Zölibat „Schluß mit den Lügen, das Problem der Kirche ist die Glaubenskrise.“ Schönheit des Zölibates

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Kardinal Robert Sarah: „Benedikt XVI. hat der ganzen Kirche mit seinem Text ein wunderbares Geschenk gemacht. Jeder Priester sollte ihn lesen.“

Kardinal Robert Sarah: „Benedikt XVI. hat der ganzen Kirche mit seinem Text ein wunderbares Geschenk gemacht. Jeder Priester sollte ihn lesen.“

Die zurückliegenden zehn Tage brachten bemerkenswerte Ereignisse in der Kirche. Den Abschluß machte vergangene Woche Kardinal Robert Sarah, der sich am 25. Januar in der italienischen Tageszeitung Il Foglio zu Wort meldete. Deren Vatikanist, Matteo Matzuzzi, veröffentlichte ein Interview mit dem Präfekten der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Mit dem Plädoyerbuch „Aus den Tiefen unserer Herzen“ für den priesterlichen Zölibat und das sakramentale Priestertum hatte der Kardinal zusammen mit Benedikt XVI. das päpstliche Umfeld aufgeschreckt. Im Interview spricht der Kardinal über Priestertum und Zölibat und auch „unwürdige“ Angriffe und sabotierende Aktionen.

Am kommenden Freitag gelangt die italienische Ausgabe des Buches in den Handel. Der Verlag sendet Signale aus, die mit dem Theaterdonner rund um das Buch zu tun haben, der von Santa Marta inszeniert wurde.

„Schluß mit den Lügen“

Kardinal Sarah verwahrte sich dagegen im Gespräch mit Il Foglio:

„Schluß mit den Lügen, das Problem der Kirche ist die Glaubenskrise.“

Damit sorgt er für die Ausrichtung der Koordinaten auf das Wesentliche. Sein Hinweis auf „Lügen“ zeigt, daß nicht mehr der Augenblick ist, die Dinge schönzureden. Vielmehr bekundet er, das Verhalten, das von bestimmtem Kirchenkreisen gegen das Buch an den Tag gelegt wurde, für inakzeptabel zu halten.

„Was mir das Herz bricht und mich tief verletzt, ist die Brutalität, die Respektlosigkeit, der Mangel an Achtung und die Unanständigkeit, mit der Benedikt XVI. behandelt wurde.“

Bisher sei nur über „zweitrangige Aspekte, lächerliche Dinge“ gesprochen worden mittels „absurden Polemiken, vulgären Lügen und schrecklichen Demütigungen“, die sich gegen Benedikt XVI, aber auch gegen den Kardinal gerichtet haben. Das ganze Buch enthalte „nicht einen Satz und nicht ein Wort gegen Papst Franziskus“, so der Kardinal, sondern ein Plädoyer für das sakramentale Priestertum, wie es die Kirche durch die Jahrtausende gelebt und bewahrt habe.

Das Interview vom 25. Januar (Il Foglio)

„Der Priester ist nicht nur ‚Alter Christus‘, ein anderer Christus, sondern wirklich ‚Ipse Christus‘, Christus selbst“, wenn er am Altar die Wandlungsworte spricht. Das Weihesakrament forme ihn nach dem Priestertum Christi, damit er in Seinem Namen am Altar handeln könne, denn Christus ist das Haupt der Kirche. Der Priester sei daher wie Christus der Bräutigam der Kirche, daher könne er auch nicht innerlich geteilt sein, zwischen der Kirche und einer Frau. Seine Braut ist die Kirche. Er habe im strengeren Sinn weder Arbeitszeiten noch Urlaub, denn er bleibe immer ein Gesalbter. Sein ganzes Leben gehöre seiner Braut, der Kirche, denn er dient in allem Christus und ist sein Instrument. Das mache letztlich ein verheiratetes Priestertum unmöglich. Wenn es ein solches teilweise in der Ostkirche gibt, dann nur deshalb, weil man dort nicht imstande war, die von Christus gestiftete Ordnung zu bewahren.

„Ich glaube, daß die Gläubigen das intuitiv wissen. Würden sie zu einem verheirateten Mann zur Beichte gehen?“

Die Erfahrung der Ostkirche spreche dagegen. Als Beichtväter werden dort nicht verheiratete Weltkleriker, sondern die zölibatären Mönche aufgesucht.

Die Christen seien sich letztlich immer bewußt gewesen, wie die Kirchengeschichte zeige, daß ein Priester, der die Messe zelebriert und das Opfer Christi für die Welt erneuert, sich mit Leib und Seele ganz hingeben müsse. Er gehöre sich nicht mehr sich selbst, sondern Christus.

„Der priesterliche Zölibat ist apostolischen Ursprungs“

Der Blick in die Kirchengeschichte zeige auch, so Kardinal Sarah, daß der Bruch mit der Tradition erst spät von der Ostkirche vollzogen wurde, während die Westkirche das Wesen des Priestertums treu bewahren konnte. Auch im Osten sei man sich dessen bewußt und habe den Zusammenhang zwischen Priestertum und Enthaltsamkeit nicht ganz durchtrennt.

Die Behauptung, „früher“ habe es verheiratete Priester gegeben, mit der man sagen wolle, daß die heutige Praxis erst ein späteres Konstrukt sei, und man „zu den Ursprüngen“ zurückkehren müsse, sei schlicht und weg falsch. Das Gegenteil sei wahr. Bereits das Konzil von Elvira, so der Kardinal, bekräftigte im Jahr 305 das „von den Aposteln“ erhaltene Gesetz, daß verheiratete Priester enthaltsam leben müssen. Die Aussagen seien eindeutig. Alle Kleriker, auch Diakone, sofern verheiratet, durften sich nicht mit ihrer Frau vereinen und keine Kinder zeugen. Wer sich nicht daran hielt, wurde aus dem kirchlichen Dienst entfernt (can. 33). Die apostolische Tradition des Zölibats werde auch durch die Tatsache bestätigt, daß es gegen die Beschlüsse von Elvira keinen Aufstand und keine Proteste eines verheirateten Klerus gab. Daraus folgt, daß das Konzil nur bekräftigte, was allgemeine Praxis war und von allen als selbstverständlich akzeptiert wurde.

Zur heutigen Diskussion über das Priestertum sagte der Kardinal:

„Wir sind Opfer einer tiefen Unkenntnis der Geschichte dieser Themen. Die Kirche kannte in den ersten Jahrhunderten auch verheiratete Priester, aber sie hatten sich jeglichen Geschlechtsverkehrs mit ihren Frauen zu enthalten. Das sind die Fakten, die durch die jüngsten historischen Studien bestätigt wurden.“

Es gehe dabei nicht um eine Ablehnung der Sexualität, sondern um eine Bekräftigung der Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen, wie Christus selbst es lehrte.

„Zölibatsaufweichung würde das Mysterium der Kirche verwunden“

Worin besteht die Kernaussage des neuen Buches, möchte Matzuzzi wissen:

Kardinal Sarah: „Sie wird von einem Satz zusammengefaßt: Der Zölibat der Priester ist nicht nur eine kanonische Disziplin.“

Damit widerspricht der Kardinal dem häufig zu hörenden Satz, es handle sich „nur“ um ein Gesetz der Kirche.

„Wenn das Zölibatsgesetz abgeschwächt wird, und sei es nur für eine einzige Region, wird im Mysterium der Kirche eine Bresche, eine Wunde aufgerissen. Es gibt eine ontologisch-sakramentale Verbindung zwischen dem Priestertum und dem Zölibat. Diese Verbindung erinnert daran, daß die Kirche ein Mysterium ist, ein Gottesgeschenk, das nicht uns gehört. Wir können kein Priestertum für verheiratete Männer schaffen, ohne das Priestertum Jesu Christi und seiner Braut, der Kirche, zu beschädigen.“

Als Hauptaussage im Text von Benedikt XVI. zum Buch nennt Kardinal Sarah, daß der ehemalige Papst die Verbindung zwischen Priestertum und Abstinenz bereits am Beispiel des Alten Testaments aufzeigt und davon herleitet. Sie sei Ausdruck der Ganzhingabe an Gott.

„Ich denke, daß alle Priester diese bewegenden Sätze lesen sollten, in denen er enthüllt, wie diese Seiten der Heiligen Schrift ihn sein ganzes Leben geführt und zutiefst als Priester geformt haben.“

„Ich denke, daß sein Text eine lectio magistralis in biblischer Theologie ist. Er ist auch ein tiefe, geistliche Mediation über die wahre Bedeutung des Priestertums: das ganze Leben geben, um Christus nachzufolgen. Papst Benedikt hat damit der ganzen Kirche und allen Priestern weltweit ein wunderbares Geschenk gemacht. Er hat die tiefste Stelle seines Herzens geöffnet.“

„Priester sind die Frucht der Berufung durch Gott“

Der Zölibat, so Kardinal Sarah, erinnere zudem daran, „daß die Priester die Frucht einer Berufung sind, eines persönlichen und innigsten Rufes Gottes. Wenn Gott ruft, verlangt er alles, den Verzicht auf jede irdische Absicherung und die völlige Hingabe des eigenen Körpers, des eigenen Herzens und der eigenen Fähigkeit zu lieben.“

Deshalb sei das Priestersein etwas ganz anderes als irgendein Beruf oder ein Job. Es habe allein darum zu gehen, den Willen Gottes zu tun. Deshalb sei auch die Zulassung von Frauen zum Weihesakrament ausgeschlossen. Hätte Christus das gewollt, hätte er Frauen berufen. Obwohl Maria, seine Mutter, den ersten Rang unter allen Menschen einnimmt, weil sie allein sündenlos war, hat ihr Christus kein Weiheamt verlieh. Die Aufgaben und die Berufung der Frauen seien andere, beschrieben von Johannes Paul II. in Mulieris dignitatem.

„Wenn der Papst heute in Rom lebt, dann wegen der Hartnäckigkeit der heiligen Katharina von Siena. Sie hatte kein Weiheamt und verlangte auch keines, dennoch erhob sie ihre Stimme für die Kirche.“

Es sei, so Kardinal Sarah, ein falsches Denken, zu meinen, die Aufhebung des Zölibats löse die Berufungskrise. Die Erfahrungen der protestantischen Gemeinschaften „beweisen das Gegenteil, denn:

„Die Berufungskrise ist eine Glaubenskrise!“

Er selbst zeige in dem Buch auf, daß die Evangelisierung des Zölibats bedarf. Die Völker, die christianisiert werden, müßten Priestern begegnen, die ihr ganzes Leben Christus schenken. Dieser Christianisierung bedürfen heute auch europäische Völker.

„Die Kirche braucht die Radikalität des Evangeliums und nicht die Anpassung an Lauheit die Welt.“

Synodaler Weg diskutiert Priestertum und Zölibat

Bischof Bode spricht sich dabei für verheiratete Priester im Nebenberuf aus.

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Bischof Franz-Josef Bode

Der Osnabrücker Bischof Bode sprach sich bei der Synodalversammlung für eine Lebensform von Priestern mit Familie und Beruf aus. "Ich weiß nicht, wie wir sonst mit dem Priestermangel umgehen sollen.“

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode hat sich für die Einführung von verheirateten Priestern mit Zivilberuf ausgesprochen. „Ich bin der Meinung, dass es beide Formen geben kann: den Zölibat für hauptamtlich tätige Priester und daneben eine Lebensform von Priestern mit Familie und Beruf. Ich weiß nicht, wie wir sonst mit dem Priestermangel umgehen sollen.“ Bode äußerte sich am Samstagmorgen im Rahmen der Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt.

Online-Umfrage zeigt hohe Wertschätzung für zölibatäre Lebensform

Bei der Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse der vorbereitenden Kommission zu „Priesterliche Existenz heute“ stellte Pfarrer Arno Zahlauer zunächst Ergebnisse einer Online-Umfrage vor, an der sich 5.300 Personen beteiligt hatten, allerdings kaum junge Menschen. Zahlauer zeigte sich überrascht, wie hoch die Wertschätzung für die priesterliche zölibatäre Lebensform in den eingegangenen Rückmeldungen sei. Zwar habe sich eine knappe Mehrheit für einen optionalen Zölibat ausgesprochen. Dennoch hätten sich viele Menschen vom Zölibat des Priesters beeindruckt gezeigt.

Priesterpersönlichkeiten, die sich um die Seelsorge kümmerten und im Gebet stünden, würden ersehnt, so Zahlauer. Viele Menschen hätten aber den Eindruck, dass der Priesterberuf durch bürokratische Verpflichtungen verunmöglicht werde. Einzelne Rückmeldungen vermissten eine gemeindliche Gebetskultur, in der Berufungen zum Priestertum wurzeln könnten. Zahlauer zufolge sei die Frage des Frauenpriestertums relativ selten angeschnitten worden. Die Frage des Missbrauchs habe in den ihm vorliegenden Rückmeldungen keine Rolle gespielt.

Weihbischof Schwaderlapp: Ich lebe gerne den Zölibat

Der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp zeigte sich beeindruckt von den Rückmeldungen der Internet-Umfrage. „Ich lebe gerne den Zölibat mit seinen Höhen und Tiefen. Die gibt es in einer Ehe auch. Beide sind herausfordernd.“ Schwaderlapp fragte weiter, wie man Formen von gemeinschaftlichem Leben von Priestern einrichten könne.

Professor Eberhard Tiefensee vom Priesterrat des Bistums Dresden-Meißen rief dazu auf, auf die schwärende, ja stinkende Wunde misslingenden Priestertums zu blicken und erst danach in Dogmatiklehrbücher und kirchliche Lehrtexte zu schauen.

"Bevor man an die Lehre geht, muss man sie verstanden haben"

Dorothea Schmidt von Maria 1.0 gab zu bedenken, dass man in erster Linie nicht über die Probleme mit dem Zölibat sprechen solle, sondern über dessen Schönheit. Wörtlich sagte sie: „Bevor man an die Lehre geht, muss man sie verstanden haben.“ Sie habe viele einsame Priester kennengelernt. „Wie können wir diese Priester unterstützen?“

Professor Matthias Sellmann vom ZdK fragte in seiner Wortmeldung, was er als Gemeindechrist für einsame und überforderte Priester tun könne. „Es kann nicht sein, das wir über Priester sprechen, ohne über desolate Gemeindlichkeit zu sprechen.“ Pfarrer Markus Konrad vom Priesterrat des Bistums Mainz stieß sich am Begriff des Pflichzölibats. „Wir sprechen ja auch nicht von einer Pflichtehe. Beiden Lebensformen liegen Entscheidungen zu Grunde.“ Konrad fragte indes, ob in einer zunehmend von Single-Haushalten geprägten Gesellschaft eine überzeugend gelebte Priesterehe nicht ein überzeugendes Zeichen sein könne.

Diskrepanz zwischen Leben und Lehre

Esther Göbel vom Berufsverband der PastoralreferentInnen bezog sich in ihrem Redebeitrag auf eine Umfrage in ihrer Berufsgruppe. Danach seien 95 Prozent der Befragten nicht der Meinung, dass der Zölibat die einzige angemessenene Lebensform für Priester sei. „Es gibt hier eine Diskrepanz zwischen Lehre und Leben“, so die Pastoralreferentin aus dem Erzbistum Berlin. „Wir möchten die Erfahrung der Vereinbarkeit von Berufung uns selbstgewählter Lebensform einbringen.“

Papst Franziskus zum Zölibat

„Die Position des Heiligen Vaters zum Zölibat ist bekannt“, erklärt der päpstliche Pressesprecher, Matteo Bruni. Er reagiert damit auf die eindringlich Warnung des emeritierten Papstes Benedikt XVI.

Berlins Erzbischof Heiner Koch mahnte, die Seminaristen nicht zu vergessen, die sich auf die Priesterweihe vorbereiteten. „Diese werden oft nur wenig von der Gemeinde mitgetragen. Das komme zu den belastenden Reaktionen hinzu, die die Entscheidung für den Priesterberuf bei Freunden und Familie auslöse.

DT/om

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