Bildung als Schlüssel zur Integration

Der umfangreiche Zuzug von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 hat Deutschland vor große Herausforderungen gestellt. Viele derjenigen, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, haben kurzfristig wenig Hoffnung auf Rückkehr in ihre Heimat. Daher besteht die zentrale Aufgabe in der Integration der schutzbedürftigen Menschen, die Teilnahme am normalen Leben und nicht zuletzt am Arbeitsmarkt erfordert. Eine der klarsten Erkenntnisse der Migrationsforschung ist, dass Spracherwerb und berufliche Qualifikation für die Integration am Arbeitsmarkt entscheidend sind.

Bildung in Form von Sprache und Qualifikation ist also der Schlüssel zur Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt und damit auch in die Gesellschaft. Sie wird nur gelingen, wenn die Politik von realistischen Prämissen über das Bildungs- und Qualifikationsniveau der Flüchtlinge ausgeht. Sowohl meine frühen Berechnungen anhand der internationalen Schülerleistungsvergleiche als auch die aktuellen Daten über die beruflichen Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge deuten darauf hin, dass die aktuelle Flüchtlingspopulation in ihrer Breite nicht eine Qualifikationsstruktur aufweist, die den deutschen Fachkräftebedarf decken könnte.

Deshalb müssen pragmatische Lösungen gefunden werden, um die Integration zu erleichtern und zu beschleunigen. Zu den verfügbaren Maßnahmen zählt die schnelle und flächendeckende Umsetzung verpflichtender Sprachkurse, um den Spracherwerb zu fördern. Eine Schulpflicht bis 21 Jahren für Personen, die weder einen berufsqualifizierenden Abschluss noch einen Arbeitsplatz haben, könnte die Qualifizierung junger Flüchtlinge erleichtern. Ausbildungsbegleiter könnten dabei helfen, das duale Berufsausbildungssystem zu durchschiffen. Aus meiner Sicht wäre die massive Ausweitung ein- bis zweijähriger teilqualifizierender Berufsausbildungen sehr wichtig, die praktische Fähigkeiten betonen und theoretische Grundlagen begrenzen. Auch gibt es am Arbeitsmarkt weiterhin eine Reihe spezifischer Hemmnisse, die abgebaut werden könnten.

Darüber hinaus wäre es aus meiner Sicht wichtig, zwei bereits bestehende rechtliche Regelungen klar zu kommunizieren und umzusetzen: zum einen die "3-plus-2-Regelung", die einen sicheren Aufenthaltsstatus während einer Ausbildung und bei Abschluss für weitere zwei Jahre sichert. Dies schafft Planungssicherheit für Flüchtlinge und Unternehmen. Zum anderen das Bleiberecht: Eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis können Flüchtlinge (nur) bei genügenden Deutschkenntnissen und dauerhafter Beschäftigung erlangen. Dies schafft Anreize, nicht zuletzt für die benötigten Bildungsinvestitionen.

Für eine erfolgreiche Integration der Flüchtlingskinder ist es entscheidend, dass sie schnell in täglichen sprachlichen Austausch mit Kindern ohne Migrationshintergrund kommen. Deshalb müssen ein verpflichtender Kindergartenbesuch, eine möglichst breite Verteilung auf die Schulen und eine schnelle Teilnahme am normalen Unterricht an erster Stelle stehen.


Ein früher Zeitungsartikel und Interview zum Thema:

Warum die Integration schwierig wird. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.2.2016, p. 16

Zwei Drittel können kaum lesen und schreiben. Die Zeit, 19.11.2015, No. 47, p. 81, 2015


Ein Ende 2015 verfasster Beitrag zur Integration durch Bildung:

ohne Verweise: Integration durch Bildung: Für eine realistische Flüchtlingspolitik. Forschung & Lehre 23 (1): 11-13, 2016

mit Verweisen: "Bildung als Schlüssel zur Integration: Nur eine realistische Flüchtlingspolitik wird Erfolg haben" in: ifo Schnelldienst 69 (1): 21-24, 2016


Mit dem Aktionsrat Bildung habe ich einen „Masterplan Bildungsintegration" gefordert:

Integration durch Bildung. Migranten und Flüchtlinge in Deutschland. Gutachten des Aktionsrats Bildung. Münster: Waxmann, 2016


Im ifo Bildungsbarometer haben wir erhoben, welche Bildungsmaßnahmen zur Integration der Flüchtlinge die Deutschen befürworten:

Bildungsmaßnahmen zur Integration der Flüchtlinge – Was die Deutschen befürworten (with P. Lergetporer, F. Kugler, and K. Werner). ifo Schnelldienst 69 (17): 35-43, 2016


Mein Vortrag "Integration durch Qualifikation: Chancen und Herausforderungen der Zuwanderung" beim ifo Branchendialog im November 2016:

In der Talkshow "Hart aber fair" zum Thema "Jung, männlich, ungebildet? Der Integrations-Check" im Februar 2016:

Interview in Plusminus vom März 2016:

Im Monitor-Interview im November 2015: