Paraden
Paraden...
Den Begriff und die Definitonen für halbe und ganze Paraden kennen Sie sicherlich aus der Literatur. Aber mit dem Verstehen der Beschreibung der Paraden tat ich mich immer schwer. Dazu hatte ich den Eindruck, daß sich die Beschreibungen in verschiedenen Büchern inhaltlich voneinander unterscheiden. Hier ist nun ein weiterer Erklärungsversuch:
Paraden bestehen aus dem Zusammenwirken von treibenden Hilfen (Schenkel und Sitz) und verhaltenden Hilfen (Zügeleinwirkung und Sitz).
Und zwar so:
(Zuerst setze ich mich wieder schwer und gerade in den Sattel.) Durch meine treibenden Schenkelhilfen im Takt der Schrittbewegung verstärkt sich die Nickbewegung des Pferdekopfes, die ich durch leichtes oder sogar stärkeres Annehmen des inneren Zügels (und wieder Nachgeben!) im selben Takt abbremse. Schauen wir uns einen solchen einzelnen Takt an:
Ich gebe einen Impuls mit dem Schenkel. Dies treibt das Pferd nach vorn. Durch diese Vorwärtsbewegung werden die Zügel (und damit meine Hände) leicht in die Bewegung nach vorn mitgenommen. Normalerweise lasse ich diese Bewegung zu. Bei einer Parade aber halte ich mit einem Zügel genau in diesem Moment leicht dagegen und fange damit den Schwung des Pferdes mehr oder weniger ab. Dann gebe ich sofort wieder nach. Der andere Zügel steht dabei die ganze Zeit konstant mit leichter Spannung an.
Also entsteht folgender Rhythmus im Takt des Schrittes: Schenkeldruck(1) - Impuls erreicht die Hände - Zügel leicht annnehmen(2) - sofort wieder nachgeben(3) - und wieder von vorn.
Schenkeldruck und Annehmen des Zügels passieren fast zeitgleich; der zeitliche Versatz ist minimal. Das Nachgeben des Zügels erfolgt ca. 1 Sekunde nach dem Annehmen (um 'mal ein Zeitgefühl zu vermitteln), abhängig vom Takt des Pferdes und von der Absicht der Parade. Eine "Parade" nur am Zügel, also ohne begleitende Druckimpulse des Schenkels geritten, ist nahezu wirkunslos und wird vom Pferd lediglich als "Im Maul herumzerren" empfunden.
Schwer und gerade in den Sattel setzen, wenn ich mich vorher in irgendeiner Form des leichten Sitzes befunden habe. Und: Egal ob halbe oder ganze Paraden - sie funktionieren nur in dem beschriebenen Zusammenspiel mit dem Treiben.
Sinn und Zweck sowie mögliche Ausprägungen
Wozu treibe ich eigentlich, wenn ich den dadurch erzeugten, zusätzlichen Schwung mit dem Zügel wieder abbremse? Durch das Treiben animiere ich das Pferd, mit den Hinterbeinen weiter unterzutreten. Mit den Paraden bringe ich den Pferdekopf nach und nach dichter an die Brust heran (nur bis kurz vor die Senkrechte). Dadurch wölbt sich der Pferderücken auf. Das Pferd kann mich besser tragen, ohne dabei Schaden zu nehmen.
Möchte ich das Pferd etwas langsamer in derselben Gangart (z. B. Trab) bekommen, fange ich die Vorwärtsimpulse durch leichtes Annehmen der Zügel ab, bis ich das gewünschte Tempo erreicht habe. Dabei überwiegen für kurze Zeit (z. B. zwei, drei oder mehr Trabtritte) die halben Paraden am äußeren Zügel. Droht das Pferd dabei in den Schritt durchzuparieren, muß man sofort mit kurzzeitig verstärktem Treiben einsetzen bis das Pferd wieder sicher im Trab geht. Das übt man am besten im Trab beim Aussitzen.
Zur Erinnerung: Der äußere Zügel steht sonst normalerweise permanent unter leichter Spannung an.Möchte ich das Pferd in die nächstlangsamere Gangart durchparieren, halte ich mit dem äußeren Zügel etwas stärker und länger im Takt dagegen, solange bis das Pferd durchpariert. Dann gebe ich wieder nach. Das kann zwei bis fünf Takte dauern, in denen ich die Zügel jeweils annehme und dann wieder nachgebe.
Möchte ich das Pferd anhalten, nehme ich die Zügel noch etwas länger an, und gebe jeweils erst wieder nach, wenn der Vorwärtsimpuls vorbei ist. Ich versuche also, dem Pferd den gesamten Schwung zu nehmen. Wichtig: Wenn ersichtlich ist, daß das Pferd anhalten wird, muß man sofort wieder nachgeben, damit das Pferd sich ausbalancieren kann. Beim Anhalten ist es besonders wichtig, gerade zu sitzen. Ist man dagegen zu weit nach vorn gebeugt, hat man zu wenig Einwirkung auf das Pferd.
Wenn ein Pferd zum Anhalten durchpariert wird, so ist dies eine "Ganze Parade". Ganze Paraden bestehen aus so vielen halben Paraden, wie zum Anhalten nötig, d. h. zwei halbe Paraden ergeben nicht zwangsläufig eine ganze.Möchte ich einen Übergang zur nächsthöheren Gangart einleiten, beginne ich dies mit 2-3 halben Paraden am inneren Zügel, um das Pferd auf den bevorstehenden Übergang aufmerksam zu machen. Da ich das Pferd dabei aufmerksam machen möchte, und der Schwung des Pferdes nicht verloren gehen soll, erfolgt das Annehmen des Zügels impulsartiger also kürzer als beim "Durchparieren" zur nächstniedrigeren Gangart, d. h. ich gebe schneller wieder nach.
Beim Reiten von Wendungen (Ecken, Volten, Zirkel) soll sich das Pferd in Richtung der Wendung biegen. Die Biegung leite ich ein, indem ich mit inneren halben Paraden die Stellung des Kopfes nach innen fordere. Die Biegung des Körpers erreiche ich durch gleichzeitige Druckimpulse mit dem inneren Schenkel. Auch hier steht der äußere Zügel an; der äußere Schenkel verwahrt (er liegt etwas weiter hinten mit leichtem Druck an).
Paraden auf gebogenen Linien - Innen und Außen
Im Vorlaufenden war immer wieder die Rede von einem inneren und einem äußeren Zügel. Die Bezeichnung ergibt sich aus Wendungen, Zirkeln, Volten sowie dem gesamten Reitplatz: Die der Begrenzung des Reitplatzes zugewandte Seite ist die äußere; die zum Kreismittelpunkt zeigende die innere. Auf langen geraden Strecken z. B. auf einem Ausritt lege ich Innen und Außen selbst nach Belieben fest. Aller paar hundert Meter wechsle ich die Seiten und sitze ggf. um (Trab). Paraden am inneren und äußeren Zügel haben unterschiedliche Wirkungen:
Mit Paraden am äußeren (zusätzlich zum inneren) Zügel pariere ich ein Pferd durch.
Mit Paraden am inneren Zügel stelle ich das Pferd und ermuntere es eher, fleißiger zu gehen.