Kafka-Collage verfehlt das Klassenziel Bopfingen - Einfallsloses Rezitieren statt Einblick in die Psyche des Autors. Das Ein-Mann-Stück „Kafka – eine Collage“ hat es nicht geschafft, die Schüler des Bopfinger Ostalb-Gymnasiums für den deutschsprachigen Jahrhundertschriftsteller zu begeistern.
Von Bernhard Hampp
Was das „Theatermobilespiele“ aus Pforzheim als „innere, emotionale Reise“ und „subjektiven, fragmentarisierten und dennoch einer Psycho-Logik folgenden Blick“ auf Franz Kafka angekündigt hatte, erwies sich im Schulzimmer als 40-minütige Einförmigkeit.
Blass, uninspiriert, eintönig
Der Vortrag aus Tagebüchern und Briefen Franz Kafkas (1883-1924) blieb blass, uninspiriert und eintönig. Zwar zeigte Darsteller Markus Gehrlein durchaus, was er auf der Schauspielschule gelernt hatte, wälzte sich auf dem Boden und wickelte sich in Packpapier ein.
Den jungen Schriftsteller Kafka, der an seiner bedrückenden Arbeit als Jurist in der Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalt genauso leidet wie an unglücklicher Liebe, nahm man ihm aber zu keinem Zeitpunkt ab. Stattdessen nahm sich der Schauspieler, dessen Bühnenbereich durch Schulbänke strikt von den Zuschauern getrennt war, Zeit für ausgiebige künstlerische Pausen: Den Schülern verlangte er dabei eine Engelsgeduld ab.
Das Theater in die Schule bringen und damit junge Leute für Kafka und das Medium Theater begeistern – beide Klassenziele hat „Kafka – eine Collage“ verfehlt.
Kafka steht als Langweiler da
Franz Kafkas Sehnsucht nach dem Weiblichen sollte ein Perückenständer symbolisieren. Die Knochen, die der Darsteller fortwährend mit angestrengtem Blick vor schwarzem Bühnentuch sortiert, standen nach Auskunft von Regisseur Thorsten Kreilos für die „knochentrockene Arbeit“.
Keine Spur von kafkaesker Atmosphäre, kein Hauch von doppelbödiger Groteske und auswegloser Absurdität, die den Prager zu einem der größten Literaten des 20. Jahrhunderts machten. Weder bot die lustlose Collage Kafka-Fans etwas aufregend Neues, noch machte sie – was wichtiger gewesen wäre – jungen Menschen Lust, in die faszinierende Welt Kafkas einzutauchen. Stattdessen steht Kafka als Langweiler da. Eine vertane Chance.
Erschienen 2010 in Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten