Rad am Ring

6x Grüne Hölle

Rad am Ring, so nennt man die Veranstaltung, die jährlich tausende Radsportler in die Eifel lockt. Für ein Wochenende gehört die Nordschleife den Fahrern, die ihr Sportgerät mit Muskelkraft vorwärts bewegen. Vom Jedermann-Rennen über Zeitfahrdistanzen bis hin zum 24h-Team-Rennen, ob mit dem Mountainbike oder Rennmaschine, für alle werden individuelle Rennen angeboten.

Harry, der die Erfahrung bereits kennt, steht mit Roberto und Alex an der Startlinie zum 150Km-Ritt durch die Grüne Hölle. Das bedeutet 6x 25Km über den Grand-Prix-Kurs und durch ein besonderes Kurvengeschlängel rund um die Nürburg. Dabei müssen 500Hm je Runde bezwungen werden.

Nach der Startfreigabe stürmen tausende hochmotivierte Radfahrer Richtung Mercedes-Arena. Es gibt kein Halten mehr. Auch die drei Elmer Biker sind mit Adrenalin vollgepumpt und folgen dem Streckenverlauf des Nürburgrings. Ohne Motorenlärm geht es leicht abwärts durch das Michael-Schumacher-S vorbei an zahlreichen Zeltaufbauten, die das Fahrerlager für die 24h-Fahrer bilden. Die riesige Radfahrerarmada schlängelt sich durch die Veedol-Schikane und erreicht anschließend das Tor zur Hölle. Der Ritt über die Nordschleife ist eröffnet.

Die Rennslicks von Harry und Alex haben ihre Betriebstemperatur erreicht und alsbald steigt ab Hatzenbach die Renngeschwindigkeit rapide an, weil der Bergab-Teil nun beginnt. Roberto ist irgendwo im Feld verschwunden. Jeder konzentriert sich auf das folgende Kurvenlabyrinth, in dem langsamere Fahrer außen oder innen überholt werden müssen. Ein besonderes Rennfeeling erreicht das Großhirn, welches für den nächsten Abschnitt ausgeschaltet werden muß.

Ab Schwedenkreuz bis runter zur Fuchsröhre erreichen die Radsportler Höchstgeschwindigkeiten von über 100Km/h. In windschnittiger Haltung rauschen die Elmer Fahrer mit vielen anderen verrückten Biker durch die Kompression bevor im Adenauer-Forst das Tempo schlagartig durch eine Rampe verzögert wird. Rennautos bemerken das Wellenformat kaum. Radfahrer dagegen spüren jede Fahrbahnerhöhung im Antriebsstrang. Nochmals zeigt der Streckenverlauf talwärts bis bei Breidscheid der tiefste Punkt erreicht ist.

Für die Sportler beginnt jetzt die Grüne Hölle. Über einen 5km langen Rennverlauf müssen die Radfahrer die vernichteten Höhenmeter wieder aufbauen. Stetig ist die Kurbel unter Druck bis eine 17%-Rampe den Höhepunkt erreicht. Die Hohe Acht markiert dabei den Gipfel. Wir befinden uns noch immer in der ersten von sechs Runden. Alex, Harry und Roberto fahren längst ihr Tempo.

Es folgen Steilkurven, kurze Rollerpassagen und immer wieder schmerzende Rampen. Gute Bedingungen für Krämpfe, die sich im Laufe des Rennens bemerkbar machen werden. Manchmal fragt man sich wo die tausend Radfahrer verblieben sind. Denn auf dem langen Abschnitt Döttinger-Höhe, der eine mit Gegenwind beaufschlagte Gerade ist, wäre eine Windschattengruppe schön gewesen. Noch einmal ein letzter Anstieg, ehe die Start/Ziel-Gerade den Ausgangspunkt kennzeichnet.

Die zweite Runde beginnt und ein Blick auf die Uhr verrät, dass die Elmer Biker den ersten Turn viel zu schnell angefahren sind. 25km zeigt der Zähler an und mit dem jetzigen Wissen was wieder bevor steht, vermittelt ein ungutes Gefühl. Das Wetter wäre für einen Badetag optimal gewesen, für die Grüne Hölle jedoch bedeutet der Sonnenstrahler zusätzliche Belastung.

Von jetzt an heißt es Muskelschonender fahren, auch wenn die frischen Fahrer des 24h-Rennens immer wieder vorbei schießen. Schließlich dürfen die sich ausruhen und für die drei Elmer Fahrer gibt es keine Erholungsphase. Der Ablauf wiederholt sich. Jede Kurve und jeder Anstieg sind mittlerweile im Gehirn eingebrannt. Mit jeder Runde wird die Zeit nach oben korrigiert. Die Berg- und Talfahrt nagt an den Reserven. Erste Krämpfe erreichen das Muskelzentrum der Oberschenkel.

Endlich, irgendwann wird die letzte Runde eingeläutet. Gedanklich sieht man die Ziellinie. Doch noch einmal über die Nordschleife bedeutet 25km und 500Hm Zähne zusammenbeißen. Es ist geschafft. Es gibt zwar keinen Offiziellen, der mit einer schwarz-weiß-karierten Fahne das Ende des Rennens anzeigt, doch mit Überfahren der Ziellinie fällt alles schlagartig ab.

Alex, Harry und Roberto erreichen in ihren Altersklassen gute Zeiten und ein Erlebnis der besonderen Art geht zu Ende. Wer die Grüne Hölle mit dem Fahrrad erlebt hat, weiß, dass die Faszination Nordschleife ein einmaliges Abenteuer ist. A.P.