Einmal war ich mit meinem Patenpferd Ikarus im Wald unterwegs. Weil es viel geregnet hatte, war es überall naß und rutschig. Dann sah ich vor mir einen Wegabschnitt, der mir trocken erschien und ich wollte angaloppieren. Aber mein Pferd verweigerte mir den Galopp. Einige Trabtritte weiter sah und hörte ich warum: Ich hatte mich geirrt! Hier war es noch rutschiger als auf dem bisherigen Weg. Ich lobte mein Pferd, weil es uns vor einem Sturz bewahrt hatte. (Wäre ein Reitlehrer dabeigewesen, hätte der mich dafür über's Knie gelegt...) - Und: Nein! Ich hatte danach nicht im Geringsten das Gefühl, daß mein Pferd von nun an Chef sein wollte.

Ein anderes Mal hatte ich mit zwei jungen Frauen einen Ausritt unternommen, weil ich die Gelegenheit nutzen wollte, mir von Ortskundigen die Gegend zeigen zu lassen. Trotzdem verirrten wir uns hoffnungslos. Als wir endlich auf einen Waldweg trafen, beschloß ich, mein Pferd nach dem richtigen Weg zu fragen:

Ich ritt mit Ikarus auf den Waldweg und gab ihm vollständig die Zügel. Er bog nach rechts ab. "Ikarus hat gesagt, zum Stall geht es nach rechts!", rief ich den beiden zu. Bald trafen wir auf eine Straße, die wir kannten und die uns nach Hause führte.

Ich hatte Ikarus also vollständig die Entscheidung überlassen, in welche Richtung wir alle gehen würden. Auch danach versuchte er nicht, der Chef zu sein. Als wir auf die uns bekannte Straße trafen, übergab er mir sofort wieder die Führung. Ich würde eher sagen, daß dieses Ereignis unsere Beziehung noch gefestigt hat. Durch sein Verhalten wurde auch mein Vertrauen zu ihm noch stärker.