Wege aus der Armut - Bedingungsloses Grundeinkommen aus Sicht der Sozialen Arbeit
[1]
Eins der größten Armutsrisiken in Deutschland ist die Arbeitslosigkeit. In Anbetracht der seit Jahrzehnten vorhandenen Massenarbeitslosigkeit und dem Scheitern der Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt werden immer neue Lösungsansätze entwickelt, die die Menschen aus der Arbeitslosigkeit und damit aus finanziell oft prekären Lagen holen sollen. In diesem Zusammenhang wird vermehrt das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens diskutiert, welches die gesamte Arbeitswelt und das Sozialsystem revolutionieren würde.
Bereits an dieser Stelle kommt man natürlich ins Grübeln. Es werden nicht die Gründe genannt, warum die Arbeitslosigkeit ein Armutsrisiko ist. Damit sollte man sich aber ausführlich beschäftigen, um zu sehen was ein Bedingungslosen Grundeinkommen (bGE) bringen würde, im Vergleich zum jetzigen menschrechtsverletzenden Verfahren. - Hartz4 ist himmelschreiendes Unrecht!
Die Arbeitslosigkeit führt erst seit der Einführung von Hartz4 in eine »staatlich gewollte Armut«. [2] Vorher war das nicht so der Fall. Auch gab es vorher nicht die durch Hartz4 eingeführte »Zwangsarbeit«. Die Hartz4-Regeln verletzen das Grundgesetz.
Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Ideen und Modellen zum BGE, sie alle eint jedoch der Wunsch nach einer Veränderung des heutigen Systems.
Genau. Und das »heutige System« ist eben Hartz4.
Der Ausgangspunkt aller ist die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland. Das erklärte Ziel der herrschenden Politik ist die Vollbeschäftigung, die jedoch im aktuellen System als reine Illusion gilt. Reintegration in den Arbeitsmarkt durch Fördermaßnahmen scheitern, und das mangelhafte soziale Sicherungssystem bewahrt vielfach nicht von Armut. Zusätzlich steht der enorme bürokratische Aufwand für Antrag und Bewilligung einer unübersichtlichen Anzahl an Leistungen in der Kritik (Benz 2009: 211 f.) Das soziale System kann den Bedürfnissen der großen Zahl an Arbeitslosen durch immer knappere Kassen kaum gerecht werden, und Armut und soziale Ausgrenzung kann es nicht verhindern. Diese werden sogar durch Hartz-IV eher noch gefördert (Werner 2008: 90 ff.). Die Forderung nach einem Systemwechsel wird laut.
Wichtig wäre noch, viel mehr über die Entstehung der Hartz4-Sanktionen zu reden. Sie sind Zwangsarbeit, und das ist das erste Mal der Fall, nach Hitler, dass wir wieder Zwangsarbeit in Deutschland haben. Diese Zwangsarbeit wurde von der SPD und den GRÜNEN eingeführt. Es waren Gerhard Schröder und Joschka Fischer, die damals die deutsche Regierung leiteten. Es sollte viel mehr darüber geredet werden, warum diese beiden Parteien dieses Unrecht gegen einen Teil der Bevölkerung begangen haben. - Hier sieht man, dass trotz »Demokratie« die Unterschiede zu totalitären Staaten nur minimal sind. Welche Grundrechte durch Hartz4 verletzt werden, ist zu lesen zum Beispiel in Ralph Boes »Brandbrief«.
Eine Alternative stellt nun das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) dar. Es ist eine monetäre Leistung für alle BürgerInnen, garantiert durch einen gesetzlichen Anspruch, der Existenzsicherung und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Wichtig ist, dass es bedingungslos sein muss, also weder an Bedarf noch an Einkommen oder an Gegenleistungen gekoppelt sein kann. Beantragt werden muss das BGE nicht, eine Anspruchsrechtfertigung oder Bedürftigkeitsprüfung ist nicht nötig. Im Gegenzug entfallen alle sonstigen Sozialleistungen wie Kindergeld, BAföG, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe.
Man kann das bGE über einen Kriterienkatalog recht streng definieren. Dann fallen aber zum Beispiel solche Sachen raus, die die Bedingungslosigkeit wieder aushebeln. Oder der Begriff Bedingungsloses Grundeinkommen wird als »Stichwort« verwendet, um über Ideen zu reden, wie wir besser mit den veränderten Situationen in der Gesellschaft umgehen könnten. Dann kann man über »alles mögliche« reden, was einem dazu einfällt und es wäre auch o.k.
Die Vielzahl an BGE-Modellen lässt erahnen, dass es seit Jahren eine rege Diskussion um das BGE im Allgemeinen und dessen verschiedene Konzepte im Speziellen gibt. Bei der Betrachtung der Argumente für und gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen wird einem bewusst, dass ein solcher Systemwandel die Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttern würde.
Dann frage ich die Autoren, ob sie denn die »Erschütterung« spüren, die durch die Einführung von Hartz4 eingetreten ist. Nein? - Die Gesellschaft ist bereits »in ihren Grundfesten erschüttert«.
Ob ein BGE die gewünschten Effekte erzielt, ist dabei abhängig vom Modell: Wenn das ausgezahlte Grundeinkommen niedrig ist besteht die Gefahr, dass wirtschaftliche Interessen siegen, aber Armut tatsächlich nicht bekämpft wird. Auch bei möglichen Bedingungen für den Erhalt eines Grundeinkommens oder dem drohenden Abbau von sozialen Leistungen geht es nicht mehr unbedingt um Menschenwürde und Gerechtigkeit. Gleichzeitig gibt es in allen Modellen Probleme bei der Umsetzbarkeit des BGE. Die wenigsten Modelle legen klare Finanzierungsvorschläge vor, und eine Umsetzung gegen internationale wirtschaftliche Interessen ist höchst schwierig.
»Wenn das ausgezahlte Grundeinkommen niedrig ist, besteht die Gefahr, dass wirtschaftliche Interessen siegen, aber Armut tatsächlich nicht bekämpft wird.« An diesem Satz wird die Misere deutlich. Wenn man für den Begriff »Bedingungsloses Grundeinkommen« Kriterien festgelegt hat (ja, diese sind festgelegt durch die Grundeinkommens-Bewegung und diese vertritt die Idee in der Öffentlichkeit), dann macht die Frage keinen Sinn. Denn es ist ja gerade die Aufgabe eines Bedingungslosen Grundeinkommens »existenzsichernd« zu sein und damit Armut zu verhindern. Das bGE wäre eine durch die Bevölkerung gewollte Absicherung aller Bürgerinnen und Bürger. Und somit ein »Bürgerentscheid«. Außerdem sollte das bGE in der Menschenrechts-Erklärung hinzugefügt werden und wäre damit ein Menschenrecht, welches individuell eingeklagt werden könnte.
Natürlich sollte man nicht »Eulen nach Athen tragen«. :-)
Wer das Grundeinkommen nicht will, findet Gründe, wer es will, findet Wege.
Die Finanzierungsfrage ist nicht zuletzt eine Denkfrage. Wenn man sich die Gesellschaft als Gemeinschaft vorstellt, zum Beispiel wie eine Familie, dann kann es nicht sein, dass der kleine Hans »in Armut« leben soll, während die übrigen Familienmitglieder ausreichend versorgt sind. Das leuchtet den meisten Menschen ein. Dasselbe gilt aber auch für Staaten. »Finanzierung« heißt nichts anders, als »teilen«. Wer nicht teilen will, will nicht »finanzieren«. Steuern zahlen, bedeutet etwas zu geben, für die Gemeinschaftsaufgaben. Durch Umschichtung der meisten bisherigen Ausgaben im Sozialbereich, Verwaltung, würde der Großteil eines Bedingungslosen Grundeinkommens bereits »finanziert« sein. Ein Rest von 20 Milliarden Euro müsste noch zusätzlich über Steuern finanziert werden. [3] Dies erscheint realistisch.
Dann kommt ein weiterer Punkt hinzu. Wenn man sich ernsthaft mit dem bGE beschäftigt (zum Beispiel weil man die Idee gut findet. :-) ), kommt man sehr schnell zur Finanzierung und von da zu unserem Geldsystem. Zu den Argumenten, es sei »kein Geld da« kann man nur etwas sagen, wenn man sich mit der Geldschöpfung beschäftigt hat. Und über die Beschäftigung mit der Geldschöpfung kommt man sehr schnell zu der »Geldschöpfung aus dem Nichts«. Außerdem sollte man sich mit der Zinses-Zins-Problematik beschäftigt haben, und weiter mit den volkswirtschaftlichen Zusammenhängen. Dabei sollten aber nicht die Verlautbarungen der Mainstream-Wissenschaft zu Rate gezogen werden, weil die es sind, die mit dazu beitragen, dass die Gesellschaften nicht vorankommen. Aber die Autoren hier sprechen ja selbst warnend von den »internationalen wirtschaftlichen Interessen«. Deshalb sollten sie erst recht wissen, dass man hier andere Quellen verwendet.
Außerdem bleibt immer noch eine wesentliche Frage: Wer legt die Höhe des Grundeinkommens fest? Die Bedingungen könnten sich unter BGE so verändern, dass das Grundeinkommen unterhalb der Armutsgrenzen liegt. Dann würde es praktisch doch wieder zu einem Zwang zur Erwerbsarbeit kommen. Weil aber davon auszugehen ist, dass Löhne dann viel niedriger sind, könnten große Bevölkerungsgruppen in Armut abrutschen. Trotzdem sollte dies kein Grund sein, nicht über ein BGE nachzudenken und die herrschenden ungerechten und menschenunwürdigen Verhältnisse zu akzeptieren. Ob BGE allerdings eine realistische Alternative auf dem Weg aus der Armut ist, bleibt erst einmal unbeantwortet. Die Diskussion darüber weiterzuführen ist allerdings auf jeden Fall begrüßenswert.
Die »Höhe des Grundeinkommens« hat wiederum mit dem Kriterienkatalog zu tun, von dem ich oben bereits gesprochen habe. Ein bGE ist nur bGE, wenn es existenzsichernd ist. Deshalb kann es sein, dass die Höhe auch von Jahr zu Jahr neu festgelegt werden muss, ähnlich einem »existenzsichernden Warenkorb«. »Die Bedingungen« würden nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens gesetzlich verankert und in die Menschenrechts-Erklärung aufgenommen.
[1]
http://www.armutszeugnisse.de/themen/themen_17.htm
[2]
siehe dazu auch »Brigitte Vallenthin; Ich bin dann mal Hartz4«, 2007
[3]
André Presse:
Wie viel an zusätzlichen Mitteln sind notwendig, um ein Grundeinkommen zu finanzieren. Zusätzliche Mittel sind nur nötig für diejenigen, die heute unter dem Grundeinkommen liegen. Dies wären dann 20 Milliarden Euro = 2% Mehrwertsteuer mehr.
https://www.youtube.com/watch?v=jK9OSIRmKPw
gleich am Anfang, ab 01:10 Min.