Allgemeinwohl oder Partikularinteressen - Welchen Sinn haben Parteien
Jetzt lese ich Klagen und Hinweise, dass die politische Arbeit nicht so vonstattengeht, wie es sein sollte. In den AGs, AKs, seien nicht genügend Menschen engagiert, manche AKs stünden nur auf dem Papier und seien eigentlich »klinisch« tot. Ein anderer weist darauf hin, dass in den Parlamenten mit wechselnden Mehrheiten auch gegen die Anträge der eigenen Fraktion/Koalition gestimmt wird und damit die Wählerinteressen, Mehrheitsverhältnisse unter den Wählern außer Kraft gesetzt werden.
Andererseits sind genau diejenigen, die das jetzt beklagen, auch jene, die auf keinen Fall Ständige Mitgliedersammlung, Liquid Feedback oder Limesurvey umfänglich eingesetzt sehen wollen.
Was ist die Aufgabe von Politik? Die Interessen der Allgemeinheit, die der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten und zum Wohle der Gemeinschaft zu wirken.Tatsächlich ist es aber so, dass schnell nach Gründung von politischen Organisationen sich solche Menschen einfinden, die ihre privaten, persönlichen Interessen und noch viel häufiger, die ihrer Gruppe, der sie sich zu allererst verbunden fühlen, vertreten wollen. Und man findet immer wieder Personen in Parteien, die für die Interessen von Lobbygruppen aus Wirtschaft und Gesellschaft ein offenes Ohr haben. Gerade in den Gründungs- und Aufbauphasen von Parteien gibt es vermeintliche Richtungskämpfe, aber auch Versuche »Gegner« der eigenen Anliegen »aus dem Boot« werfen zu wollen.
Personen mit persönlichen Absichten, Gruppen- und Lobbyinteressen, werden versuchen Schlüsselpositionen innerhalb der Organisation »Partei« einzunehmen. Da, wo es Geld zu verteilen gibt, wo »Räume« aufgeschlossen werden können, wo »Türen« auf und zu gemacht, wo organisationsinterne Entscheidungen getroffen werden, da finden sich diese »Doorkeeper« ein, um Macht auszuüben in ihrem Sinne.
Nun beißt sich das aber, den eigenen Vorteilsvortellungen nachzujagen, in einer Organisation, die doch für das Allgemeinwohl sorgen soll. Wie lösen die Herrschaften das Problem? Zum Beispiel in dem in den (Wahn?) Vorstellungen mancher dieser Leute, deren eigene Interessen auch für die anderen richtig sind. (Wer z.B. Arbeitssklaven für notwendig hält, behauptet, dass es den so behandelten »guttut«.)
In einem solchen Räderwerk der Partikularinteressen geht das Allgemeinwohl baden!
Wenn also das Allgemeinwohl im Vordergrund stehen soll, bei der Gründung einer politischen Organisation, einer Partei, dann muss von Grund auf dies dementsprechend geplant und gestaltet werden.
Was muss das letztendliche Ziel von Politik sein?Es müssen Entscheidungen getroffen werden, die den Menschenrechten und dem Grundgesetz entsprechen.Alle Bürgerinnen und Bürger müssen die Möglichkeit bekommen, Richtungsentscheidungen, aber auch z.B. auf lokaler Ebene, Einzelentscheidungen durch einfachen Mehrheitsbeschluss fällen zu können.Dafür muss heute eine moderne Partei sorgen. Das muss das Ziel sein! - Tut sie das nicht, kann man sie getrost zu den Alt-Parteien zählen, auch wenn sie scheinbar »neu« ist. Aber wer will heute noch Alt-Parteien wählen oder mit aufbauen. :-)
Viele Methoden, Formalien haben sich seit Jahrzehnten, oder noch länger, eingeschlichen, sind Usus, obwohl sie weder individual-rechtlichen noch zielführenden Orientierungen gerecht werden. Am Beispiel einer »kleinen« Organisation wird dies deutlich und ist problemlos auf große Organisationen, wie Parteien, übertragbar. Wenn sich in einem Verein bei Mitgliederversammlungen nur 10% der Mitglieder (vielfach noch weniger) einfinden und über das Wohl und Wehe des Vereins aller Mitglieder entscheiden, dann ist das Unrecht, auch wenn es praktiziert wird. Mithilfe der Computertechnik, dem Internet ist es problemlos möglich alle Vereinsmitglieder einzubinden und es ihnen zu gestatten, sowohl bei vorbereitenden Diskussionen als auch bei den eigentlichen Abstimmungen zu Anträgen, »immer anwesend« zu sein. »Immer« dadurch, dass man diskutiert und abstimmt, wenn man Zeit hat.
Das Prozedere der Entscheidungsfindung oder »Die Zurichtung des Parteimitglieds«
Wie werden in Parteien Entscheidungen getroffen? Man setzt sich zusammen und diskutiert so lange, bis sich eine Meinung durchgesetzt hat. Diese wird dann als Parteimeinung nach außen vertreten. Dieses Prozedere ist aber den heutigen Bedingungen nicht mehr angemessen. Außerdem ist es eine Belästigung des Parteimitglied-Bürgers, sich fügen zu sollen, seine eigene Meinung aufzugeben zugunsten »einer« Meinung, der Parteilinie. Das Verfahren ist unnötig und sollte abgeschafft werden. Warum? Weil, wie ich zu Anfangst beschrieben habe, doch letztlich die Bürgerinnen und Bürger in der Gemeinschaft gemäß ihres Urteils und ihrer Wertung entscheiden werden, per Abstimmung, welchen Weg sie gehen wollen. Deshalb ist es gar nicht nötig, dass innerhalb einer Partei eine »Parteilinie« erzwungen wird.
Hinzu kommt noch Folgendes: bei allen Entscheidungsfindungen, die bei »physischem« Zusammensein zustande kommen, gibt es noch einen psychologischen Aspekt zu berücksichtigen. Es sind immer wieder Personen anzutreffen, bei solchen Diskussionsveranstaltungen, Mitgliederversammlungen, die eine emotionale Argumentation zelebrieren [1] und damit eine sachliche Auseinandersetzung erschweren. Durch lautes, aufgeregtes Reden, vielleicht noch begleitet mit fuchtelnden Handbewegungen, wird der Eindruck erweckt, dass eigene Anliegen, die eigene Position, sei besonders wichtig und müsse unbedingt beachtet werden. Was kann solches Verhalten in einer Gruppe bewirken? Wenn man mit dem Aufgeregten einer Meinung ist, kann man ihm sagen, »ist ja gut, wir sind deiner Meinung. Komm‘ mal wieder runter.« Und wenn nicht ..... Schnell sind Personen, die sich sonst eigentlich gut verstehen, auf einmal Gegner. Es gibt Menschen die sich in Diskussionen zurückziehen und schweigen, wenn sie merken, da gibt es welche, die ihre Meinung durchsetzen wollen, dann lassen sie sie gewähren. Andere aber, die gar keinen Streit wollen, sondern nur sachlich diskutieren, werden durch ein »emotionales Verhalten« von Diskussionsteilnehmern in eine Kampfesstimmung hineingezogen. Das ist weder für die Sache, noch für das eigene Wohlbefinden zuträglich. Nun gibt es für solche Diskussionsszenarien erprobte und geeignete Menschen, die sich da wohlfühlen. Sogenannte Kampfschweine. Wer vielleicht mal Joschka Fischer oder Daniel Cohn-Bendit erlebt oder im Fernsehen in politischen Diskussionsrunden gesehen hat, weiß, was ich meine. Aber das ist nicht mehr zeitgemäß und geht an der Souveränität des Einzelnen vorbei. Nämlich letztlich selbst zu entscheiden, für welchen Weg man stimmt und wie dabei argumentiert wird. Niemand muss sich mehr einer vermeintlich richtigen Lösung für irgendwas anschließen müssen, so wie es ja in Parteidiskussionen gerne suggeriert wird. Die Vielfalt allen Denkens bei den Bürgerinnen und Bürgern bleibt vielmehr erhalten und nach einer Wahl wissen alle, welcher Weg entschieden wurde.
[1]
Ich will hier nicht sprechen, von echten Störern, die gezielt durch langes Reden, ständiges Unterbrechen anderer Redebeiträge, Missachtung einer Diskussionsordnung, regelrechtem Terror versuchen eine Diskussionsrunde zu manipulieren. Wenn man solche Mitglieder in der Organisation hat, sollte schon ein Rechtsanwalt zurate gezogen werden oder man kennt sich selbst aus, wie man damit umgeht.