Der Sonntag Invokavit ist der erste Sonntag der Passions- und Fastenzeit, zu der die nachfolgenden Sonntage gehören: Invokavit, Reminiszere, Okuli, Laetare, Judika. Der Sonntag Palmarum schließt diese Reihe ab und setzt gleichzeitig den Anfang für die Karwoche, die auch Heilige Woche genannt wird. Am Ende dieser Zeit steht der Karfreitag, der Tag der Kreuzigung. Am vergangenen Sonntag hatte Jesus seinen Jüngern diesen Weg vor Augen gemalt: "Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden ..."
Die Namen der Sonntage kann man sich mit dieser Eselsbrücke merken: "In rechter Ordnung lerne Jesu Passion" - Invokavit, Reminiszere, Okuli, Laetare, Judika, Palmarum (zur Bedeutung der Sonntage vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Fastensonntag#Sonntage_der_Fastenzeit).
Der Name des Sonntags Invokavit kommt aus dem Lateinischen. Er leitet sich vom Beginn des lateinischen Verses aus Psalm 91 ab: "Invocavit me, et ergo exaudiam eum" (Vers 15). Gott sagt in diesem Vers über denjenigen, der sich im Gebet an ihn wendet: "Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; / ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen. "
In der traditionellen alten Ordnung des Gottesdienstes (Liturgie) rahmt dieses Vers die sonntägliche Psalmlesung, die die Verse 91,1-4.11-12 umfasst. Vers 15 kommentiert bzw. reflektiert dann die Aussage des Psalmes. (https://de.wikipedia.org/wiki/Antiphon_(Musik))
Zu jedem Sonntag gehört der Wochenspruch, der das Thema der beginnenden Woche beschreibt. Der Wochenspruch des Sonntags Invokavit setzt das Vorzeichen für die Passions- und Fastenzeit, er beschreibt, weswegen der Sohn Gottes in die Welt gekommen ist und welche Aufgabe er hat:
Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. (1. Joh 3, 8b)
Das Evangelium nimmt diese Aussage auf und beschreibt die Versuchung Jesu. Der Text steht bei Mätthäus im 4. Kapitel die Verse 1-11.
Nachdem Jesus von Johannes getauft worden war, führt ihn der Geist Gottes in die Wüste, "damit er von dem Teufel versucht würde", so heißt die Begründung beim Evangelisten. Dort fastete Jesus 40 Tage und Nächte. Er wollte entdecken, was seine Sendung, was sein Auftrag war, was Gott ihm zu tun zugedacht hatte. In der Taufe hatte er ja gehört: "Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe." (Mt 3,17)
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Am Ende dieser Zeit war er ausgezehrt und hungrig. Da trat der Versucher - der Teufel, Satan, der Gegenspieler Gottes - an ihn heran und unterbreitete ihm ein verführerisches Angebot: "Bist du Gottes Sohn - du bist es doch, oder? - bist du der Sohn Gottes, so sprich, dass diese Steine Brot werden." Jesus spürte, dass dieser Zaubertrick nicht seine Bestimmung sein konnte. Auch war es wohl nicht seine erste Aufgabe, sich nach der Fastenzeit den Bauch vollzuhauen. Deshalb begegnete Jesus dem Versucher mit einem Zitat aus dem 5. Buch Mose Mose Kapitel 8 Vers 3: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht."
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Der Teufel ließ nicht locker. Er nahm Jesus mit nach Jerusalem, in die Stadt Gottes. Da stellte er ihn auf die höchsten Mauern des Tempels. Diesmal griff er selbst ein Wort aus der Bibel auf, mit dem er Jesus auf die Probe stellen wollte: "Bist du Gottes Sohn - du bist es doch, oder? - bist du der Sohn Gottes, so wirf dich hinab; denn im 91. Psalm steht in den Versen 11 und 12 geschrieben: 'Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.'" - Das konnte es doch auch nicht sein, was Jesu Auftrag in der Welt ausmachte. Seine besondere Stellung zu gebrauchen, um Grenzen zu überschreiten, die anderen gesetzt waren. So konterte Jesus das Wort des Versuchers mit einem weiteren Bibelwort: "Wiederum steht auch geschrieben im 5. Buch Mose Kapitel 6 Vers 16: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen."
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Einen letzten Versuch wollte der Widersacher Gottes noch einmal unternehmen. Da waren sie alle weich geworden, da hatte keiner bisher widerstehen können. Der Teufel nahm Jesus mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit: "Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest." Ganz einfach: ein Kniefall vor dem Teufel - und schon war alle Macht der Welt in den Händen. Was konnte man damit alles Gutes tun.
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Doch Jesus war klar: Das war nicht die Macht, die zum Guten führt, das war die Macht, die das Böse schafft, die die Menschen unterdrückt und die Welt ausbeutet, das war eine teuflisches Macht. Deshalb ein klares und deutliches Nein: "Weg mit dir, Satan!" - Diesen Satz hatten wir übrigens am Sonntag zuvor schon gehört, als Petrus Jesus einreden wollte, dass er nicht seinen Weg in die Passion, in das Leiden nach Jerusalem gehen sollte. - Dem Widersacher Gottes widersteht Jesus auch dieses Mal mit einem Bibelwort: "Im 5. Mose Kapitel 6 Vers 13 steht geschrieben: "Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen." Das hatte er gelernt, das hatte er verinnerlicht: "Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir." Oder etwas anders ausgedrückt: "Du hast es nicht nötig, dich nach anderen Göttern, nach anderen Mächten umzuschauen. Ich, dein Gott, werde dir helfen." (nach Ernst Lange, Die zehn großen Freiheiten)
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Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.
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