Es war einmal ein bunter Schmetterling, der setzte sich neben eine Raupe auf ein Blatt. Als mit zarten Flügeln er da hing, sah sich die Raupe an ihm kaum satt. „Du Fremder, wie bist du schön! So ein zierlich Geschöpf der Luft. Ach, mein Liebster, ich muss gestehen, mein Herz so sehr nach deinem ruft.“ „Aber Fremder, ich hässliches Tier, wie sollst du lieben mich?
Ach, was alles gäbe ich dir,
wenn erbarmen würdest du meiner dich.“
„Kleine Raupe, es kommt die Zeit,
da wirst du selbst fremd dir sein.
Bald bist du zur Verwandlung bereit,
dann spinnst zuerst du dich ein.“
„Auch wenn ich dir jetzt noch fremd,
deine Gestalt ist mir so vertraut.
Auch du wechselst bald das Hemd
und verlässt deine alte Haut.“
Die Raupe, wie es liegt in ihrer Natur
sponn schon bald ihren seidigen Kokon.
Nach einiger Zeit flog daraus prächtig und pur
als Schmetterling sie dem engen Gefängnis davon.
Da sah sie im eigenen Flügelschlag
vertraute Schönheit sich erheben
und rief voll Freude in den Tag:
„Auf unser beider schönes Leben!“
„Vertraut wir waren von Anbeginn.
Und doch so fremd schienst du mir,
von Natur aus gegeben uns der gleiche Sinn.
Nun auch ich mit bunter Flügel Zier.“
Foto: Eigenes Werk