(Erfolglose Sozialpolitik als Nachhaltige Armutsbekämpfung oder Die Politik an ihre Verantwortung erinnern.)
Das »Aktionsbündnis20« setzt sich für die Armen in Deutschland ein. In einer PDF, Zur Kritik am „Kritischen Aktionsbündnis 20 Jahre Tafeln“ nimmt diese Gruppe Stellung zu einem Disput, den sie mit Frau Brigitte Vallenthin von der »hartz4-plattform« hat.
http://www.aktionsbuendnis20.de/
http://aktionsbuendnis20.de/fileadmin/user_upload/Stellungnahme_Vallenthin.pdf
http://www.hartz4-plattform.de/
In der PDF vom Aktionsbündnis ist Folgendes zu lesen:
Um den von Armut Betroffenen (also insbesondere Hartz IV-Empfängern und Rentnern) wirklich zu helfen, d.h. Armut nachhaltig zu bekämpfen, muss in erster Linie die Politik in die Pflicht genommen werden, soziale Rechte durchzusetzen und das soziokulturelle Existenzminimum bedingungslos für jeden zu gewährleisten – wie es das Grundgesetz vorsieht.Das würde bedeuten, dass die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens gar nicht nötig ist, weil das Grundgesetz es bereits vorsieht. Ist das wirklich so? Wir könnten uns alle Arbeit sparen.
Die Verwechslung des Einzelengagements kritischer DenkerInnen in den genannten Organisationen mit der (sicher träger reagierenden und ambivalenten) institutionellen Verbandsebene .............Stefan Selke will zwischen den Institutionen und ihren einzelnen Vertretern unterschieden wissen. Aber ist das möglich? Wenn die Wohlfahrtsverbände sich in den Maßnahmenkatalog der Arbeitsagenturen und Jobcenter einspannen lassen (das ist die Kritik von Frau Vallenthin), dann nützt ihnen auch kein persönlicher (leiser) Protest gegen diese Vorgehensweisen. (Im Grunde geht es doch darum, dass die Behörden- und Institutionsvertreter sagen wollen, ich persönlich bin gegen diese Verfahrensweisen, aber mein Arbeitgeber will das so und ich will nicht meinen Job verlieren. - Aber mal ehrlich. Wen interessiert das denn? Die Armen bestimmt nicht. Aber Herr Selke hat Verständnis.)
Es geht darum, die Ursache des Problems zu adressieren – und zwar dort, wo es entsteht. Die Strategie des Aktionsbündnisses ist daher, den symbolischen Stellenwert der Tafeln und ihre 20jährige Existenz zum produktiven Anlass positiv formulierter politischer Forderungen zu nehmen, anstatt sich in Negativrhetorik zu erschöpfen – oder gar zu ergötzen.Das System ist tot. Selke will aber »im System« eine Lösung finden und »positiv formulierte Forderungen« einbringen. Vallenthin hat dagegen die Nase voll und bemüht sich um klare Fronten. Was, denke ich, verständlich ist. Man muss auch die Hintergründe sehen. Selke ist ein Etablierter. Er ist Professor und streicht im System seinen (staatlichen, stattlichen) Sold ein, was soll er da sich gegen diejenigen stellen, die ihn üppig versorgen.
Brigitte Vallenthin hingegen, hat die Mühlen der Behördenarbeit selbst erlebt, als Hartz4-Empfängerin. Weiß, was Erniedrigung, Willkür und Verhöhnung durch Jobcenter-Mitarbeiter bedeutet (nachzulesen in ihrem Buch »Ich bin dann mal Hartz4«). Allein diese Grundlagen verursachen eine unterschiedliche Perspektive.
Frau Vallenthin hat beim Bündnistreffen ihre bereits seit 2010 formulierte Forderung vorgetragen, die Tafeln zu Arbeitsplätzen für Bedürftige umzuwandeln. Im Sinne des Selbsthilfegedankens möchte sie also Tafeln in die Hände von Armutsbetroffenen legen – und nicht etwa abschaffen! Dieser Vorschlag stieß allerdings bei keinem der Anwesenden auf Zuspruch.Leider steht in dem Text nicht, warum dieser Vorschlag keinen Zuspruch fand.
Vielmehr fand eine Zielformulierung Konsens, bei der es darum geht, die Ursachen von Armut zu bekämpfen ...Ääh. Meines Wissens sind die Ursache die beiden Parteien SPD und GRÜNE, mit ihren unsäglichen Hartz4 und Agenda2010-Gesetzen. Will das Aktionsbündnis jetzt diese beiden Parteien bekämpfen? Das wäre es ja.
Andererseits basiert ihre fixe Idee der „Privatisierung der Tafeln in Arbeitslosen-Hand“ geradezu auf einer Totalprivatisierung. Was könnte denn einer neoliberalen Politik Besseres passieren, als Arbeitslose, die sich in ihr eigenes Ghetto zurückziehen und auf deren Versorgung der Staat dann getrost komplett verzichten kann?Vielleicht sollte nochmal geklärt werden, was »Privatisierung« ist. Wenn Arbeitslose ihre (Nahrungs)Versorgung selbst in die Hand nehmen, hat das nicht zwangsläufig was mit »Privatisierung« zu tun (Selke will mit der Verknüpfung von »Privatisierung»und »neo-liberal« was Negatives suggerieren.). Man kann es auch im Sinne von »Genossenschaften« sehen, wo sich Menschen organisieren und etwas von allen Benötigtes für alle bereitstellen.
Im Rahmen mehrerer Projekte wurden von Stefan Selke in den letzten Jahren bundesweit ca. 120 Interviews mit „Tafelkunden“ geführt – mit dem ausdrücklichen Ziel, die Betroffenenperspektive im gesamtgesellschaftlichen Diskurs sichtbarer zu machen.Klingt doch etwas komisch. Da muss ein Professor die Hartz4-Empfänger befragen, damit die Bevölkerung weiß, was für ein Schwachsinn und was für eine Beleidigung von Menschen dieses von Politikern abgesegnete Hartz4- und Agenda2010-Unrecht darstellt? Kaum zu glauben.
Brigitte Vallenthins Replik auf die Stellungnahme beinhaltet auch dieses:
Tausendfach die Not der TafelKunden wissenschaftlich zu erfragen, zu diskutieren und jahrelang Bücher darüber zu schreiben, ersetzt alleine nicht, was dringend nötig ist - nämlich tatsächliche praktische Hilfe, aus der Not heraus zu kommen.http://www.hartz4-plattform.de/pdf/arbeitsplaetze-statt-almosen_27-07-2012.pdf
Dies ist wohl als »kleiner« Seitenhieb auf Stefan Selkes professorales Auftreten in der Armen-Szene zu verstehen. Er profitiert beruflich von seinem Verhalten, gehört aber nicht zu den Betroffenen. Abartig?
Brigitte Vallenthin will die Nahrungsversorgung in die Hand der Armen.
Vielmehr soll im Gegenteil die Ausgegrenzten-Versorgung abgeschafft und die Lebensmittel barrierefrei in für Jedermann und Jedefrau zugänglichen, offenen Läden zu niedrigen Preisen verkauft werden. Denn es darf keine Ausgrenzung mehr geben und keine demütigende Zuteilung, sondern alle Menschen sollen frei auswählen können, was sie essen möchten. Orientieren könnte man sich dabei beispielsweise am Vorbild des seit 12 Jahren erfolgreich arbeitenden Berliner Unternehmens „Second Bäck“, das inzwischen die zweite Filiale eröffnet hat und mittlerweile nicht nur seine Gründerin, Vesta Heyn, ernährt sondern mit dem Verkauf von Vortags-Brot zum halben Preis auch 7 weiteren Menschen Lohn und Brot sichert.Auch immer wieder interessant zu lesen, wer sich alles in einem »Aktionsbündnis« engagiert. Mir fallen auf, die kirchlichen Institutionen, die Partei DIE LINKEN, Attac, und bei den Einzelpersonen, insbesondere Professoren.
Ich frage mich, wenn man die LINKEN politisch ablehnt, z.B. wegen ihres Parteiprogramms, oder wie sich die Linken als politische Sachverwalter in den letzten 100 Jahren »bewährt« haben, wie man dann mit denen bei irgendwelchen Themen zusammenarbeiten kann. Das ist schon sehr seltsam.