Radsporttage

Kaunertaler Gletscherkaiser

Der Kaunertaler Gletscherkaiser ist eines der berühmt berüchtigsten Bergrennen in Österreich. Jenes mit der höchstmöglichen Ankunft in den Alpen lockt jedes Jahr viele Bergspezialisten ins Kaunertal.

Auch ich will dieses Rennen einmal bestreiten. Ich habe schon einiges drüber gelesen und gesehen. Ohnehin fehlt mir die Panoramastraße hinauf zum Kaunertaler Gletscher in der Sammlung der schönsten Pass- und Bergstraßen der Alpen.

Nur wo anfangen mit dem Bericht ?

Dieses Event stellt ja nur den Anfang dar. Die Radsporttage im Tiroler Oberland sind ein echter Klassiker. Vom Bergrennen über den Radmarathon, das Profikriterium und sogar das Race across the Alps. Alles in 4 Tagen. Ich nutze dieses verlängerte Wochenende für ein kurzes Trainingslager. 2 Events und eine Trainingstour sind angedacht.

Schon am Mittwoch Abend wird klar, das Wetter wird grandios. Sternenklarer Himmel. Schnell noch das Rad hergerichtet und die Utensilien für das Bergrennen rausgelegt.

Der Morgen kommt schnell. Die Sonne lacht schon draußen. Doch im Tal ist es noch kalt, um die 7 Grad. Der Blick wandert nach oben. Am Ende des Tals leuchtet der Gletscher im Sonnenlicht. Wunderschön.

Der Start ist für 9.30 Uhr festgelegt. Vorher heißt es noch Startnummer und Transponder anbringen. Dann ist Einrollen angesagt. Im Startbereich ist es schon richtig voll. Auch die großen Stars der Jedermann Szene sind natürlich hier vertreten.

Es gilt nun 51 km und 2.150 Hm bis hinauf zum Gletscher zu überwinden.

Beim Einrollen treffe ich Jan-Philipp. Ein kurzes Gespräch, schon finden wir uns in der Startaufstellung. 200 Teilnehmer zählen die Veranstalter. Pünktlich fällt der Startschuss.

Notdürftig mit Windweste und Mütze eingepackt rolle ich über den Start. Nur die Abfahrt, dann geht es ja sowieso nur bergauf. Dementsprechend heiß wird es schon werden.

Der Startort Feichten liegt 1.235 m hoch. Also erst mal hinab ins Inntal. Der Start ist neutralisiert. Bis ins Tal wird das Feld geschlossen hinter dem Führungsfahrzeug verbringen, was schon zu einem enormen Bremsbackenverbrauch führt. Der Geruch von stinkendem Gummi liegt in der Luft.

Doch dann geht’s los. Noch schnell die Weste aufgerissen, schon wird mit voller Wucht in die erste Rampe gefahren. Mit über 12 % hinauf nach Kauns wird das Feld komplett zerlegt. Die Topathleten sind weg. Ich kann mich in einer der folgenden Gruppe halten. Der Puls ist enorm hoch, es wird auf Teufel komm raus reingehalten.

Auf der kurzen Zwischenabfahrt entledige ich mich der Windjacke. Auf den steileren Stücken merke ich, dass ich gut drauf bin und kaum einer aus der Gruppe folgen kann. Also bestimme ich ab nun das Tempo. Als es wieder flacher wird geht der Puls wieder sofort durch die Decke.Was ist denn hier los? Komplett am Limit hänge ich in der Gruppe. Doch nicht nur ich.

Als wir die Mautstation passieren und die Straße wieder an Steigung gewinnt, gehe ich wieder an die Spitze. Lieber drücke ich Ihnen mein Tempo auf.

Die erste Labestation kommt in Sichtweite. Zeit stehen zu bleiben bleibt beim Bergrennen nicht. Ich greife mir einen Becher Iso während dem Fahren und weiter geht’s. Vor dem Stausee steigt die Straße so richtig an. 13-14 %, die Kette wandert aufs größte Ritzel. Zusätzlich zur Steigung muss man den Kühen ausweichen, die immer wieder einfach die Straße queren.

Der Stausee ist erreicht. Das einzige Flachstück des ganzen Rennens. Ich drücke mir ein Gel rein und versuche die Gruppe im Flachen halten zu können. Vor der weiteren Streckenführung habe ich großen Respekt. Ab nun sinkt die Steigung überhaupt nicht mehr. Die Straße schlängelt sich in vielen Kehren immer weiter hinauf.

Am Riffelsee fällt die 2.000 m Höhenmarke. Jeder kämpft hier mit der brutalen Steigung. Ich versuche den Rhythmus möglichst konstant zu halten. Fahrer um Fahrer kann ich überholen. Leicht fällt es mir aber nicht. Selten bin ich so ans Limit gegangen wie heute. Die Steigung fällt einfach nicht ab.

Aber das Ziel ist schon in Sicht. Also noch einmal alles raushauen. Vorbei an Schneebergen klettere ich die letzten Kehren hinauf.

Irgendwie hoch so schnell es geht. Völlig ausgepumpt überquere ich die Ziellinie. Den Gletscher vor mir, die Straße hinter mir. Wahnsinn!

Erst mal zur Luft kommen, was auf dieser Höhe nicht so einfach ist. Das Panorama ist unfassbar. Was schon während der Bergfahrt ersichtlich wurde zeigt sich hier in voller Pracht.

Den Kaunertaler Gletscherkaiser kann ich in 2:24 h bewältigen, was sich als Gesamtrang 58 ausgeht. In meiner Altersklasse komme ich sogar auf den 18 Rang. Mehr als zufrieden bin ich mit dieser Leistung.

Nach der obligatorischen Pasta Party, dieses Mal am Gletscher, geht es wieder hinab.

Das Bergrennen ist ein absolutes Muss für ambitionierte Bergfahrer. Tolle Kulisse, wunderschöne Straße , gute Organisation und natürlich extrem hart und anspruchsvoll.

Ich komme wieder ....

Kleine Runde (B-Strecke 3 Länder Giro)

Noch am selben Tag verlasse ich das Kaunertal in Richtung Nauders, dem Dreh und Angelpunkt der Radsporttage im Tiroler Oberland. Hier werden die kommenden Events stattfinden.

Der Freitag nach dem Gletscherkaiser wird für eine weitere Trainingstour genutzt. Dazu treffe ich mich mit Jan-Philipp und wir starten in Richtung Südtirol. Angedacht ist die „kurze“ B-Tour des 3 Länder Giro Marathons.

Bei strahlendem Sonnenschein und angenehm warmen Temperaturen rollen wir über den Reschenpass hinunter ins Vinschgau. Vor uns die atemberaubende Kulisse der Ortlergruppe. Durch die Apfelgärten Südtirols geht es durch die Ortschaft Prad. Hier geht die Königin der Alpenstraßen los. Wohl einer der faszinierendsten Pässe der Alpen. Auf 26km werden 48 Kehren und 1.850 Hm überwunden.

Mit Respekt nehme ich die Steigung, schließlich gilt es für den Marathon am Sonntag noch Körner übrig zu haben. Mit gutem Rhythmus geht es hinauf. Landschaftlich ein Traum. Oben angekommen auf 2.750 m einen kurzen Zwischenstopp mit dem obligatorischen Bild eingelegt. Auch nach mehrmaligem Befahren immer wieder ein Genuss die Steigung.

Danach geht’s über den Umbrailpass hinunter ins Val Müstair. Von dort wieder ins Vinschgau und entlang des Reschensees wieder zurück nach Nauders.

3 Länder haben wir bei dieser wunderschönen Tour durchquert. 122 km und knapp 3.000 Hm in 5 Stunden Fahrzeit bewältigt. Nun heißt es regenerieren für Sonntag.

Am Abend noch das spektakuläre Profi Radkriterium in der Nauders angeschaut.

Mit dem Abholen der Startunterlagen am Samstag, der Wettkampf Besprechung und der obligatorischen Pasta Party beginnen die letzten Vorbereitungen für den 3 Länder Giro...

3 Länder Giro

Den Abschluss der Radsporttage im Tiroler Oberland bildet traditionell der 3 Länder Giro. Dieser Radmarathon führt wie der Name bereits beinhaltet durch das Dreiländereck Österreich, Italien und Schweiz.

Sonntagmorgen 5 Uhr. Draußen ist es bereits hell. Doch tiefhängende Nebelfelder versperren den Blick auf die umliegenden Berggipfel. Die Straßen sind vom verregneten Vorabend aber schon so gut wie abgetrocknet.

Ohnehin ist mal wieder bestes Wetter mit bis zu 13 h Sonne angekündigt. Kurz und knapp, optimale Bedingungen.

Der Start für den Radmarathon ist 6:30 Uhr. 2.600 Teilnehmer haben sich für die beiden Strecken gemeldet. Der Start- und Zielort Nauders platzt aus allen Nähten.

Früh genug in die Startaufstellung rollen, so lautet mein Plan. Mächte ich doch möglichst weit vorne in den ersten Berg fahren.

Die Strecke des 3 Länder Giro führt über 167 km und etwas 3.900 Hm von Nauders über den Reschenpass nach Italien.

Nach der Abfahrt ins Vinschgau geht es über das Dach der Tour, das Stilfserjoch und den Umbrailpass in die Schweiz. Mit dem Ofenpass stellt sich den Teilnehmern die nächste Hürde in den Weg, ehe es über eine lange hügelige Passage durch Graubünden zurück nach Österreich geht.

Dort wartet als Schlussanstieg die Norbersthöhe.

Ein imposantes Bild geben die 2.600 Radsportler am Morgen ab. Bis weit in den Ort hinein zieht sich die Schlange der wartenden Teilnehmer aus ganz Europa.

Dann pünktlich fällt der Startschuss. Es geht los! Wie so oft bei den Radmarathons mit voller Wucht. Einrollen ist angesagt, bei 40 Km/h. Wer noch nicht wach ist, ist es spätestens jetzt.

Die ersten Kilometer geht es leicht bergauf zum Reschenpass. Danach folgt das Flachstück entlang des Sees.

Mein Ziel eine gute Gruppe zu erwischen gelingt. Auch wenn der Puls schon gefühlt am Anfang durch die Decke geht. Entlang des Reschensees entspannt sich das Tempo aber wieder etwas. Vielleicht liegt das aber auch an dem unfassbar schönen Panorama. Die Morgensonne taucht das Ortlermassiv frühmorgens als erstes ins Licht.

Wow ! Da geht es nun auch hin…

Mit der aufgehenden Sonne im Rücken geht es in die Abfahrt ins Vinschgau. Schon jetzt stark aufkommender Wind macht die Abfahrt nicht ungefährlich und gibt allen Fahrern einen Vorgeschmack was der Rückweg für uns bereithält.

Der erste Pass wartet. Und was für einer gleich zu Beginn. Bis auf 2.757 m auf 26 km geht es nun bergauf. Das Stilfserjoch, nicht umsonst die „Königin der Alpenstraßen“ genannt, ist immer ein Erlebnis.

Gute Beine sind hierzu aber auch nötig. Und die habe ich heute. Schnell die Windweste aufgemacht und los geht’s.

Bereits auf den ersten Kilometern kann ich sehr viele Plätze gut machen, was ungemein motiviert.

Kehre um Kehre zieht sich die Straße hinauf. Die Passhöhe immer im Blick sammle ich Fahrer um Fahrer ein. Auf dem Gipfel wartet die Labestation. Es ist 9:30 Uhr und dementsprechend kühl hier oben. Also schnell wieder ins Tal.

Der Weg führt über die kurvige Straße des Umbrail hinunter in die Schweiz. Nach der rasanten und kalten Abfahrt wartet sofort die nächste Steigung. Der Ofenpass ist mit seinen 2.149 m wieder ein richtiger Brocken und vor Allem im Schlussteil besonders anspruchsvoll.

Zusätzlich dazu hat die Sonne nun auch richtig Kraft getankt und brennt auf den Asphalt. In einer kleinen Gruppe geht es mit Schwung in den Anstieg. Auch hier fühle ich mich sehr gut und kann mich bald schon lösen. Nur ist das überhaupt sinnvoll frage ich mich? Nach dem Pass folgt eine elendig lange leichte bergab Passage mit vielen kleinen Gegenanstiegen und vor Allem mit starkem Gegenwind.

Eben dieser begrüßt uns schon bei der Auffahrt. Windschatten wäre äußert hilfreich!

Nach kurzer Überlegung entscheide ich mich aber für volles Risiko. Ein paar Kehren über mir kann ich eine kleine Gruppe ausmachen. Da muss ich vor der Passhöhe hin, noch 4 km…

Ein Energie-Gel als Anzünder später starte ich die Aufholjagd. Schnell kann ich Meter gut machen. Hoffentlich rächt sich das hohe Tempo nicht.

Kurz vor dem Gipfel kann ich zur Gruppe aufschließen. Dranhängen und in die Abfahrt stürzen. Mit einem gesunden Maß zwischen Sicherheit und Risiko versuche ich dranzubleiben.

Es reicht. Die Entscheidung die Gruppe einzuholen ist goldrichtig.

Über 50 km zieht sich die Straße durch Schluchten und Täler, immer leicht abfallend, mal flach und immer wieder mit giftigen Gegenanstiegen.

Dazu ist das Tempo enorm hoch. Wer sich auf eine gemütliche Bergfahrt eingestellt hat wird enttäuscht. Auf dem großen Kettenblatt werden die Hügel flach gebügelt, getreu nach dem Motto Kette stramm und immer am Horn ziehen.

Mental ein schwieriges Stück. Einmal kann ich die Gruppe gerade noch so halten, zu anderen Zeiten ebenfalls voll mit reinhalten.

Doch das Stück will einfach nicht enden. Noch ein Hügel, nochmal runter und wieder rauf. Ist hier irgendwann mal Schluss? Ich wünsche mir förmlich, dass es wieder länger bergauf geht. Doch der Tacho lügt nicht, leider …

Eine gefühlte Ewigkeit später ist es dann aber soweit, Schlussanstieg! Das Ziel ist zum Greifen nahe. Noch einmal 400 Hm über die Norbertshöhe. Direkt dahinter Nauders, das Ziel.

Noch einmal alles raushauen. Und immer noch sind die Beine richtig gut, Wahnsinn! In den letzten 8 Kehren nochmals einige Positionen gut gemacht. Dann ist es geschafft!

Nach 6:17 h erreiche ich das Ziel, Platz 148. Ich bin mehr als zufrieden.

Das war ein Radmarathon nach meinem Geschmack, gute Form und tolles Wetter

Die Radsporttage im Tiroler Oberland sind ein Event der Extraklasse. Vier Tage Radsport in allen Varianten, vom Kriterium bis zum Radmarathon, in traumhafter Kulisse versprechen ein tolles Erlebnis. J.K.