Der schnöde Mammon

Ein Offenburger Schallplattenhändler hat eine Zeit lang einen besonderen Narren an mir gefressen gehabt. Immer dann, wenn wir uns begegnet sind, hat es eine kleine, verbale Reiberei zwischen uns gegeben.

Ich könnte es nicht sagen, welche Eigenschaften er mir zugesprochen haben muss, um mich derart in eine ihm unliebsame Ecke stellen zu können, wie er das zuweilen getan hat. Aber unterstellen wir ihm doch einfach einmal, dass er nicht unrecht damit gehabt haben wird.

Ich kann mich an einige Situationen mit ihm erinnern. Sie haben allesamt auf den jeweiligen Flohmärkten dieser Stadt in den Jahren seit 2001 bis heute stattgefunden. Es ist ein wiederkehrendes Vergnügen für mich gewesen, diesem Mann zu begegnen, weil er schon so etwas wie ein musikalisches Urgestein geworden ist. Er hat immer etwas zu erzählen, und das macht er auch durchweg recht gerne.

Doch immer wieder habe ich es versucht, mit ihm mitzuziehen und gleichauf zu kommen. Doch diese eigenen Versuche von mir, zu ihm aufzuschließen hat er bisher eigentlich immer vereiteln können.

Ohne ein eigenes Psychogramm zu ihm zu erstellen, schließe ich daraus einfach folgenden Sachverhalt. Er hat es schlicht und ergreifend nicht so haben wollen. Ich bin ihm gewiss etwas zu jung, wohl auch zu dumm und unerfahren gewesen. Dabei ist es ja dort immer nur um Schallplatten gegangen. Was seine Profession gewesen ist, das ist mir zu einem Vergnügen geworden. Das ist ein ganz anderer Ansatz gewesen, als er ihn gehabt hat. Meine Bemühungen sind nicht ganz ohne Anspruch gewesen, und so hat er wahrscheinlich immer wieder einmal etwas an Gefahr für sich oder sein Geschäft durch mich gewittert.

Jeder Plattenhändler möchte doch eigentlich die guten Stücke wieder mit nach Hause nehmen können. Keiner gibt gerne seine besten Dinge aus der Hand. Und ich für meinen Teil greife mir gerne das Beste heraus, was andere zu bieten gehabt haben. Und dann feilsche ich auch noch um deren Preis.

Tja , das Gerede um Platten kürze ich nun etwas ab.

Eines Tages habe ich wieder einmal vor seinem Stand gestanden, Platten geschaut, gesprochen und mich im Fieber der Sammelleidenschaft bewegt. Wie sehr mir das zeitweise doch gefällt. Es begeistert mich dann regelrecht.

Im Gespräch ist es dann um Platten, die man haben muss, aber nicht bekommen kann, gegangen. Köder eines Narren für dessen Kundschaft also sind das gewesen. Und da habe ich ein Gegenstück dazu in das 'Fachgespräch' einsetzen wollen.

Ich habe ihm eine Münze aus Mexiko aus dem Jahre 1869 unter die Nase gehalten und ihn gefragt, was er von so etwas hält. Da hat er abgewinkt und damit geprahlt, wie schnöde doch der Mammon sei. Und er ist schnöde gewesen.

Da bin ich dann abgezogen, habe ihn stehen lassen, nichts gekauft. Bin sauer und verstimmt gewesen. Er hat mir dadurch meinen Einsatz vermiest, habe ich da trotzig gedacht. Und trotzig bin ich diesbezüglich auch geblieben.

Eine fast wertlose Silbermünze aus Mexiko soll ein schnöder Mammon gewesen sein? - Ja, das stimmt so wohl schon.

Es ist manchmal für mich so einfach gewesen, ins Unrecht zu kommen. Und manchmal ist es auch billig für andere zu haben, Recht zu behalten.

Doch, der Trotzkopf in mir wittert hier noch immer einen unreinen Gedanken dahinter. Möchte aber gar nicht auf seine Person hier jetzt nun weiter abheben. Der Mann ist eigentlich okay gewesen. Er ist halt einfach älter als ich, weiß etwas mehr über Musikalien Bescheid und hat auch schon bestimmt recht viel erlebt in seinem Leben. Da wird manches vorgekommen sein, was ich so nicht kennengelernt habe. Warum also sollte er mir nicht etwas voraus haben können? - Ist doch gut so gewesen.

Mit meiner schnöden Münze bin ich dann nach Hause gegangen. Misserfolge haben sich damals des Öfteren bei mir eingestellt. Solche Geschichten sind definitiv welche für mich. Ich kenne das gut von mir.

Habe die Münze nachher an einen Freund verschenkt. Doch der neue Besitzer hat sie bald irgendwo verloren. In Bühl soll er sie irgendwo in einer WG hingelegt haben und dann ist sie auch schon weggekommen.

Das gute Stück hat einen Wert von 10 - 15 €. Das ist für uns also schon etwas gewesen, das man nicht achtlos herumliegen lassen sollte. Doch was soll ich dem das krumm nehmen, dass er sie verloren hat? - Er hat wohl schon seine Lehre daraus gezogen, ich auch die Meinige. Wenn Klugheit so billig zu haben wäre, dann sei es gut, sich so hinreichend für sie einzusetzen, dass man sie auch wahrnehmen kann.

Ja, des Lebens Wege wollen von uns auch einmal gegangen werden. Das ist es gewesen, was ich mir davon aufbehalten habe.

Ich nehme mir zuweilen schon die Freiheit heraus und versage, scheitere oder mache etwas Verkehrtes. Und das tue ich so alleine nur um des Lebens Funkenschlag an mir verspüren zu können. Darum geht es doch, oder etwa nicht?