Auf dem Weg sein

Serie Chaos, Photographie

Gedankensalat. Ich ordne mich den Menschen zu, die immer wieder mit dem Gedankensalat zu kämpfen haben werden. Das Durcheinander in meinem Kopf bringt mich zuweilen zum Verzweifeln. Ich weiß dann nicht ein noch aus.

Gedankensalattürme befinden sich in meinem Geist. Berge von Gurken, Blattspinat, Radicchio, und dazwischen ist auch noch ein Juwel: Kaustubha. Was soll das? Ich arbeite mich durch diese Vorstellung durch und lasse dann aber doch davon bald wieder ab. Es hat keinen Sinn für mich, mich heute mit meinem Geist eingehend zu befassen. Die Situation hat mir nicht gut genug dazu gepasst. Ich stecke es also. Ich höre damit jetzt einfach auf.

Ich renne durch eine Stadtlandschaft in schwarz-weiß. Diese wirkt wie eine Tuschzeichnung. Ein Mann mit Lederhaube sitzt auf einer Vespa. Er trägt zudem eine fette Brille, wahrscheinlich um seine Augen zu schützen. Groß steht er da, mit angewinkeltem rechten Arm. Mit dem anderen hält er locker sein Motorrad fest. Er sieht aus wie eine Figur aus dem Comic Tintin von Herge. Er schaut zu mir herüber, hat einen bestimmten Blick drauf, den ich nicht recht zu deuten gewusst habe. Er scheint mich anzusehen. Er hat jedoch nichts gesprochen. Ich halte da inne. Soll ich jetzt das Gespräch mit ihm suchen gehen?

Im selben Augenblick fällt ein bunter Bombenregen über einem nahe liegenden Stadtteil herunter. Brummende Flieger werfen sie nahe einem Denkmal für den Frieden auf das dortige Umland. Die Tuschzeichnung in meinem Kopf bekommt nun ihre ersten farbigen Anteile. Diese Bomben explodieren bereits in der Luft. Es sind wohl Splitterbomben. So etwas habe ich schon einmal im Fernsehen gesehen.

Irgendein Chaot fährt in diesem Moment gerade mit lauter Musik an mir vorbei. Ich springe zurück. Seine Karre ist rot, stark verdreckt, und der Sound ist laut und aufgedreht. Irgendeine Noiserecordung, heftiger Elektrosound. Die Wand aus Lärm zieht sofort wieder an mir vorbei. Er entschwindet meinen Blicken mit schneller Fahrt.

Hoppla! Ledermütze hat ein Messer gezogen. Er ist von seinem Roller abgestiegen und geht plötzlich auf mich zu.

Zwischenzeitliches Intermezzo: Das Handy klingelt. Ich werde von einer Frau gefragt, ob ich einen Auftrag für sie erledigen kann. Ich brauche dazu einen zweiten Mann...

Herr T. taucht in hellbraun auf. Er hat eine Brechstange in seiner linken Hand. Ledermütze hat ihn noch nicht gesehen. Ich nehme da schnell eine Kampfhaltung an und lenke so die Blicke und die Achtsamkeit von dem Typ mit der Vespa auf mich. Der wirft das Messer von der linken in die rechte Hand und wieder zurück. Er macht wohl wirklich ernst. Das gibt Ärger.

Ich dehne mich. Ich komme auf einmal in Angriffshaltung auf ihn zugespurtet. In dem Moment, zu dem Ledermütze sein Messer gegen mich einsetzen möchte, schlägt Herr T. gerade noch rechtzeitig von der Seite mit der Brechstange auf dessen bewaffneten Arm. Ich gehe sogleich mit den Händen in sein Gesicht, kratze ihm die Backe unterhalb seiner Augen auf, dann an den Hals, füge ihm heftige Schmerzen zu und presse schließlich mit meiner Ellenbeuge seinen Hals, um ihn in Griff zu behalten. Er bekommt kaum Luft, wird panisch.

Herr T. nimmt sich das Messer vom Boden, greift auch den Schlüssel der Vespa. Mütze und Brille, den Mantel der Person und die Schuhe nehmen wir ihm auch ab. Ich würge ihn weiterhin. Er sieht wirklich panisch erregt aus, versucht sich dann sogar aus dem Griff rauszureisen. Ich breche ihm nicht das Genick. Wir spritzen ihm stattdessen eine Ampulle Kodiakol 0.2, da schlafft er gut ab. Jetzt geht es leichter vonstatten.

Im Hintergrund brennen derweil ein paar Häuser vom vorherigen Bombenhagel. Kein Schwein außer uns ist auf der Straße. Hin und wieder rattert es. Schüsse. Sicherlich sind das welche.

Wir haben dann alles zusammengepackt und sind zur Vespa gelaufen. Den Mützenmann haben wir auf den Gehweg gelegt. Er hat ausgedient fürs Erste.

Herr T. setzt sich auf den Roller und schaltet ihn an. Chuk Chuk. Kein Sprit. Achso.

Herr T. rastet kurzzeitig aus. Er wirft die Kiste um, tritt auf deren Kotflügel. Er nimmt die Maschine in die Hand und schleudert sie auf eine Hauswand. Blechteile scheppern. Kratzgeräusche, Schleifspuren sind zu hören.

Ich setze mir die Ledermütze wie eine Trophäe auf. Sie stinkt nach Alkohol und Urin. Ich merke das jetzt erst. Angewidert werfe ich sie auf die Straße. Die Schuhe möchte ich jetzt auch nicht mehr.

Den Mantel ziehe ich aber getrost an. Es ist kalt geworden in den letzten Tagen.

Ich laufe zu Herrn T. und halte ihn davon ab, noch weiter auszurasten. Der beruhigt sich. Ich nehme die Brechstange zu mir, Herr T. behält das Messer bei sich.

Wir verkriechen uns nun in ein etwas entlegenes Versteck. Derweil brennt im Hintergrund noch immer dieses heftig laute Feuer.