Des Königs Karieskiller
Diskretion ist noch heute sein oberstes Gebot: Max Wibom war schwedischer Hofzahnarzt
„Es begann damit, dass Herr Hanson in meine Praxis kam.“ Herr Hanson? Max Wibom, der seriöse ältere Herr im cremefarbenen Anzug, der zur Einweihung des schwedischen Zahnarzt-Zentrums „Swedent“ nach Orihuela-Costa gekommen ist, liebt es, die Zuhörer auf die Folter zu spannen. Die Geschichte von Herrn Hanson hat er – heute in perfektem Deutsch – auf die Frage parat, die er alle naselang zu hören bekommt: Wie wird man königlicher Hofzahnarzt? Herr Hanson, also. „Ja, ich wusste damals auch nicht, wer dieser Herr Hanson war”, fährt Wibom fort. „Aber als es ums Bezahlen ging, war ich schlauer. Er sagte mir nämlich, ich solle die Rechnung einfach an König Gustav VI. Adolf schicken. Hanson war nämlich für den königlichen Hofstall, also des Königs Pferde und Autos, zuständig. Und für seinen Hofstaat bezahlt der König alle Rechnungen.“
Hanson blieb nicht der einzige königliche Patient, der Bekanntschaft mit Wiboms Bohrer machte. „Ich behandelte immer höhere Ränge, bis ich 1964 eine schriftliche Anfrage bekam, ob es mir etwas ausmache, den Kronprinzen in meiner Praxis zu empfangen.“ Natürlich machte es Wibom nichts aus. Kronprinz Karl Gustav wurde sein regelmäßiger Patient, und mit dessen Krönung zum König wurde Wibom 1973 zum Hovtandläkere – zum Hofzahnarzt – ernannt. Seine hervorragenden Sprach- kenntnisse wollte Wibom ausprobieren, als Schwedens frisch vermählte Königin Silvia erstmals auf sei- nem Behandlungsstuhl Platz nahm. „Möchten Sie Deutsch sprechen“, fragte er die junge Frau, die König Karl Gustav 1972 als Silvia Sommerlatt bei den Olympischen Spielen in München kennengelernt hatte. Die Antwort kam prompt: „Vi skall tala svenska.“ „Sie war so interessiert an der schwedischen Kultur,
dass sie unbedingt Schwedisch sprechen wollte“, sagt er begeistert. Später behandelte Dr. Wibom auch die jüngsten Sprösslinge der königlichen Familie, bis er vor etlichen Jahren in den Ruhestand ging. Der enge Kontakt zu den gekrönten Häuptern zahlte sich aus, als Wiboms Frau Monika zur Hofdame von Kronprinzessin Victoria ernannt wurde. „Wir haben viel im Kreis der königlichen Familie verkehrt und wurden oft eingeladen“, erzählt der Hofzahnarzt. „Aber über private Dinge wurde bei die- sen Treffen nie gesprochen.“ Musste bei den Royals viel gebohrt werden? „Davon darf ich nichts erzählen“, sagt Wibom, mit ernster Miene und dem Verweis auf seine ärztliche Schweigepfl icht. Nur soviel: „Die waren zu meiner Zeit alle noch jung, da hat man nicht viele Probleme.“ Also wenig bohren. Und bestimmt auch keine Kronen für die königliche Familie.
von Bernhard Hampp,
erschienen in Costa Blanca Rundschau, 26.10.2006