Mitternacht
Die Stille durchdringt
der Eulen Schrei,
Kunde er bringt:
Die Zeit nun fast vorbei.
Ein Uhr Kaum ein Licht zu sehen, allein ist er auf sich gestellt, schwarze Wolken, Unglückskrähen, sein Schicksal scheint gefällt. Zwei Uhr Ein Schatten schnell huscht durch den Raum, Augen funkeln grell, er wird entkommen kaum. Drei Uhr Gefesselt an den Stuhl seit Tagen, der Becher lang schon leer, so lange leer der Magen. Wo bloß soll kommen Hoffnung her?
Vier Uhr
Der Schlag der Uhr lässt ihn erschauern,
so bald schon seine Zeit dahin,
kein Schutz für ihn durch starke Mauern,
das Ende nur ist ihm im Sinn.
Fünf Uhr
Gebannt kann er nur blicken
auf der Spitze roten Schein.
Wer wird diese bald nun zücken?
Und rot wird fließen nicht der Wein.
Sechs Uhr
Schlägt die Uhr dann Acht,
alles ist verloren,
nur mehr Stunden, kaum mehr Nacht,
ach wäre niemals er geboren.
Sieben Uhr
Es zittern ihm die Glieder,
riesengroß ist seine Pein,
müd‘ schließt er die Lider,
als wär‘ vorbei schon Sinn und Sein.
Acht Uhr
Und Acht schlägt die Stunde ohne Gnade,
und schrill klingt noch ein and’rer Ton,
und rechts greift er in die Lade,
und links hebt er ab das Telefon.
Sein Ende
Der Verleger fordert ein den Schluss,
verstrichen sei ja nun die Frist,
alles ein Ende haben muss,
kein Ende nun SEIN Ende ist.
Epilog
Den Kater kratzt das nicht,
die Füllfeder er jagt vom Tisch,
die rote Tinte er noch zerbricht,
der Fleck blutrot ganz frisch.
Entstanden im VHS-Kurs "Kreatives Schreiben" von Nicole Kovanda. Vorgabe war, eine einzelne Szene aus einem Heldenepos zu schreiben (gereimt oder ungereimt).