Mehrgliedrigkeit

Das deutsche Schulsystem weist eine starke Gliederung des weiterführenden Schulsystems in verschiedene Schularten auf. In den meisten Bundesländern werden Kinder nach der vierten Klasse auf verschiedene Schularten aufgeteilt, deren Anzahl und Bezeichnungen sich je nach Bundesland unterscheiden. Diese Aufteilung nach der vierten Klasse gibt es nur in Deutschland und Österreich; in zwei Dritteln der entwickelten Länder erfolgt die Aufteilung frühestens im Alter von 15 Jahren.

Zahlreiche Forschungsbefunde legen nahe, dass eine spätere Aufteilung und eine verringerte Anzahl der Schularten die Chancengleichheit für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen erhöhen würde. Empirische Belege aus dem internationalen Vergleich, dem Vergleich der Bundesländer und von entsprechenden Reformen in Finnland und Schweden zeigen, dass eine verringerte Gliederung des Schulsystems die Abhängigkeit der Bildungsergebnisse vom familiären Hintergrund der Schüler verringern kann, ohne dass darunter das Leistungsniveau insgesamt leidet. Je früher die Aufteilung erfolgt, desto stärker hängt die gewählte weiterführende Schulart vom sozialen Hintergrund der Kinder statt von ihrem tatsächlichen Potenzial ab.


Die letzte Spalte des folgenden Zeitungsartikels geht kurz auf zentrale Befunde ein:

Die entscheidende Säule. Wirtschaftswoche Global, No. 2, 24.6.2013, pp. 110-111


Hier erfahren Sie mehr über meine Forschung zu diesem Thema.

Meine wichtigsten wissenschaftlichen Artikel zum Thema sind:

Does Educational Tracking Affect Performance and Inequality? Differences-in-Differences Evidence across Countries (with E.A. Hanushek). Economic Journal 116 (510): C63-C76, 2006

Education Policy and Equality of Opportunity (with G. Schütz and H.W. Ursprung). Kyklos 61 (2): 279-308, 2008

Einen nicht-technischen Überblick gebe ich in:

Beeinflusst Bildungsselektion Bildungsergebnisse und Ungleichheit? Internationale und nationale Evidenz. In: M. Held, G. Kubon-Gilke, R. Sturn (eds.), Jahrbuch Normative und institutionelle Grundfragen der Ökonomik, Band 8: Bildungsökonomie in der Wissensgesellschaft, Marburg: Metropolis, 147-167, 2009

Das fünfte Kapitel meines Buches von 2007 beschreibt die Befunde zur Mehrgliedrigkeit:

Letzte Chance für gute Schulen: Die 12 großen Irrtümer und was wir wirklich ändern müssen. Munich: ZS Verlag Zabert Sandmann, 2007

Zwei Beiträge über unsere Forschungsergebnisse:

Spätes Aussieben lohnt sich. Sonntagsökonom in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 25.3.2007 über meine Forschung zum dreigliedrigen Schulsystem

Das große Einmaleins der Ungerechtigkeit. "Wissenswert"-Beitrag im Handelsblatt vom 21.11.2005 über unsere Forschung zum Effekt der Mehrgliedrigkeit auf die Ungleichheit der Schülerleistungen


Mein Vortrag "Mehrgliedrigkeit des Schulsystems und Chancengleichheit" auf der Konferenz "Differenziertes Schulsystem vs. Gesamtschule" der Österreichischen Forschungsgemeinschaft: