Das realistische Portrait

Ein Portrait möchte manche Frau gerne von sich erstellt wissen. Sie wünscht es sich wohl so sehr für attraktiv zu gelten. Und das tut sie auch. Oh, und der Maler, ja der Zeichner des Bildes, soll dabei solch ein Kleinod erstellen, welches jene eigentlich nicht darstellbare Größe und Schönheit unterstreicht, andeutet oder darlegt. Freilich gelte es diese auch nicht zu sehr zu übertreffen.

Und dem ist der Zeichner auch gerne gewillt nachzukommen, so das in seinem Vermögen steht. Er gibt sich die notwendige Mühe dabei. Er versucht es, das bestmögliche Ergebnis aufs Papier zu bringen. So will er diese eigentliche Schönheit des Menschen festhalten. Das ist etwas, was eigentlich, situativ gesehen, ziemlich unvergänglich ist als Blatt Papier. Den lebendigen Menschen wird er dabei nur umschreiben können mit seinen Strichen.

Nun, bei der Anfertigung eines eben solchen Portraits habe ich es mir selbst ein Bisschen schwer mit der dargestellten Person gemacht. Das eine oder andere habe ich nicht so umsetzen können, wie ich das eigentlich gewollt habe.

Nun, über den wahren Wert dieser Zeichnung sollten wir uns hier besser nicht streiten. Nicht schön ist diese jedenfalls ausgefallen. Eigentlich hat sich die Dame auf dem Bild in natura wie das Opfer einer persönlichen Intrige von mir verhalten. Sie hat es mir nicht verziehen, dass ich ihre Nase als zwei Gleise bis auf die rechte Seite ihrer Stirn verlängert habe. Oh weh!

Zu viel ist ihr das sogleich geworden. Geflucht hat sie da über mich. So bin ich dann verbal getreten und gesteinigt worden von ihr.

Aber der Sachverhalt, dass dieses Portrait realistisch gewesen ist, das glaube ich sogar heute noch. Oh ja, es ist doch realistisch, dass ein etwa 22 jähriger Mann, der noch immer etwas verliebt in diese Dame ist, so etwas macht. Sie, eine Frau, welche er zumal bereits eine ganze Zeit lang gar nicht so wenig verehrt hat, hat er so doch mit einer gewissen Note der Wertschätzung versehen.

Und eigentlich ist ihre Reaktion bis heute mir nur schwerlich klar geworden. - Jetzt muss ich schmunzeln. Die Sonne scheint gerade wunderschön in mein Arbeitszimmer herein und färbt den Boden golden. Da - schon wieder glimmt es auf.

Das realistische Portrait einer Frau, welche in meinem Geiste eine wunderschöne Frau geblieben ist, hat inzwischen schwer darunter gelitten, dass ich für die jugendliche Leichtigkeit meiner Handlung so sehr verachtet, ja durchaus sogar erheblich geschmäht worden bin. Ich schaue es mir nicht mehr gerne an.