Studiengebühren

Öffentliche Präferenzen für die Erhebung von Studiengebühren sind wichtig für die Hochschulfinanzierung. In zwei Artikeln zeigen wir, dass die Präferenzen der Öffentlichkeit für die Erhebung von Studiengebühren zum Teil auf Annahmen über die Einkommensvorteile von Hochschulabsolvent:innen und auf der spezifischen Ausgestaltung der Zahlungsströme beruhen. 

In einem Artikel konzipieren wir Umfrageexperimente in repräsentativen Stichproben der deutschen Wählerschaft (N>15.000), um zu testen, ob die öffentliche Zustimmung zu Studiengebühren von Einkommensinformationen abhängt. Die Wählerschaft ist gespalten, wobei eine relative Mehrheit Studiengebühren ablehnt. Die Bereitstellung von Informationen über die Einkommensvorteile von Hochschulabsolvent:innen erhöht die Zustimmung zu Studiengebühren um 7 Prozentpunkte und dreht damit die Mehrheit in Richtung Zustimmung. Der Effekt der verringerten Ablehnung von Studiengebühren hält auch zwei Wochen später noch an. Es gibt zwar Hinweise, dass verzerrte Annahmen durch die Informationen aktualisiert werden, aber der Effekt scheint hauptsächlich durch eine erhöhte Aufmerksamkeit zu wirken, die zu einer verringerten Berücksichtigung finanzieller Zwänge bei der Präferenzbildung für Studiengebühren führt. Informationen über fiskalische Kosten und ungleichen Zugang beeinflussen die öffentlichen Präferenzen nicht. Wir unterziehen das Ergebnis verschiedenen experimentellen Tests auf Replizierbarkeit, Robustheit, Heterogenität und Verknüpfung mit politischen Konsequenzen.

In einem weiteren Artikel zeigen wir, dass die Präferenzen der Wählerschaft für die Verwendung von Studiengebühren zur Finanzierung der Hochschulbildung stark von der Ausgestaltung der Zahlungsströme abhängen. Dabei geht es um nachgelagerte Studiengebühren, die erst nach dem Studium und erst ab einem gewissen Jahreseinkommen zurückgezahlt werden müssen. In repräsentativen Umfragen unter der deutschen Wählerschaft (N>18.000) erhöht sich die öffentliche Zustimmung zu Studiengebühren um 18 Prozentpunkte, wenn Zahlungsverpflichtungen während des Studiums durch solche aufgeschobenen einkommensabhängigen Zahlungen ersetzt werden. Der Bevölkerung scheint also wichtig zu sein, dass die Studiengebühren dann und nur dann zu zahlen sind, wenn das Studium tatsächlich zu einem relativ hohen Einkommen geführt hat. Der Effekt verwandelt eine Mehrheit gegen Studiengebühren in eine starke Mehrheit von 62 Prozent für Studiengebühren. Weitere Experimente zeigen, dass der Effekt in ähnlicher Weise auftritt, wenn es sich um rückzahlbare Kredite handelt, wenn die Antworten politische Konsequenzen haben und in einer Umfrage unter Jugendlichen. Geringere Gerechtigkeitsbedenken und eine verbesserte Situation der Studierenden wirken als starke Mechanismen. 


Wissenschaftliche Artikel:

Income Contingency and the Electorate’s Support for Tuition (with P. Lergetporer). CESifo Working Paper 9520 / IZA Discussion Paper 14991, January 2022 [tweet]

Earnings Information and Public Preferences for University Tuition: Evidence from Representative Experiments (with P. Lergetporer). Journal of Public Economics 226: 104968, 2023 [tweet]


Zeitungsartikel:

Fürs Studium bezahlen? Aber richtig! (with P. Lergetporer). NOeG-Blog "Der ökonomische Blick" auf diepresse.com, 23.5.2022

Studium zum Nulltarif? Nicht für die Besserverdiener von morgen! (with P. Lergetporer). Wirtschaftswoche, 30.8.2019, p. 36


Interviews: 

Nichts ist gerechter (with A. Meyer auf der Heyde). Süddeutsche Zeitung, 29.1.2018, p. 16

500 Euro pro Semester – Wieso das Bezahlstudium gerecht ist. Die Zeit, 3.9.2015, No. 36, p. 66, 2015  


Nicht-technischer Beitrag: 

Abschnitt 4.3 in: 

Public Opinion and the Political Economy of Educational Reforms: A Survey (with M. Busemeyer and P. Lergetporer). European Journal of Political Economy 53: 161-185, 2018