Leben mit sieben Kindern

Leben mit sieben Kindern

Für Christina Osinger aus Taggenbrunn gibt es seit Jahren einen siebenfachen Muttertag. Die Legasthenie- und Dyskalkulietrainerin ist auch Ernährungscoach und Atemtechnik-Trainerin, aber in erster Linie stolze Mutter von sieben Kindern.

Osinger wuchs im Rosental als Einzelkind auf: „Ich bin ohne Geschwister aufgewachsen und mein Traum wäre gewesen, viele Geschwister zu haben.“ Ihr Mann, Rainer Osinger, hat auch nur einen Bruder. Nach dem Kennen- und Liebenlernen stellten beide schnell fest, dass sie viele Kinder haben wollten. „Ich arbeite schon immer mit Kindern, schon als Kind habe ich auf andere aufgepasst, habe mit 13 oder 14 Jahren schon Kinderstunden gehalten. Das habe ich geliebt.“

„Mindestens vier“ sollten es werden

Eine bekannte Familie hatte vier Kinder, und sie und ihr Mann hätten das großartig gefunden, dass alle miteinander spielen können. So sei der Wunsch geboren worden, mindestens vier Kinder zu bekomme, so Osinger. Mit 21 kam das erste Kind, Michael. Darauf folgte bald das zweite, Jasmin. Sie ist schwer behindert: „Das hat uns wirklich mitgenommen, wir haben erst lernen müssen, damit umzugehen. Aber nach einiger Zeit haben wir uns doch getraut, ein weiteres Kind zu bekommen und letztendlich sind es sieben geworden.“

Die letzten beiden sind Zwillinge: „Das war ein besonderes Geschenk, weil ich immer Zwillinge haben wollte, nach dem Motto, zwei auf einmal, wie cool.“

Große Herausforderungen

Doch die vielfache Mutter gibt zu, dass es eine riesige Herausforderung war. Der Älteste war damals acht: „Er hat mir viel Arbeit abgenommen. Während ich ein Baby gestillt habe, ist er mit dem anderen aufstoßen gegangen.“ Tochter Anja half beim Wickeln, allerdings auf dem Boden, wo es sicher war.

Sechs Schwangerschaften hat Christina Osinger hinter sich: „Schwanger sein war nicht das Gelbe vom Ei für mich. Andere Mütter erzählen ja, das war die beste Zeit ihres Lebens, ich habe es anstrengend erlebt. Ich habe immer viel Wasser und einen sehr dicken Bauch gehabt. Ich war immer froh, wenn die Babys da waren.“

Die Geburt des ersten Kindes war einschneidend, jedes weitere habe man genossen: „Ich war auch bei der ersten Geburt nicht wirklich nervös. Man bekommt ja immer viele Schauermärchen erzählt, ich habe mir aber nie Angst machen lassen. Binnen zwei Stunden war der Michael auf der Welt. Ich hatte eher leichte Geburten, schmerzhaft war jede, aber es war nie ein Schockerlebnis.“

Romantische Vorstellungen vom Muttersein

Bevor das erste Kind kam, hatte Christina Osinger eine sehr romantische Vorstellung vom Muttersein: „Vorgestellt habe ich es mir wunderschön, mit rosa Blümchen und weißen Wolken. In Vielem hat es sich auch bewahrheitet. Auf was ich nicht vorbereitet war, ist gewesen, wenn die Kinder krank werden oder wenn ein Kind behindert ist. Auf die Schmerzen und das Leid, das man miterlebt, darauf war ich nicht vorbereitet. Ich habe gedacht, es werde immer einfach sein.“

Noch leben vier Kinder im Haushalt, drei sind bereits flügge. Als das erste Kind auszog, habe es aber keine große Aufregung gegeben: „Er hat die Ausbildung in Graz weitergemacht, das ist ja nicht so weit weg und wir haben uns recht oft gesehen. Für die Geschwister war es eine große Umstellung, dass der älteste Bruder weg war.“ Zwei werden in Kürze ausziehen. Wie funktioniert das loslassen: „Das ist eine gute Frage. Ich denke, es funktioniert gut, aber ich freue mich immer sehr, wenn sie uns besuchen kommen oder anrufen. Wenn das letzte geht, werde ich aber sehr schlucken.“

„Freue mich auf die Enkelkinder“

Irgendwann werden bei sieben Kinder auch Enkelkinder kommen: „Ja, darauf freue ich mich sehr. Ich bin auch schon total gespannt darauf, wie das wird, ich freue mich irrsinnnig.“ Die Zwillingsmädchen sind jetzt 15. Kann sich Christina Osinger vorstellen, mit 45 noch ein Kind zu bekommen? „Nein, nicht mehr, überhaupt nicht. Ich bin froh, dass ich sie früh bekommen habe. Jetzt wäre ich viel zu übervorsichtig und nervös, ich hätte auch nicht mehr die Kraft für ein Kleinkind.“

Als Mutter sei sie keine „Helikoptermutter“. In der Erziehung habe man immer gesagt, man gebe ihnen tiefe Wurzeln und später weite Flügel: „Unsere Kinder haben am Anfang ihres Lebens sicher enge Grenzen gehabt. Wir haben immer genau gewusst, was wir wollten und es ihnen auch erklärt. Ich habe auch erwartet, dass sie das befolgen. Als sie 14 und 15 wurden, haben wir uns zurückgehalten, sie waren auch frei in ihrer Berufswahl. Wir geben nicht überall unseren Senf dazu, sondern warten, bis sie zu zu uns kommen und fragen.“

Jedes Kind individuell behandeln

Sieben Kinder haben sieben unterschiedliche Persönlichkeiten. Osinger sagte, über die Unterschiedlichkeiten der Kinder könnte sie Bücher schreiben: „Wir haben auch immer gesagt, nicht jeder bekommt zu jeder Zeit das gleiche. Wir behandeln jedes Kind so, wie es verlangt, behandelt zu werden. Wenn sich mein Teenager wie ein dreijähriges Kind verhält, wird er auch so behandelt. Wir gehen individuell auf die Kinder ein, in welchem Entwicklungsstadium sie sind und in welcher Phase des Lebens sie sich befinden.“

Nicht jedes Kind entwickelte sich gleich schnell, manche brauchten auch in schulischen Belangen etwas länger, bei einigen wurde Legasthenie festgestellt. Christina Osinger reagierte und ließ sich zur Legasthenie- und Dyskalkulietrainerin ausbilden und konnte so ihre Kinder Zuhause unterrichten.

Unterricht Zuhause

Das funktionierte offenbar sehr gut: „Es war die beste Entscheidung, weil wir die Kinder herausgenommen haben und ihnen die Zeit gegeben haben, dass sie sich individuell entwickeln. Manche Kinder waren ihrem Alter voraus und manche waren zurück. Wenn man voraus ist, ist das ja kein Problem. Aber wenn man nicht so schnell ist beim Lesen, Schreiben oder Rechnen steht man schnell als der Dumme da. Unsere Kinder, die nicht so schnell waren, wussten gar nichts von ihrem Manko und irgendwann waren sie auf dem gleichen Level.“

Eine Abgrenzung von Mutter und Lehrerin gebe es nicht, sie war beides, so Osinger. „Das war mir ein Herzensanliegen, es ist meine Begabung, mit Kindern umzugehen. Am Vormittag haben wir gelernt. Nicht so wie in der Schule, wo der Lehrer vorträgt, sondern für jedes Kind war es anders zugeschnitten. Am Nachmittag war frei, in kürzerer Zeit haben sie mehr gelernt.“

Herausforderung Konsequenz

Die größte Herausforderung berufstätiger Eltern mit vielen Kindern sei die Konsequenz, sagt Osinger. Denn wenn sie nicht konsequent sei, seien es die Kinder auch nicht. So sei die Hausarbeit aufgeteilt worden, das habe sie unmöglich alles alleine machen können. „Wir haben schon immer Pläne gehabt, wer wann was tut tun hat, das ist am Wochenende kontrolliert worden und es hat auch Belohnungen gegeben.“

Anfangs war sie Vollzeitmutter, das war eine bewusste Entscheidung, dass sie selbst für ihre Kinder das sein würde: „Mein Mann arbeitet und hat Geld verdient. Für uns war wichtig, ihnen soziale Werte beibringen, dass sie Bitte und Danke sagen, dass sie Zivilcourage bekommen, dass sie herzensintelligent und charakterstark sind.“ Das Urvertrauen solle sie durch das Leben begleiten, so Osinger. Das Ausspielen der Eltern versuchen alle Kinder. Sie habe es mit ihrem Mann so geregelt, dass er sich hinter ihre Entscheidungen stellt, auch wenn er vielleicht anderer Meinung wäre. Ohne Kinder habe man das dann allein besprochen.

Immer in der Gruppe unterwegs

Da sie nicht immer jemanden hatte, der auf die Kinder aufpasst und sie sie oft mitnehmen musste, sei es ihr auch wichtig gewesen, dass die Kinder in der Öffentlichkeit folgen. Wenn man mit einer Gruppe Kinder auftaucht, wartet jeder schon drauf, dass etwas passiert.

Der Muttertag sei nicht forciert worden, sie hätten dann irgendwann gebacken und Blumen gepflückt, auch Zeichnungen stehen bei der Mutter hoch im Kurs. Ganze Mappen gebe es davon. Heute bekomme sie viel von den Kindern zurück, die schätzen lernen, welches Elternhaus sie hatten: „Das bekommen wir sehr oft zurück. Was mir so wichtig ist, ist, dass die Kinder untereinander Freunde sind. Deswegen wollten wir viele in kurzer Zeit, damit sie Freunde sein können. Der Wunsch hat sich erfüllt.“

Großfamilie auf Campingurlaub

Am Anfang der Familiengründung habe es viele negative Reaktionen gegeben. Jetzt erlebe man aber als Gruppe das Gegenteil. „Wenn wir alle campen gehen, ist das ein Massenauflauf, denn teilweise kommen auch die Freunde der Kinder mit. Die Leute fragen dann, ob wir eine Jugendgruppe sind und wenn es heißt, nein, eine Familie, dann sprechen sie mit uns und wir sind plötzlich der Fixpunkt auf dem Campingplatz.“

Das Finanzielle mit sieben Kindern ist auch eine Frage des Managements: „Unsere Kinder haben nicht alles. Mein Mann war lange Alleinverdiener. Unsere Kinder haben es immer so gemacht, dass die Kleidung mehrfach verwendet wurde, das Essen wurde nicht weggeworfen, sondern aufgegessen. Die Kinder haben geteilt, wir haben auch nicht immer alles neu gekauft, sondern sind zum Flohmarkt gegangen. Die Kinder haben erst zwischen 14 und 15 ein Handy bekommen, wir haben eher einfach gelebt.“ Es fehle an nichts, man sei reich an Liebe, Gemeinsamkeit, Umarmungen und Küssen. „Da sind wir sicher die Reichsten“.