Eldoradio Gespräch über das Bedingungslose Grundeinkommen
http://www.eldoradio.de/podcast/item.php?idx=3134&sel=all
Gesprächsteilnehmer:
Ralf Krämer, Verdi-Bundesvorstand, Experte für Wirtschaftspolitik
Ute Fischer, Initiative „Freiheit statt Vollbeschäftigung“
Kai Berghoff, Student Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Bachelor-Arbeit zum Thema Grundeinkommen
Ich beschäftige mich hier mit den Aussagen der Grundeinkommens-Gegner. Deshalb zitiere ich nicht die Äußerungen von Frau Fischer.
Krämer:
Entscheidend ist weiterhin, das die Leute ein Interesse haben einen vernünftigen Job zu finden. Hauptziel: Das die Leute die Chance haben, eine vernünftige Arbeit zu finden.
Berghoff:
Mit Grundeinkommen wären die Leute wieder stigmatisiert. Die Armut würde nur auf ein höheres Niveau verschoben, weil die Arbeitslosen sind ja immer noch da.
Krämer:
Ja sie sind dann (mit bGE) ein bisschen versorgt. Man hat das Problem aus den Augen geschafft.
Wir werden unsere Gesellschaft nicht auf so hohem Niveau organisieren können, wenn die Leute nur das tun, was sie freiwillig tun möchten.
Es ist kein Zufall, dass die ganz überwiegende Menge der Waren und Dienstleistungen durch Erwerbsarbeit produziert wird. Grundeinkommen ist eine Geldleistung. Es geht um Geld. Und mit Grundeinkommen werden Waren gekauft, die durch Erwerbsarbeit hergestellt wurden und gerade nicht durch ehrenamtliche Tätigkeit.
Berghoff:
Mit Grundeinkommen ist keine selbstbestimmte Arbeit möglich, denn: Individuelle Arbeitsverträge aushandeln führt zu Lohndumping. Unternehmer sagen, ihr habt Grundeinkommen, also kürzen wir euch den Lohn. Es droht, alle tarifpolitischen Regelungen werden abgeschafft.
Krämer:
Die Realität am Arbeitsmarkt ist, die Chefs haben das Sagen und diktieren die Bedingungen. Die Machtstrukturen am Arbeitsmarkt würden sich überhaupt nicht ändern. Jeder Verdienst bekommt den Charakter des Zuverdienst. Die realen Machtverhältnisse ändern sich nicht, wenn man so ein Grundeinkommen hat.
Herr Berghoff zum Konsumsteuer-Modell:
Die Mehrwertsteuer wird auf 90% angehoben. Die Armen geben alles in den Konsum rein, die Reichen legen alles zurück und sparen.
Herr Krämer:
Nicht das alle gleich viel bezahlen, wie bei der Mehrwertsteuer (ist sinnvoll), sondern wie bei der Einkommenssteuer, die kleinen Einkommen werden gar nicht belastet und dann steigt die Steuer, und erst die ganz hohen Einkommen werden mit 50-60% belastet.
Widersprüchliche Argumentation der Grundeinkommens-Gegner:
Einerseits meinen sie → Auch nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen kann sich der Arbeitnehmer nicht gegen die Über-Macht der Arbeitgeber wehren. Diese setzen ihre Rahmenbedingungen immer durch.
Andererseits sagen sie → Dass alle das tun, was ihnen am meisten liegt, geht insofern nicht, weil die Gesellschaft erfordert, das bestimmte Tätigkeiten gemacht werden. Und welche Tätigkeiten das sind, hängt davon ab, was nötig ist, was erforderlich ist für die Gesellschaft, dass es gemacht wird. Und nicht, ob die Leute dazu Lust haben.
Das heißt, einerseits meinen die Gegner, der Arbeitnehmer kann nichts machen, kann sich nicht wehren, gegen die Rahmenbedingungen, die die Arbeitgeber setzen würden. Andererseits dann aber, nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen könnte sich der Arbeitnehmer den „unangenehmen Arbeiten“ entziehen und das dürfe ja nicht sein.
Ja also was denn nun. Ist der Arbeitnehmer-Mensch unabhängig von den Arbeitsverhältnissen, ist er autonom in seinen Entscheidungen nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen. Kann er sich wehren, sich schlechten Bedingungen entziehen? :-)
Die Logik der Gegner hapert.
Was bei Herrn Krämer auffällt: Alles dreht sich um die Erwerbsarbeit. Klar! Das ist ja auch die Lebenswelt der Gewerkschafter. Die kennen ja nichts anderes. Bloß das ist nicht die ganze Welt. Die ist viel größer. Größer als der Herr Krämer sie sich vorstellen kann. ;-)
Nun ist äußerst interessant in diesem Zusammenhang, dass Ralf Krämer auch Parteimitglied bei den LINKEN ist und dort in der Programmkommission sitzt. (Was in der Anmoderation von eldoradio, bei der Vorstellung der Gäste leider nicht erwähnt wurde. Wenn man jetzt nämlich die Antworten von Krämer noch mal liest, unter diesem Aspekt, dass er ein parteipolitischer Programmatiker ist, sind ganz andere Eindrücke möglich. :-))
http://de.wikipedia.org/wiki/Ralf_Kr%C3%A4mer_%28Politiker%29
Eine (ältere) Diskussion mit Katja Kipping über den Programm-Entwurf der LINKEN macht die starke ideologische Orientierung Krämers deutlich.
Hier wird das menschliche Leben als „Vier in Eins“ beschrieben: Erwerbsarbeit, Arbeit in Familie, Sorge um Kinder, Muße und Weiterbildung.
Dass Krämer gegen das Grundeinkommen ist, wird jetzt auch besser verständlich. Ich glaube, ihm ist die Freiheit, dass jeder macht was er will, unheimlich.
Auch wird in seinen Worten „das Diktat der Arbeit“ sichtbar. Das ist ein Macht-, Kompetenz- und Zuständigkeitsinstrument, das identitätsstiftend in stark vorgabeorientierten Organisationen wirkt. So was gibt man nicht einfach auf (etwa zugunsten der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens).
Hier eine weitere Antwort der Programm-Leute auf Kipping, in der spürbar wird, dass "Arbeit" bei den LINKEN ein ideologischer Begriff ist und deshalb innerhalb der Partei nicht (in seiner strengen und einfachen Formulierung) in Frage gestellt werden darf. Und die Gewerkschaften haben hier ihren „festen Platz“ im Weltbild der Organisation.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/175002.die-realitaet-zur-kenntnis-nehmen.html
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