Der Zweite Punkt

Der Zweite Punkt

Bereits in den vorausgegangenen Artikeln "Paraden" und "Äußerer Zügel" sowie im Thema "Umgang" haben wir das Geheimnis des Zweiten Punktes behandelt. Dort im Thema "Umgang" hatten wir festgestellt:

Das "Geheimnis des Zweiten Punktes" sollte eigentlich kein Geheimnis sein. Doch wenn man immer wieder Reiter sieht, die ihre Pferde mit einem großen Krafteinsatz - und manchmal trotzdem erfolglos - schieben, ziehen und drücken, dann scheint dieses Prinzip vielen noch nicht bewußt geworden zu sein. Deshalb möchte ich es im Folgenden - etwas spezieller auf das Reiten bezogen - formulieren.

Was ist also das Problem? Dazu die Aussage einer Reiterin: "Mein Pferd kann das aber nicht. Wenn ich nach links abbiegen will, reagiert es einfach nicht. Es läuft dann weiter auf die Wiese. Da kann ich am Zügel ziehen, wie ich will!"

Eigentlich habe wir alle gelernt, daß wir eine Wendung reiten, indem wir das Pferd um unseren inneren Schenkel biegen. Nicht wahr? Trotzdem sieht es in der Praxis so aus, daß viele Reiter versuchen, das Pferd nur mit dem inneren Zügel zu lenken. Solche Versuche führen oft zu Mißverständnissen, weil das Pferd nicht unbedingt versteht, was es nun tun soll. Wir bieten ihm durch das Ziehen am Zügel nur einen einzigen Punkt an, um herauszufinden, was wir von ihm wollen.

Der Zweite Punkt oder der Gegenpol

Es ist immer leichter, ein Pferd über zwei Punkte zu bewegen als über einen. Beide Punkte stellen dabei Pol und Gegenpol dar, da sie in entgegengesetzte Richtungen wirken.

Das Prinzip des zweiten Punktes gilt immer: beim Umgang mit dem Pferd, bei der Bodenarbeit und beim Reiten.

Als ich die Reiterin aus dem o.g. Beispiel bat, gleichzeitig zum Zug am Zügel auch Druck mit dem gleichseitigen Bein im selben Rhythmus zu machen, ging das Reiten plötzlich viel leichter. Das Pferd verstand jetzt, was die Reiterin von ihm wünschte.

Das Prinzip des Zweiten Punktes gilt auch für sich allein genommen auf die Handhabung der Zügel: Wenn ich nur am inneren Zügel (1) ziehe, erzeuge ich einen sehr unspezifischen Reiz. Halte ich allerdings mit dem äußeren Zügel leicht dagegen, schaffe ich einen Gegenpol, den "Zweiten Punkt". So spürt das Pferd wesentlich genauer die nach Rückwärts gerichtete Einwirkung des inneren Zügels. Durch die gleichzeitigen Impulse des inneren Schenkels (2) (Biegepunkt), wende ich das Prinzip des Zweiten Punktes praktisch noch einmal übergeordnet an.

Und noch ein drittes Mal wirkt dieses Prinzip in den Signalen der Schenkel: Der innere Schenkel stellt wieder den Biegepunkt dar, der äußere Schenkel, der ja beim Reiten einer Wendung nach hinten verlagert wird, stellt den Gegenpol dar, genauso, wie zuvor besprochen, der Zügel.