http://www.theeuropean.de/werner-eichhorst/7092-bedingungslose-grundeinkommen-und-dessen-gefahren
Es besteht auch für die Zukunft kein Grund pessimistisch zu sein, am wenigsten in Deutschland.Bis zu dieser Stelle hatte es der Autor geschafft mit keinem Wort die bestehenden Probleme in Deutschland (in Europa, in der ganzen Welt) anzusprechen, bezüglich mangelnder Einkommen. Wozu dann auch »pessimistisch« sein. :-)
Im Gegenteil: Die Beschäftigung hat hierzulande ein Rekordniveau von über 41 Millionen Erwerbstätigen erreicht. Damit haben mehr Menschen als jemals zuvor eine bezahlte Arbeit. Natürlich ist dies teilweise auch ein Resultat flexibler Erwerbsformen wie Teilzeit oder Minijobs. Aber es sind auch neue reguläre Vollzeit-Arbeitsplätze entstanden – viele davon gut bezahlt.Und der Autor braucht auch nicht die »hässlichen Seiten« des Arbeitsmarktes zu erwähnen, wie Zwangsarbeit, Hartz4-Unrecht, Schikane und überwiegend Zeitarbeit unter schlechten Bedingungen, gegen die Arbeitslosen. Er sucht sich lieber die paar Rosinen heraus. Das freut die Bundesregierung.
Der offene, leicht zugängliche Arbeitsmarkt bietet vielfältige Möglichkeiten der Betätigung. Er erlaubt damit mehr Inklusion.Hier scheint der Autor abgeglitten in eine Traumwelt: »offener, leicht zugänglicher Arbeitsmarkt«, meint er die vielen Zeitarbeitsplätze? Bei denen die Mitarbeiter immer schon wieder mit einem Fuß in der Arbeitslosigkeit stehen. Denn wehe, sie fügen sich nicht wie Sklaven den Wünschen der Arbeitgeber. Sind sie einen Tag krank, kommt die Kündigung. Werden die vielen Überstunden nicht gemacht (bei schlechtem Stundenlohn werden sie dennoch nicht ausbezahlt, sondern »angesammelt«), ist man »leicht« die Stelle wieder los. Insofern ein wirklich »offener« Arbeitsmarkt. Insbesondere für Sklavenhändler.
Dann der Inklusionsbegriff. Wird er nicht im Umgang mit Behinderten angewandt? Und hat der Autor vor, in ähnlicher Weise die Arbeitslosen zu sehen?
Ein hohes Beschäftigungsniveau bietet darüber hinaus auch erst die Möglichkeiten, einen ausgebauten Sozialstaat solide zu finanzieren.Auch hier wieder das Märchen von der Finanzierungslücke. Schon heute hat die Bundesregierung die gesellschaftliche Wertschöpfung als Grundlage für die notwendigen gesellschaftlichen Aufgaben. Ihre üppigen Diäten sind möglich, weil sich die Politiker das »gönnen«. - Wenn der Staat damit aufhören will, die Arbeitslosen als Zwangsarbeiter zu beschäftigen, weil dies den Menschenrechten und dem Grundgesetz widerspricht, dann muss er ihnen die Arbeitsplatz- und Arbeitsmengenwahl selbst überlassen. Alles andere sind totalitäre Verhältnisse, die das Land zu einer Diktatur machen. Bevor wir einen »Sozialstaat« anvisieren, brauchen wir einen, der die Bevölkerung menschenwürdig behandelt. Und das tut der deutsche Staat heute nicht.
Denn das gesellschaftliche Prinzip der Aktivierung und Teilhabe wird damit aufgegeben, also die Bemühungen um Einstieg und Aufstieg durch Anstrengung und Anreize, sich um eine gute Ausbildung zu bemühen.Die Arroganz mit der manche Leute über andere in der Gesellschaft reden und schreiben, ist kaum zu ertragen. Sie sollten gefälligst die Finger von ihren Mitmenschen lassen, statt ihnen »Reize und Anstrengungen« aufzuladen. Was bilden sie sich ein, über andere verfügen zu wollen.
Das bedingungslose Grundeinkommen nährt die Illusion eines mühelosen Wohlstandes und suggeriert die Machbarkeit des Schlaraffenlandes. Aber wer erledigt dann gesellschaftlich notwendige, nicht immer attraktive und durchaus anstrengende Tätigkeiten wie Müllabfuhr oder Altenpflege? Diese lassen sich nicht allein auf freiwillige oder ehrenamtliche Aktivität gründen, sondern funktionieren letztlich nur über Leistung und Gegenleistung – also Erwerbsarbeit.Immer dieselbe Leier. Eichhorst möchte die Arbeit lieber über Zwang gemacht sehen, als es den Menschen selbst zu überlassen, welche Arbeit sie machen wollen. Und war die Bertelsmann Stiftung nicht aktiv in der Agenda 2010 Planung mit involviert? Was soll man nun von einer solchen Person für Weisheiten zu lesen bekommen. Er wird natürlich den damals eingeschlagenen Weg argumentativ weiter unterstützen.
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob es eine durch Subsidiarität geprägte Gesellschaft ertragen kann, wenn sich manche dem Erwerbsleben vollkommen entziehen können und somit die Gemeinschaft in Anspruch nehmen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen.Erst einmal können es scheinbar diejenigen nicht ertragen, die schon immer der Meinung waren, eine Gesellschaft funktioniert nur, wenn die Menschen einem Druck ausgesetzt und sie zu bestimmten Verhalten verpflichtet werden. Es ist ein Denken der Machtkader, die es in jedem Gesellschaftssystem gibt. Leute, die meinen, sie könnten die Allgemeinheit dazu zwingen, einer Kaste von Eliten zu dienen. Natürlich muss auch dass ideologisch abgesichert werden. Derjenige, der sich unterwerfen soll, bekommt das als »Inklusion« verkauft. Die Parole »Du gehörst dazu! Ist das nicht schön«, wird von den Eliten einfach weitergedacht und -entwickelt: Teilhabe, Einstieg und Aufstieg verlangen halt gewisse Anpassungen. Mir fällt dabei der Gleichklang der Forderungen auf, die sowohl von linker Seite, wie auch von den Denkerzirkeln der herrschenden Parteiendiktatur gegen das Bedingungslose Grundeinkommen vorgebracht werden. Sowohl die Ökosozialisten [1] als auch die Verteidiger der aktuellen Politik wollen nicht davon ablassen, den Menschen zur Arbeit zwingen zu wollen. Eine schon ungewöhnliche Koalition, die sich da bildet. :-(
Aber die Erwerbsarbeit verschwindet nicht. Sie verlagert sich nur immer mehr in Bereiche, in denen es auf menschliche Kommunikation, Pflege, Sorge und Erfindungsreichtum ankommt.Dieser insgesamt erfolgreiche Transformationsprozess sollte nicht durch ein Großexperiment mit unabsehbaren Folgen torpediert werden. Nichts anderes wäre die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.Ja, die Arbeit schwindet nicht. Aber schon allein das es ein Unterschied ist, ob ich in der Produktion arbeite oder »mit Menschen« ist breit und ausführlich in der Grundeinkommens-Debatte behandelt worden. Eichhorst hatte scheinbar keine Zeit, sich da mal vorher mit zu beschäftigen. Da sich die Arbeit mit Menschen nicht automatisieren oder rationalisieren lässt, kann sie nur ermöglicht werden. Der Mitarbeiter schaut in vielen Fällen selbst, welchen Zeitaufwand er für die unterschiedlichen Verrichtungen für angemessen hält. Insofern kann man diese Arbeit nur ermöglichen. Durch ein Grundeinkommen wird sie ermöglicht. Hinzu kommen die Möglichkeiten, die die Institutionen haben, die als Arbeitgeber auftreten. Beides zusammen ergibt dann das Kombi-Einkommen für die Menschen in den, zum Beispiel »sozialen Berufen«. - Aber das »Institut zur Zukunft der Arbeit« (IZA) hat ja ganz andere Interessen. Stand in dem Artikel irgendetwas über Hartz4? Nein, natürlich nicht.
[1]
https://sites.google.com/site/loseblaetter/links-neben-schroeder
Thomas Oberhäuser
Frankfurt am Main