Wie führe ich eigentlich ein Pferd? Muss ich dazu denn auch etwas wissen? Manche Pferde gehen brav neben ihrem "Führer" her, ohne Schwierigkeiten zu machen. Sie tun das von sich aus. Leider tun das nicht alle Pferde. Immer wieder kann man dabei kleinere oder auch ziemlich schwerwiegende Probleme beobachten.
Manche Pferde drängeln und versuchen, vorweg zu gehen.
Andere Pferde lassen sich buchstäblich hinterherziehen
Manche Pferde wechseln von sich aus die Richtung
Andere ändern von sich aus die Geschwindigkeit
Wieder andere sind furchtbar aufgeregt
Manche beachten den Menschen neben sich überhaupt nicht
Führprobleme = Führungsprobleme!
Der Ranghöhere bestimmt Richtung und Geschwindigkeit des Rangniederen.
Ich halte das Führen eines Pferdes für die Grundlage aller Bodenarbeit. Auch als Schulpferdereiter kann ich beim Führen Einfluß auf das Pferd nehmen. Durch schnelle und rechtzeitige Korrektur hole ich mir die Aufmerksamkeit des Pferdes und verbessere die Rangordnung zu meinen Gunsten.
Je schneller ich auf eine Tempo- oder Richtungsänderung des Pferdes reagiere, desto selbstverständlicher wird das Pferd folgen. Je länger ich für meine Reaktion brauche, desto schwieriger wird die Korrektur. Reagiere ich gar nicht, übernimmt das Pferd.
Sobald der Kopf meines Pferdes sich von mir wegbewegen will, halte ich mit dem Führstrick kurz dagegen. Sobald das Pferd beginnt, schneller zu werden, ziehe ich es kurz mit dem Führstrick zurück. Sobald das Pferd langsamer wird, treibe ich z.B. mit der hinter mir wedelnden Gerte das Pferd weiter. In allen Fällen gilt wieder: Geht das Pferd wieder wie gewünscht, lasse ich allen Druck sofort weg. Mit der Zeit werde ich immer weniger Korrekturen benötigen, weil ich den Respekt und die Aufmerksamkeit des Pferdes erworben habe.
Durch das Führen kann ich meine Rangposition verbessern. Mein höherer Rang erleichtert mir das Führen.
Laut FN-Richtlinien ist die korrekte Position des Führenden neben der linken Schulter des Pferdes. Hier gibt es ein Problem: Dies ist die Position des Rangniederen! Laufen zwei Pferde nebeneinander her, kann man anhand dieser Position eindeutig die Rangordnung feststellen. Das Pferd, welches vorneweg geht, hat den höheren Rang.
Die Position neben der linken Schulter des Pferdes wurde vor langer Zeit aus praktischen und sicherheitstechnischen Erwägungen so festgelegt. Viele Pferde akzeptieren das sogar; leider nicht alle. Deshalb entstehen immer wieder Probleme bezüglich des Führungsanspruches: Der Mensch läßt dem Pferd beim Führen den Vortritt, will aber trotzdem über Richtung und Geschwindigkeit des anderen bestimmen.
Deshalb bin ich dafür, diese Position beim Führen von Pferden nach vorn zu korrigieren, wenn sie mit der herkömmlichen Position Probleme haben.
Diese Art des Führens, bei der das Pferd rechts hinter dem Menschen geht, wird gemeinhin als "falsch" bezeichnet und steht in der Kritik, gefährlicher zu sein, da das Pferd den Menschen in einer Schrecksituation von hinten anspringen könnte. Dazu Folgendes:
Der führende Mensch muss darauf achten, dass das Pferd trotzdem seitlich (rechts) hinter ihm geht.
Der führende Mensch muß das Pferd trotzdem immer mindestens im Augenwinkel behalten. Dies gilt nicht nur beim Führen sondern bei jeder Art von Umgang mit dem Pferd: Niemals das Pferd aus den Augen lassen!
Ist die Rangordnung klar, wird das Pferd tunlichst darauf achten, den Menschen nicht anzurempeln! Nicht von hinten und nicht von der Seite!
Ist die Rangordnung zwischen Mensch und Pferd dagegen nicht klar, kann diese Art des Führens tatsächlich gefährlicher sein.
Die Entscheidung, welche Position er beim Führen einnimmt, muss aufgrund dieser Überlegungen letztlich jeder für sich selbst treffen.