Der Frühling heilt und schmeckt
Kräuterpädagogin Sandra Salcher gibt Tipps für die Verarbeitung von Löwenzahn und Co.
Von Bernhard Hampp
Lauchheim - Scharbockskraut, Löwenzahn, Spitzwegerich: Die ersten Kräuter, die nach der Winterkälte im Frühling herausspitzeln, sind regelrechte Vitaminbomben. Die Utzwinger Kräuterpädagogin Sandra Salcher hat sie bei einem Vortrag in Lauchheim vorgestellt.
Das Scharbockskraut, das an Wald- und Wegrändern, aber auch an Parkplätzen und Gehsteigen gedeiht, hat die Krankheit schon im Namen, gegen die es vorbeugt: Scharbock oder Skorbut ist eine Vitamin-C-Mangelerkrankung. „Die gelben Blüten sehen aus wie kleine Sonnen“, sagt Sandra Salcher. Wenn diese Blüten im Frühjahr erscheinen, ist es allerdings schon zu spät, die Blätter zu ernten, die beispielsweise Salat eine frische Note geben. Das Hahnenfußgewächs bildet dann giftige Alkaloide in den Blättern.
Wildkräuter für die Küche und die Hausapotheke im Wald zu suchen, ist zeitaufwendig. Besser, wenn sie im eigenen Garten wachsen. „Das ist beim Scharbockskraut kein Problem“, betont Sandra Salcher. Einfach ausgraben und im Garten einsetzen: „Das Scharbockskraut fühlt sich wohl unter Beerensträuchern oder Bäumen, und kommt im Frühjahr als erstes, weil es in seinen weißen Wurzelknöllchen viel Energie gespeichert hat. Im Mai oder Juni, wird es dann von anderen Pflanzen verdrängt und bleibt bis zum nächsten Frühjahr unauffällig.“
Wichtige Bitterstoffe
Besonders gesund am Scharbockskraut sind die Bitterstoffe. Die sind wichtig für die Verdauung, wurden aber wegen ihres Geschmacks aus vielen Salat- und Gemüsesorten herausgezüchtet. Enthalten sind sie auch im Löwenzahn – und das nicht zu knapp. „Man sollte nicht gleich mit einem Löwenzahnsalat beginnen“, warnt Salcher: „Das macht man einmal und nie wieder.“ Stattdessen sollten die doch recht bitteren, jungen Blätter als Zutat in einen Salat gegeben werden.
Auch die Löwenzahnblüten verwendet die 39-jährige Mutter von drei Kindern in der Küche: Sie pflückt sie an einem sonnigen Tag – nicht nach Regen, weil sonst die wichtigen Inhaltsstoffe ausgewaschen sind. Alle grünen Teile schneidet sie ab. Dann kocht sie einen Dreiviertelliter Löwenzahnblüten mit der gleichen Menge Wasser auf, lässt die grüne Brühe zwei Minuten köcheln und anschließend abkühlen. Sie siebt die Flüssigkeit ab, versetzt sie mit einem Kilo Gelierzucker sowie dem Saft von einer Zitrone und kocht sie. Ergebnis ist ein Gelee, das nach Honig schmeckt.
Für Löwenzahnkaffee, der ähnlich wie der Zichorienkaffee aus der mittlerweile selten gewordenen Wegwarte schmeckt, gräbt Salcher im späten Herbst oder zeitigen Frühjahr die Wurzeln der Pflanze aus. Sie schneidet sie in Stücke und röstet sie bei 180 Grad etwa 15 Minuten im Ofen. Dann können sie zu Kaffee gemahlen werden. „Ein altes Hausmittel ist der Löwenzahn-Magenbitter“, sagt Salcher, die im Rieser Bauernmuseums Maihingen angestellt ist. Löwenzahnwurzeln dazu mit Löwenzahnblüten und etwas Kandiszucker einfach vier bis sechs Wochen in einer Flasche Korn stehen lassen.
Stars sind unauffällig
Nicht nur die Zubereitung von Tinkturen, Likören und Kräutersalz erklärt Sandra Salcher Wissbegierigen. Bei Kräuterwanderungen zeigt die Geopark-Ries-Führerin auch, wo die Pflanzen wachsen, wie sie aussehen und riechen. Dabei sind die unauffälligen Gewächse oft die Stars der Kräuterküche. Lindenblätter zum Beispiel, die vor der Blüte einen milden Geschmack, fast wie Kopfsalat, besitzen. Oder der Giersch, im Garten als Unkraut geschmäht, der als Küchenzutat wie Petersilie schmeckt. Die Blätter ergeben mit Apfelsaft und Minze eine erfrischende Kräuterlimonade.
Sandra Salchers Lieblingskraut ist der Spitzwegerich. „Er ist klein und unscheinbar, aber es steckt unheimlich viel Kraft in der Pflanze“, sagt sie. Als Tinktur, in 70-prozentigem Alkohol angesetzt, hilft er äußerlich gegen Juckreiz bei Stichen – oder wenn ein Kind in die Brennnesseln gefallen ist. Spitzwegerichtee ist als Hustenlöser weit verbreitet. Spitzwegerichblätter, klein geschnitten, munden hervorragend als Zutat zum Käsesalat. Kaum bekannt ist, dass auch die Blütenknospen essbar sind: Sie schmecken ein bisschen wie Champignons.
Erschienen in Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten am 10. März 2015