2013

Ötztaler Radmarathon 2013

Jedes Jahr melden sich über 15.000 Hobbyradfahrer beim legendären Ötztaler Radmarathon an. Per Losverfahren werden dann 4.700 Sportler gewählt und dürfen sich den Strapazen am 25. August stellen. Unter ihnen auch wieder zwei Radsportler vom Team TV Elm. Martin und Andreas, zum 5. Mal am Start, mußten dieses Jahr allerdings eine besondere Herausforderung annehmen. Nicht nur die 238Km und 5.500Hm standen auf dem Programm, nein - der Wettergott hatte diesmal eine weitere Anstrengung zu bieten.

Verlief die Anreise am Vortag noch bei strahlendem Sonnenschein, blieb der Wetteroptimismus dennoch verhalten. Denn der einsetzende Regen entwickelte sich über Nacht zu einem sintflutartigen Unwetter. Der Veranstalter und die örtlichen Wetterstationen kündigten einen verregneten Tag in Sölden an. Die Temperaturen am Start waren dementsprechend kurz vor dem Nullpunkt und die Stimmung hatte diesen schon erreicht. Um 6.45Uhr zur Startzeit standen dann nur noch ganz harte Biker in Regenmontur auf der völlig überfluteten Straße. So war es nicht verwunderlich, dass rund 1.300 startberechtigte Fahrer sich kurz vor dem Start aus Sicherheitsgründen entschieden nicht zu starten.

Unsere zwei Sportler dagegen nahmen die Challenge an und mußten im Laufe des Rennens mit allen Wetterkapriolen kämpfen. An diesem Tag waren nicht nur die Anstiege auf die vier Gipfel zu bezwingen, sondern die Abfahrten auf regennassem Untergrund entwickelten sich zu einem Glücksspiel.

Die 32km lange Talfahrt nach Ötz im Peloton durch das dämmernde, morgendliche Ötztal verlangte zu Beginn von allen gestarteten Fahrern äußerste Vorsicht. Denn die aufgewirbelte

Wer den Ötztaler Radmarathon finisht, steht unter den Hobbyfahrern auf der Respektliste ganz oben. Kälte und Regen, Selbstdisziplin und eine Prise Glück schrieben das Drehbuch für den diesjährigen Rad-Klassiker. Eine Rundfahrt, die an Ausdauer und Kraft das Höchste abverlangt. Hochachtung gebührt allen Ausgestiegenen und Finishern.

Gicht schränkte nicht nur das Sichtfeld enorm ein, sondern auch die Bremswirkung tendierte gegen Null. Der innere Schweinehund sagte mit jedem Kilometer, dass der Grenzbereich längst überschritten sei. Doch unseren ambitionierten Elmer Fahrern schossen andere Gedanken durch die Köpfe: „Der Unterschied zwischen dem Unmöglichen und dem Möglichen liegt in der Entschlossenheit einer Person“ und „Schmerz ist vergänglich, Erfolg bleibt für immer.“ Mit dieser Erkenntnis und mit einem erhöhten Puls schließlich erreichten die Radfahrer den ersten Anstieg. Nicht alle konnten sich mit der Situation anfreunden - der Ötztaler forderte weitere Opfer. Viele Hobbyfahrer kapitulierten den Regenmassen und stiegen aus und es sollten noch mehr werden. Große Namen wie Martin, Andreas, Jan Ullrich, Jörg Ludewig quälten sich dagegen zum Kühtai hinauf. Die Temperatur auf der Passhöhe in 2.020m gab den völlig durchnässten Radfahrern einen weiteren Dämpfer. Die Lust am Biken hatte jetzt seinen Tiefpunkt erreicht. Die anschließende Abfahrt nach Innsbruck, bekannt für seine Hochgeschwindigkeitsabschnitte, verlangte abermals viel Mut und Glück. Erste Erfrierungserscheinungen machten sich in Form von Nadelstichen am Schienbein bemerkbar und die Bremsbacken quittierten

den Dienst vollständig. Die Kühtai-Abfahrt sollte bis dahin die härteste Prüfung sein, denn je weiter der Tross Richtung Innsbruck kam, desto dünner wurde die Wolkendecke. Mit jeder Umdrehung wurde die Strasse trockener. So dass am Brenner ein Wetterumschwung einher zog. Es mußte wohl etwas mit dem sonnenverwöhnten Italien zu tun haben. Denn kaum hatten die Radsportler die Grenze überschritten, zauberte die Wärmestrahlung ein Grinsen in die Gesichter. Dennoch verringerte sich das Feld von 3.352 gestarteten Helden um weitere Teilnehmer.

Am Jaufenpass, der die dritte Gipfelersteigung präsentierte, wurden nur noch 2.375 Radfahrer gezählt. Martin und Andreas fanden wieder Freude am Radfahren und checkten sogleich die geplante Ankunftszeit. Die Passhöhe in 2.090m wurde erreicht und so sollte die Zielzeit unter 10Std bleiben. Nach dem Motto: „Verlierer hören auf, wenn sie müde sind. Gewinner hören auf, wenn sie gewonnen haben“, machte die Abfahrt nach St. Leonhard auf teilweise neuem Straßenbelag auch wieder Spaß.

Der Schlussakt stand bevor. Wie jedes Jahr entscheidet das Timmelsjoch mit seinem 29Km langen Anstieg und 1.759Hm über Sieg oder Niederlage, ob Freud oder Leid. Obwohl noch am frühen Morgen in Gipfelhöhe zentimetergroße Schneepflocken ein weißes Bild präsentierte, konnten die Teilnehmer bei schönstem Sonnenschein, aber bei sehr niedrigen Außentemperaturen, den Anstieg genießen. Wenn da nicht die körperlichen Ermüdungserscheinungen gewesen wären. Die Beine hatten bis dahin bereits 200Km zurückgelegt und die Wetterkapriolen förderten nicht unbedingt das Wohlbefinden. Erste leichte Krämpfe begleiteten unsere Elmer Radsportler zum Wendepunkt in 2.509m Höhe. Dennoch, das Ziel war greifbar nahe.

Nach dem anfänglichem Regenchaos wollte und sollte der Traum nicht platzen. Der eiskalte Wind während der Talfahrt nach Sölden konnte Martin und Andreas nicht mehr zurück halten. Wer heute im Ziel ankam, war nicht nur ein Sieger über den inneren Schweinehund, sondern auch ein Glückspilz. Vor allem gesund und überglücklich erreichten beide Fahrer fast zeitgleich den Zielbereich. Unter diesen Umständen überquerte Martin in sensationellen 9:47Std die Ziellinie. Bei Andreas blieb das Messgerät bei 10:00Std stehen. A.P.