Frieden in Kriegszeiten

Wer einer Gans die Flügel stutzt, der ist Tierzüchter.

Wer ein Schwein mästet, der ist Tierzüchter.

Wer einem Huhn die Eier wegnimmt, der ist Tierzüchter.

Wer einen Baum beschneidet, der ist Forstwirt oder Gärtner.

Wer einen ganzen Haufen Blumen schneidet, der ist Florist.

Alle rufen sie nach Frieden, doch ihr Tagwerk ist schrecklich.

Wer einem Kind einen Zahn zieht, der ist Zahnarzt.

Wer einem Kind eine Zahnspange verpasst, der ist Kieferorthopäde.

Wer einen Menschen operiert, der ist Chirurg.

Wer einem Mann oder einer Frau die Haare schneidet, der ist Friseur.

Wer einem Menschen die Knochen verbiegt, der ist Chiropraktiker.

Alle rufen sie nach Frieden, doch ihr Tagwerk ist schrecklich.

Wer ein Haus baut, der verbaut ein Fleckchen Erde.

Wer ein Auto fährt, der riskiert Leben und Gesundheit.

Wer Kinder in die Schule schickt, der gibt Verantwortung ab.

Wer jemandem die Freiheit schenkt, muss sie zuvor besessen haben.

Wer jemanden in Obhut hat, der muss diesen bewachen.

Alle rufen sie nach Frieden, doch ihr Tagwerk ist schrecklich.

Wer Medikamente verteilt, der hat Vertrauen in andere.

Wer Medikamente nimmt, der braucht Vertrauen in andere.

Wer sich operieren lässt, der braucht Vertrauen in andere.

Wer sein Kind in Obhut gibt, der verlässt sich auf andere.

Wer ein Kind unterrichtet, der genießt großes Vertrauen.

Alle rufen sie nach Frieden, doch ihr Tagwerk fördert Ängste.

Angst ist ein schwieriger Ratgeber.

Angst gibt nur selten einem Menschen Kraft.

Angst ist in solch einem System eine Notwendigkeit.

Angst macht die Realität spürbar, wie sie wirklich ist.

Angst zu haben ist gewiss keine Bequemlichkeit.

Die Menschen hoffen auf Frieden, aber die Angst wird bleiben.

Angst vor einem ungewissen Ausgang mancher Dinge,

welche für uns jetzt schon Bedeutung erhalten haben.

Der Mensch tut gut daran, eine Angst seiner Mitmenschen anzuerkennen.

Angst zu haben ist eine Notwendigkeit,

wegen ihr zu leiden jedoch nicht.

Man kann zueinander halten und sich Vertrauen gewähren.

Vertrauen ist die Blauäugigkeit des Menschen.

Vertrauen ist die auf einen anderen ausgerichtete Hoffnung des Menschen.

Vertrauen ist ein Schutz für den Menschen, wenn es ihm gewährt worden ist.

Vertrauen stärkt den Menschen, wenn es aufrechterhalten wird.

Vertrauen lindert manche Not.

Warum also nicht auf den Wunsch der Menschen nach Frieden vertrauen?

Friedliche Momente mehren den Wunsch nach Frieden.

Wer den Frieden nicht kennt, der weiß ihn nicht zu schätzen.

Frieden ist uns ein Vertrag, ein Zustand des freien Willens.

Gesetze können Frieden geben, erspüren müssen wir ihn selbst.

Es ist an uns, wie friedlich wir diese Welt wahrnehmen.

Würden wir das tun, gäbe es dann noch Krieg?

Mathias Schneider, Offenburg, den 26.12.2015