 2 lit. h, in Verbindung mit Art. 22

Abs. 1 S. 1 EUV bedeutet dem Wortlaut nach eine Verpflichtung der EU-Außenpolitik auf alle in Art. 21 Abs. 2 EUV genannten Ziele.

Es fällt auf, dass diese Ziele untereinander in Konkurrenz stehen und nicht alle gleichzeitig vollständig erfüllt werden können. So ist z. B. der Abbau internationaler Handelshemmnisse (lit.e) in Bezug auf arme Staaten mit geringer Wettbewerbsfähigkeit eher kontraproduktiv zur Armutsbekämpfung (lit. d). Nach Überzeugung der Beschwerdeführerin kann hier nicht gemeint sein, dass die EU nur noch insoweit außenpolitisch handeln dürfte, wie es alle in Art. 21 Abs. 1 und 2 EUV genannten Grundsätze und Ziele voran bringen würde, denn damit würde sie sich weitgehend handlungsunfähig machen. Es kann also nur eine Gewichtung der in Art. 21 Abs. 1 und 2 EUV aufgeführten Grundsätze und Ziele gemeint sein. Art. 22 Abs. 1 S. 1 EUV stellt nicht klar, ob die Grundsätze des Art. 21 Abs. 1 EUV oder die Ziele des Art. 21 Abs. 2 EUV für die Anwendung von Art. 22 EUV, namentlich als Rahmen für die zulässige Festlegung von strategischen Zielen, gewichtiger sein soll. Nach Art. 22 EUV liegt die Zuständigkeit für die Festlegung der strategischen Interessen der EU, und damit auch für die Gewichtung der einzelnen Punkte des Art. 21 Abs. 1+2 EUV, allein beim Europäischen Rat. Dieser hätte damit auch die Freiheit, Art. 21 Abs. 2 lit. a am höchsten zu gewichten, welcher die “grundlegenden Interessen” der EU enthält. Da diese nicht im EGV oder EUV definiert sind, wäre der Europäische Rat vollkommen frei in der Festlegung der strategischen Interessen der EU.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Supranationalisierungsverbot der GASP (Rn. 255 + 342 des ersten Lissabon-Urteils), der Bekräftigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts und der Bestätigung des Staatsauftrags Frieden die Zivilcourage bewiesen, 6 Milliarden Menschenleben zu retten, soweit es die materiell-rechtliche Ebene betrifft. Das muss aber auch formellrechtlich abgesichert werden. Ohne die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Verpflichtungen der Bundestagsabgeordneten bzgl. des Parlamentsvorbehalts, des Angriffskriegsverbots, der Verfassungsidentitätsprüfung und der ultra-vires-Prüfung im Parlament wären der Staatsauftrag Frieden und die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG nicht hinreichend abgesichert. Die Beschwerdeführerin würde außerdem bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” selbst, gegenwärtig (sofort) und unmittelbar (ohne weiteren Rechtsakt) in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt; dieses würde geradezu entleert, wenn nicht zuvor auf der einfachgesetzlichen Ebene sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten die Verfassungsidentität, in welche nur das Volk selbst eingreifen darf (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils) auch aktiv schützen.

VI.4 Instrumentalisierbarkeit der Werte der EU für militärische Missionen

Die Werte der EU sind Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte einschließlich derer von Angehörigen von Minderheiten (Art. 2 EUV). Art. 42 EUV würde es der EU damit erlauben, überall einzugreifen, wo Verletzungen der Werte der EU festgestellt werden. Damit würden die Werte der EU verwertbar gemacht als Rechtsgrundlage auch für Angriffskriege. Da der “Vertrag von Lissabon” die EU nicht ausdrücklich auf den Vorrang der Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten aus der UNO- Charta vor dem EU-Recht verpflichtet, würden solche “militärische Missionen” der EU weltweit auch ohne UNO-Mandat ermöglicht, auch gegen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats, falls Verletzungen der Werte der EU dort feststellbar sein sollten.

Art. 29 Nr. 3 AEMR stellt die UNO- Menschenrechte nicht ohne Grund unterhalb der UNO- Charta, obwohl die Menschenrechte nach Art. 1 Nr. 3 UNO- Charta zu den Zielen gehören, aus denen die UNO gegründet wurde, und zwar deshalb, weil der UNO der Weltfrieden noch wichtiger ist als die vollständige Durchsetzung der Menschenrechte.

Nach Art. 1 Abs. 2 GG sind die Grundrechte die Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Also sind auch im Grundgesetz die Menschenrechte auf den Frieden ausgerichtet. Auch nach Art. 1 Abs. 2 GG ist, ebenso wie nach Art. 29 Nr. 3 AEMR, der Missbrauch der Menschenrechte als Vorwand zur Kriegsführung verboten – im Gegensatz zu Art. 43 EUV i. V. m. Art. 2 EUV.

Die in Art. 2 EUV genannten Werte, die eigentlich in dem Art. 2 EUV stehen, damit das EU-Recht so gestaltet werden muss, dass diese Werte gewahrt werden, würden durch Art. 42 Abs. 5 EUV zur Begründung von Aushebelungen der UNO- Charta verwendet werden. In allen Staaten der Welt gibt es Menschenrechtsverletzungen. Das liegt allein schon daran, weil man unterschiedlicher Rechtsauffassung sein kann, was aus den Menschenrechten im konkreten Fall jeweils genau zu folgern ist.

Die ab 2007 eingeführte Neuregelung der Entfernungspauschale z. B. ist vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erkannt worden. Selbst solche, sicherheitspolitisch gesehen, völlig harmlos erscheinenden Menschenrechtsverletzungen wie eine unzutreffende Abwägung des Gleichheitsgrundsatzes durch den Gesetzgeber wären nach Art. 42 Abs. 5 EUV i. V. m. Art. 2 EUV schon eine Rechtsgrundlage für eine militärische Mission gegen den betreffenden Staat. Das wäre eine Bedrohung gegenüber jedem Staat der Welt, denn selbst beim besten Bemühen gelingt es keinem Staat jemals völlig, Menschenrechtsverletzungen vollständig zu vermeiden.

Für einen mit dem Grundgesetz und der UNO- Charta und mit der Rechtsstaatlichkeit (incl. Rechtsklarheit und Rechtssicherheit) konformen Grundlagenvertrag der EU kommt es nicht darauf an, ob heute jemand solche Mißbrauchsmöglichkeiten, wie sie Art. 42 Abs. 5 EUV ermöglichen würde, ausnutzen würde, sondern darauf, dass gar keine solchen Mißbrauchsmöglichkeiten geschaffen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Supranationalisierungsverbot der GASP (Rn. 255 + 342 des ersten Lissabon-Urteils), der Bekräftigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts, des Vorrangs der Verfassungsidentität des GG auch vor den Werten der EU (Rn. 332) und der Bestätigung des Staatsauftrags Frieden die Zivilcourage bewiesen, 6 Milliarden Menschenleben zu retten, soweit es die materiell- rechtliche Ebene betrifft. Das muss aber auch formell- rechtlich abgesichert werden. Ohne die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Verpfichtungen der Bundestagsabgeordneten bzgl. des Parlamentsvorbehalts, des Angriffskriegsverbots, der Verfassungsidentitätsprüfung und der ultra-vires- Prüfung im Parlament wären der Staatsauftrag Frieden und die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG nicht hinreichend abgesichert. Es wäre außerdem eine Entleerung des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG), wenn nicht auf der einfachgesetzlichen Ebene sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten die Verfassungsidentität, in welche nur das Volk selbst eingreifen darf (Rn. 218 des ersten Lissabon- Urteils) auch aktiv schützen.

VI.5 Ausfüllung der strategischen Interessen durch die Europäische Sicherheitsstrategie

Die Europäische Sicherheitsstrategie vom 12.12.2003 (“Ein sicheres Europa in einer besseren Welt”) sieht als Hauptbedrohungen Europas den Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, regionale Konflikte, das “Scheitern von Staaten” und die Organisiere Kriminalität.

Die Europäische Sicherheitsstrategie betont auch, dass die Rüstungsagentur in die richtige Richtung zu mehr militärischer Handlungsfähigkeit weise. Eine aktive und handlungsfähige EU könnte laut dieser Strategie Einfluss im Weltmaßstab ausüben. Es wird in der Strategie gefordert, dass die EU in der Lage sein sollte, mehrere Missionen gleichzeitig auszuführen.

Das Strategiepapier fordert eine stärkere Vertretung der “strategischen Ziele” der EU. Dies gelte “für die gesamte Palette der uns zur Verfügung stehenden Instrumente der Krisenbewältigung und Konfliktverhütung, einschließlich unserer Maßnahmen im politischen, diplomatischen, militärischen und zivilen, handels- und entwicklungspolitischen Bereich.” Es bedürfe einer aktiveren Politik, um den neuen, ständig wechselnden, Bedrohungen entgegenzuwirken.

Neben zahlreichen positiven Inhalten wie der friedlichen Konfliktverhütung und vor allem auch des Einsatzes der Diplomatie werden hier erstmals im Rahmen der EU in einem offiziellen Papier der Staats- und Regierungschefs Krisenbewältigung und “strategische Ziele” sowie militärische Maßnahmen ausdrücklich miteinander verknüpfbar gemacht. Dies ist mißbrauchsanfällig angesichts der fehlenden Krisendefinition, der fehlenden Mitentscheidung der Parlamente über die strategischen Ziele bzw. Interessen der EU sowie, im Rahmen des “Vertrags von Lissabon”, des wegfallenden Parlamentsvorbehalts bzgl. “militärischer Missionen” und der fehlenden Justiziabilität der GASP durch den EUGH (Art. 275 AEUV).

Ähnlich mißbrauchsanfällig ist der Einbau des unbestimmten Rechtsbegriffs “gescheiterte Staaten” in eine Bedrohungsdefinition, welche der Ausfüllung der, nach dem “Vertrag von Lissabon”, von den Premierministern zu bestimmenden, “strategischen Interessen” dienen soll, wie im folgenden Abschnitt gezeigt wird.

Mit einem Rechtsstaat ist der Einbau unbestimmter, mißbrauchsanfälliger Rechtsbegriffe wie “Krise” oder “gescheiterte Staaten” in strategische Interessen, welche zur Rechtsgrundlage für Entscheidungen über Krieg und Frieden werden könnten, auf Grund mangelnder Rechtsklarheit und Rechtssicherheit unvereinbar.

Ebenfalls mißbrauchsanfällig ist die Aussage in der “Europäischen Sicherheitsstrategie”, eine Reihe von Staaten habe sich von der “internationalen Staatengemeinschaft abgekehrt. Einige haben sich isoliert, andere verstoßen beharrlich gegen die internationalen Normen. Es ist zu wünschen, dass diese Staaten zur internationalen Gemeinschaft zurückfinden, und die EU sollte bereit sein, sie dabei zu unterstützen. Denen, die zu dieser Umkehr nicht bereit sind, sollte klar sein, dass sie dafür einen Preis bezahlen müssen, auch was ihre Beziehungen zur Europäischen Union anbelangt.”

In der “Europäischen Sicherheitsstrategie” wird nicht definiert, was mit dem Begriff “internationale Staatengemeinschaft” gemeint ist. Der vorhergende Absatz spricht von der Förderung “einer besseren Staatsführung durch Hilfsprogramme, Konditionalität und gezielte handelspolitische Maßnahmen”.

Es wird offen gehalten, die Abwendung von welcher “internationalen Staatengemeinschaft” gemeint ist. “Hilfsprogramme” deutet auf die UNO, die WHO oder das Welternährungsprogramm hin, Konditionalität eher auf IWF oder Weltbank, handelspolitische Maßnahmen hingegen auf die WTO. Die Mißbrauchsanfälligkeit des Begriffs “internationale Staatengemeinschaft” als Tatbestandsmerkmal neben “Abkehr” für die Rechtsfolge der Verschlechterung der sicherheitspolitischen Beziehungen zur EU ist rechtsstaatlich bedenklich, da faktisch kein Staat in der Lage ist, die oft miteinander kollidierenden Verpflichtungen gegenüber unterschiedlichen internationalen Organisationen alle vollständig zu erfüllen.

Außerdem fehlt ein klares Bekenntnis, sämtliche Krisenbewältigungseinsätze von einem Mandat des UNO- Sicherheitsrats abhängig zu machen. Es ist auch keine ausdrückliche Verpflichtung der EU auf die Verpflichtungen ihrer Mitgliedsstaaten auf den Vorrang der UNO- Charta nach deren Art. 103 vor allem übrigen internationalen Recht incl. des EU- Rechts enthalten. Die Europäische Sicherheitsstrategie gesteht der UNO- Charta zu, der “grundlegende Rahmen für die internationalen Beziehungen” zu sein. Dem UNO- Sicherheitsrat wird die “Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit” zugebilligt, die Stärkung der UNO und deren Ausstattung mit den erforderlichen Mitteln wird als ein vorrangiges Ziel der EU bezeichnet. Es wird jedoch keine Aussage dazu getroffen, was in den Fällen aus Sicht der EU geschehen solle, in denen nach dem “Vertrag von Lissabon” i. V. m. der Europäischen Sicherheitsstrategie eine EU- rechtliche Grundlage für militärische Interventionen bestünde, diese aber gleichzeitig mit der UNO- Charta oder den UNO- Menschenrechten kollidieren würden. Die Vorrangfrage ist vor allem auch deshalb von entscheidender Bedeutung, weil gem. Art. 1 Nr. 1 UNO- Charta der Frieden das erste der vier Ziele ist, für welche die UNO gegründet wurde, und weil die UNO- Charta in Art. 2 Abs. 4 UNO- Charta die Souveräntität der Staaten garantiert und damit den Angriffskrieg verbietet.

Hierzu wird auf Abschnitt II.5.5 dieser Verfassungsbeschwerden zu den Ergebnissen des ersten Lissabon-Urteils zur Rangfolge der Rechtsordnungen verwiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Supranationalisierungsverbot der GASP (Rn. 255 + 342 des ersten Lissabon-Urteils), der Bekräftigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts und der Bestätigung des Staatsauftrags Frieden die Zivilcourage bewiesen, 6 Milliarden Menschenleben zu retten, soweit es die materiell-rechtliche Ebene betrifft. Das muss aber auch formellrechtlich abgesichert werden. Ohne die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Verpfichtungen der Bundestagsabgeordneten bzgl. des Parlamentsvorbehalts, des Angriffskriegsverbots, der Verfassungsidentitätsprüfung und der ultra-vires-Prüfung im Parlament wären der Staatsauftrag Frieden und die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG nicht hinreichend abgesichert. Die Beschwerdeführerin würde außerdem bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” selbst, gegenwärtig (sofort) und unmittelbar (ohne weiteren Rechtsakt) in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt; dieses würde geradezu entleert, wenn nicht zuvor auf der einfachgesetzlichen Ebene sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten die Verfassungsidentität, in welche nur das Volk selbst eingreifen darf (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils) auch aktiv schützen. Johannes XXIII. wollte die Vorstellung derjenigen zurückweisen, die in der Politik ein von der Moral losgelöstes Feld sehen, das allein vom Kriterium des Eigennutzes abhängt. Mittels der Enzyklika Pacem in terris entwarf der Papst ein wahrheitsgemäßeres Bild der menschlichen Wirklichkeit und zeigte den Weg zu einer besseren Zukunft für alle auf. Gerade weil die Menschen mit der Fähigkeit geschaffen worden sind, sittliche Entscheidungen zu treffen, liegt keine menschliche Tätigkeit außerhalb der Sphäre der sittlichen Werte. Die Politik ist eine Tätigkeit des Menschen; daher unterliegt auch die Politik dem moralischen Urteil. Das gilt auch für die Weltpolitik. Der Papst schrieb: »Das gleiche Naturgesetz, das die Lebensbeziehungen unter den einzelnen Bürgern regelt, soll auch die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Staaten bestimmen« (Pacem in terris, III: l.c., 279). Alle, die meinen, das öffentliche Leben der Weltgemeinschaft entfalte sich gewissermaßen außerhalb des Rahmens der sittlichen Beurteilung, brauchen nur an die Auswirkung der Menschenrechtsbewegungen auf die nationale und internationale Politik des vor kurzem zu Ende gegangenen zwanzigsten Jahrhunderts zu denken. Diese Entwicklungen, denen die Lehre der Enzyklika zuvorgekommen war, widerlegen mit Entschiedenheit die Forderung, daß die Weltpolitik in einer Art »Freizone« angesiedelt sei, in der das Sittengesetz keinerlei Macht hätte.”

(Auszug aus der Rede Seiner Heiligkeit Papst Johannes Pauls II vom 01.01.2003 anläßlich des katholischen Weltfriedenstags)

VI.6 Das Konzept der “gescheiterten Staaten”

In der Europäischen Sicherheitsstrategie vom 12.12.2003 wird nicht klar definiert, was “gescheiterte” oder “scheiternde” Staaten sein sollen. Als Merkmale werden Korruption, Machtmißbrauch, schwache Institutionen und mangelnde Rechenschaftspflicht sowie zivile Konflikte genannt, es wird aber nicht klar gesagt, ob diese Aufzählung von Merkmalen abschließend sei. Als bekannteste Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit werden Somalia, Liberia und Afghanistan unter den Taliban aufgezählt. Als zusammengebrochene Staaten, denen die EU wieder “auf die Beine geholfen” habe, werden der Balkan, Afghanistan und die DR Kongo genannt. Die Sicherheitsstrategie sagt ausdrücklich, dass in “gescheiterten Staaten” militärische Mittel zur Wiederherstellung der Ordnung und zivile Mittel zur Bewältigung der Notsituation erforderlich sein könnten.

In “Die Kosten des Nichthandelns - Warum die EU ein noch besserer Sicherheitsakteur werdenmuss” (Dr. Klaus Brummer, Mai 2006, Bertelsmann-Stiftung) wird auf die Bedrohungen laut “Europäischer Sicherheitsstrategie” Bezug genommen. Als Merkmale von “gescheiterten Staaten” wird auf S. 13 beschrieben, dass diese die traditionellen staatlichen Funktionen Sicherheit, Wohlfahrt, Legitimität und Rechtsstaatlichkeit zu erfüllen nicht länger in der Lage seien. Bei “gescheiterten” Staaten könne man z. B. den Zusammenbruch des Gesundheitswesens, die Verfolgung ethnischer oder religiöser Gruppen oder gewaltsame innerstaatliche Konflikte beobachten.

Als Folgen werden Flüchtlingsströme, regionale Rüstungswettläufe, mögliche Interventionen von Nachbarstaaten zur Durchsetzung eigener Interessen oder Extrahierung von Rohstoffen, Umweltprobleme globalen Ausmaßes und Kollisionen mit strategischen Interessen anderer Staaten (v. a. der Großmächte) etwa im Energiesektor beschrieben. Außerdem könnten “gescheiterte Staaten” zu Zufluchtsorten für die organisierte Kriminalität werden. Im Abschnitt zu den “gescheiterten Staaten” werden als Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge Afghanistan, Sudan, Burundi, DR Kongo und Somalia genannt. Versage ein Staat (S. 26), seien potentiell alle Staaten bedroht.

Außerdem verweist Dr. Brummer neben den von ihm genannten Kriterien auf den “failed states index”

( www.fundforpeace.org/web/index.php?option=com_content&task=view&id=229&Itemid=366 ) des “Fund for Peace”, welcher sich bzgl. der Instabilität von Staaten auf 12 Faktoren bezieht. Folge man diesem Index, über dessen Indikatoren sich ebenso diskutieren lasse wie über dessen Ergebnisse, so lebten heute fast zwei Milliarden Menschen in “unsicheren” Staaten. Der “Fund for Peace” betont, dass es seine Mission sei, Krieg zu verhindern und mögliche Kriegsursachen zu lindern.

Der “failed states index” misst das Staatsscheitern an den folgenden 12 Indikatoren:

Soziale Indikatoren

I-1. wachsender demographischer Druck

I-2. massive Flüchtlingsbewegungen oder Binnenvertriebene mit der Folge komplexer humanitärer Notfälle

I-3. Vermächtnis des Grolls einer Rache suchenden Bevölkerungsgruppe oder Gruppenparanoia

I-4. chronische und dauerhafte menschliche Flucht Wirtschaftliche Indikatoren

I-5. ungleiche wirtschaftliche Entwicklung zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen

I-6. scharfer und/oder schwerer wirtschaftlicher Niedergang

Politische Indikatoren

I-7. Kriminalisierung und/oder Delegitimierung des Staates

I-8. fortschreitender Verfall der öffentlichen Dienstleistungen

I-9. willkürliche Aussetzung der Rechtsstaatlichkeit und weitgehende Menschenrechtsverletzungen

I-10. Sicherheitsapparat operiert als “Staat im Staate”

I-11. Aufstieg von Splittergruppen

I-12. Intervention anderer Staaten oder auswärtiger politischer Akteure

Der Jahresbericht 2007 des “Fund for Peace” hat bzgl. des “failed states index” 177 Staaten untersucht und von diesen 32 Staaten in die Kategorie “Alarm”, 97 in “Warnung”, 33 in “Moderat” und 15 in “nachhaltig” eingestuft. Unter “Alarm” werden dort eingestuft Sudan, Irak, Somalia, Simbabwe, Tschad, Elfenbeinküste, DR Kongo, Afghanistan, Guinea, Zentralafrikanische Republik, Haiti, Pakistan, Nordkorea, Burma, Uganda, Bangladesh, Nigeria, Äththiopien, Burundi, Ost-Timor, , Usbekistan, Sierra Leone, Jemen, Sri Lanka, Republik Kongo, Liberia, Libanon, Malawi, Solomonen-Inseln, Kenia und Niger.

Besonders bedenklich erscheinen der plötzliche Rückgang von Schuldentilgung, Handelsvolumen und ausländischer Direktinvestitionen sowie Deflation, extreme soziale Härten durch wirtschaftliche Sparprogramme, Kapitalflucht sowie Zahlungsprobleme bzgl. der Beamtengehälter, der Renten und des Soldes der Soldaten als Merkmale nach Punkt I-6 für einen “gescheiterten Staat” im Sinne des “failed states index”. Einige dieser Indikatoren können Staaten gar nicht selbst steuern, wie z. B. Kapitalflucht. Sie haben es nicht in der Hand, der Einstufung als “gescheiterter Staat” zu entgehen. Auf der anderen Seite ist es vielen Staaten nicht möglich, sämtlichen Schuldentilgungen pünktlich nachzukommen und gleichzeitig jede extreme wirtschaftliche Härte durch wirtschaftliche Sparprogramme zu vermeiden. Hoch verschuldete Staaten haben hiernach oft gar keine Chance, der Klassifizierung als “gescheiterter Staat” im Sinne des “failed states index” zu entgehen.

Nach den Erläuterungen zu Punkt I-7 können bereits die Merkmale niedrige Wahlbeteiligung, gerichtliche Anfechtung von Wahlen, friedliche Massendemonstrationen, nachhaltiger ziviler Ungehorsam und ein hoher Grad an Wehrdienstverweigerungen als Merkmale des “Staatsscheiterns” gedeutet werden. Unter den Merkmalen zu Punkt I-8 finden sich mangelnde Versorgung mit wesentlichen öffentlichen Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Hygenie und ÖPNV. Zu Punkt I-12 werden auch eine übermäßige Abhängigkeit von ausländischen Geldgebern sowie von friedenserhaltenden Missionen als Merkmale des Staatsscheiterns eingestuft.

Dem “failed states index” ist zu konzidieren, dass eine Staatenklassifizierung unter die Kategorie “Alarm” nur erfolgt, wenn dieser ein schlechtes Ranking in mehreren der indizierten Merkmale aufweist. Angesichts der Aufnahme des unbestimmten Rechtsbegriffs der “gescheiterten Staaten” in die Bedrohungsdefinition der “Europäischen Sicherheitsstrategie”, welche wiederum eine Konkretisierung der “strategischen Interessen” im Sinne des “Vertrags von Lissabon” ist, ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass der “failed states index” zur Grundlage einer europäischen Definition “gescheiterter Staaten” werden könnte, zumal die in der Europäischen Sicherheitsstrategie explizit genannten Mermale auch in den Erläuterungen zum “failed states index” vorkommen.

Im Bundeswehr-Weißbuch 2006 werden als mögliche Ursachen “fragiler Staatlichkeit” die “durch die Globalisierung hervorgerufenenen Faktoren” sowie Versorgungs- und Verteilungsprobleme genannt.

In den USA wird auch der Begriff “instabile Nationen” verwendet. Dort gibt es, laut einem Bericht der Financial Times ( http://search.ft.com/nonFtArticle?id=050330000906 ) vom 30.03.2005, eine Abteilung für die Wiederaufbauplanung beim National Intelligence Council für 25 (Naomi Klein, “Die Schock-Strategie”, S. 534) überwiegend heute gar nicht zerstörte Staaten, um im Falle einer Intervention besser als im Irak den Neuaufbau staatlicher Institutionen und marktwirtschaftsfreundliche Gesetze sicherzustellen.

Der Verband “Global Research” ( www.globalresearch.ca/articles/CHO504A.html ) äußert die Ansicht, ein Teil der betroffenen Länder sei bereits vor dem offiziellen Start der Erarbeitung dieser “Watch List” bestimmt worden, und benennt Venezuela, Nepal, Haiti, Algerien, Peru, Bolivien, Sudan, Nigeria, Sierra Leone, Liberia und Elfenbeinküste. Wie fundiert bzw. heute noch aktuell die von “Global Research” genannte Aufzählung ist, entzieht sich der Kenntnis der Beschwerdeführerin.

Aktualität hat diese Abteilung vor allem dadurch, dass dort bereits vor möglichen Interventionen Wiederaufbauverträge mit Firmen und NGOs geschlossen werden sollen, woraus einwirtschaftlicher Druck entstehen kann, zu intervenieren. Dieses Beispiel ist deshalb von Relevanz für Europa, weil es in Europa eine Tradition gibt, viele Modeerscheinungen aus den USA, im Guten wie im Schlechten, ohne sorgfältige Prüfung zu übernehmen.

Unabhängig davon, wie der Begriff der “gescheiterten Staaten” nach Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes zum “Vertrag von Lissabon” explizit oder gewohnheitsrechtlich gefüllt würde, ist das Konzept der “gescheiterten Staaten” mit einem Rechtsstaat mangels Rechtsklarheit und Rechtssicherheit unvereinbar, da viele Staaten es gar nicht in der Hand haben, eine solche Klassifizierung mit all ihren möglichen, auch militärischen, Folgen für sich zu vermeiden. Daraus kann sich ein neuer Kolonialismus entwickeln, allerdings mit den Unterschieden zu dem des 19. Jahrhunderts, dass er nicht so personalisierend mit rassistischen, nationalistischen und religiösen Vorurteilen, sondern auf der Sachzwangebene und mit einem fast beliebig dehnbaren Rechtsbegriff arbeiten würde. Besonders gefährlich ist dieses Konzept, weil es sich nicht ausdrücklich der UNO- Charta incl. des Angriffskriegsverbots (Art. 2 Abs. 4 UNO- Charta) und der Souveränität aller Staaten unterordnet.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Supranationalisierungsverbot der GASP (Rn. 255 + 342 des ersten Lissabon-Urteils), der Bekräftigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts, des Vorrangs der Verfassungsidentität des GG auch vor den Werten der EU (Rn. 332) und der Bestätigung des Staatsauftrags Frieden die Zivilcourage bewiesen, 6 Milliarden Menschenleben zu retten, soweit es die materiell-rechtliche Ebene betrifft. Das muss aber auch formell-rechtlich abgesichert werden. Ohne die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Verpflichtungen der Bundestagsabgeordneten bzgl. des Parlamentsvorbehalts, des Angriffskriegsverbots, der Verfassungsidentitätsprüfung und der ultra-vires-Prüfung im Parlament wären der Staatsauftrag Frieden, die Rechtsstaatlichkeit und die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG nicht hinreichend abgesichert. Es wäre außerdem eine Entleerung des grundrechtsgleichen Wahlrechts (Art. 38 GG), wenn nicht auf der einfachgesetzlichen Ebene sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten die Verfassungsidentität, in welche nur das Volk selbst eingreifen darf (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils) auch aktiv schützen.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Supranationalisierungsverbot der GASP (Rn. 255 + 342 des ersten Lissabon-Urteils), der Bekräftigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts und der Bestätigung des Staatsauftrags Frieden die Zivilcourage bewiesen, 6 Milliarden Menschenleben zu retten, soweit es die materiell-rechtliche Ebene betrifft. Das muss aber auch formellrechtlich abgesichert werden. Ohne die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Verpfichtungen der Bundestagsabgeordneten bzgl. des Parlamentsvorbehalts, des Angriffskriegsverbots, der Verfassungsidentitätsprüfung und der ultra-vires-Prüfung im Parlament wären der Staatsauftrag Frieden und die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG nicht hinreichend abgesichert. Die Beschwerdeführerin würde außerdem bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” selbst, gegenwärtig (sofort) und unmittelbar (ohne weiteren Rechtsakt) in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt; dieses würde geradezu entleert, wenn nicht zuvor auf der einfachgesetzlichen Ebene sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten die Verfassungsidentität, in welche nur das Volk selbst eingreifen darf (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils) auch aktiv schützen.

“Ich würde sagen, niemand kann den Teufel beweisen. Aber die Wahrnehmung, daß es über die menschliche Bosheit hinaus Verstörungen und Störungen in der Schöpfung gibt, eine Art Macht des Neides, die uns mitreißt und herunterreißen will, die ist da und wird uns von der Bibel und vom christlichen Glauben in dieser Weise erklärt.” (Sein Heiligkeit Papst Benedikt XVI., damals Kardinal Joseph Ratzinger (zur Frage, ob man das Böse irgendwie erkennen könne), in “Gott und die Welt”, S. 403, Gespräche mit Peter, Seewald, Deutsche Verlagsanstalt München)

VI.7 Krisenbewältigung und friedensschaffende Maßnahmen

Zu den ausdrücklich zulässigen Zielen militärischer Missionen der EU würden gem. Art. 43 EUV auch “Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung” einschließlich “friedensschaffender Maßnahmen” gehören. “Friedensschaffende Maßnahmen” bedeutet nichts anderes, als sich in bereits bestehende militärische Konflikte einzumischen. Kampfeinsätze zur Krisenbewältigung können auch bedeuten, militärisch in einen noch gar nicht kriegerisch eskalierten Konflikt einzugreifen, und es sagt nichts darüber aus, auf wessen Seite man eingreifen würde.

Wo bleiben angesichts solcher Mißbrauchsanfälligkeit die Lehren aus dem Grauen von “Guernica”, mit welchem sich der Uno-Sicherheitsrat seine Verantwortung in vorbildlicher Weise in Form eines Wandteppichs vor dem Eingang seines Sitzungssaals an jedem Arbeitstag freiwillig selbst vor Augen führt? Soweit Kampfeinsätze nicht im Rahmen der Verteidigungsverpflichtung zugunsten eines Bündnispartners gegen einen gegen diesen gerichteten militärischen Angriff erfolgen würden, können zumindest “Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung” zugleich auch Angriffskriege sein. Zudem ist die Aufzählung der Ziele für militärische Missionen der EU in Art. 43 EUV nicht ausdrücklich abschließend.

Die mit der Rechtsstaatlichkeit mangels Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei gleichzeitig erheblichen Rechtsfolgen unvereinbare militärische Krisenbewältigung ist zwar bereits durch den „Vertrag von Nizza“ in Art. 17 Abs. 2 EUV eingefügt worden, aber erst durch den „Vertrag von Lissabon“ würde diese Vorschrift (dann in Art. 43 EUV) für Angriffskriege missbraucht werden können. Der Wortlaut des Art. 43 EUV lässt nicht klar erkennen, ob “Krise” dort sich auf bestimmte Arten von Krisen bezieht, oder, was als Anknüpfungspunkt für Militäreinsätze wahrscheinlicher ist, auf eine bestimmte Spannbreite von Konfliktintensität.

Mit Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” ohne vorherige Absicherung von wehrverfassungsrechtlichem Parlamentsvorbehalt und Angriffskriegsverbot auch über das IntVG, wie in diesen Verfassungsbeschwerden beschrieben, würde die Beschwerdeführerin selbst, unmittelbar (bereits ohne weiteren Rechtsakt) und gegenwärtig (sofort) in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt, denn die Verfügung über die Verfassungsidentität steht nur der verfassungsgebenden Gewalt des Volkes zu (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils). Und der Staatsauftrag Frieden (Art. 1 Abs. 2 GG) sowie die Rechtsstaatlichkeit (Art. 1 Abs. 2+3 GG, Art. 20 Abs. 2+3 GG) sind wesentliche Teile der Verfassungsidentität.

VI.7.1 Militäreinsätze auf Grund verschiedener Arten von Krisen

Das Internetlexikon Wikipedia zählt unter dem Stichwort “Krise” im Unterabschnitt “politischgesellschaftliche Krisenarten” Gesellschaftskrise, Strukturkrise, Verfassungskrise, Wirtschaftskrise (darunter Weltwirtschaftskrise) und internationale Krise auf. Auch in Zusammenhang mit der Verknappung von Energie, Öl oder Wasser verwendet das Lexikon den Begriff “Krise”. Dafür, dass auch bestimmte Arten von Krisen, vor allem Rohstoff- und Energiekrisen gemeint sein könnten in Art. 43 EUV, spricht, dass die Europäische Sicherheitsstrategie zur Ausfüllung der strategischen interessen Europas als eine der Bedrohungen auch die Abhängigkeiten von Energieimporten nennt. Im folgenden wird aber mehr auf die “Krise” als Grad der Konfliktintensität eingegangen, weil diese Auslegung im sicherheitspolitischen Zusammenhang wahrscheinlicher ist.

VI.7.2 Krise als Begriff zur Klassifizierung einer Konfliktintensität

Der Bericht “Der Stoff, aus dem die Kriege sind – Rohstoffe und Konflikte in Afrika” von medico international, Fatal Transactions und dem DGB Bildungswerk definiert die Begriffe “Krieg”, “ernste Krise” und “Krise” (siehe Anlage) unter Berufung auf das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung wie folgt:

Kriege: Kriege sind Formen gewaltsamer Konfliktaustragung, in denen mit einer gewissen Kontinuität organisiert und systematisch Gewalt eingesetzt wird. Die Konfliktparteien setzen, gemessen an der Situation, Mittel in großem Umfang ein. Das Ausmaß der Zerstörung ist nachhaltig. Ernste Krise: Konflikt, in dem wiederholt und organisiert Gewalt eingesetzt wird.

Krise: Spannungszustand, in dem mindestens eine der Parteien vereinzelt Gewalt anwendet. Dabei handelt es sich laut dem Lexikon Wikipedia um die aktuelle Einteilung, welche unterhalb der Krise noch den latenten und den manifesten Konflikt als Grade der Konfliktintensität kennt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Heidelberger_Institut_f%C3%BCr_Internationale_Konfliktforschung

Laut der Begriffbestimmung in einer früheren Fassung zu der Datei vom Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (

www.hiik.de/kosimo/kosimo1.html.de ) “Cosimo1”, gab es in Abschnitt K, Variable 11, davon abweichend vier Abstufungen: “Conflict intensities:

1: Latent conflict, completely non-violent, open verbal claims

2: Crisis, non violent, more intensive claims

3: Severe crisis, sporadic irregular use of force, blockade, threat

4: War, organized continuing use of force”

Bereits diese Beispiele zeigen, dass die Definition des Wortes “Krise” in einer Vielzahl von Politikbereichen verwendet wird, und dass die Definition selbst innerhalb einzelner wissenschaftlicher Institute historisch in Bewegung ist.

Die hinsichtlich Art und Intensität fehlende Definition der “Krise” im “Vertrag von Lissabon” ist mit der zu einem Rechtsstaat gehörenden Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (Art. 20 Abs. 3 GG; Az. 2 BvR 2236/04, Nr. II.1 der Entscheidungsgründe und Nr. 3 der dortigen abweichenden Meinung des Richters Broß) unvereinbar.

Der o. g. Bericht von medico international, Fatal Transactions und DGB Bildungswerk zeigt darüber hinaus eine Afrikakarte, wonach 2 Staaten (DR Kongo und Sudan) Kriege, 8 Staaten (Äthiopien, Burundi, Elfenbeinküste, Liberia, Nigeria, Ruanda, Somalia und Uganda ) ernste Krisen und 8 Staaten (Angola, Kenia, Rep. Kongo, Lesotho, Niger, Senegal, Simbabwe und Zentralafrikanische Republik) Krisen aufgewiesen haben. Der Bericht stammt aus 2005.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Supranationalisierungsverbot der GASP (Rn. 255 + 342 des ersten Lissabon-Urteils), der Bekräftigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts und der Bestätigung des Staatsauftrags Frieden die Zivilcourage bewiesen, 6 Milliarden Menschenleben zu retten, soweit es die materiell-rechtliche Ebene betrifft. Das muss aber auch formellrechtlich abgesichert werden. Ohne die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Verpfichtungen der Bundestagsabgeordneten bzgl. des Parlamentsvorbehalts, des Angriffskriegsverbots, der Verfassungsidentitätsprüfung und der ultra-vires-Prüfung im Parlament wären der Staatsauftrag Frieden und die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG nicht hinreichend abgesichert. Die Beschwerdeführerin würde außerdem bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” selbst, gegenwärtig (sofort) und unmittelbar (ohne weiteren Rechtsakt) in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt; dieses würde geradezu entleert, wenn nicht zuvor auf der einfachgesetzlichen Ebene sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten die Verfassungsidentität, in welche nur das Volk selbst eingreifen darf (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils) auch aktiv schützen.

“Wenn wir einen Blick in die Geschichte werfen, dann zeigt sich, dass die Liebe der Menschen zu Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit immer über Grausamkeit und Unterdrückung triumphiert. Daher bin ich ein so glühender Verfechter der Gewaltlosigkeit. Gewalt erzeugt Gewalt. Und Gewalt bedeutet nur eins: Leid. Theoretisch läßt sich eine Situation konstruieren, in der allein eine Intervention mit Waffen einen großen Konflikt im Frühstadium ersticken kann. Das Problem einer solchen Argumentation liegt aber darin, daß es sehr schwierig ist, wenn nicht gar unmöglich, die Auswirkungen von Gewalt vorherzusehen. Zudem können wir uns der Rechtmäßigkeit einer solchen Aktion niemals sicher sein. Deutlich wird das erst, wenn wir zurückblicken können. Und sicher ist nur, daß jede Gewalt immer und unvermeidbar Leid mit sich bringt.” (“Das Buch der Menschlichkeit – eine neue Ethik für unsere Zeit”, Abschnitt “Frieden und Abrüstung”, S. 218, seine Heiligkeit der Dalai Lama, Bastei-Lübbe-Verlag).

VI.8 Das “European Defence Paper”

Das “European Defence Paper” ( www.iss-eu.org/chaillot/wp2004.pdf ) vom Institut für Sicherheitsstudien der Europäischen Union will laut seinem Titel ein Vorschlag für ein Weißbuch der EU sein.

Ob die Gedanken aus diesem Papier jemals in einen Weißbuchentwurf eingeflossenen sind oder einfließen werden, ist der Beschwerdeführerin nicht bekannt, es zeigt jedoch weitere Mißbrauchsgefah-ren des “Vertrags von Lissabon” auf.

Auf S. 13 definiert das Papier “vitale Interessen” und “Werteinteressen” der EU. Darin wird neben der, grundgesetzlich und nach der UNO-Charta zulässigen, Verteidigung des eigenen Territoriums, auch die Möglichkeit der “Projizierung von Stabilität”, also des militärischen Eingreifens in Drittstaaten, gefordert, für den Schutz von Handelsrouten und den freien Fluss von Rohstoffen, für die Verhinderung massiven Zustroms von Flüchtlingen, für die Erzwingung internationaler Rechtsstaatlichkeit sowie für die Erzwingung grundlegender Normen und Freiheiten, humanitäre Hilfe, Friedenserhaltung und Friedensaufbau. Das Papier sagt auf S. 13 auch: “Most importantly, the Union is a strategic actor with values and interests to protect and project.” (Am wichtigsten, die Union ist ein strategischer Akteur mit Werten und Interessen, die es zu schützen und zu projizieren gilt.) Die Einteilung im “European Defence Paper” in vitale und Werteinteressen scheint an Art. 28a Abs. 5 EUV (in der Fassung des “Vertrags von Lissabon”) angelehnt zu sein, welcher militärische Missionen für die strategischen Interessen und für die Werte der EU erlauben würde.

Auf S. 20 und 21 geht das “European Defence Paper” auf das Konzept der “gescheiterten Staaten” ein; es könne Fälle geben, wo auf den Werten basierende Abwägungen für Interventionen sprechen würden. Diese Haltung übersieht Art. 29 Nr. 3 AEMR, wonach selbst die UNO- Menschenrechte sich der UNO- Charta unterordnen müssen. Die UNO- Charta wiederum garantiert in Art. 2 Abs. 1 die Souveränität der Staaten und erlaubt Ausnahmen nur unter Mandat des UNO- Sicherheitsrats. Auch das “Pfaff-Urteil” des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2005 bestätigt in Leitsatz Nr. 6, dass Kriege, die weder Verteidungskriege gem. Art. 51 UNO- Charta noch mit einem Mandat des UNO- Sicherheitsrats ausgestattet sind, gravierenden rechtlichen Bedenken begegnen.

Das “European Defence Paper” zeigt deutlich, wie wichtig das Angriffskriegsverbot und die Souveränität der Staaten sind, wofür wiederum der Vorrang des Grundgesetzes, der UNO- Charta und der UNO- Menschenrechte vor dem EU-Recht unentbehrlich sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Supranationalisierungsverbot der GASP (Rn. 255 + 342 des ersten Lissabon-Urteils), der Bekräftigung des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts und der Bestätigung des Staatsauftrags Frieden die Zivilcourage bewiesen, 6 Milliarden Menschenleben zu retten, soweit es die materiell-rechtliche Ebene betrifft. Das muss aber auch formellrechtlich abgesichert werden. Ohne die in diesen Verfassungsbeschwerden geltend gemachten Verpfichtungen der Bundestagsabgeordneten bzgl. des Parlamentsvorbehalts, des Angriffskriegsverbots, der Verfassungsidentitätsprüfung und der ultra-vires-Prüfung im Parlament wären der Staatsauftrag Frieden und die Völkerrechtsfreundlichkeit des GG nicht hinreichend abgesichert. Die Beschwerdeführerin würde außerdem bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” selbst, gegenwärtig (sofort) und unmittelbar (ohne weiteren Rechtsakt) in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt; dieses würde geradezu entleert, wenn nicht zuvor auf der einfachgesetzlichen Ebene sichergestellt würde, dass die Bundestagsabgeordneten die Verfassungsidentität, in welche nur das Volk selbst eingreifen darf (Rn. 218 des ersten Lissabon-Urteils) auch aktiv schützen.

“Von guten Mächten wundersam geborgen,

erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist mit uns am Abend und am Morgen,

und ganz gewiß an jedem neuen Tag.”

(Refrain des Bonhoeffer-Liedes, von Dietrich Bonhoeffer)

VI.9 Verbindlichkeit von “Soll”-Vorschriften

Gegen die oben dargestellte Mißbrauchsanfälligkeit zahlreicher Vorschriften des “Vertrags von Lissabon” hinsichtlich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik kann auch nicht eingewandt werden, dass es sich, anders als im ursprünglichen EU- Verfassungsentwurf, nur noch um “Soll”- Vorschriften und nicht mehr um “Muss”- Vorschriften handelt. Denn nach dem Urteil zum EU- Haftbefehl (2 BvR 2236/04, Nr. I.2 b cc der Entscheidungsgründe) ist eine “Soll” - Vorschrift genauso verbindlich außer bei Vorliegen besonderer Umstände. Für die Interpretation, wann solche besonderen Umstände gegeben wären, welche ein Abweichen von den “Soll”- Bestimmungen zur GASP erlauben würden, bliebe dem Europäischen Gerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht zusammen, wie in Abschnitt “rechtsschutzfreie Bereiche” dieser Verfassungsbeschwerde dargestellt, allerdings kein Raum mehr.

VI.10 Auswirkung von EU-Missionen auf Demokratie und freiheitlich-demokratische Grundordnung

Während Art. 43 EUV neu durch das Abstellen auf Begriffe wie “militärische Missionen” und “strategische Interessen” eine scharfe rechtliche Abgrenzung zwischen Krieg und Frieden sowie eine Überprüfung der Tatbestände eines Angriffskriegs im Sinne von Art. 26 GG, Art. 2 Abs. 4 UNO- Charta und Art. 2 des Zwei-Plus-Vier-Vertrags vermeidet, würde über das Vorliegen eines “Verteidigungsfalls” (Art. 115a GG) weiterhin auf der Ebene des deutschen Parlaments entschieden. Solange dieser nicht ausdrücklich wieder aufgehoben würde (Art. 115 l GG), würde es keine Neuwahlen zum Bundestag mehr geben (Art. 115h GG).

Ein solches Szenario wäre im Falle des Mißbrauchs des “Verteidigungsfalls” durch eine Regierung nicht unwahrscheinlich, da eine Regierung meist auch eine Mehrheit im Parlament hat. Und Art. 43 EUV würde die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Situationen, in denen über das Vorliegen eines Verteidigungsfalls (Art. 115a GG) zu entscheidend wäre, signifikant erhöhen.

Hierdurch würden mehrere Säulen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gefährdet (§ 4 Abs. 2 BVerfSchG). Das Recht des deutschen Volkes, seine Volksvertretung zu wählen, würde durch die unbefristete Aufschiebung der Wahlen für die Dauer des Verteidigungsfalls ausgehebelt.

Das würde sich unmittelbar auf die Ablösbarkeit der Regierung und deren Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung auswirken, zumal letztere oft erst nach durch Wahlen veränderten Mehrheitsverhältnissen wahrgenommen wird. Lange Zeiten ohne Wahlen erhöhen die Versuchung von Willkürherrschaft und Menschenrechtsverletzungen, vor allem auch im Hinblick auf den schwachen Status der Menschenrechte nach dem “Vertrag von Lissabon”.

Auf Grund dieser Mißbrauchsanfälligkeiten ist es entscheidend, dass das Bundesverfassungsgericht gem. Rn. 388 des ersten Lissabon-Urteils sowohl auf dem konstitutiven wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, als auch auf dem Einstimmigkeitsprinzip bei der GASP besteht. Das muss aber auch formell-rechtlich, wie in Abschnitt IV.2.1 dieser Verfassungsbeschwerden dargestellt im IntVG abgesichert werden. Die Beschwerdeführerin würde bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” ohne diese Absicherung selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihrem grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) verletzt, weil dann nicht hinreichend sichergestellt wäre, dass die Bundestagsabgeordneten den Staatsauftrag “Frieden” aus Art. 1 Abs. 2 GG als Teil der Verfassungsidentität wirksam schützen würden.

VI.11 Die “Solidaritätsklausel”

Art. 222 AEUV verpflichtet alle EU-Mitgliedsstaaten zur gegenseitigen Unterstützung gegen Terroranschläge, Naturkatastrophen und vom Menschen verursachten Katastrophen auf Ersuchen der politischen Organe des betreffenden Staates. Der unbestimmte Rechtsbegriff “vom Menschen verursachte Katastrophen” verstösst wegen mangelnder Rechtsklarheit bei gleichzeitig erheblichen Rechtsfolgen im Falle der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals gegen das Rechtsstaatsprinzip als eines der Strukturprinzipien des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 2 GG). Die “Solidaritätsklausel” verlangt in diesen Fällen den Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel einschließlich militärischer Mittel.

Im Falle von Terroranschlägen, besonders schweren Unglücksfällen oder Naturkatastrophen ist in Deutschland primär die Polizei dafür verantwortlich, die öffentliche Ordnung zu sichern und die Bevölkerung zu schützen; erst wenn die Polizei überfordert ist, wird die Amtshilfe durch den Bundesgrenzschutz in Anspruch genommen; erst wenn Polizei und Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, ist die Bundeswehr einzuschalten (Art. 35 GG). Zur Bewältigung von besonders schweren Unglücksfällen oder Naturkatastrophen dürfen selbst bei Unterstützung durch die Bundeswehr keine Kriegswaffen eingesetzt werden (Leitsatz 2 BverfG-Urteil vom 15.02.2006 zum Luftsicherheitsgesetz, Az. 1 BvR 357/05).

Selbst im Spannungs- oder Verteidigungsfall sowie bei Aufständen darf die Bundeswehr nach dem Grundgesetz nur subsidiär eingesetzt werden, soweit die Polizei und der Bundesgrenzschutz die Lage nicht allein bewältigen können (Art. 87a GG, 91 GG), und nur in den im Grundgesetz ausdrücklich genannten Fällen (Art. 87a Abs. 2 GG).

Der Terminus “besonders schwerer Unglücksfall” (Art. 35 GG) ist hinreichend bestimmt im Sinne der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Darunter “wird im Allgemeinen ein Schadensereignis von großem Ausmaß verstanden, das – wie ein schweres Flugzeug- oder Eisenbahnunglück, ein Stromausfall mit Auswirkungen auf lebenswichtige Bereiche der Daseinsvorsorge, oder der Unfall in einem Kernkraftwerk – wegen seiner Bedeutung in besonderer Weise die Öffentlichkeit berührt und auf menschliches Fehlverhalten oder technische Unzulänglichkeit zurückgeht” (BVerfG-Urteil vom 15.02.2006 zum Luftsicherheitsgesetz, Az. 1 BvR 357/05).

Der unbestimmte Rechtsbegriff “vom Menschen verursachte Katastrophen” des Art. 222 AEUV hingegen ist nicht im Grundgesetz enthalten und geht auf Grund seiner Unbestimmtheit über die im GG normierten Tatbestände zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren hinaus, sodass Art. 222 AEUV mit Art. 87a Abs. 2 GG kollidiert.

Dabei haben Bundesgrenzschutz und Bundeswehr die Polizeiarbeit zu unterstützen und dürfen nicht an der Polizei vorbei agieren (Art. 87a Abs. 3 S. 2 Hs. 2 GG). Die vorrangige Zuständigkeit der Polizei zur Durchsetzung der inneren Sicherheit hat gute Gründe. Die Polizei ist viel besser als die Armee in Deeskalationsstrategien ausgebildet; die Ausbildung der Soldaten hat einen größeren Schwerpunkt auf Verteidigung und Krieg.

Die “Solidaritätsklausel” hingegen enthält keine Bestimmungen bzgl. nur subsidiären Einsatzes der Armee. Damit erlaubt die “Solidaritätsklausel” den Einsatz der Armeen der Mitgliedsstaaten im Inneren aus jedem Anlass, den man als eine “vom Menschen verursachte Katastrophe” ansehen würde. Die Entscheidung über die Anwendung dieser Klausel würde sich, soweit Verteidigungsfragen betroffen wären, gem. Art. 222 Abs. 3 AEUV nach Art. 15b Abs. 1 EUV (unlesbar) richten. Es käme also, soweit es um Verteidigung gehen würde, nur dann zu einem Beschluss zur Anwendung der “Solidaritätsklausel”, wenn keiner der Premierminister im Europäischen Rat dagegen stimmen würde. Die “Solidaritätsklausel” würde damit keine Rechtsgrundlage dafür bieten, in einen EU-Staat gegen den Willen von dessen Regierung einzumarschieren, wohl aber dafür, die Armeen der Mitgliedsstaaten im Inneren einzusetzen in allen Fällen, in denen der Europäische Rat ohne Gegenstimmen beschließen würde, dass eine “vom Menschen verursachte Katastrophe” vorliege.

Die “Solidaritätsklausel” beschränkt in keiner Weise explizit, was die Soldaten bei “vom Menschen verursachten Katastrophen” zur Unterstützung des anfordernden Mitgliedsstaates zu tun hätten. Damit könnte das Militär, solange kein Premierminister sein Veto einlegen würde, z. B. zur Einschüchterung der Opposition mißbraucht werden.

Es ist bei demokratischen Wahlen zu beobachten, dass deren Ergebnisse nie alle Wahlteilnehmer gleichermaßen zufriedenstellen. Mangels Definition der “vom Menschen verursachten Katastrophe” könnte auch ein von einer jeweiligen bisherigen Regierung unerwünschter Wahlausgang unter Art . 222 AEUV subsumiert werden, solange die Regierung keines anderen EU-Mitgliedsstaats ihr Veto dagegen einlegen würde.

Der unbestimmte Rechtsbegriff “vom Menschen verursachten Katastrophe” könnte auch auf Grund seiner Unbestimmtheit auf besonders unbequeme Massendemonstrationen angewandt werden. Dies läge nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, da in den USA seit dem in 2006 verabschiedeten “Defense Authorization Act” auch Massendemonstrationen zu Armeeeinsätzen im Inneren führen können, was zuvor in den USA nur im Fall eines inneren Notstands erlaubt war (Naomi Klein, “Die Schock-Strategie”, S. 428-429, S. Fischer-Verlag).

Die FDP-Bundestagsfraktion gab in ihrer Anfrage vom 12.03.2008 (Drucksache 16/8569) zum Teil noch weitreichenderen Bedenken, auch bzgl. unbestimmter Rechtsbegriffe, Ausdruck, insoweit die FDP in dortiger Tz. 13 auch geklärt haben wollte, ob “eine solche Maßnahme sogar gegen den Willen dieses Mitgliedsstaates erfolgen” könne. Darüber hinaus zeigte die FDP in Tz. 11 ihrer Anfrage Bedenken an der hinreichenden Bestimmtheit der Rechtsbegriffe “terroristische Bedrohung”, “demokratische Institutionen”, “Zivilbevölkerung” und “etwaiger Terroranschlag”.

Allein die Schaffung der Möglichkeit eines solchen Machtmißbrauchs, selbst wenn es heute vielleicht niemanden geben mag, der diese nutzen würde, gefährdet die Säulen “Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition”, “Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung”, “Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft” und “im Grundgesetz konkretisierte Menschenrechte” der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Besonders erstaunlich ist die Zustimmung des Europaparlaments zur Solidaritätsklausel, da dieses gerade einmal 17 Jahre zuvor in den Punkten G. und 4. seiner Gladio-Resolution die Wichtigkeit der parlamentarischen und der judikativen Kontrolle jeglicher militärischer oder paramilitärischer Aktivitäten im Inneren betont hat. Es drängt sich die Frage auf, ob das Europaparlament über Inhalt und Implikationen der “Solidaritätsklausel” zuvor hinreichend aufgeklärt worden ist.

Die “Solidaritätsklausel” ist nicht zu verwechseln mit Art. 176c AEUV (Katastrophenschutz, vorher Art. III-284 des EU-Verfassungsentwurfs), wo es zwar auch um Naturkatastrophen und, auch dort nicht definierte, “vom Menschen verursachte Katastrophen” geht, wo allerdings nicht der Einsatz des Militärs vorgesehen ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Mißbrauchsmöglichkeiten der “Solidaritätsklausel” im ersten Lissabon-Urteil bereits deutlich reduziert, vor allem durch den Vorrang der Grundrechte und Strukturprinzipien des Grundgesetzes (Leitsätze 3 + 4) und durch die Bekräftigung seines Letztentscheidungsrechts (Rn. 299 des ersten Lissabon-Urteils).

Dies bedarf allerdings noch der Absicherung auf der einfachgesetzlichen Ebene über das IntVG, wie in Abschnitt IV.1.6 dieser Verfassungsbeschwerden beschrieben. Die Beschwerdeführerin würde bei Ratifizierung des “Vertrags von Lissabon” ohne vorherige Schaffung hinreichender einfachge-setzlicher Schutzmechanismen in den Begleitgesetzen insoweit selbst, unmittelbar (ohne weitere Rechtsakte) und gegenwärtig (sofort) betroffen, wie der Schutz ihrer Grundrechte auf Menschen-würde (Art. 1 GG), auf Leben (Art. 2 Abs. 2 GG), auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) durch mangelnden einfachgesetzliche Schutz vor grundgesetz-widrigen Anwendungen der Solidaritätklausel gegenüber der EU zur Disposition gestellt würde. Außerdem würde ohne hinreichenden einfachgesetzlichen Schutz gegenüber der Solidaritätklausel das Wahlrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 38 GG entleert, weil bei Anwendungen der Solida-ritätklausel über die vom GG erlaubten Grenzen hinaus die dringende Gefahr besteht, dass es zur Einschüchterung der parlamentarischen oder außerparlamentarischen parteipolitischen Opposition kommt, die damit das über Art. 38 GG verliehene Recht nicht mehr hinreichend ausüben könnte.

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