Schattenkrieger

Jedes Wort ein Hieb mit dem Schwert auf die Scharte im Holz. So sprach Onikron, der Tapfere. Es war seine Gewohnheit. Sie kam mir immer lästiger vor, je mehr er sagte.

Ich hörte ihm zu und achtete auf seine Formulierungen. 'Oh Onikron, würdest Du doch nur deine Rede beenden. Was sollen die vielen Worte. Hast Du nicht schon genug Siege errungen?' dachte ich mir.

Dumpf klang meine Stimme, während ich ihm antwortete. Wenig Gescheites hatte ich zu erwidern. Meine Rolle, oder besser die, die er mir gegeben hatte, war die eines Stümpers. Ich hatte meine Angelegenheiten schlecht zu machen. Unausgesprochen war mir das klar geworden, seine Zornesfalte lies mich vorsichtig agieren.

Vorsicht ist Schwäche. Diese Energiewelle hat mich fürs Erste einmal kurz umgehauen.

Sein Triumph bestand darin, über einen scheinbar kranken Krüppel zu triumphieren. Welch ein Hohn im Kriege - welch ein Hohn im Frieden - das doch war. Aber Straucheln konnte ich schon gut. Ich brauchte mich nie fallen zu lassen, wenn ich zu Boden gehen wollte. Irgendwann fiel ich immer. Wie von Zauberhand konnte das geschehen. Doch kannten diese Krieger die wahre Wucht des Aufpralls nicht. Sie kannten nicht das von Verletzung freie zu Boden Gehen. Für sie war dieser Fall ihr Triumph, für mich war er eine Strategie.

Ich zeigte Schwäche, während sie auf mich eindreschten. So mussten sie aus Anstand schon nachlassen. Ich lies mich von ihnen vermöbeln, doch trug ich kaum eine tiefere Wunde davon. Ich lies mich von jenen gefangen nehmen und wie eine Beute durch sie erniedrigen. Mein Schattendasein nahm seine Höhepunkte mit Leichtigkeit und es durchdrang mich das Bittere und Schale mit der Sympathie eines Gleichgesinnten. Die Bitterkeit, mit der man mich zu strafen versucht hatte, war für mich eine blumige, eine seichte. Dennoch war sie nicht ungefährlich für meine weitere Gesundheit.

Kooperation vorzutäuschen, Bereitschaft zu suggerieren, das musste man, wenn man im Schatten lebte und geknechtet war. Wenn man abhängig war von anderen Leuten, dann vor allem galt es diese Strategien des Schattigen zu pflegen.

Schwer wog die Last auf den Schultern, wenn man sie schlecht verteilt hatte. Es kniffen die Ketten, wenn man sie sich nicht günstig über die Haut zu legen wusste.

Onikron, der Schnaubende! Immer wieder hob er seine Stimme an um lauthals zu prahlen. Siegworte, stolzer Taumel eines von Worten Trunkenen. Mochte er immer so weitermachen. Mochte er bis zu seiner eigensten Ohnmacht seine Siege der Reihe nach aufzählen.

Sieglos war ich - der Schattenreiter - der Schattenkrieger. Das Licht fürchtete ich nicht, verbrannte es mir auch zuweilen meine Haut. Die Kälte fürchtete ich nicht, zog sie auch zuweilen alles Leben aus meinem Leib.

Kalt war ich. Heißes Blut nährte dennoch mein Herz. Im Inneren, da regte ich mich unentwegt.

Ein Schattenkrieger führte noch immer im Schatten kein Schattendasein. Er blühte schon im Halbschatten auf, was sollte ihm da erst der volle Schatten für eine Wunde zufügen können?

Kampfbereit am Boden liegend, das Messer im Rücken und doch nicht verwundet, war ich. Mein Wille lenkte meinen Körper, und so traf das Messer jene Stelle, an der viel Fleisch meine Organe geschützt hatte. Es tropfte viel Blut auf den Boden, und die Feinde wähnten sich fast zurecht siegreich. Sollen sie doch glauben, sie hätten leichte Beute mit mir gemacht. Die wahre Beute würde ich vor ihnen noch lange zu verbergen wissen! Das dachte ich im Stillen bei mir, und mobilisierte nach und nach meine ureigensten Kräfte...