Eugen Daub und die große Wut
Der Maler aus Torrevieja versorgt jeden Bundestagsabgeordneten mit einem Bild
Von Bernhard Hampp
Eugen Daub ist ein Genie. Das hört der Maler gern, und deshalb sei es hier noch einmal betont. So wie es die Zeitungsartikel tun, die der 65-Jährige in seinem kleinen Haus bei Torrevieja in einer Kommode zwischen Teetassen und Skizzenblöcken sammelt. Kunstmagazine sind dabei, Zeitungen aus Deutschland, Spanien, Indien gar. Stolz zeigt Daub jeden einzelnen, in dem er als „exzellenter Impressionist“ oder „pintor genial“ bezeichnet wird.
Daubs Bilder strotzen vor Energie, vor Farbe, vor Licht und bleiben dennoch immer geheimnisvoll. Manchmal sind es regelrechte Suchbilder wie „Wo bist Du, Esther?“, manchmal linst nur ein Gesicht aus einem Meer von Farben heraus, manchmal ist gar kein Lebenszeichen zu erkennen. Aber immer erzählen die Bilder Geschichten.
Denn Daub ist der geborene Geschichtenerzähler. Es macht Spaß, seinen Bildern und ihm selbst zuzuhören. Zum Beispiel, wenn er von seinem Erweckungserlebnis erzählt. Er war damals, mit dreißig Jahren, Lehrer in einem badischen Dörfchen. Im Urlaub in Österreich traf er Esther - die aus dem Suchbild. „Das war nur ein kurzes Gespräch, aber ich hatte mich verliebt. Ich bemerkte, dass ich noch jung war“. Sein Fazit: Alles umkrempeln, ein neues Leben beginnen, malen.
Malen, das geht bei Daub so: Er legt eine CD von Eric Clapton oder den Rolling Stones ein und vergisst die Außenwelt, hat nur noch Verbindung zum Papier. „Das Papier ist ein Tor zu mir selbst“, sagt er. Mit seiner selbst entwickelten Walztechnik lässt er Farben über das Papier wachsen, malt, zieht mit Tusche die Konturen nach. Manchmal überkommt ihn die, wie er es nennt „große Wut“. Dann zieht er wilde Striche über das fertige Bild oder spritzt Farbe darüber.
Damals, nachdem sich Daub und seine Frau getrennt hatten, lebte er alleine „in einer Chlorophyllhölle“, im Gartenhaus des Kinderbuchautors Eckhard Plate im Bergischen Land.
Später zog er in ein „Gespenster-Haus“, in dem es schon mehrere Todesfälle gegeben hatte und lernte seine zweite Frau kennen. Sie starb, als Daub auf einer Reise durch die Südsee war. Die dritte Frau wiederum traf er auf einem Schiff auf der Adria. „Sie hatte zwar einen Begleiter dabei, aber der hat den Fehler gemacht, dass er Bier getrunken und Skat gespielt hat“, lacht der Künstler in seinen Fidel-Castro-Bart hinein.
Seit 1992 lebt Eugen Daub an der Costa Blanca. Gekommen ist das so: "Ich hatte eine große Menge Bilder verkauft und machte eine Vernissage mit mir selbst. Da sind mir Prospekte von Wohnanlagen in Spanien in die Finger gekommen." Ohne eine Besichtigung machte er den Kauf perfekt.
Torrevieja ist Daubs Basis, von der aus er zu seinen Ausstellungen in aller Welt reist. Im Dezember waren seine Werke in der Galerie beim Hundertwassserhaus in Wien zu sehen. Was Daub in die Medien bringt, sind aber nicht nur seine Ausstellungen, die bereits im Europäischen Parlament in Straßburg, in einem Luxushotel in Indien, in Mexiko, Australien und den Vereinigten Staaten stattfanden. Es sind seine Aktionen. In München zum Beispiel setzte er einst Bilder aus. Eines in einem Binsenkörbchen auf der Isar, eins als Geschenk für einen Obdachlosen. Ein drittes hat er einfach vor der Neuen Pinakothek an einen Laternenpfahl gelehnt und stehen lassen.
Kurios auch seine Aktion mit den so genannten Touris, hunderten von Gemälden im Postkartenformat, die er mit der Maßgabe verteilte, die neuen Besitzer sollten sie in aller Welt für lustige Aktionen verwenden. Ein Touri von Daub tauchte in der Badehose eines Klippenspringers von Acapulco unter. Ein anderer glitt lautlos in einen Pharaonen-Sarkophag in Kairo. Daubs Taschen-Bilder haben die chinesische Mauer, den Grand Canyon und einen Kühlschrank in Namibia bereist.
Vor kurzem befand sich Daub wieder einmal in einer Weinlaune und hatte eine neue Idee: wie schön wäre es doch, wenn jeder Deutsche ein Bild von ihm zu Hause hätte. Jedem seinen Daub. Beim Gedanken an 80 Millionen Deutsche ruderte er jedoch zurück. Nun bekommen nur die Volksvertreter, also alle Mitglieder von Bundestag und Bundesrat, ein kleines Bild von ihm zugeschickt.
Der Erfolg lässt sich sehen: Stolz zeigt Daub die Antwortschreiben von Friedrich Merz, Hans Eichel, Jürgen Trittin, Michael Glos und etlichen anderen Parlamentariern, die sich für die Gabe bedanken und versprechen, die Miniaturgemälde an prominenten Stellen aufzuhängen.
Erschienen in Costa Blanca Rundschau Nr. 3/Woche 6/2005