Der 10. Sonntag nach Trinitatis ist in der evangelischen Kirche der "Israelsonntag". Wir Christen erinnern uns unserer Wurzeln im auserwählten Volk Gottes, in Israel. Der Apostel Paulus beschreibt diese Verbindung mit einem Vorgang aus der Landwirtschaft. Israel ist der Ölbaum, in den die Christen als wilder Zweig eingepfropft wurden , so dass sie "teilbekommen ... an der Wurzel und dem Saft des Ölbaums". (Röm 11,17) Wenn das zutrifft, gelten alle Texte, die an Israel gerichtet sind - die Verheißungen, aber auch die Zurechtweisungen und Gerichtsworte - , auch für uns Christen.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AOlivenb%C3%A4ume_Umbrien.jpg
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/Olivenb%C3%A4ume_Umbrien.jpg
By Adrian Michael (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Damit jeder weiß, was es mit dem Pfropfen auf sich hat, hier ein Zitat aus Wikipedia: "Das Pfropfen wird bei verschiedenen Zier- und Obstbäumen genutzt. Zur Vermehrung oder zum Erhalt einer Einzelpflanze wird dabei ein Edelreis mit einer Unterlage zusammengefügt. Häufig wird dabei ein angespitzter Zweig in den ab- und eingeschnittenen Stamm einer Jungpflanze gesteckt. Dies geschieht von Hand oder mit einer Veredelungsmaschine über den sogenannten Omegaschnitt oder die Triangulation (Dreikantschnitt)." (https://de.wikipedia.org/wiki/Pfropfen_(Pflanzen)#Geh.C3.B6lze)
Außerdem füge ich noch ein Bild ein, wo die Methode des Pfropfens veranschaulicht wird.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ARind_grafting.png
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/62/Rind_grafting.png
By Paunaro ([1]) [Public domain], via Wikimedia Commons
Auch wenn ich an dieser Stelle üblicherweise auf das Evangelium verweise, so weiche ich jetzt von der Regel ab und gebe die Epistel Römer 11,25-32 wieder. Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom: Es ist ein Geheimnis, Schwestern und Brüder, warum ein Teil der Israeliten nicht an Jesus glaubt. Eigentlich müsste es ihnen ganz leicht fallen, an Christus zu glauben. Denn wie er nennen auch sie Gott ihren Vater im Himmel. Doch sie sind im Augenblick verstockt. Das bleibt aber nur so lange, bis die Heiden zu Jesus sich bekehrt haben. Dann aber wird ganz Israel gerettet werden. Denn die Propheten Jesaja (59,20) und Jeremia (31,33) haben das schon gesehen: «Es wird kommen aus Zion der Erlöser, der abwenden wird alle Gottlosigkeit von Jakob. 27 Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde.»
Im Evangelium (Lukas 19,41-48) hören wir Jesu Klage, dass "die Stadt Jerusalem die Zeit nicht erkennt, die ihr zum Frieden dient". Dabei steht "Jerusalem" einerseits für die Juden, die Jesus nicht folgen - er ist schließlich geschickt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel (Mt 15,24) -, andererseits sind heute aber auch Christen gemeint, die ihren Glauben nicht leben. Keiner hat dem anderen gegenüber einen Vorzug. "Wir sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den wir bei Gott haben sollten." (Röm 3,23) Jesus schaut, dass in der Zukunft Feinde kommen werden, die Jerusalem dem Erdboden gleich machen werden. Das waren im Jahr 70 n. Chr. die Römer.
Im zweiten Abschnitt des Evangeliums geht es darum, dass Jesus die Händler, die die Opfertiere für den Gottesdienst verkaufen, aus dem Tempel vertreibt. Im Rückgriff auf den Propheten Jesaja (56,7) ruft Jesus allen zu: "Mein Haus soll ein Bethaus sein"; ihr aber habt es zur Räuberhöhle gemacht.
Damit machte er sich bei den Führern der Israeliten - aber sicherlich auch bei manch anderem Frommen - keine Freunde. Es kamen vielmehr Mordgedanken auf. Die konnten aber - vorläufig - nicht in die Tat umgesetzt werden, weil so viele von Jesus fasziniert waren.
Ralf Krüger - Lizenz (CC BY-SA 3.0)